König mit und ohne Zopf
Warum Friedrich Wilhelm III. vom Preußen in einer Phase tiefer Depression seinen Haarschmuck kürzte





Auf den Dritteltalern von 1802 und 1809 erscheint Friedrich Wilhelm III. von Preußen mit und ohne Zopf.





König Maximilian Emanuel von Bayern trennte sich 1808 von seinem Kopfputz, der noch auf dem Taler von 1806 zu sehen ist.







Friedrich August I. von Sachsen blieb seiner Perücke samt Zopf bis zu seinem Tod treu. Oben Medaille von 1790 auf das Vikariat, in der Mitte Medaille von 1806 auf seine Erhebung zum König von Sachsen und darunter Sterbetaler von 1827. (Fotos: Caspar)

Nach der französischen Revolution von 1789 gab es einen Wandel in der Kleidung und Haarmode. Ausgedient hatten feine, bis an die Knie reichende Beinkleider aus Seide und weiße Strümpfe der Aristokraten. Jetzt trugen Männer lange, ungebügelte Hosen, weshalb man sie in Frankreich Sansculotten nannte, also Männer ohne Kniehosen. Gleichzeitig verzichteten viele Franzosen und mit ihnen auch Bewohner anderer Länder auf teure Perücken und ließen ihre Haare lang wachsen, bestenfalls hinten zu einem dünnen Zopf geflochten. Wer bayerische, preußische, sächsische und andere Münzen aus dieser Zeit betrachtet, kann einerseits den Verzicht der dort abgebildeten Herrscher auf ihren Zopf und andererseits das anachronistische Festhalten an diesem feststellen.

Zöpfe galten nach den Befreiungskriegen von 1813 bis 1815 als Inbegriff von Unfreiheit und Unterdrückung. Beim Wartburgfest zur Dreihundertjahrfeier der Reformation wurden die Hinterlassenschaften des Ancien régimes ins Feuer geworfen. Unter Freudenrufen der Teilnehmer gingen "Grundsätze und Irrlehren der Zwingherrschaft, Knechtschaft, Unfreiheit, Unmännlichkeit und Unjugendlichkeit, der Geheimniskrämerei und Blindschleicherei, des Kastengeistes und der Drillerei, die Machwerke des Schergen-, Hof-, Zopf-, Schnür- und Perückenteufels, der Schmach des Lebens und des Vaterlandes" in Flammen auf, wie es in einer zeitgenössischen Beschreibung heißt.

Angst um Krone und Land

In dem Buch von Thomas Stamm-Kuhlmann "König in Preußens großer Zeit. Friedrich Wilhelm III. der Melancholiker auf dem Thron" (Berlin 1992) wird erwähnt, wie sich der Monarch seines Zopfes entledigte. Nach der Niederlage seines Heeres zusammen mit sächsischen Soldaten in der Schlacht von Jena und Auerstedt am 14. Oktober 1806 und weiteren gegen den französischen Kaiser Napoleon I. verlorenen Schlachten verfiel der an die östliche Grenze seines Reiches, nach Memel, entwichene, als linkisch, wenig entschlussfreudig und sprachgehemmt geschilderte König in eine tiefe Depression. Er hatte Angst um seine Krone und sein Land, musste befürchten, dass er wie andere Monarchen auf Befehl Napoleons I. entmachtet und kalt gestellt wird. Statt sich mutig den Tatsachen entgegen zu stellen und auf kluge Ratgeber zu hören, lenkte sich Friedrich Wilhelm III. in seiner Abgeschiedenheit durch Entwürfe für neue Uniformen nach russischem Vorbild ab und griff zur Schere, um seinen Zopf abzuschneiden, mit dem er auf zahlreichen Münzen und Medaillen abgebildet ist. Das geflochtene Haarteil schickte er seiner Gemahlin Luise, die drei Jahre später viel zu früh mit nur 34 Jahren starb. Der Zopf soll ins Berliner Hohenzollernmuseum gelangt sein, wohin er nach dessen Auflösung nach 1945 kam, ist mir nicht bekannt.

Schauen wir Münzen von 1807 an, so ist von dieser haarigen Veränderung noch nichts zu sehen. Beim Anblick der Geldstücke und auch von Medaillen sollte man wissen, dass der König von Preußen im Frieden von Tilsit (1807) die Hälfte seines Landes und seiner Untertanen eingebüßt hatte und der Rest seines Reichs französisch besetzt war. Preußen musste 140 Millionen Francs an Frankreich zahlen. Friedrich Wilhelm III. erscheint erst 1809 auf Münzen und Medaillen mit neuem Kurzhaarschnitt, den er bis zu seinem Tod 1840 beibehalten hat. Das preußische Adlerwappen auf Talern und weiteren Münzen hat man durch eine Wertangabe im Eichenkranz ersetzt. Interessant wäre zu wissen, ob es Anweisungen des Königs gibt, ihn auf neue Art abzubilden. Eine diesbezügliche Order ist mir nicht bekannt.

Sachsen wäre fast geschluckt worden

Etwa zeitgleich erschien der Bayernkönig Maximilian Joseph auf seinen Münzen ohne Zopf, auf anderen Geprägen des frühen 19. Jahrhunderts findet man Perücken und Zöpfe beziehungsweise natürliche Haarpracht. An seiner Perücke samt Zopf hielt der sächsische König Friedrich August I. eisern fest. Nie sah man ihn ohne den Kopfschmuck, der schon längst aus der Mode war. Sogar der Sterbetaler von 1827 zeigt ihn, wie er sich schon nach 1763 darstellen ließ, als er noch Kurfürst von Sachsen wurde. Friedrich August, damals noch Kurfürst von Sachsen, und Friedrich Wilhelm III. von Preußen, waren 1806 im Krieg gegen Frankreich Waffebrüder. Doch als Napoleon I. siegte, wechselte der Sachse die Seiten, schloss sich dem Franzosen an und durfte sich noch im gleichen Jahr König nennen. Friedrich Wilhelm III. hat ihm den Verrat nie verziehen. Als sein Kontrahent zusammen mit Napoleon I. bei der Völkerschlacht von Leipzig vom 16. bis 18. Oktober 1813 vernichtend geschlagen war und in preußische Gefangenschaft geriet, hätte der rachsüchtige Preußenkönig gern ganz Sachsen geschluckt. Das aber wussten seine Verbündeten Österreich, Russland, England, Schweden und andere auf dem Wiener Kongress vertretene Länder zu verhindern. Und so musste sich Friedrich Wilhelm III. mit dem sächsischen Kurkreis rund um Wittenberg begnügen, während der Sachsenkönig in Resten seines Landes rund um Dresden, Chemnitz und Leipzig weiter regierte.

7. Juni 2019

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