Zur Behebung des Kleingeldmangels
Westfälische Fürsten und Städte brachten im 16. und 17. Jahrhundert Kupfergeld heraus und verdienten nicht schlecht an ihm



Blick in eine Münzstätte um 1700, wie sie im Harz und anderswo gearbeitet hat, ausgestattet mit der Spindelpresse und einem Klippwerk vorn. Im Hintergrund zählt ein Mann die Tagesleistung ab, rechts werden die Münzen gewogen, und wenn sie zu leicht oder zu schwer befunden wurden, hat man sie eingeschmolzen.



Die westfälischen Scheidemünzen weisen zumeist ein einfaches Design auf, weshalb die Stempelherstellung nicht viel kostete und sich daher auch günstig auf den Münzgewinn auswirkte. Illustration aus dem Buch von Joseph Weingärtner (1872).



Solches Kupfergeld zu drei Schillingen hat das Domkapitel 1608 in Münster herausgegeben. Der kleine Gegenstempel macht die Münze besonders interessant.





In Osnabrück und Ahlen in den Jahren 1615 und 1610 geprägt, stellen die Scheidemünzen interessante Zeugnisse der westfälischen Geldgeschichte dar und werden ab und zu auch vom Handel für moderate Preise angeboten. (Fotos: Caspar)

Es gehört zu den Besonderheiten der westfälischen Münzgeschichte, dass einige Fürstentümer und Städte statt Silbermünzen herzustellen solche aus Kupfer prägten. Münster und Soest eröffneten 1543 und 1559 die Serie mit Pfennigen, es folgten Osnabrück 1566, Werl 1556, Warendorf 1574, Coesfeld 1578, Ahlen 1584, Dülmen 1590, Haltern 1593, Beckum 1595, Wiedenbrück 1596, Rheine 1602, Werne 1602 und Hamm 1609. Anfangs sei es den Städten um die Behebung des Kleingeldmangels gegangen, der sich im täglichen Leben empfindlich bemerkbar machte, schreibt Peter Berghaus in seiner "Westfälischen Münzgeschichte des Mittelalters" (1974). Doch bald habe sich gezeigt, dass die Kupferprägung einen willkommenen Zuschuss für die Stadtkasse ergab.

Die Städte holten für ihr Vorgehen die Einwilligung der Landesherren ein, manche aber verprägten Kupfer auch ohne diese. In seiner "Beschreibung der Kupfer-Münzen Westfalens nebst historischen Nachrichten" (1872) hat Joseph Weingärtner diese Spezies als Besonderheit charakterisiert, wie sie nirgend woanders zu finden sind. "Wohl in keinem Lande Deutschlands kommen von einer in demselben Jahre geprägten Münze so zahlreiche Verschiedenartigkeiten der Stempel vor, als es hier der Fall ist; häufig beschränken sie sich auf Abkürzungen der Worte um einen oder ein Paar Buchstaben, auf Verzierungen, Scheidezeiten u. s. w.", schreibt der Autor und fügt hinzu, in Westfalen fände man vielfach an einem und demselben Orte gleichzeitig eine Münzstätte des Bischofs, des Domkapitels und der Stadt. Selbst Dynasten unbedeutender Gebiete hätten das Münzrecht ausgeübt, während ihr Städtchen ebenfalls Münzen geschlagen habe. Die westfälischen Kupfermünzen waren regional kursierende Zahlungsmittel. Die Serie begann 1543 in Münster und endete 1805 in Osnabrück. Da die beteiligten Stände keine eigenen Edelmetall-Ressourcen besaßen wie andere, besser situierte Kommunen oder Fürstentümer und das Silber am Markt teuer einkaufen mussten, halfen sie sich dadurch, indem sie billiges Kupfer statt des teuren Silbers verarbeiteten.

Für den alsbaldigen Verbrauch bestimmt

Künstlerisch aufwändige, komplizierte Wappendarstellungen und Allegorien, ja auch Stadtansichten wie man sie auf hochwertigen Münzen wie Taler und Dukaten erkennt, wurden nicht gebraucht. Die Kupfergepräge waren schlicht gestaltet und zum alsbaldigen Verbrauch bestimmt. Mit ihnen konnten und wollten die beteiligten Münzstände keinen Staat machen, und sie wurden auch nicht zur Repräsentation gebraucht. Es gab allerdings auch Ausnahmen. So ehrten die Fürstbischöfe und das Domkapitel von Münster den reitenden und sitzenden Apostel Paulus auf Kupfermünzen und stellten auf ihnen auch die Insignien ihres Standes zur Schau.

Sammler wissen, dass viele Kupferstücke unterschiedliche Werte repräsentieren, aber gleich oder ähnlich groß sind. Nur die eingeprägten arabischen oder römischen Zahlen machten den Unterschied aus. Belegstücke kommen gelegentlich im Münzhandel vor. Obwohl sie ein Mauerblümchendasein fristen, sind die herausragende Zeugnisse der Regional-, Wirtschafts- und Kulturgeschichte, und wenn man systematisch nach ihnen Ausschau hält und sie in seinen Besitz bringen möchte, muss man viel Geduld und Sammlerglück mitbringen. Denn da diese Spezies zum alsbaldigen Verbrauch bestimmt war und man sie auch nicht des Aufhebens für würdig hielt wie etwa Silbertaler und Goldmünzen, verschwanden sie, unansehnlich und abgegriffen, wie sie waren, wieder im Schmelztiegel als Rohmaterial für eine neue Münzserie oder für andere Zwecke. Wir können sicher Joseph Weingärtners Aussage zustimmen, dass Münzsammler in Bezug auf mehrere Länder und Städte Westfalens nie zum Abschluss kommen werden, weil es so viele verschiedene Stempel gibt.

Kupfermarken als Quittung nützlich

Zunächst hat man im Bistum Münster geprägtes Kupfer als eine Art Quittung benutzt, wenn etwas zu bezahlen war, aber gerade kein silbernes Geld bei der Hand war. Man erwartete, dass die Marken bald wieder gegen kurantes Geld eingetauscht werden können. Mehr und mehr drangen die vom Domkapitel ausgegebenen Kupferstücke in den allgemeinen Geldverkehr ein und wurden bald wie normale Zahlungsmittel verwendet. Die durch Kriege und Katastrophen in Not geratenen Städte haben ihre Einwohner bei der Vorlage der Kupferstücke auf bessere Zeiten vertröstet und versprochen, sie bald in kurantes Geld einzuwechseln. Bei den Kupfermünzen rechnete man nach Schillingen und Stübern. Zwölf Pfennige gingen auf einen Schilling, von denen mal hier 28 und woanders aber nur 24 oder 21 auf einen Reichstaler gingen, je nach Stadt und Region. Auch die Stüber wurden unterschiedlich zwischen acht und vier Pfennige bewertet, weshalb der Reichstaler zwischen 40 und 50 Stüber berechnet wurde.

Man kann sich gut vorstellen, welche Probleme man beim Umrechnen von Kupfergeld in kurantes Silber und Gold hatte, aber auch, was sich beim Geldwechsel verdienen ließ. Von den Städten und den fürstlichen Landesherren veröffentlichte Tabellen erklärten, wie die einzelnen Sorten zu berechnen sind. Um Kupfermünzen benachbarter Städte zum Umlauf im eigenen Gebiet zuzulassen, hat man sie mit Gegenstempeln signiert. Doch nicht immer waren solche Kontermarken willkommen, denn es kam auch vor, dass solche Geldstücke von der Obrigkeit verboten wurden, also wertlos waren. Es gab immer wieder Aufrufe, bestimmte Sorten binnen weniger Tage bei den Kassen einzuliefern, um sie stempeln zu lassen oder auch in andere Münze umzutauschen. Unter den umlaufenden beziehungsweise eingezogenen Münzen gab es manche Fälschungen. Joseph Weingärtner hat sich in seinem Buch über Westfalens Kupfermünzen ausführlich und anhand von damaligen Verfügungen mit Ge- und Verboten auf diesem Gebiet befasst und geschildert, wie man der Flut von eigenen und fremden Münzen Herr zu werden versuchte.

Betrug an Gott und der Gemeinde

Mit Kupfermünzen ist allerhand Missbrauch getrieben worden. Nicht nur, dass man sie wegen des zumeist nachlässigen Stempelschnitts und der manuellen Prägeweise am Amboss beziehungsweise auf dem Klippwerk gefälscht hat. Man hat sie mitunter bei Kollekten in den Kirchen gespendet, was Pfarrer und Kirchgemeinden in Rage brachte und die Obrigkeiten zu Verboten veranlasste. In einer von Paul Bamberg in den "Blättern für Münzfreunde" (Heft 4/1934, S. 79) publizierten Verordnung, gegeben im sächsischen Pulsnitz am 16. April 1676, wird festgestellt, man habe missfällig erfahren, dass viele kupferne und nichtswürdige Münzen, die anderswo gänzlich verboten sind, von gewinnsüchtigen Leuten in die Klingelbeutel geworfen werden, wobei nicht bedacht werde, dass sie dadurch nicht Menschen, sondern Gott betrügen. Wer sich künftig erlaubt, dergleichen Kupfer- und Messingpfennige zu spenden, werde streng bestraft. Über die Wirkung der Weisung ist nur bekannt, dass Gemeindemitglieder genötigt wurden, speziell für die Kollekte angefertigte Kirchenpfennige aus Edelmetall zu kaufen und in die Kollekte zu geben. Ob man auch im Westfälischen mit minderwertigen Münzen Schabernack getrieben und Gott und die Kirche hintergangen hat, könnten nur Nachforschungen vor Ort ergeben.

10. November 2019

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