Wie du mir, so ich dir
Hamburger Spottmedaille von 1708 nimmt innerstädtische Streitigkeiten satirisch aufs Korn



Bestechung und Bestechlichkeit sind das Thema der undatierten Goldmedaille auf innenpolitische Querelen in der Hansestadt Hamburg zu Beginn des 18. Jahrhunderts.



Auf der von Christian Wermuth geschaffenen Medaille von 1713 kommen die in kostbarer Amtsrobe dargestellten Advokaten nicht gut weg. Ihnen unterstellte man Geldgier, Untreue und Rechtsbeugung.



Wie man die Spottmedaille aus dem 16. Jahrhundert auch dreht und wendet, man sieht entweder den Papst oder den Teufel, die nach Ansicht der Urheber im Lutherschen Lager eine unheilige Allianz bilden.



Auf die spektakuläre Hinrichtung des württembergischen Hoffaktors Süß Oppenheimer wurden 1738 verschiedene Spottmedaillen geprägt. Der Leichnam wurde in einem Eisenkorb längere Zeit zur Schau gestellt.



Einer Majestätsbeleidigung kam die Verunstaltung dieser preußischen Silbermünze zu zweieinhalb Groschen aus dem Jahr 1867 gleich. (Fotos: Caspar)

Analog zu Holzschnitten, Kupferstichen und Flugblättern hat man in alten und neuen Zeiten geprägtes und gegossenes Metall als Mittel zur propagandistischen Selbstdarstellung und Gegenpropaganda verwendet. Die Auftraggeber umgaben sich auf der einen Seite mit der Aura der Guten und Gerechten beziehungsweise politische und religiöse Gegner nieder und verteufelten sie. Die Methoden der Verleumdung waren alles andere als fein. Bilder von Ungeheuern in Menschengestalt sind nicht selten, ihnen wird alles Schlechte der Welt an den Hals gewünscht, sie möchte man auf ewig in der Hölle schmoren lassen.

Sich mit dem Thema "Spott und Satire auf Münzen und Medaillen" zu befassen, ist ausgesprochen spannend und lehrreich, und es enthüllt sehr schön, zu Niedertracht Menschen fähig sind. "Spottmünzen sind Schaumünzen, welche geschlagen werden, um eine Person oder Begebenheiten lächerlich zu machen. Freilich sind nicht alle mit einem feinen Stachel versehen", schreibt Carl Christoph Schmieder im "Handwörterbuch der gesammten Münzkunde" (Halle und Berlin 1811). Genannt werden unter anderem eine württembergische Medaillen von 1738 auf den hingerichteten Hoffaktor Jud Süß. Seine Leiche wurde zur allgemeinen Abschreckung in einem eisernen Käfig zur Schau gestellt. Die Nationalsozialisten haben den Fall 1940 verfilmen lassen, um Stimmung gegen Juden und für den "Endlösung" genannten Massenmord an ihnen zu machen.

Manche Spottmünzen geben Rätsel auf, andere sind in ihrer Aussage wie die Präge- und Gussstücke aus dem 16. Jahrhundert, die den Kopf des Papstes mit dem den Teufels kombinieren. Bei einer undatierten aber aus dem Jahr 1708 stammenden Goldmedaille im Gewicht von zweieinhalb Dukaten (8,60 Gramm) handelt es sich um eine satirische Prägung auf die Bestechlichkeit einer nach Hamburg entsandten kaiserlichen Kommission. Die hohen Herren sollten unter der Leitung des Grafen Hugo Damian von Schönborn einen Streit um die Macht in der Hanse- und Handessstadt schlichten, der von demagogischen Pastoren angezettelt wurde, wie es in alten Chroniken heißt. Die heftig geführten Auseinandersetzungen ließ die staatliche Ordnung in der zum Heiligen römischen Reich deutscher Nation gehörenden Elbmetropole wanken. Ihre Unregierbarkeit drohte, und diese Gefahr sollte Eingriffe von "ganz oben", durch die kaiserliche Kommission gebannt werden.

In der Verfassungskrise ging es um die Frage, ob die höchste Staatsgewalt beim Rat oder der Bürgerschaft liegt. Man einigte sich darauf, dass die Gesetzgebung gemeinsam dem Rat und Bürgerschaft obliegt. So bekam Hamburg 1712 eine Hauptrezess genannte Verfassung, die die Regierungsgewalt in die Hände von vier Bürgermeistern und 24 Ratsherren legte. Mit einer mehrjährigen Unterbrechung während der Besetzung der Stadt durch französische Truppen zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde diese Verfassung 1814 wieder in Kraft gesetzt. Die Teilung der Macht durch den Senat und die Bürgerschaft hatte bis zur Reichseinigung von 1871 Bestand. Die neue Reichsverfassung garantierte die Souveränität der Freien und Hansestädte Hamburg, Bremen und Lübeck, die im Bundesrat, der Vertretung der Bundesstaaten im neuen Deutschen Kaiserreich, jeweils eine Stimme besaßen, während Preußen 17 Stimmen besaß, was viel über die damaligen Machtverhältnisse sagt.

Die Hamburg-Medaille aus dem frühen 18. Jahrhundert ist wahrlich kein Meisterwerk der Stempelschneidekunst. Auf der Vorderseite sieht man eine Hand, die einer unbekannten Person ein Geldstück reicht, während man auf der anderen Seite Augen durch gespreizten Finger einer Hand blicken und damit irgendwie Partei ergreift und Missstände beobachtend toleriert. Die Worte KOMSTU MIR ALSO - SO KOMME ICH DIR SO besagt, dass bestechliche Personen bei reichlichem Geldsegen über Gesetzesverletzungen und Verbrechen milde hinweg sehen. Wie vom Hamburger Auktionshaus Tietjen & Co. zu erfahren ist, gibt es neben den Goldmedaillen auch solche aus Silber. Beschrieben und abgebildet sind die Hamburg zugeschriebenen Prägungen in dem bekanten Werk von O. C. Gaedechens "Hamburgische Münzen und Medaillen" (Bd. II, Hamburg 1854, Nachdruck Leipzig 1970), leider ohne dass die historischen Hintergründe erläutert wurden.

1. März 2019

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