Nur ein Pferdekopf blieb übrig
Staatliche Münze Berlin würdigt 75 Jahre Ende des Zweiten Weltkriegs mit neuer Anlageprägung aus Silber



Mit der Ausgabe der Medaille mit dem Brandenburger Tor, wie es 1945 ausgesehen hat, setzt der Traditionsbetrieb mit einer ins 13. Jahrhundert zurückreichenden Geschichte seine Serie von Anlageprägungen fort. Münzen und Medaillen mit dem "Schicksalstor der Deutschen" bilden ein interessantes Sammelgebiet.



Kaiser Napoleon I., der Ende Oktober 1806 als Sieger im Krieg gegen Preußen durch das Brandenburger Tor ritt und sein Quartier im Berliner Schloss aufschlug, ließ eine mit dem Säulenbau geschmückte Medaille prägen.



Auf dem Sockel des Blücherdenkmals im Prinzessinnengarten unweit der Straße Unter den Linden schildert ein Relief, wie die von den Franzosen entführte Quadriga in Paris zur Rückführung nach Berlin vorbereitet wird.



Vor einigen Jahren sorgsam restauriert und gegen Umweltschäden imprägniert, zeigt sich Schadows grün patinierte Quadriga wieder in alter Schönheit.



Vor einigen Jahren wurde das Brandenburger Tor saniert und restauriert. Das Foto zeigt im Hintergrund den Berliner Dom und den Fernsehturm.



Im Frühjahr 1945 wurde die Quadriga bei den letzten Kämpfen in der vom Reichshauptstadt fast vollständig zerstört. Übrig geblieben ist nur der im Märkischen Museum ausgestellte Pferdekopf.



Die DDR-Gedenkmünze von 1989 zeigt Schadows Figurengruppe noch unvollständig, denn dem Kranz auf der Stange fehlen das Eiserne Kreuz und der darüber schwebende Preußenadler.



Die Medaille von 1814 und die Grafik feiern die triumphale Heimkehr der Quadriga aus Paris nach Berlin. Der Abbau der Figurengruppe war von den Berlinern stets als Schande verurteilt worden.



In einer Sammlung von Berlin-Münzen darf das Brandenburger Tor nicht fehlen. (Fotos/Repro: Caspar)

Wenn am 8. Mai 2020 der 75. Jahrestag des Kriegsendes in Europa und damit auch des Endes der Naziherrschaft gedacht wird, richtet sich der Blick auch hinauf auf das Brandenburger Tor, dessen kupferner, von Johann Gottfried Schadow geschaffener Bildschmuck 1945 nur noch ein Trümmerhaufen war wie fast die ganze Stadt. Die Staatliche Münze Berlin hat für 2020 eine attraktive Anlageprägung aus 999/1000er Silber in Gewichten von einer, einer halben und einer viertel Unze herausgebracht, die Unze mit 31,1 Gramm berechnet. Dargestellt ist auf der numismatischen Novität das Brandenburger Tor mit den Beschädigungen, die es bei den Kämpfen am Ende des Zweiten Weltkriegs erlitten hatte. Zerschossenes Kupferblech und gekrümmte Eisenstangen lagen auf dem Tor. Von dem Schrotthaufen blieb nur ein originaler Pferdekopf übrig, der im Märkischen Museum ausgestellt ist.

Das Brandenburger Tor in Berlin ist seit 200 Jahren das Schicksalstor der Deutschen. Durch den klassizistischen Säulenbau ritten Kaiser und Könige in die Stadt, hier empfing und empfängt man Staatsgäste, hier fanden aber auch Fackelzüge der Nazis wie der am 30. Januar 1933 zu Beginn der Hitlerdiktatur statt. Ende des Zweiten Weltkriegs schwer beschädigt, wurde der Säulenbau am Pariser Platz zum Symbol der deutschen Teilung. Vor dem Brandenburger Tor zogen am 13. August 1961 Grenztruppen der DDR auf und sperrten es ab. Der Westen konnte der Abriegelung der Stadt und der innerdeutschen Grenze nur in ohnmächtiger Wut zusehen. Am 22. Dezember 1989, kurz nach dem Fall der Mauer, wurde das Brandenburger Tor offiziell wieder geöffnet und stand gleich darauf in der Neujahrsnacht im Mittelpunkt eines großen Freudenfestes, bei dem auch Schadow kupferne Quadriga beschädigt wurde.

Ohne Kreuz und Adler

Ende 1949 beschloss der Ostberliner Magistrat, das Tor restaurieren zu lassen sowie die beschädigte Quadriga durch eine Nachbildung zu ersetzen. Der Magistrat übernahm die Arbeiten am Säulenbau, während der Westberliner Senat die Quadriga von der Steglitzer Bildgießerei Hermann Noack in Kupfertreibarbeit anhand von Gipsabformungen fertigen ließ, die 1943 für den Fall abgenommen worden waren, dass das berühmte Wahrzeichen durch Kriegshandlungen Schaden erleidet. Heftige Diskussionen gab es 1958 über das Eiserne Kreuz, das 1814 in den Eichenkranz eingefügt wurde. Unmittelbar vor der Aufstellung der Quadriga ließen die Ostberliner Kommunisten die Auszeichnung entfernen, und auch der gekrönte Preußenadler darüber wurde abgesägt. Wer das von DDR-Grenzern nach dem Mauerbau streng bewachte Tor betrachtete, blickte in einen leeren Kranz. In dieser Form wurde das Brandenburger Tor auf Münzen und Medaillen abgebildet, die bis zum Ende der DDR geprägt wurden.

Kreuz und Krone kamen bei der Generalrestaurierung der Quadriga im Jahre 1990, nach den wilden Attacken während der Silvesterfeier am Jahreswechsel von 1989 auf 1990, wieder zurück. Die Restaurierungsarbeiten im Berliner Museum für Verkehr und Technik konnten 1991, zur Zweihundertjahrfeier der Eröffnung des Brandenburger Tores, abgeschlossen werden. Dabei wurde das marode Eisengerüst durch eine Konstruktion aus nichtrostendem Stahl ersetzt. Von Vandalen in der turbulenten Silversternacht vom 31. Dezember 1989 zum 1. Januar 1990 abgerissene Teile wie Blätter und Zaumzeug haben die Metallrestauratoren durch Kopien ersetzt. Später erfolgte die Sanierung und Reinigung des Brandenburger Tores. Der stark angegriffene Sandstein wurde mit einem mobilen Laserreinigungsgerät Millimeter für Millimeter aufgefrischt und konserviert, so dass sich das Bauwerk wieder in ungewohnt heller Farbe zeigt und sich der "bleichen" Fassung nähert, die man vor über 200 Jahren anstrebte, als man hellen Marmor zu imitieren versuchte.

Entführung nach Paris und Heimkehr nach Berlin

Das einzig noch erhaltene Stadttor Berlins, errichtet nach griechischem Vorbild zwischen 1789 und 1791 nach Plänen von Carl Gotthard Langhans, erhielt erst 1794 seinen bekrönenden Schmuck - die überlebensgroße geflügelte Friedensgöttin Eirene, die ein mit vier prächtigen Rössern gezogenen Wagen lenkt. Langhans hatte das klassizistische Tor mit seinen fünf Durchfahrten an Stelle eines barocken Vorgängerbaues als Abschluss der Prachtstraße Unter den Linden entworfen. Johann Gottfried Schadow legte Wert auf lebenswahre Wiedergabe der Pferde und betrieb im königlichen Marstall intensive Studien. In Potsdam wurde die Figurengruppe vom Kupferschmied Jury gefertigt. Die Monumentalplastik konnte wegen des hohen Gewichts nicht gegossen werden. Das millimeterdünne Kupferblech wurde daher auf einem Holzmodell gearbeitet und auf einem Eisengerippe montiert. Die zunächst geplante Vergoldung unterblieb aus Kostengründen. Ursprünglich war die Wagenlenkerin nackt. Da das aber als anstößig empfunden wurde, erhielt sie ein Kupferhemd.

Johann Gottfried Schadow und andere Berliner mussten Ende 1806 miterleben, wie Kaiser Napoleon I., der Sieger der Schlacht von Jena und Auerstedt, durchs Brandenburger Tor ritt und befahl, die Quadriga nach Paris zu schaffen. Nach der Niederlage Napoleons I. 1813 und dem Einmarsch der Verbündeten in Paris 1814 konnte der Torschmuck wieder die Heimreise antreten. Am 7. April 1814, als Preußens König Friedrich Wilhelm III. durch das Brandenburger Tor in die Hauptstadt ritt, prangte die Quadriga zur Freude der Berliner wieder am alten Ort. Die Heimkehr wurde von Christian Daniel Rauch am Sockel des Blücherdenkmal Unter den Linden dargestellt. Auch auf einer der Terrakottatafeln am Roten Rathaus wird eine ähnliche Szene gezeigt. Die Friedensgöttin Eirene war durch Montage des Eisernen Kreuzes in die Siegesgöttin Viktoria verwandelt worden.

Der Forderung des US-Präsidenten Ronald Reagan am 12. Juni 1987 an den sowjetischen Staats- und Parteichef "Mr. Gorbatschow, open this gate!" folgte zwei Jahre später nach der friedlichen Revolution in der DDR die erlösende Tat. Im Zusammenhang mit den Feierlichkeiten zum 30. Jahrestag des Mauerfalls a, 9. November 2019 wurde im Bereich der US-Botschaft ein Reagan ehrende Denkmal eingeweiht. Auf der Straße des 17. Juni erinnert ein in den Boden eingelassenes Relief ebenfalls an den Präsidenten, dessen Forderung 1987 kaum jemand für realistisch hielt.

25. Oktober 2019

Zurück zur Themenübersicht "Münzen und Medaillen"