Vaccination gegen Pocken
Wer sich vor 200 Jahren gegen todbringende Seuche impfen ließ, wurde mit einer Medaille belohnt







Die preußische Medaille von Abramson aus der Zeit Friedrich Wilhelms III. belohnte Menschen, die sich besonders für die Kuhpockenimpfung einsetzten. Die Medaille darunter aus dem Jahr 1832 von Pfeuffer feiert mit einer dramatischen Szene das Ende der Cholera in Breslau.





Die Berliner Mediziner Christoph Wilhelm Hufeland und sein Göttinger Kollege Johann Friedrich Blumenbach wurden im frühen 19. Jahrhundert auf eindrucksvolle Weise durch Medaillen geehrt.



Bei den immer wiederkehrenden Pestzeiten hielt der Tod unter den Menschen reiche Ernte. Auf den Holzschnitten des 16. Jahrhunderts kommt er als klappriger Begleiter eines Kaufmanns und eines Ritter daher.



Pesttaler und Amulette aus dem 16. Jahrhundert wie diese böhmische Silberprägung beschworen göttliche Hilfe und Rettung für die unter den ständig wiederkehrenden Epidemien leidenden Menschen.



Mit diesen Silbermünzen der DDR und der Bundesrepublik Deutschland zur Erinnerung an die berühmten Mediziner Robert Koch, Albert Schweitzer und Max von Pettenkofer könnte man eine Sammlung zum Thema "Medicina in nummis" eröffnen. (Fotos/Repros: Caspar)

Münzen und Medaillen aus dem Bereich "Medicina in nummis" sind ein ebenso umfangreiches wie interessantes Sammelgebiet, über das es eine reichhaltige Literatur gibt. Es umfasst berühmte Ärzte und ihre Entdeckungen und den Kampf gegen schwer in der Bevölkerung grassierende Epidemien, aber auch Entdeckung und Erfindungen sowie den Bau von Krankenhäusern und Forschungseinrichtungen. In das Gebiet gehören auch die vielen meist silbernen Medaillen und Amulette aus der frühen Neuzeit, mit denen man sich vor Krankheiten aller Art und Anfeindungen des Teufels zu schützen suchte. Wer mit dem Thema beginnen möchte, kann es gleich mit Gedenkmünzen und Medaillen der DDR und der Bundesrepublik zur Erinnerung an große Mediziner tun und sich in anderen Zeiten und Ländern nach passendem Material umtun. Viele Stücke sind preiswert zu haben und werden in reichem Maße vom Handel und auf Messen angeboten. Nach manchen Raritäten muss man geduldig fahnden, so etwa nach Medaillen, mit denen Ärzte und Patienten nach dem Jahr 1800 ausgezeichnet wurden, die sich, umstritten und gewöhnungsbedürftig in der damaligen Zeit, gegen die Pocken impfen ließ. Die Blattern, wie man auch sagte, waren lange Zeit eine wahre Geißel der Menschheit und gelten seit 1980 als ausgerottet. Doch sind neue Ausbrüche der Pocken und anderer gefährlicher Krankheiten an irgendeinem Ort auf unserem Globus jederzeit möglich.

Hohe Sterblichkeit, schreckliche Narben

Die Sterblichkeit unter Pockenkranken war immens, und niemand wusste, was man gegen die Seuche unternehmen kann. Diejenigen, die die Infektion überstanden hatten, waren durch schreckliche Narben gezeichnet, aber sie erkrankten nicht noch einmal an den Pocken. Das machte vor über 200 Jahren Mediziner stutzig. Denn wer sie einmal überstanden hatte, besaß ewigen Schutz gegen eine neue Erkrankung. In ihrer Not griffen die Ärzte zu der Methode, gesunde Patienten mit dem Inhalt von Pockenbläschen von Kranken zu infizieren, was auf der einen Seite zu Erfolgen führte, auf der anderen Seite aber zu neuen Krankheits- und Todesfällen. Ende des 18. Jahrhunderts beschäftigte sich der englische Landarzt Edward Jenner mit einer ungewöhnlichen Behandlungsmethode. Ihm war aufgefallen, dass nach einer Infektion mit den wesentlich harmloseren Kuhpocken bei Menschen keine Erkrankungen die für sie lebensgefährlichen Pocken auftreten. Deshalb versuchte er, seine Patienten durch "Vaccination" (abgeleitet vom lateinischen Wort Vacca für Kuh) zu immunisieren. Er übertrug den Pustelinhalt einer an den Kuhpocken erkrankten Magd auf einen Jungen, der aber nicht erkrankte. Nach weiteren Versuchen ging Jenner an die Öffentlichkeit und warb für seine Methode. Die Reaktion in der Öffentlichkeit reichte von begeisterter Zustimmung bis empörter Ablehnung. Da auch andere Ärzte in Selbstversuchen sahen, dass die Jennersche Methode zum Erfolg führt, drehte sich die Stimmung.

Aus Angst vor verheerenden Seuchen entschlossen sich verschiedene Regierungen zu Schutzimpfungen. Wer sich auf diesem Gebiet besonders engagierte und beteiligte, wurde mit Prämienmedaillen "Zum Andenken an erhaltenen und mitgeteilten Schutz" ausgezeichnet, wie es auf einer Berliner Medaille von 1811 heißt. Edward Jenner zu Ehren wurden ebenfalls Medaillen geprägt. Eine besonders schöne Verdienstmedaille stammt von Abraham Abramson und kombiniert den Kopf von König Friedrich Wilhelm III. mit der in bergiger Landschaft auf einem Stier reitenden H Die Schale mit einer Schlange, die Arm und Hand umwindet, war ein beliebtes Symbol der Medizin. Weitere Medaillen schildern, wie ein Genius gegen die Hydra der Pockenkrankheit kämpft beziehungsweise auf denen Frauen ein Kind durch Schutzimpfung vor dem sicheren Tod retten. Bald wurde es in Preußen und anderen Länder teuer, Ärzte und Patienten durch silberne Medaillen für die Kuhpockenimpfung zu begeistern und zu danken. So ging man nach und nach zur preiswerten Zertifikation durch Urkunden über. Wer als Sammler die Medaillen und Bescheinigungen zusammenbringt, darf sich als Glückspilz betrachten.

Grausige Zeugen für das Wüten der Pest

Auch die Pest raffte bis in die Neuzeit unzählige Menschen dahin. Man nannte sie den Schwarzen Tod, dem es schwer war beizukommen. Alle Methoden waren bis zur Erklärung durch den Japaner Shibasaburo Kitasato, einem Schüler von Robert Koch, und Alexandre Emile Jean Yersin, einem Schüler von Louis Pasteur, im Jahr 1894 und Forschungen weiterer Gelehrter waren wenig effektiv. Die Obrigkeiten und das medizinische Personal mussten tatenlos zusehen, wie einzelne Menschen und ganze Familien, ob sie denn arm oder reich waren, binnen weniger Tage an der Pest starben. Ihnen ein christliches Begräbnis zu gewähren, war in vielen Fällen nicht möglich. Daher warf man die in Tücher gehüllten Toten in Gruben und bedeckte sie mit Erde. Archäologen haben in Berlin und an anderen Orten Massengräber als grausige Zeugen für das Wüten der Pest gefunden.

Für den Ausbruch der Epidemie wurden lange unterschiedliche Ursachen verantwortlich gemacht. Man sah in der immer wiederkehrenden "Beulenpest" eine göttliche Strafe für sündhafte Lebensweise, verdächtigte aber auch den ungünstigen Stand der Gestirne sowie das Wirken von Zauberinnen und Zauberern. In Angst und Schrecken versetzt, hat man darüber hinaus die Schuld am "Großen Sterben" auf Juden abgewälzt und dem von hetzerische Reden angefachten Volkszorn durch Pogrome mit Feuer und Schwert Luft verschafft. Dass die Seuche von Pestflöhen durch Ratten in den eng bebauten Städten verbreit wird, spielte bei den Mutmaßungen keine Rolle.

Historiker haben errechnet, dass allein einer besonders großen Seuchenwelle zwischen 1347 und 1352 in verschiedenen europäischen Ländern nicht weniger als 25 Millionen Menschen zum Opfer fielen, ein Drittel der Bevölkerung auf dem Kontinent. Als 1576 die Pest wieder einmal die kurfürstliche Haupt- und Residenzstadt Berlin heimsuchte, zählte ein Chronist an die 4000 Todesopfer, "und do vonn Burgern nicht so eine grosse anzal ausgezogenn und vorgewichen gewesen, wurden ihrer Zweiffels ohn vielmehr auff dem plan blieben sein", was nichts anderes bedeutet, als dass noch mehr Menschen durch die "pestilenzische seuche" hingerafft wurden. Dass 1710 vorsorglich außerhalb von Berlin ein Pesthaus eingerichtet wurde, aus dem später die Charité hervor ging, geht auf die Furcht des Königs Friedrich I. vor dem Übergreifen der Pest aus Ostpreußen. Da sie die Hauptstadt nicht erreichte, konnte das erste öffentliche Krankenhaus schon bald zur Versorgung "normaler" Patienten verwendet werden.

Amulette zur Abwehr der Seuche

Zur Abwehr der Pest hat man da und dort spezielle Amulette am Körper getragen oder an der Kleidung befestigt. Es wurden auch Medaillen und Münzen hergestellt, die an die todbringende Seuche erinnern und den Blick auf gottesfürchtige Lebensweise richten. Die zum Teil sehr ansprechend mit Szenen aus dem Alten und dem Neuen Testament geschmückten Stücke kommen oft vergoldet und mit einem Henkel oder einem Schmuckrand versehen vor, den man nicht beseitigen sollte. Die große Zahl von Stempelvarianten und anderen Versionen deutet darauf, dass die Pestmedaillen oder Pesttaler, wie man sich manchmal auch nennt, beliebt und weit verbreitet waren. Viele Arbeiten dieser Art sind in dem Werk von Pfeiffer und Ruland "Pestilentia in nummis" (Tübingen 1882) und in anderen Büchern publiziert, sind aber auch in Auktionskatalogen und Verkaufslisten des Münzhandels verzeichnet. Wie wir aus dem "Handbuch der gesammten Münzkunde für Münzliebhaber und Geschäftsleute" (Halle und Berlin 1811) erfahren, ließ die Stadt Erfurt einen Pestpfennig mit der vorderseitigen Inschrift "A. 1597 sein in Erfurt gestorben 7765 Menschen" sowie auf der Rückseite "A. 1598 sein zusammengegeben in Erford 556 Bar, gedauf 532, gestorben 424". Ferner werden in dem Buch Pestmünzen und -medaillen von Hamburg, Regensburg, Breslau und Wien genannt, doch ist die Liste noch längst nicht beendet.

Es müssen noch weitere Ausgaben im Gewicht eines oder mehrerer Taler sowie von seinen Teilstücken hinzu gerechnet werden, darunter solche aus der Stadt Braunschweig und aus erzgebirgischen Münzstätten. Eines der Zentren war die böhmische Bergstadt Sankt Joachimsthal, die wir als Geburtsort und Namensgeber des Joachimsthalers oder Talers bestens kennen. Die Stadt war nicht nur Prägestätte erst der Silbermünzen der Grafen von Schlick und dann der böhmischen Könige, sondern auch Wohnort und Arbeitsstätte von Gold- und Silberschmieden.

12. April 2019

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