Wo sind sie geblieben?
Schicksal der Glasfenster mit Münzbildern in der ehemaligen Reichsbank in Berlin ist ungeklärt



Das frühere Reichsbankgebäude am Werderschen Markt war in DDR-Zeiten Sitz des alles bestimmende Zentralkomitees der SED und ist heute, um einen modernen Anbau ergänzt, Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland.







Hans Uhl schmückte die Glasfenster der Reichsbank in Berlin unter anderem mit einem Brakteaten Herzog Heinrichs des Löwen und einem Groschen des Metzer Bischofs Theoderich.





Als Vorlage für das Bildfenster diente ein Reichstaler Friedrichs des Großen aus dem Jahr 1786. Da der König am 17. August 1786 starb, hat man die Angabe 17 A 86 mit zwei Punkten dazwischen als Hinweis auf den Sterbetag gedeutet und den Reichstaler fälschlicherweise als Sterbetaler gedeutet.



Die Originale für diese und weitere Münzbilder stammten aus dem Geldmuseum der Reichsbank. (Fotos: Caspar/Repros aus "Kunst dem Volk", Mai 1940)

Ein Aufruf von Helmut Caspar "Wer hilft?" im Numismatischen Nachrichtenblatt Heft 6/2012, S. 246, hatte Erfolg. Gleich nach Erscheinen der Ausgabe rief Ulrich Rosseaux vom Geldmuseum der Deutschen Bundesbank an und wies mich auf einen umfangreichen Bericht über den Neubau der Reichsbank am Werderschen Markt in Berlin in der Zeitschrift "Kunst dem Volk - Monatsschrift für Bildende und Darstellende Kunst, Architektur und Kunsthandwerk", 11. Jahrgang, 5. Folge Mai 1940 hin und schickte Kopien daraus. In der von Hitlers Star- und Leibarchitekten Heinrich Hoffmann herausgegebenen Zeitschrift berichtet Hans Ankwicz von Kleehoven ausführlich über den "Bau des neuen Hauses, das sich als Meisterwerk moderner Zweckarchitektur den gewaltigen Bauvorhaben des nationalsozialistischen Berlin würdig anreiht" und geht auch auf die fünf mit 17 Münzbildern geschmückten Glasfenstern in der Ehrenhalle der Reichsbank ein.

In einem weiteren Beitrag stellt Georg Kropp, Direktor bei der Reichsbank, die Münzenserie vor, die mit einer halben Siliqua des Ostgotenkönigs Theoderich (493-526) beginnt und mit einem Zwei-Reichsmark-Stück von 1934 mit der Darstellung der Potsdamer Garnisonkirche endet. Sie ar den Nazis besonders wichtig und heilig, weil dort am 21. März 1933 der so genannte Tag von Potsdam zelebriert wurde. In einer feierlichen Zeremonie besiegelte Reichspräsident Paul von Hindenburg vor den Gräbern des preußischen Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm I. und seines Sohnes Friedrich II., des Großen, offiziell die "Machtergreifung" Adolf Hitlers und seiner NSDAP am 30. Januar 1933 und gab damit der von der Goebbels-Propaganda als "Verbindung von altem Geist und neuer Kraft" gefeierten Nazidiktatur seinen Segen.

Gang durch die Münzgeschichte

Die von dem Glasmaler Hans Uhl entworfenen und in den Vereinigten Werkstätten für Mosaik und Glasmalerei von August Wagner in Berlin ausgeführten Glasmalereien luden zu einem Gang durch die Münzgeschichte ein. Zu sehen waren unter anderem ein prachtvoller Brakteat des Herzogs Heinrichs des Löwen aus dem 12. Jahrhundert und weitere Prägungen aus dem Mittelalter, ferner ein Reitertaler Kaiser Maximilians I. aus dem Jahre 1509, ein braunschweigischen Lösertaler mit stehendem "wilden Mann" aus dem Jahr 1665. Preußen war durch einen Bancotaler von 1765 und einen Reichstaler mit dem Altersbildnis des preußischen Königs Friedrichs des Großen präsent, der bei den Nationalsozialisten besonders hoch im Kurs stand. Die Kaiserzeit war nicht etwa durch ein silbernes Ein-Mark-Stück mit dem Reichsadler, sondern durch das goldene Fünfzehn-Rupien-Stück von 1916 vertreten und extra als Kolonialmünze ausgewiesen. Dazu ist gut zu wissen, dass sich das NS-Regime mit dem Gedanken trug, spezielle Münzen für von der Wehrmacht noch zu erobernde Kolonien herzustellen. Auf ihnen sollten "neutrale" Motive wie Schiffe, Tiere und Pflanzen dargestellt werden. Aus dem Plan wurde nichts, aber es ist schon interessant, dass an prominenter Stelle in der Berliner Reichsbank ausgerechnet die seltene Tabora-Münze präsentiert wurde.

In dem von Hans Wilderotter herausgegebenen Buch "Das Haus am Werderschen Markt. Von der Reichsbank zum Auswärtigen Amt" (jovis Verlag Berlin 2000) wird zwar ausführlich auf die künstlerische Ausstattung des Reichsbankgebäudes eingegangen, die Glasbilder mit den Münzdarstellungen in der Ehrenhalle aber sind den Verfassern nur wenige Worte wert. Ein Foto aus dem Jahr 1940 zeigt sie winzig am Ende der Ehrenhalle, in der Büsten von Friedrich dem Großen und Adolf Hitler nach Entwürfen des Bildhauers Josef Thorak standen. Unklar ist, was nach 1945 aus Fenstern mit den Münzbildern wurde. Haben sie die Kriegszerstörungen überstanden, kamen sie in ein Museum oder in einen Tresor, als das Reichsbankgebäude zuerst als Finanzministerium der DDR und dann als Sitz des Zentralkomitees der SED genutzt wurde? Hat man die Glasfenster zerschlagen, so wie ganz der NS-Kunst verpflichtete Steinreliefs an der Außenfassade der Reichsbank und an anderen prominenten Gebäuden beseitigt wurden? Hier ist noch einige Recherchearbeit nötig.

Klima der Angst und Unterwürfigkeit

Das Reichsbankgebäude war in DDR-Zeiten Sitz des Zentralkomitees der SED. Unumschränkte Herrscher und keinen Widerspruch duldend waren dort die Parteichefs Walter Ulbricht und nach dessen Entmachtung 1971 Erich Honecker. Was sich hinter den dicken Mauern und gepolsterten Türen des "Großen Hauses" tat, ist durch Funktionäre überliefert. Augenzeugen berichteten, als das nicht mehr lebensgefährlich war, von einem Klima der Angst, des Misstrauens und der Unterwürfigkeit. Niemand konnte den anderen trauen, die Augen und Ohren der Staatssicherheit machten nicht einmal vom ZK-Gebäude Halt. Abweichungen von der Parteilinie wurden mit schweren Strafen belegt. Ehemals mit Orden und Titeln ausgezeichnete Funktionäre konnten, wenn sie in Ungnade gefallen waren, von einem Tag zum anderen gefeuert werden und ihrer schönen Privilegien verlustig gehen. Wer sich bei den ständigen Überprüfungen und den Gesprächen anlässlich des Umtauschs der Parteibücher als Wackelkandidat erwies, wer unerwünschte Fragen stellte und unerwünschte Antworten gab, war seine Mitgliedschaft und damit auch seinen Posten los. Etwa 20 000 Partei- und Staatsfunktionären auf allen Ebenen soll es vor 30 Jahren, zu Beginn des "Wendeherbstes 1989" so ergangen sein.

27. Februar 2019

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