"Roland, der Ries´ am Rathaus zu Bremen..."
Hansestadt ehrte bereits in der Barockzeit das Symbol ihrer Reichsfreiheit durch Medaillen / Stadtmusikanten dürfen nicht fehlen







Die Medaillen aus den Jahren 1647 und 1904 verbinden den berühmten Roland mit einer barocken Stadtansicht beziehungsweise der symbolischen Übergaben des Bremer Wappens durch Kaiser Karl den Großen an einen Bischof.



Die farbig bemalte Bildsäule ist "das" Wahrzeichen der Freien und Hansestadt, die auf eine lange und erfolgreiche Münzgeschichte zurück blickt. Daneben eine Ausführung in der Bremer Neustadt aus der Barockzeit.



Der Ritter des Rechts ist auch auf einer Goldmedaille abgebildet, die 1890 an Preisträger der Nordwestdeutschen Gewerbe- und Industrieausstellung in Bremen vergeben wurde, sowie auf einer dem Reichskanzler Otto von Bismarck gewidmeten Medaille von 1928.



Die deutsche Zweieuromünze von 2010 zeigt "Roland den Ries' vor dem Rathaus zu Bremen.



Die Zwanzigeuromünze von 2017 erinnert an die zu allem entschlossenen Bremer Stadtmusikanten, die mit ihrer Katzenmusik eine Räuberbande in die Flucht geschlagen haben.





Die Stadtmusikanten ganz aus Bronze locken seit 1953, von dem Bildhauer Gerhard Marcks geschaffen, vor dem Bremer Rathaus neugierige Blicke auf sich. (Fotos/Repro: Caspar)

Über Entstehung und Aufgabe der nach einem heilig gesprochenen Mitstreiter Kaiser Karls des Großen benannten Rolandfiguren auf zahlreichen Marktplätzen innerhalb und außerhalb Deutschlands gibt es unterschiedliche Auffassungen und viele Veröffentlichungen. Historiker sehen in dem stehenden, selten reitenden Recken Symbole städtischer Rechte und Freiheiten. Eine der prächtigsten und bekanntesten Rolandfiguren steht vor dem Rathaus in Bremen. Die 5,55 Meter hohe Steinfigur wird von einer Säule mit gotischem Baldachin geschützt. Barhäuptig und in voller Rüstung dargestellt, hält der Ritter ein Schwert in der rechten Hand und schützt seine linke Brust mit einem Schild, auf dem der doppelköpfige Reichsadler angebracht ist. Die niederdeutsche Inschrift auf dem Schutzschild in vergoldeten Buchstaben lautet übersetzt ungefähr so: "Freiheit tu ich euch offenbaren, die Karl und mancher Fürst fürwahr dieser Stadt gaben. Das danket Gott ist mein Rat". Das Standbild war überaus populär, doch richtete der Volksmund auch Fragen an die Figur, so mit diesen plattdeutschen Reimen: "Roland mit dat kruse Haar, / Wat he kickt so sunnerbar! / Roland mit den Wapenrock / Steiht so stief as wi een Stock. / Roland mit de spitzen Knee, / Segg maal, deit di dat nich weh?"

Für Bremen hatte der Roland große Bedeutung, denn nach altem Volksglauben behalten die Stadt und ihre Einwohnern solange ihre Freiheit, wie der ritterliche Wächter auf dem Marktplatz steht. Solchen Aberglauben gibt es auch anderswo. So werden im Tower zu London Raben gehalten und von einem speziellen Beamten betreut, weil nach der Legende das Königreich untergeht, wenn die schwarzen Vögel nicht mehr da sind. Auch die den Felsen von Gibraltar bevölkernden Affen sollen angeblich dafür zuständig sein, dass Großbritannien die Meerenge zwischen Europa und Afrika beherrscht. Im Fall von Bremen war klar, sollte der Garant kommunaler Unabhängigkeit einmal abhanden kommen, muss er innerhalb von 24 Stunden wieder her, sonst droht Ungemach. Wenig bekannt ist, dass der Bremer Roland einen kleinen Bruder in Gestalt einer barocken Brunnenfigur mit vergoldeter Beschriftung hat, die 1737 unweit der Sankt-Pauli-Kirche in der Bremer Neustadt aufgestellt wurde und mehrfach umgesetzt wurde. Gestiftet von der 1. Kompanie Bremer Bürgerwehr, die den Roland in ihrer Fahne führte, lehnt sich die farbig bemalte Steinskulptur an das Vorbild auf dem Rathausplatz an, ist aber üppiger dekoriert als dieses.

Ungewöhnliches Motiv auf Barockmedaille

Die Bremer liebten ihren Roland so sehr, dass sie ihn in der Barockzeit und auch später auf Medaillen darstellten. Noch während des Dreißigjährigen Krieges schuf Johann Blum eine prächtige Medaille mit der Ansicht der "Statua Rolandi Bremensis" und dem Panorama der durch einen Festungswall geschützten Hansestadt geprägt. Mit dieser Medaille existiert ein numismatisches Denkmal ohnegleichen. Denn es war zur damaligen Zeit noch ungewöhnlich, dass man ein aus dem Mittelalter stammendes Architektur- und Kunstdenkmal auf einer Medaille darstellte. Es unterstreicht das Geschichts- und Traditionsbewusstsein der Bremer, dass Blum die Roland-Medaille in vier Versionen und Größen (von 1640 zu 53 und 57 mm sowie von 1648 und 1640 zu jeweils 55 mm) hergestellte. Versehen mit der Bitte an Gott um Schutz und Beistand, kommt sie in Form von Abschlägen aus Gold vor. Dass verschiedene Jahrgänge geprägt wurden, unterstreicht die Beliebtheit dieser Prunkprägung und ihre Verwendung wohl auch zu Geschenk- und Auszeichnungszwecken. Vor und nach dem Ersten Weltkrieg wurden kleine Notgeldmünzen ebenfalls mit der Wiedergabe des Wahrzeichens geprägt.

Da der Bremer Roland überaus populär war, verwundert es nicht, dass er auch für politische Zwecke instrumentalisiert wurde. Während der französischen Besetzung zu Beginn des 19. Jahrhunderts sollte die Figur zu Pflastersteinen verarbeitet werden, wohl um die selbstbewussten Hanseaten zu demütigen und zu verunsichern. Das aber konnte aber durch einen pfiffigen Bürgermeister verhindert werden, der die Figur auf dem Marktplatz kurzerhand zu einem "Saint Roland" erklärte und damit in einem unantastbaren Schutzheiligen verwandelte. Auf die beabsichtigte Freveltat bezog sich Friedrich Rückert nach dem Ende der Franzosenherrschaft, in der Bremen für ein paar Jahre dem napoleonischen Imperiums untertan war, mit einem Gedicht. Er sah in der Figur mit Schild und Schwert einen tapferen Kämpfer gegen das welsche, also das napoleonische Frankreich. In einem patriotischen Gedicht schrieb der Dichter: "Roland, der Ries´ am Rathaus zu Bremen, / Wollten ihn Wälsche werfen in Nacht. / Roland, der Ries´ am Rathaus zu Bremen, / Ende ward wälschem Wesen gemacht." In seinen "Phantasien aus dem Bremer Ratskeller" setzte Wilhelm Hauff den Bremer Roland gegen die Türken in Marsch, und ein Jahrhundert später reklamierten ihn die Nazis als einen der Ihren und versenkten 1938 bei einer Restaurierung eine Kassette mit NS-Propaganda in seinem Bauch. Diese "Zutat" wurde 1989 entdeckt und entfernt.

Stadtmusikanten aus Bronze und Silber

Auch im 19. und 20. Jahrhundert diente der Bremer Roland als Medaillenmotiv. So erscheint die Figur auf einer Arbeit von 1890 aus der Nürnberger Prägeanstalt Lauer anlässlich der Nordwestdeutschen Gewerbe- und Industrieausstellung in Bremen, flankiert von allegorischen Figuren von Gewerbe und Handel. Auf einer Medaille zum 30. Todestag des ersten deutschen Reichskanzlers Otto von Bismarck von 1928 ist die berühmte Skulptur mit dem Bismarck-Zitat "Wir Deutsche fürchten Gott aber sonst nichts in der Welt" dargestellt. Würde man weiter suchen, bekäme man sicher auch andere Beispiele für die numismatische Vermarktung der Figur vom Marktplatz zu Bremen zusammen. Es versteht sich dass der Bremer Roland auch auf der Zweieuromünze von 2010 mit dem Rathaus im Hintergrund abgebildet ist.

Es kommt nicht oft vor, dass eine Stadt gleich zweimal auf neuen deutschen Münzen erscheint. Neben dem Roland sind auf einem Zwanzigeurostück von 2017 auch die Bremer Stadtmusikanten vertreten. Wer in Bremen wohnt oder die alte Hansestadt besucht, wird das von Bildhauer Gerhard Marcks geschaffene und 1953 am Rathaus aufgestellte Bronzedenkmal der Bremer Stadtmusikanten kennen und besichtigen. Die silberne Gedenkmünze mit dem furchtlosen, zu allem entschlossenen Esel, dem Hund, der Katze und dem Hahn ist Teil einer deutschen Münzserie mit Märchenthemen, die 2012 mit dem Doppelporträt der beiden Sprachforscher und Märchensammler begann. Inzwischen liegen die Motive Schneewittchen (2013), Hänsel und Gretel (2014), Dornröschen (2015), Rotkäppchen (2016), Stadtmusikanten (2017), Froschkönig (2018), Tapferes Schneiderlein (2019). Für 2020 und 2021 sind die Motive "Der Wolf und die sieben Geislein" und "Frau Holle" vorgesehen. Die Stadtmusikanten sind Ausgangspunkt und Ziel der Deutschen Märchenstraße.

21. Dezember 2019

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