Schwedens Könige ganz aus Gold
Opulenter Bild-Text-Band listet Münzen und Medaillen auf und schildert in drei Sprachen Etappen der Geldgeschichte



In der schwedisch besetzten Stadt Straßburg wurde der Dukat von 1632, dem Todesjahr von Gustav II. Adolph, geprägt. Mit einem Krönchen geschmückt ist seine Tochter und Nachfolgerin Christina auf dem Rigaer Dukaten von 1645.



Die so genannten Blutklippen von 1568 entstanden während einer Erhebung gegen König Erik XIV., die von seinen Brüdern Johann und Karl angezettelt wurden. Es handelt sich bei diesen Stücken um goldene Abschläge von Zweimarkstücken.







Der 1632 in der Schlacht bei Lützen unweit von Leipzig gefallene König Gustav II. Adolph und seine Tochter Christina haben das Bild wesentlich bestimmt, das wir von Schweden im 17. Jahrhundert vor Augen haben. Vater und Tochter hinterließen prächtige Münzen und Medaillen, die ein hochinteressantes udn gut erforschtes Sammelgebiet bilden.



Im Petersdom zu Rom erinnert ein prächtiges Epitaph daran, dass die frühere Königin von Schweden in der Hauptkirche der katholischen Welt ihre letzte Ruhe fand.



Die um 1685 geprägte Goldmedaille im Gewicht von 40 Dukaten lobt, von Giovanni Battista Gugliemada geschaffen, Christinas vortrefflichen Charakter.





Der Tod Karls XII. von Schweden im Jahr 1718 bedeutete für den Nordischen Krieg die Wende. Er wurde in einer Serie von Friedensverträgen mit den beteiligten Staaten beendet. Sie trugen Schweden Gebiets- und Machtverluste ein und hatten den Aufstieg Russlands zur europäischen Großmacht zur Folge. Der König ist langsam älterwerdend auf seinen Münzen verewigt, seinem Tod auf dem Schlachtfeld war die Prägung zahlreicher Medaillen wert. (Fotos aus dem besprochenen Buch sowie Archiv Caspar)

Als der König Gustav II. Adolf am 6. November (nach gregorianischem Kalender am 16. November) 1632 in der Schlacht von Lützen bei Leipzig fiel, folgte ihm seine erst sechsjährige Tochter Christina auf den schwedischen Thron. Bis zu ihrer Volljährigkeit im Jahr 1644 regierte für sie ein Reichsrat. Ihre Unterhändler unterzeichneten 1648 den Westfälischen Frieden, mit dem der Dreißigjährige Krieg beendet wurde. In dem Vertrag wurden dem skandinavischen Land weitreichende Territorien an der deutschen Nordsee- und Ostseeküste zugesprochen. Die Königin von Schweden und ihre Nachfolger erhielten als Reichsfürsten zeitweise Sitz und Stimme im Reichstag zu Regensburg. Im Nordischen Krieg von 1700 bis 1721 gegen Russland um Macht, Land und Menschen kämpfend, wurde 1718 König Karl XII. wie Gustav II. Adolph 86 Jahre zuvor Opfer einer feindlichen Kugel. In beiden Fällen wurde der Heldentod, wie man sagte, durch zum Teil prachtvoll gestaltete Medaillen gewürdigt.

Goldmünzen, die von diesen und den Monarchen vor und nach ihnen in Schweden sowie in den von diesem beherrschten Städten und Regionen geprägt wurden, hat der in Stockholm tätige Sammler, Münzhändler und Numismatiker Roberto Delzanno in dem opulent gestalteten Bild-Text-Band "Goldmünzen aus Schweden. Sveriges Guldmynt. Gold Coins from Sweden - 1512 - 2020" von Monarch zu Monarch gehend zusammengetragen, abgebildet und kommentiert. Das in drei Sprachen - schwedisch, englisch und deutsch - abgefasste Buch erschien Ende 2019 im Battenberg Gietl Verlag Regenstauf, hat 449 Seiten und kostet 50 Euro (ISBN 978-91-639-9466-1). Gegliedert ist das großartige Nachschlagewerk in die Abschnitte Goldmünzen aus Schweden 1512 bis 2019, Goldmünzen der schwedischen Besitzungen 1622 bis 1759 sowie Goldmünzen von König Friedrich I., der als Landgraf von Hessen-Kassel 1731 den schwedischen Thron bestieg und bis 1751 regierte. In weiteren Kapiteln stellt der Verfasser eine Auswahl von Goldmedaillen von Gustav II. Adolph im frühen 17. Jahrhundert bis zum amtierenden König Carl XVI. Gustaf vor. Lesenswerte Zeitreise durch die Geschichte

Anhand der Münzen und Medaillen unternimmt der Verfasser eine lesenswerte Zeitreise durch die schwedische Geschichte und macht die Leser erstmals in dieser Form mit vielfach bei uns unbekannten Ereignissen und Gestalten der schwedischen Geschichte vom 16. Jahrhundert bis heute vertraut. Er nutzt geprägtes, manchmal auch gegossenes Gold im Besitz des Königlichen Münzkabinetts in Stockholm und weiterer öffentlicher Sammlungen im In- und Ausland, aber auch bedeutende Privatsammlungen, die in den vergangenen Jahren vom Osnabrücker Münzhaus Fritz Rudolf Künker und weiteren Firmen versteigert wurden und spektakuläre Ergebnisse erbrachten.

Roberto Delzanno geht aufgrund intensiver Suche weit über das hinaus, was bisher in Standardwerken über die schwedische Münz- und Medaillengeschichte publiziert wurde. Er nennt die Standorte der oft in ganz wenigen Exemplaren überlieferten Stücke und sagt auch, wann und wo sie versteigert wurden. Die Preisangaben sind Richtwerte und dürften in künftigen Bietergefechten überschritten werden, denn das haben solche Kataloge zur Folge, dass sich Sammler diesem Gebiet zuwenden und danach trachten, fragliche Stücke in ihren Besitz zu bekommen, koste es was es wolle. Anlässe zur Prägung der in dem Buch vorgestellten Goldmünzen und Medaillen waren vielfältig, so vor allem Krönungen sowie Geburten und Todesfälle in der königlichen Familie, aber auch Kriege und Friedensschlüsse, die Stiftung von hohen Orden, die Errichtung von repräsentativen Staatsbauten, die Förderung der Künste, Wissenschaften und Ökonomie sowie andere Haupt- und Staatsaktionen, wie man in der Barockzeit zu sagen pflegte.

Verteidiger und Retter des Protestantismus

Ausführlich berichtet der Verfasser über Anlässe für die Prägung der Goldgulden, Dukaten und anderen Münzen aus diesem Edelmetall und die für die Herausgabe von zum Teil schwergewichtigen Gnadenpfennigen, Auszeichnungsmedaillen und anderen Geprägen. Zu erfahren ist, warum es in gefährlichen Zeiten zur Herstellung von Klippen aus Silber und Gold und wo überall Gustav II. Adolph, der 1630 mit seinen Truppen ins Heilige Römische Reich eingefallen war, Münzen mit seinem Bildnis und Königswappen schlagen ließ. So kann man gut nachvollziehen, wo der von den einen als Verteidiger und Retter des Protestantismus gefeierte, von anderen als Antichrist verteufelte Heerführer im Reich seine Militärlager unterhielt und Verwaltungszentren eingerichtet hat.

Es wird erzählt, dass der königliche Oberbefehlshaber stark kurzsichtig war. Für ihn war es wohl eine Sache der Ehre, auf den Schlachtfeldern nicht mit einer Brille auf der Nase zu kämpfen. In Lützen verlor er die Orientierung und geriet an den Feind, der ihm den Garaus machte und seinen Leichnam ausraubte. Der unerwartete und für den weiteren Verlauf des Dreißigjährigen Kriegs bedeutsame Heldentod des Herrschers, wie man damals sagte, wurde durch zahlreiche aufwändig gestaltete Münzen und Medaillen aus Silber und Gold gewürdigt. Sie verherrlichen den König als Sieger in einem von Engeln und allegorischen Figuren begleiteten, über die Furie des Krieges hinweg rollenden Wagen fahrend. Beim Anblick der Prunkprägungen muss man sich hinzu denken, dass schwedische Soldateska im Dreißigjährigen Krieg viel Leid unter der Zivilbevölkerung anrichtet hat. Die von marodierenden Soldaten angerichteten Gräuel unterschieden sich allerdings wenig von denen, mit denen kaiserliche Truppen große Teile des Reiches überzogen.

Spektakulärer Glaubenswechsel

Wie von Gustav II. Adolph sind von Christina, seiner Tochter und Nachfolgerin auf dem schwedischen Thron, viele Münzen und Medaillen aus Silber, Gold und Kupfer überliefert. Sie zeigen die in eine prächtige Robe gehüllte Monarchin mit einer kleinen Krone auf dem Kopf. Unter dem Einfluss von Jesuiten stehend, konvertierte Christina, das einzige Kind des Königs, 1654 zum katholischen Glauben. Da sie unter diesen Umständen die schwedische Krone nicht mehr tragen konnte, musste sie abdanken. Vor ihrem Rückzug ins Privatleben sorgte Christina dafür, dass ihr Vetter Karl Gustav gegen den Widerstand des polnischen Königs Johann Casimir ihr Nachfolger wurde. Der spektakuläre Glaubenswechsel wurde von der Gegenreformation als Sieg über die verhassten Anhänger des Protestantismus gefeiert und brachte der als energisch, klug, belesen und extravagant geschilderten Ex-Königin die Sympathie von Päpsten und Kardinälen ein. Christina ging nach Rom und lebte dort bis zu ihrem Tod am 9. April 1689. Wie schon in Schweden, so scharte sich auch in Italien Künstler, Gelehrte und Diplomaten um sich.

Christina von Schweden unterhielt enge und freundschaftliche Verbindungen zu zahlreichen Potentaten ihrer Zeit, doch hatte sie keinen entscheidenden Einfluss mehr auf die Geschicke ihrer Zeit. Man empfing die reiselustige Ex-Königin an vielen europäischen Höfen. Bei solchen Besuchen sollen sich die feinen Damen und Herren über ihr betont männliches Äußeres mokiert haben. Auch tuschelte man darüber, dass sie sich mehr zu Frauen denn zu Männern hingezogen haben soll. Wie dem auch sei, die Königin bleibt als Kunstsammlerin in guter Erinnerung. Sie war auch eine der ganz frühen prominenten Münzsammlerinnen. Nach ihrem Tod wurde allerdings ihre reiche Sammlung an antiken und weiteren Münzen aufgelöst und in alle Winde verstreut.

Prunkmedaillen als diplomatische Geschenke

Wie schon ihr Vater Gustav II. Adolf, so entfaltete Christina in Schweden sowie den von ihren Truppen besetzten Ländern und Städten eine umfangreiche Münzprägung. Überdies sind von beiden Herrschern zahlreiche Gold- und Silbermedaillen erhalten. Von Meisterhand gefertigt, trugen sie die königlichen Porträts in alle Welt, und sie dokumentierten schwedische Besitzstände und Herrschaftsansprüche in haltbarem Metall. Auf vielen Geldstücken hat sich die junge Königin mit einem kleinen Krönchen im lang herab fallenden Haar und in eine kostbare Hofrobe gehüllt darstellen lassen. Oft hat man sie nicht im Profil abgebildet, wie damals üblich, sondern weitaus wirkungsvoller halb von vorn. Zu Werten aus Silber und Gold gesellen sich zahlreiche mit Christinas Bildnis geschmückte Medaillen. Manche Ausführungen wurden an befreundete Fürsten sowie Diplomaten und Günstlinge verliehen und, mit Henkeln und Ösen und manchmal auch mit Edelsteinen und Email versehen, wie Orden an Bändern oder Ketten hängend auf der Brust getragen. Die Mode der so genannten Gnadenpfennige wurde vor allem im 16. und 17. Jahrhundert gepflegt. Statt ihrer haben Fürsten seit dem 18. Jahrhundert Ordenssterne und Kreuze als Zeichen besonderer Gnade verliehen und diese Insignien auch auf Münzen und Medaillen darstellen lassen.

Eine große Rolle spielt in dem Buch der Nordische Krieg von 1700 bis 1721 um die Vorherrschaft im Ostseeraum, den Schweden gegen Russland und seinen Zaren Peter I., den Großen, führte. In seinem Verlauf etablierte sich Russland als europäische Großmacht. In seinem Verlauf schied Schweden im Wesentlichen als Machtfaktor in Nordeuropa aus. In der Schlacht von Poltawa (1709) wurde das schwedische Heer durch die von Zar Peter I., dem Großen, geführten Russen geschlagen. Der daraufhin in die Türkei geflüchtete König Karl XII. von Schweden brachte den Sultan dazu, in einen riskanten Krieg gegen das Zarenreich einzutreten. Nach Eroberung Finnlands und der schwedischen Besitzungen in Norddeutschland konnte der zu Wasser und zu Lande erfolgreiche Peter I. mit preußischer und hannöverscher Hilfe mit aller Macht gegen Schweden, seinen Hauptfeind, vorgehen. Peter I. war auch deshalb erfolgreich, weil Karl XII. von dem gerade im Spanischen Erbfolgekrieg kämpfenden Frankreich im Stich gelassen wurde.

Tödlicher Schuss aus dem Hinterhalt

Der auf Medaillen als unüberwindbarer Held, als Herkules und tapferer Heerführer gefeierte Karl XII. erlag am 11. Dezember 1718 einem Schuss aus dem Hinterhalt bei der Belagerung der norwegischen Festung Fredrikshald. Obwohl man seinen Tod geheimzuhalten versuchte, um Panik in den eigenen Reihen zu vermeiden, sprach sich die Katastrophe schnell herum. Wer den Schuss aus dem Hinterhalt abgab, ob der Schütze aus den eigenen Reihen stammte und/oder der König Opfer eines Mordanschlags wurde, konnte nie geklärt werden. In einer Serie von Friedensschlüssen wurden nach Karls XII. Tod die Ergebnisse des Nordischen Krieges zugunsten von Russland festgeschrieben. Als in Europa sein Tod bekannt wurde, schufen Künstler Medaille, auf denen der Löwe, Schwedens Wappentier, von Pfeilen beschossen wird aber aufrecht steht oder der königliche Sarg dargestellt ist, vor dem die Symbolgestalt Schwedens trauert. Eine ovale Medaille stellt eine Linie zwischen dem Tod von Gustav II. Adolf und von Karl XII. auf dem Schlachtfeld gezogen wird. Alle diese Prägungen bilden ein interessantes Sammelgebiet, für das der Münzhandel ab und zu schöne Beispiele anbietet.

30. Oktober 2019

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