"Gott hat aus zweien eins gemacht"
Wie 1701 der Erwerb von Güstrow durch Schwerin auf barocken Medaillen gefeiert wurde



In Schwerin wurde 1701 der in Hamburg abgeschlossene Landesgrundgesetzliche Erbvergleich mit diesem Druck publik gemacht, eingeleitet wird er durch einen Erlass von Kaiser Leopold I.





Eiserne Ketten halten auf den Medaillen von 1701 die Schlösser in Schwerin und Güstrow fest zusammen, nichts kann die Herzogtümer mehr trennen, lautet die Botschaft. Von der Bildung eines neuen Herzogtums Mecklenburg-Strelitz ist da nicht die Rede. Dessen Landesherr verzichtete auf die Prägung von eigenen Medaillen.





Münzen und Medaillen der Schweriner und Strelitzer Herzöge wie der Taler von 1707 und der Gulden von 1704 sind selten und Zierde einer jeden Mecklenburg-Sammlung.



Während der Schweriner Herzog Christian Ludwig II. und sein Strelitzer Vetter Adolf Friedrich IV. auf ihren Schlössern in Saus und Braus lebten und ihren Neigungen und Baugelüsten nachgehen konnten, lebte die große Masse des Volkes in Armut und Abhängigkeit. Die Gemälde stammen aus den Jahren 1752 und um 1760.



Da mecklenburgische Herzöge und Großherzöge oberste Rektoren der Rostocker Universität waren, hat man im 19. Jahrhundert deren Fassade mit ihren Denkmälern geschmückt.



Die Medaille wurde 1710 auf den Bau der Schelfkirche Sankt Nikolai in Schwerin geprägt, die nach der Beschädigung durch einen Orkan von 1708 bis 1713 erbaut wurde. Der Erbauer Herzog Friedrich Wilhelm ist in der Fürstengruft bestattet.



Der Strelitzer Herzog Adolph Friedrich IV. wurde von Fritz Reuter als "Dörchläuchting" karikiert und erscheint auch auf dem so genannten Reutergeld aus dem Jahr 1922. (Fotos/Repros: Caspar)

Für Fürstenhäuser konnte es verhängnisvoll werden, wenn die herrschende Dynastie trotz großen Kinderreichtums keine Söhne als Thronfolger hatte. Die Folge waren gelegentlich kriegerische Erbstreitigkeiten, die viele Jahre dauern konnten. Ein berüchtigter Fall ist der Spanische Erbfolgekrieg, der von 1700 bis 1714 Europa furchtbar in Atem hielt. Zahlreiche Medaillen berichten von den blutigen Kämpfen, aus denen Frankreichs Sonnenkönig Ludwig XIV. als Sieger hervor ging, denn er konnte seinen Enkel Philipp V. fest auf dem spanischen Königsthron installieren. Frankreich war durch langen Krieg finanziell am Boden, hatte aber eines der wichtigsten außenpolitischen Ziele erreicht, die Zerschlagung der habsburgischen Einkreisung seit dem 16. Jahrhundert.

In Norddeutschland wurde 1701, just als aus Brandenburg-Preußen ein Königreich wurde, der Kampf um die norddeutschen Herzogtümer durch den "Hamburger Vergleich" friedlich beendet und durch prächtige Gepräge in aller Welt bekannt gemacht. Die Medaillen unterstreichen einmal mehr die Funktion solcher Arbeiten als Mittel fürstlicher Propaganda und Selbstdarstellung. 1695 war Herzog Gustav Adolph von Mecklenburg-Güstrow gestorben, ohne einen männlichen Nachfolger zu hinterlassen, denn der Erbprinz war schon 1687 kinderlos verschieden. Anläßlich der Begräbnisfeierlichkeiten 1696 wurden mehrere Medaillen mit dem Bildnis des Herzogs geprägt, der sieben Töchter hinterließ, die aber nicht zur Thronfolge berechtigt waren. Im Bewusstsein, dass es nach seinem Tod Erbstreitigkeiten geben würde, hatte Gustav Adolph einen Verwandten, den Schweriner Prinzen Adolph Friedrich als Ehemann seiner ältesten Tochter Marie, zu seinem Nachfolger auf dem Thron in Güstrow bestimmt und dies Kaiser Leopold I. in Wien mitgeteilt. Doch auch der Schweriner Herzog Friedrich Wilhelm, der ältere Bruder jenes Adolph Friedrich, wollte die Nachfolge und erklärte gegenüber dem Reichsoberhaupt in Wien, das Nachbarland übernehmen und damit Mecklenburg unter sich vereinigen zu wollen.

Hamburger Vergleich von 1701 und die Folgen

Der Kaiser kam dem Schweriner Wunsch zunächst entgegen, worauf Friedrich Wilhelm Truppen nach Güstrow schickte und dort eine ihm genehme Administration einsetzte. Adolph Friedrich indes widersetzte sich diesem Coup und pochte auf das ihm von seinem Schwiegervater versprochene Erbe. Mit seinem Verlangen war er sich mit den Fürsten, Ständen und Städten des Niedersächsischen Kreises einig, die sich mit dem Machtzuwachs des Schweriner Herzogs nicht abfinden wollten und den Kaiser nötigten, sein Votum für die Vereinigung von Schwerin und Güstrow rückgängig zu machen. Die Sache wurde aber noch komplizierter, denn da eine weitere Tochter des verstorbenen Gustav Adolph mit dem dänischen Prinzen und seit 1699 König Friedrich IV. von Dänemark verheiratet war, machte sich auch dieser Hoffnung auf das Güstrower Erbe.

Nach heftigem Hin und Her und komplizierten Verhandlungen fanden sich die Kontrahenten am 8. März 1701 zum "Hamburger Vergleich" bereit, durch den die nunmehr dritte mecklenburgische Landesteilung besiegelt wurde. Vorangegangen waren die Hauptlandesteilungen von 1229 in Mecklenburg, Rostock, Parchim-Richenberg und Güstrow beziehungsweise 1621 in Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Güstrow. Bei der nunmehr dritten Landesteilung von 1701 fielen Güstrower Territorien fielen an Schwerin, was die Freude über die "Wiedervereinigung" begründet.

Um auch Adolph Friedrich ruhig zu stellen, wurde aus dem verbleibenden Rest weiter östlich das neue Herzogtum Mecklenburg-Strelitz gebildet, das alsbald durch eigene, bei Sammlern gesuchte Münzen in Erscheinung trat. Der neue Territorialstaat bestand aus den Ämtern Stargard, Broda, Strelitz, Wanzka, Feldberg, Fürstenberg und Wesenberg, dazu kamen die Komtureien Mirow und Nemerow sowie die Städte Neubrandenburg, Friedland, Woldegk, Alt-Strelitz, Fürstenberg und Wesenberg. Weiter westlich gehörte zum Herzogtum Strelitz das nur 379,5 Quadratkilometer große ehemalige Bistum und nunmehrige Fürstentum Ratzeburg dazu. Die Vertragspartner einigten sich auf eine gemeinsame Polizei- und Kirchenordnung, ein Hof- und Landesgericht und die in Rostock befindliche Landesuniversität.

Allens bliewt bin Ollen

Die aus Ritterschaft und Städten gebildeten Stände vermochten es, sich gegenüber Allmachtsansprüchen der Herzöge durchzusetzen und ihre Sonderstellungen zu behaupten. Ein weiterer Landesgrundgesetzlicher Erbvergleich von 1755 bestätigte die traditionellen Rechtsverhältnisse in beiden Herzogtümern und die "wohlerworbenen" grundherrlichen Privilegien des Adels. Dazu gehörte das "Legen" der leibeigenen Bauern, das heißt Enteignung, Einziehung und Ankauf von Bauernhöfen oft unter Druck und Zwang durch die Grundherren. Deren Ziel war es, die Flächen selber zu bewirtschaften und sich durch unmittelbare Bewirtschaftung der meist nur geringen Ertrag abwerfenden Güter ein höheres Einkommen zu sichern. Bestanden 1755 im Schweriner Herzogtum noch etwa 4900 Bauernstelen, so waren es um 1800 nur noch 2283. In anderen deutschen Fürstentümern vor und nach 1800 durchgeführte oder in Angriff genommene Reformen blieben in Mecklenburg aus. Auch nach der Revolution von 1848 blieb alles beim Alten, oder, wie man auf Plattdeutsch sagte "Allens bliewt bin Ollen". Seine Rückständigkeit war sprichwörtlich, die ständische, undemokratische Verfassung des Landes blieb bis zum Ende der Monarchie im Wesentlichen in Kraft. Angeblich soll Reichskanzler Otto von Bismarck gesagt haben "Wenn die Welt untergeht, so ziehe ich nach Mecklenburg, denn dort geschieht alles 50 Jahre später."

Das nur 2930 Quadratkilometer umfassende neue Herzogtum Mecklenburg-Strelitz, das seinem Landesherren auch Sitz und Stimme im Reichstag verschaffte, bildete also keine geschlossene Einheit. Adolph Friedrich II., der Strelitz zu seiner Residenz wählte und damit seinem Herrschaftsbereich den Namen gab, bekam Einkünfte aus dem Boitzenburger Elbzoll und eine einmalige Zuwendung von 8000 Talern aus Schwerin zum Bau eines Schlosses in der neuen Hauptstadt. In dem schon bald vom Kaiser bestätigten Vertrag wurde festgelegt, dass beide Herzöge gleichberechtigt sein sollen, was aber in der Realität häufig nicht beachtet wurde. Da der Schweriner mächtiger als sein "armer Vetter" in Strelitz war, blickte der eine auf den anderen verächtlich herab.

Neuer Titel Königliche Hoheit

Es sollte noch ein paar Jahrzehnte dauern, bis die Ungleichheit überwunden war. Erst 1748 wurde die rechtliche Gleichstellung besiegelt. Zur Aufwertung beider Linien trug auch bei, dass die Schweriner Prinzessin Sophie Luise mit König Friedrich I. von Preußen und Strelitzer Prinzessinnen mit den Königen von England und von Preußen sowie anderen Fürstenhäusern verheiratet waren. Mit der Erhebung von 1815 beider Herzogtümer durch den Wiener Kongress zu Großherzogtümern erwarben deren Landesherren den Titel "Königliche Hoheit". Mit einem Dreimarkstück von 1915 feierte Mecklenburg-Schwerin die Aufwertung des Herzogtums in ein Großherzogtum, die Strelitzer Line verzichtete auf eine spezielle Gedenkmünze. Sachsen-Weimar und Eisenach brachte 1915 ebenfalls eine Gedenkmünze zu drei Mark heraus. Dessen Herzog Carl August, der Arbeitgeber von Goethe, Schiller, Herder, Wieland und anderen Vertreters des klassischen Weimar, hatte in Wien ebenfalls die Standeserhöhung erreicht und war Großherzog geworden.

Die Ergebnisse des Hamburger Vergleichs von 1701 wurden von dem nunmehr in Schwerin und Güstrow herrschenden Herzog Friedrich Wilhelm durch prächtige Medaillen aus Silber und Gold gefeiert, während Adolph Friedrich II. seine Installierung als Herzog von Strelitz numismatisch nicht weiter würdigte, sondern nur durch Münzen in Erscheinung trat, die mit Bild und Wappen seine neue Stellung als Souverän dokumentieren. Auf Schweriner Medaillen wird zunächst der mit wallender Perücke und einem reich verzierten Harnisch geschmückte Herzog Friedrich Wilhelm als bedeutender Fürst charakterisiert. Die Rückseite zeigt die durch eine vom mecklenburgischen Stier gehaltene Kette verbundenen Schlösser in Schwerin und Güstrow. Eine weitere, von der Ritterschaft edierte Medaille zeigt ebenfalls die durch Ketten, welche von der göttlichen Hand gehalten werden, verbundenen Schlösser und verkündet "Gott hat aus zweyen eins gemacht und Mecklenburg zur Ruh gebracht". Die Rückseite zeigt zwei Friedensengel mit Palmzweigen, welche den Stierkopf halten, über der Inschrift im Abschnitt "Gaudium mecklenburgicum".

Die wenig elegante Darstellung lässt nicht erkennen, unter welchen Schwierigkeiten der Vergleich geschlossen wurde. Eine weitere Medaille zeigt das herzogliche Brustbild auf der Vorderseite sowie eine Krone mit Zweigen und Blüten auf einem Altar und darüber die auch auf Reformationstalern verwendete Inschrift "Endlich triumphiert die gute Sache". Auf einer weiteren Medaille ebenfalls mit herzoglichem Brustbild wird dargestellt, wie ein Löwe einen Hund, der vielleicht auch ein Wolf ist, besiegt. Wer mit diesem Bild gemeint ist, kann nicht gesagt werden.

Thronfolge nach dem Prinzip der Erstgeburt

Der Hamburger Vergleich legte die Primogenitur fest, also die Thronfolge nach dem Prinzip der Erstgeburt. Im Falle des Aussterbens der einen Linie sollte das gesamte Territorium der anderen Linie zufallen. Dieser Fall trat am Ende des Ersten Weltkriegs ein, denn nach dem nie ganz geklärten Selbstmord des Strelitzer Großherzogs Adolf Friedrich VI. am 23. Februar 1918, der keinen Thronfolger hinterließ, trat vertragsgemäß dessen Schweriner Onkel Friedrich Franz IV. in Strelitz die Regentschaft in dem Nachbarland an. Nachfolger indes hätte eigentlich der Onkel des Verstorbenen, Herzog Carl Michael, werden sollen, doch da dieser als russischer General die russische Staatsbürgerschaft besaß und damit Angehöriger eines von den Staaten war, die sich mit dem Deutschen Reich im Krieg befanden, war diese Sukzession nicht möglich.

Die aus Gründen der Selbsterhaltung in dem nunmehr wirtschaftlich erstarkten und selbstbewussten Mecklenburg-Strelitz heftig kritisierte "feindliche Übernahme", wie wir heute sagen würden, kam nicht zustande, weil die Monarchie im Deutschen Reich wenige Monate später, im November 1918, abgeschafft wurde. Die bisherigen mecklenburgischen Großherzogtümer gaben sich eine bürgerliche Verfassung und wurden Freistaaten. Aufwändige Medaillen wie die mit Allegorien und frommen Sprüchen beladenen Gepräge der Barockzeit allerdings hat man nicht mehr hergestellt.

18. September 2019

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