Münzen schmücken Trachten, Humpen und Löffel
Zweckentfremdung rettete schon vor langer Zeit manche Gepräge vor dem Tod im Tiegel



Münzschmuck gehört zu bayerischen Trachten und wird in manchen Museen, hier in Bergen (Landkreis Traunstein) ausgestellt. Nicht immer müssen die Silberstücke echt und alt sein, es kommen auch Kombinationen mit Nachbildungen vor. Männer tragen gern Trachten mit Knöpfen, die aus Silbermünzen gefertigt wurden.



Nachbildungen römischer Münzen in schöner Fassung machen sich gut in einer Sammlung zum Thema "Münzen als Schmuck".



Beliebt waren um 1900 russische Silberkopeken, die man zu Broschen, Ringen, Armreifen und anderen Schmuckstücken umgearbeitet hat.



Die filigranen Silbergabeln besitzen hessische und badische Kleinmünzen als Griff. (Fotos: Caspar)

Münzen- und Medaillenfreunden dreht sich der Magen um, wenn sie sehen, wie Taler, Gulden und Dukaten sowie andere Prägestücke als Zierde von Humpen, Krügen und Schalen dienen müssen. Solche Münzgefäße sind in großer Zahl vor allem in der Barockzeit hergestellt worden. Doch schon in der Renaissance, als man sich der Kultur und Kunst der Antike entsann und begann, Münzen der Cäsaren und anderer antiker Herrscher zu sammeln, kam die Sitte auf, Geldstücke in Gefäße einzulassen. In Berliner Museumsbesitz blieb eine stattliche Anzahl barocker Münzgefäße erhalten. Einige stammen aus dem Rittersaal des 1950 kommunistischem Bildersturm geopferten Berliner Schlosses, das gegenwärtig seine Wiedergeburt als Humboldt-Forum erlebt. Das dort aufgetürmte Silberbuffet ist ein interessantes Zeugnis für das Bestreben der Kurfürsten von Brandenburg und Könige von Preußen, in ihren Schlössern riesige Bestände an silbernen Geschirren, Tafelaufsätzen, Leuchtern und Spiegeln zu horten und sich damit als reich und bedeutend zu präsentieren.

Sehr alt ist die Sitte, Gold- und Silbermünzen als Hals-, Arm-, Finger- oder Hutschmuck zu verwenden. Viele Münzen, die sonst den Tod im Schmelztiegel erlitten hätten, haben, obwohl zweckentfremdet, durch Fassungsspuren verletzt sowie vergoldet oder alles zusammen, auf diese Art und Weise überlebt. Angesichts von Münzhumpen oder in filigranen Fassungen eingelassenen Münzen erhebt sich die Frage, was man mit ihnen anfangen soll. Natürlich hätten Sammler die Münzen am liebsten "pur", also ohne angelötete Zusätze und andere Beschädigungen, bei Silbermünzen auch ohne Vergoldungen oder, was auch vorkommt, mit Emailleauflagen. Aber der Preis ist hoch, wenn man die Veränderungen nicht fachmännisch beseitigen lässt, wenn denn das überhaupt möglich ist. Ratsam ist, die historischen Veränderungen zu respektieren, denn mit ihnen existieren interessante Beweise für die Beliebtheit von Münzen als Schmuck. Manche alten Taler mit Heiligenbildern und frommen Sprüchen dienten als Talisman und Schutz vor Krankheit, Tod und "bösem Blick". Auf der Skala ganz oben standen Taler der Grafschaft Mansfeld aus dem 16. und 17. Jahrhundert mit dem Bild des Sankt Georg als Drachentöter und der Inschrift BEI GOTT IST RAT UND TAT, weshalb manche Stücke gehenkelt oder als Schmuckstück gefasst vorkommen. Großen Zuspruchs als Anhänger erfreuten sich auch die bayerischen Madonnentaler, die man ähnlich behandelt hat, weil man ihnen schützende Eigenschaften zuschrieb.

Vorsicht beim Entfernen von Henkeln und Löchern

Bei Henkeln an Münzen ist große Vorsicht angebracht. Wenn sie unsachgemäß entfernt werden, ist der Schaden noch größer als wenn man sie belässt. Am besten ist, den überkommenen Zustand zu respektieren. Wie Henkel sind auch Löcher in Münzen und Medaillen ein großes Ärgernis. Wenn man sie unbedingt stopfen möchte, sollte dies von einem Juwelier oder Metallrestaurator getan werden. Auch bei sehr sorgfältiger Ausführung kann man unter der Lupe oder einem Mikroskop die Bearbeitungsspuren erkennen. Löcher zu schließen oder Lötspuren zu beseitigen, lohnt sich nur bei besseren Stücken. In den Katalogen des Münzhandels werden diese Veränderungen stets angegeben, weil sie sich wertmindernd auf den Preis auswirken.

Wer sich umschaut, findet in der eigenen Sammlung oder bei Sammlerfreunden, aber auch in Ausstellungen Münzen und Medaillen, die zu Schmuck umgearbeitet wurden. Diese Stücke kommen in unterschiedlichen Gestalten vor, mal als Anhänger oder Brosche, auch eingefasst in Fingerringen, aneinander gelötet als Armband oder ein wenig gebogen als Jacken- oder Manschettenknöpfe. Manchmal hat man Essbestecke mit Münzen geschmückt oder aus Talern Löffel gefertigt. Beliebt waren und sind Münzen unterschiedlicher Zeitepochen als Anhänger von Schützenketten, hingegen sind große Goldmünzen an schweren Hals- und Armketten aus der Mode gekommen.

Hin und wieder findet man auf Trödelmärkten ausgesägte Münzen, manchmal kann man sogar zuschauen, wie sie entstehen. In der Regel handelt es sich um Massenware, die mit feinen Werkzeugen zu filigranem Schmuck verarbeitet werden. Solche Stücke unterstreichen, dass man auch heute in Münzen oft mehr sieht als bloßes Geld. Ausgesägte Münzen zu sammeln, ist Geschmacksache, doch muss es Zeitgenossen geben, die an ihnen Freude haben und nicht wenig Geld bezahlen, sonst wären die Münzenzersäger arbeitslos.

König bewahrte Silberbuffet vor Vernichtung

Da man in Brandenburg-Preußen kostbare Gerätschaften häufig aus feuervergoldetem Silber und gelegentlich aus Gold nur als Teil des Staatsschatzes anschaffte, hat man sie in Not- und Kriegszeiten eingeschmolzen. Von dieser Möglichkeit, Rohstoffe für die Münzprägung zu gewinnen, haben Friedrich der Große in den Schlesischen Kriegen und Friedrich Wilhelm III. während der napoleonischen Okkupation nach 1806 Gebrauch gemacht, als es hieß "Gold gab ich für Eisen" und sich auch die königliche Familie von goldenem Tafelgeschirr und anderen Preziosen trennen mußte, um die harten Kontributionsforderungen der Franzosen zu bezahlen. Gelegentlich wurde der reichen Putten- und Wappenschmuck von Silbermöbeln abgetrennt, um ihn zu Gunsten der Staatskasse einzuschmelzen.

Dass nicht auch das Berliner Silberbuffet, das sich dem königlichen Thron gegenüber im Rittersaal des Berliner Schlosses pyramidenartig bis in die Decke türmte und ein Gemeinschaftswerk Augsburger und Berliner Künstler ist, dem Feuertod entging, ist der Intervention eines beherzten Beamten zu verdanken. Er konnte König Friedrich Wilhelm III. im Jahr 1809 dazu bewegen, das tonnenschwere Ensemble überaus reich verzierter Terrinen, Teller, Kannen sowie über und über mit Münzen geschmückten Bier- und Weinhumpen aus historischen Gründen und im Gedenken an frühere Herrscher vor der Vernichtung zu bewahren. Das Berliner Kunstgewerbemuseum im Berliner Schloss Köpenick zeigt den einzigartigen Schatz zusammen mit einer Auswahl von Silbergefäßen, die mit prächtigen Talern besetzt sind. Weitere Münzgefäße und Luxusgegenstände aus Silber und Gold wie die Krönungsinsignien der Hohenzollern sowie Medaillen zur Geschichte des Herrscherhauses können im Charlottenburger Schloss besichtigt werden. Wer sich für Münzgefäße interessiert, wird in zahlreichen Museen und Privatsammlungen höchst unterschiedlichste Formen und Verarbeitungsweisen kennenlernen - Becher, Pokale, Kannen, Schalen, in die man sowohl Gedenkmünzen als auch gewöhnliches Kurantgeld, gelegentlich auch Medaillen eingelassen hat. Häufig wurden in die Räume zwischen den Geprägen Ornamente, manchmal auch Jahreszahlen oder Erklärungen graviert.

Riesiges Bierfass schießt den Vogel ab

Ein Zentrum der Fabrikation solcher Kannen und Humpen war in der Barockzeit Berlin, wo Gold- und Silberschmiede wegen der Vorliebe der Hohenzollern für schweres Silbergerät alle Hände voll zu tun hatten. Den Vogel unter den Münzhumpen schießt ein riesiges Bierfass ab, das für den Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. von Johann Christian Lieberkühn d. Ä. angefertigt wurde. Die laut Friedrich Nicolais "Beschreibung der Kgl. Residenzstädte Berlin und Potsdam" (Berlin 1786) "ungemein schwere große silberne Kanne mit zwey Handgriffen und einem Hähnchen" wurde, wenn der Herrscher mit hohen Offizieren sein Tabakskollegium abhielt, zum Bierzapfen verwendet. "Sie ist ganz mit Münzen und Medaillen, vornehmlich alten Brandenburgischen Talern belegt, und 140 Pfund 4 Loth schwer", schrieb Nicolai, zu dessen Zeiten das Fass noch nicht im Rittersaal des Berliner Schlosses, sondern in einem anderen Raum stand. Nach dem Zweiten Weltkrieg kam das Münzfass ins Berliner Münzkabinett und in den sechziger Jahren ins Schloss Köpenick.

Das Berliner Talerfass kann als numismatische Ahnengalerie bezeichnet werden. Es eine Höhe von 95 cm (Fuß bis Henkel) und einem Durchmesser von 57 cm (am Fuß 67 cm). Wie Lieberkühn für das Münzfass die 688 von ihm verarbeiteten brandenburgischen Taler und fünf Medaillen zusammen getragen hat, ist nicht überliefert. Man kann davon ausgehen, dass er schon damals einige Mühe gehabt haben dürfte, besonders rare Stücke des Kurfürsten Joachim I. aus der Zeit um 1520 und andere Exemplare aus der Frühzeit der Talerprägung zu beschaffen. Die jüngsten Taler stammen aus der Zeit des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg einschließlich einiger Fehrbelliner Siegestaler von 1675, die den Triumph brandenburgischer Truppen über die weitaus stärkeren Schweden feiern. Als Auftraggeber tritt Friedrich Wilhelm I. durch eine von Peter Paul Werner geschaffene und in den Deckel eingelassene riesige Medaille von 1733 auf die große Truppenparade in Berlin in Erscheinung. Da Lieberkühn kurz vor dieser Truppenschau gestorben war, muss ein anderer Goldschmiedemeister das Fass vollendet haben.

7. Februar 2019 Zurück zur Themenübersicht "Münzen und Medaillen"