Torburg, Kaiserkopf und Reichsadler
Neues Buch von Helmut Caspar über Glanz und Elend in der Geschichte der Münzprägung der deutschen Städte







Über die Münzgeschichte der deutschen Städte gibt es zahlreiche Bücher, Kataloge und Zeitschriftenaufsätze. Das neue Buch von Helmut Caspar schildert, wie die Kommunen das Münzrecht erwarben und ausübten und wie sie es wieder verloren haben.



Solches Silbergeld könnte den Anfang einer Spezialsammlung bilden, die sich mit der Münzprägung der deutschen Städte befasst. Der Handel bietet Belege in allen Preisklassen an.



Zahlreiche Münzen der Fürsten und Städte sind mit Bildern von Heiligen geschmückt, diese Taler stammen aus den Reichsstädten Nürnberg und Augsburg sowie aus dem Bistum Lüttich.



Hamburg präsentiert sich auf seinen Münzen mit der Stadtburg sowie mit einer herrlichen Stadtansicht auf dem Taler von 1717 auf die Zweihundertjahrfeier der Reformation.



Was unter "redenden Wappen" zu verstehen ist, erläutert das Buch am Beispiel der Taler aus Stralsund mit dreifachem Strahl und Donauwörth mit einem W auf der Brust des doppelköpfigen Reichsadlers sowie weiteren mit Symbolen und Buchstaben versehenen Geldstücken.(Fotos: Caspar)

Im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation und umliegenden Regionen besaßen zahlreiche Reichs-, Freie und weitere Städte das Münzrecht. Die Kaiser sowie geistliche und weltliche Fürsten hatten ihnen das einträgliche und prestigeträchtige Privileg gegen Geldzahlungen, aber auch für Treue in kriegerischen Zeiten und aus anderen Gründen verliehen. Es gab Perioden, in denen in etwa 90 Städten der Prägehammer kraftvoll geschwungen wurde, und solche, als man ihn ruhen ließ. Manche Kommunen übten ihr Münzrecht über Jahrhunderte aus, andere taten dies für nur wenige Jahre. Es gab Städte, die ihr Geld auswärts prägen ließen, weil für sie der Unterhalt einer eigenen Münzschmiede zu teuer war oder man anderswo bessere Ergebnisse erzielte als sie in den eigenen Mauern.

Wer zu welcher Zeit das Münzrecht erwarb und was da geprägt wurde, schildert das neue Buch "Torburg, Kaiserkopf und Reichsadler. Ein Streifzug durch die Welt der Städtemünzen". Es erschien im Money trend Verlag Wien 2019, hat zahlreiche meist farbige Abbildungen und kostet 33 Euro (ISBN 978-3-9504195-6-6). Von einem Sammler für Sammler geschrieben, möchte es dazu anregen, diesem interessanten Gebiet Aufmerksamkeit zu schenken, für das der Münzhandel stets gute Angebote bereit hält.

Die Münzen und Medaillen der Städte sind gut erforscht und publiziert. Das betrifft auch Verträge, die Münzstände einer Region vereinbart haben, um ihrem Geld zu höherer Akzeptanz zu verhelfen und es vor betrügerischen Machenschaften zu schützen. Was bisher noch nicht existierte, ist die jetzt vorgelegte Überblicksdarstellung, die von Aachen bis Zwolle gehend zusammenfasst, welche Stadt ihre Münzgerechtigkeit nutzte und unter welchen Umständen sie diese wieder verloren ging. Beim Anblick der Groschen und Schillinge, Gulden, Taler und Dukaten sollte nicht übersehen werden, dass es hinter den dicken Mauern, mit denen die Städten umgeben waren, ein großes Gefälle zwischen Oben und Unten und Streit zwischen den Bürgern und den sie umgebenden geistlichen und weltlichen Fürsten gab. Alle die Diskrepanzen, Begehrlichkeiten und Machtansprüche führten zu politischen und sozialen Spannungen, die in gewaltsamen Erhebungen gipfelten. Hinzu kamen Pest, Feuersbrünste, Kriege und Belagerungen, die den Bewohnern und ihren durch Mauern geschützten Gemeinwesen so schwere Schäden zufügten, dass es lange dauerte, bis diese behoben wurden.

Mit dem ein- oder zweiköpfigen Reichsadler, Wappenschildern, Stadtansichten und Allegorien und dem Bildnis und Titel des jeweils in Wien regierenden römisch-deutschen Kaisers geschmückt, sind die Münzen beliebte Sammelstücke, die in einer Fülle von Publikationen erfasst sind. Das neue Buch tritt mit ihnen nicht in Konkurrenz, es ist auch kein Katalog der üblichen Art, sondern zeigt im Überblick, was zum Thema "Städtemünzen" zu sagen und warum es reizvoll ist, sich mit diesem zu befassen. Wer es ganz genau wissen möchte, muss die einschlägige Literatur studieren, die am Schluss aufgeführt ist. Da in den vergangenen Jahrhunderten Unmassen geprägten Metalls eingeschmolzen wurden, um es für die Herstellung neuer Münzen zu verwenden oder es der Gold- und Silberschmiedeindustrie zuzuführen, sind viele Stücke selten. Zum Glück entging nicht alles dem Tod im Tiegel, so dass man sich nach und nach eine stattliche Kollektion aufbauen kann. Das allerdings ist heute schwieriger als in früheren Zeiten, als man für einen vergleichsweise "schmalen Taler" Münzen und Medaillen bekam, für die wir heute drei-, vierstellige und noch höhere Summen bezahlen müssen. Das betrifft auch kleine Werte, die man im Unterschied zu Talern und Dukaten nicht des Aufhebens für würdig hielt. Erst seit dem 18. Jahrhundert erfreut sich die "geprägte Form", um mit Johann Wolfgang von Goethe zu reden, der ihr zukommenden Wertschätzung als historische und vielfach auch künstlerisch bedeutsame Dokumente.

Auf Perioden wirtschaftlicher Prosperität und städtischen Selbstbewusstseins folgten Zeiten, in denen die Städte von äußeren Feinden bedroht und belagert wurden. Manchmal gingen Münzakten bei verheerenden Stadtbränden verloren, doch haben sich städtische Magistrate ihrer auch entledigt, wenn das Münzprivileg erloschen war und man auf die alten Urkunden nicht mehr zu benötigen glaubte. So kann heute nicht immer gesagt werden, wann eine Stadt das Recht zur Münzprägung erworben hat. Fest steht aber, dass es unter den uns überlieferten Münzen und Medaillen, die man bei diesem Thema nicht außer Acht lassen wird, bedeutende Raritäten gibt. Das rief schon immer Fälscher auf den Plan, und ist man beim Erwerb bestimmter Stücke gut beraten, ihre Echtheit in Münzkabinetten und beim Handel prüfen zu lassen. Auch dazu gibt das Buch die passenden Hinweise.

Bei der Recherche fiel eine Bemerkung von August Freiherr von Berstett in einem Buch von 1840 über die Münzen der elsässischen Städte von Colmar bis Straßburg auf. Er nannte es bescheiden einen Versuch und betonte, die Münzgeschichte des Elsass sei noch niemals in eigener Darstellung beschrieben und das Bekannte sei in verschiedenen Münzschriften oft irrig angeführt worden. "Weit entfernt, auf Vollständigkeit Anspruch zu machen, trete ich nur als gewissenhafter Grundsteinleger auf, hoffend, geschicktere Hände zum Ausbau zu erwecken." Diesen Wunsch hat Helmut Caspar auch für die hier vorgelegte Publikation, die als Anregung gedacht ist, sich mit der wechselvollen, von Glanz und Elend geprägten Münzgeschichte deutscher und weiterer Städte zu befassen und vielleicht eine passende Sammlung aufzubauen.

8. Dezember 2019

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