Drachen, Einhörner und Basilisken
Fabelwesen in Mensch- und Tiergestalt auf Münzen und Medaillen bilden ein spannendes Sammelgebiet



Die Hansestadt Rostock schmückte ihre Münzen mit dem Greifenwappen, hier auf einem Taler von 1637.



Ein grässlicher Basilisk bewacht und schützt auf dem undatierten Taler das Wappen von Basel.



Der hannoversche Doppeltaler von 1856 zeigt ein Pferd und ein Einhorn, die das königliche Wappen bewachen.



Zahlreiche chinesische Münzen sind mit dem kaiserlichen Drachen geschmückt.



Der Wormser Taler auf einem Holzschnitt von 1567 zeigt auf der Vorderseite das von zwei Drachen flankierte Schlüsselwappen



Auf zahlreichen Münzen der Adriarepublik Venedig ist der dort besonders verehrte Apostel Markus durch sein Symbol, den geflügelten Löwen, vertreten. (Fotos/Repro: Caspar)

Darstellungen merkwürdiger Mischwesen in menschlicher und tierischer Gestalt gab es schon im Vorderen Orient und der klassischen Antike sowie in anderen Kulturen. Manche Fabelwesen sind auch auf Münzen und Medaillen dargestellt. Sich mit ihnen zu befassen, ist ein spannendes Thema, für das der Münzhandel viele interessante Angebote bereit hält. Auf unzähligen Wappen und Geprägen sind sie zu finden, denken wir nur an hannoversche und englische Belegstücke mit Pferden, die ein Horn auf der Stirn tragen und daher Einhorn genannt werden, oder an die Republik Venedig, die den geflügelten Markuslöwen zu ihrem Symbol machte, weil dort die Reliquien des Evangelisten Markus aufbewahrt werden. Das machte die Seefahrerrepublik zu einem beliebten Pilgerort, und so werden auf venezianischen Münzen Dogen gezeigt, wie sie ein Banner aus den Händen des in der Stadt an der Adria besonders verehrten Heiligen empfangen.

Beschützer und Wappenhalter

Münzen der Antike sind bevölkert mit allerlei Mischwesen, so mit dem Dichterross Pegasus, mit dem Münzen von Syrakus auf Sizilien geschmückt sind, oder dem bärtige Centauren auf Münzen der Stadt Gela ebenfalls auf Sizilien finden. Doppelköpfige Adler, gräuliche Drachen mit feuerspeiendem Maul sowie Meeresungeheuer wie Seelöwen mit einem Fischschwanz finden sich ebenfalls auf antiken und neuzeitlichen Münzen. Auf Nürnberger und weiteren Geldstücken erscheinen Adler mit dem Frauenkopf, genannt Jungfrauenadler, und so genannte wilde Männer tun auf braunschweigischen, pommerschen, preußischen, schwarzburgischen, dänischen und anderen weiteren Geprägen Dienst als Beschützer und Wappenhalter. Wappenmaler und Stempelschneider haben seit dem Mittelalter diese und weitere Wesen als dekorative Elemente und manchmal auch als redende Wappen verwendet. Dass sie Götter- und Heldenfiguren sowie aus der "heidnischen" Antike stammende Fabel- und Mischwesen verwendeten, die nichts mit christlicher Kunst und Überlieferung zu tun haben, scheint keinen Anstoß erregt zu haben.

Schauen wir Gepräge aus Basel an, dann erkennen wir auf ihnen einen Basilisken. Diesem schaurigen Mischwesen aus der antiken Mythologie mit dem Oberkörper eines Hahns und dem Körper einer Schlange wurde nachgesagt, dass sein Blick versteinernd wirkt und sein Atem giftig ist. Indem der Basilisk das Baseler Wappen bewacht, hält er Feinde von der Stadt fern, lautet die Botschaft. Beliebt sind ferner Greifen auf badischen, pommerschen, Rostocker und anderen Münzen. Das aus der Antike übernommene Fabeltier besitzt einen Adlerkopf, Flügel und Krallen und den Leib der Löwen. Historiker deuten Greifen als Symbolwesen für die Luft (Adler) und die Erde (Löwe). Wie Greifen sind auch Drachen, aus deren Mäulern Flammen züngeln, auf chinesischen, russischen, englischen, mansfeldischen und weiteren Geprägen in reichlichem Maße vertreten. Bei den Chinesen spielen die Feuerspucker als Glückssymbol und Zeichen der kaiserlichen Herrschaft eine herausragende Rolle. Der Kaiser besetzte in der Verbotenen Stadt den Drachenthron, und wer zu ihm gerufen wurde, konnte oft nicht wissen, ob er den Palast lebendig oder tot verlässt. Auch Japan kennt Münzen mit dem Drachensymbol.

Bei Gott ist Rat und Tat

Das Wormser Schlüsselwappen wird von einem oder zwei gräulichen Drachen bewacht. Der Bezug zur Nibelungensage, in der der grässliche Lindwurm eine Rolle spielt, ist unverkennbar. Auch Rostock führt den als Greifen gedeuteten Drachen im Wappen, und auf den Magdeburger Interimstalern sieht man, wie der Gottessohn dem Teufel in der Gestalt einer vielköpfigen Hydra widersteht. Wenn der auf einem Pferd sitzende Heilige Georg den Drachen mit einer Lanze niedersticht, dann symbolisiert das Bild den Sieg der christlichen Religion über das Reich der Finsternis, in dem der Teufel regiert. Aus diesem Grund waren auch Mansfelder Georgtaler mit der Aufschrift "Bei Gott ist Rat und Tat" als Amulette und Schutz vor Tod, Krankheit und "bösem Blick" beliebt. Als Preußen 1915 die bekannten Mansfelder Drei-Mark-Stücke prägte, wurden einige Exemplare an Soldaten in der Hoffnung verschickt, sie mögen deren Leben und Gesundheit bewahren.

Viel lieblicher als Drachen oder die vielköpfige Hydra, mit denen man in Kriegszeiten Propaganda und Gegenpropaganda machte, muten die genannten Jungfrauenadler an, bei denen ein Adler den Kopf eines Mädchens trägt. Nürnberger Münzen und solchen aus Ostfriesland und aus der Stadt Emden als Wappenmotiv dienend, spielten die auch Harpyien genannten Mischwesen in der griechischen und römischen Mythologie als Unheilbringerinnen eine Rolle. Sie sollen in einer Höhle auf Kreta gehaust haben und mussten auf Geheiß von Gottvater Zeus die Seelen der Toten in die Unterwelt bringen sowie Menschen töten, die seinen Zorn erregt haben. Schnell wie der Wind, sollen die Harpyien unverwundbar gewesen sein, und wer sie sich zum Symbol erkor, tat dies in der Hoffnung, dass diese Kräfte auch ihm dienstbar sind. Auf hohenlohischen, sizilianischen und weiteren Münzen kommt der mythische Vogel Phönix vor, der nach der Sage am Ende seines Lebens verbrennt, um aus seiner Asche neues Leben zu erlangen. Die Redewendung "Wie ein Phönix aus der Asche" umschreibt die Wiedergewinnung einer Sache, die als verloren angesehen wird, und ihre glänzende Neugeburt.

Menschenverschlingendes Ungeheuer

Wenn wir nach weiteren Misch- und Fabelwesen schauen, dann stoßen wir auf Sphingen und Chimären, und manch andere aus Menschen- und Tierkörpern bestehenden Gestalten. So finden wir auf Münzen der italienischen Herzogsfamilie Sforza eine vielköpfige Schlange, die ein Kind frisst. Wer sich auf unseren Straßen umschaut, findet auf Autos der Marke Alfa Romeo dieses Mailänder Wappen in Verbindung mit einem roten Kreuz auf weißem Grund. Das Bild von dem menschenverschlingenden Ungeheuer wird als Anspielung auf das Schicksal des Söldnerführes oder Kriegsherren Jacopo Attendolo gedeutet, der 1424 ertrank. Wegen seiner herkulischen Kräfte hat man ihn "Sforza"(Bezwinger) genannt, worauf seine Nachkommen sich diesen Spitznamen als Familiennamen zulegten. Wenn man mit einiger Mühe die entsprechenden Belegstücke aufspürt, kann man eine interessante Spezialsammlung anlegen. .

16. Mai 2019

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