Harmonie von Raum und Kunstwerk
Mit dem Kaiser-Friedrich-Museum entstand 1904 in Berlin eine Schatzkammer, mit der Wilhelm II. auch Imagepflege betrieb



Das Bode-Museum wurde 1904 nach nur sechsjähriger Bauzeit als Kaiser-Friedrich-Museum eröffnet und erhielt 1956 den Namen des berühmten Kunsthistorikers und Museumsdirektors. In dem Kuppelbau werden Gemälde und Skulpturen von der Spätantike bis zum späten 18. Jahrhundert sowie Münzen und Medaillen ausgestellt.



Die Grafik zeigt den 99-Tagekaiser Friedrich III. und seine Gemahlin Viktoria, die eine Tochter der britischen Queen Victoria war.





Die Eröffnung des Kaiser-Friedrich-Museums wurde 1904 durch eine prächtige Medaille gefeiert mit dem nicht mehr vorhandene Reiterdenkmal des Vaters von Wilhelm II. auf einem Podest davor. Darunter setzen die Medaille und die Gedenkmünze von 2002 der "Akropolis der Kunst" genannten Museumsinsel ein numismatisches Denkmal.



Die Monumentalität wilhelminischer Architektur kommt besonders gut in der Eingangshalle des Bode-Museums zum Ausdruck. Das Haus auf der Spitze der Museumsinsel erhielt 1956 den Namen von Wilhelm von Bode, der von 1845 bis 1929 lebte. Mit den anderen Gebäuden wurde das Bode-Museum 1999 in die Unesco-Liste des Weltkulturerbes aufgenommen.



Obwohl das Kaiser-Friedrich-Museum als Renaissance-Museum geplant war, fanden dort auch Hinterlassenschaften aus nachantiker und frühchristlich-byzantinischer Zeit eine angemessene Heimstatt.





Blick in einen der Skulptur der Renaissance gewidmeten Raum im damaligen Kaiser-Friedrich-Museum, im Hintergrund erkennt man auf einem kleinen Schrank die Büste der Flora, deretwegen Bode Ärger bekam.





Das Münzkabinett verfügt über einen 60 Meter langen Tresor, in den über eine halbe Million Münzen, Medaillen und andere Objekte trocken und sicher gelagert werden. 2019 feierte die von den brandenburgischen Kurfürsten und preußischen Königen angelegte und finanzierte Sammlung ihr 150jähriges Bestehen als eigenständiges Museum. (Fotos/Repro: Caspar)

Kunstförderung gehörte schon immer zu den Aufgaben gekrönter Häupter, von Ausnahmen abgesehen. In besonderem Maße tat sich Kaiser Wilhelm II. auf diesem Gebiet hervor, und er hatte hochkarätige Persönlichkeiten zur Seite, die ihm dabei halfen. Als der Monarch am 18. Oktober 1904 das seit 1898 errichtete Kaiser-Friedrich-Museum einweihte und sich dabei als großer Mäzen in Szene setzte, stand der Reichshauptstadt Berlin ein überaus prächtiges "Schloss der Künste" zur Verfügung, wie man damals sagte. Der Name erinnert an den 1888 nach nur 99 Regierungstagen verstorbenen Kaiser Friedrich III., den Vater Wilhelms II. In seiner langen Kronprinzenzeit hatten Friedrich Wilhelm und seine aus England stammende Gemahlin Viktoria viel für die Königlichen Museen getan, und da ist es nicht verwunderlich, dass sein vergoldetes Porträt neben dem anderer Hohenzollernherrscher die Eingangshalle des heutigen Bode-Museums schmückt. Um die Bezüge zu ihrem Förderer zu verdeutlichen, erhielt das 2006 nach mehrjähriger Generalsanierung wiedereröffnete Haus auf der Spitze der Museumsinsel den Namen "Bode-Museum vormals Kaiser-Friedrich-Museum".

Zwei Kuppeln und fünf Innenhöfe

Die originalgetreue Wiederherstellung der Heimstatt der Gemäldegalerie, der Skulpturensammlung, der frühchristlich-byzantinischen Sammlung und des Münzkabinetts mit zwei Kuppeln und fünf Innenhöfen ist eine Reverenz an den kaiserlichen Hofarchitekten Ernst Eberhard von Ihne, der in Berlin unter anderem die Staatsbibliothek und den Marstall gebaut sowie Teile des Stadtschlosses umgestaltet hat. Diesen mit allen historischen Bauformen bestens vertrauten Künstler kennt kaum jemand, sein Werk wurde zu Unrecht lange als unschöpferisches Stilkonglomerat abgetan. Heute müssen Kritiker der wilhelminischen Staatsarchitektur zugeben, dass sie große Qualitäten besitzt, auch wenn sie Bauten und Dekorationen der Renaissance und des Barock nachahmte und die auf Machterhalt und Imagepflege abzielenden Kunstprojekte des prestigesüchtigen Kaisers Wilhelm II. unterstützte. Das Bode-Museum ist nicht nur Ihnes Werk sondern auch ein interessantes Zeugnis für das Bemühen des langjährigen Generaldirektors der Königlichen Museen, Wilhelm von Bode, Räume und Kunstwerke harmonisch in Einklang und damit zu höherer Geltung zu bringen. Dass die Entstehungsgeschichte des Museums nicht einfach war, erfahren wir von Bode selbst. Er bemühte sich bei der Witwe des Namensgebers, die sich nach 1888 Kaiserin Friedrich nannte, und mit ihrem Sohn Wilhelm II. auf Kriegsfuß stand. Bode hatte ihre Kunstsammlungen wissenschaftlich bearbeitet und notierte das Ergebnis seiner Bemühungen in seiner Autobiographie so: "Ich hatte, um endlich eine Entscheidung [für den Bau des zunächst Renaissance-Museums genannten Hauses, H. C.] herbeizuführen, mir von der Kaiserin Friedrich für den Katalog ihrer Sammlungen ihre Unterstützung bei der Durchbringung des Neubaues, für den sie sich selbst von jener warm interessiert hatte, und zu dessen Ausführung ihr Schützling Ihne auserkoren war, versprechen lassen. Als ich im Winter 1895/96 den Katalog fertig überliefern konnte, und die Kaiserin sehr befriedigt erklärte, sie wisse gar nicht, wie sie mir dafür danken solle, erinnerte ich sie an ihr altes Versprechen. Sie lehnte schroff ab. Von ihrem Sohn wolle und könne sie nichts erbitten, keinesfalls! Alles Bitten half nichts." Die Wogen glätten sich, es kam dann zum Bau auf Wunsch Wilhelms II., der den Kultusminister Robert Bosse und den Finanzminister Johannes von Miquel aufforderte, die nötigen Mittel zur Verfügung zu stellen.

Ob sich die Dinge so zugetragen haben, wie Bode sie geschildert hat, wird durchaus bezweifelt. In seiner Biographie "Wilhelm von Bode. Zwischen Kaisermacht und Kunsttempel" (Gebr. Mann Verlag Berlin 1995, 340 S., ISBN 3-7861-1855-8) fasste Manfred Ohlsen das Geschehen so zusammen: "Das Hinausschieben des Renaissancemuseums - Bode hatte ja geschickterweise inzwischen sein Lieblingsvorhaben mit dem Namen des Kaisers Friedrich verbunden - mochte weder Viktoria noch Bode akzeptieren. Bodes Eintreten für einen schnellen Baubeginn beim Kaiser-Friedrich-Museum musste denn auch durchaus das Wohlwollen und die Unterstützung Viktorias finden. Ihr Appell an den Sohn, dem kaiserlichen Vater eine längst füllige Würdigung zukommen zu lassen, die mit der Errichtung eines Museums, das seinen Namen tragen sollte, auch seinen Einsatz für die Museen ehren würde, konnte sich Wilhelm II. schlecht entziehen."

Von der Großen zur Kleinen Kuppelhalle

Mit seinem Ausstellungskonzept betrat Bode Neuland. Er schuf so genannte Themenräume, in denen er Gemälde, Skulpturen, Möbel und Kunstgewerbe gemeinsam und jedes Stück für sich zum Strahlen brachte. Der Weg durch das Museum beginnt in der überkuppelten Eingangshalle, in der eine Kopie von Schlüters Reiterdenkmal des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm aus dem Jahr 1703 steht, und führt weiter durch eine Basilika mit Gemälden, Skulpturen und Möbeln der italienischen Renaissance. Weiter geht es in eine zweite, kleinere Kuppelhalle in Formen des friderizianischen Rokoko, in der marmorne Generalsfiguren aus der Armee Friedrichs II., des Großen, aufgestellt sind. Eine elegante Treppe führt direkt zu dem Preußenkönig, der wie der Große Kurfürst ein bedeutender Sammler und Kunstförderer war. Die Collage von Raum und Kunstwerken wird in den oberen Stilsälen mit dem Wechselspiel von Skulpturen, Gemälden, Gobelins, Möbeln und anderen Gegenständen fortgesetzt. In mehreren sich hier anschließenden Räumen zeigt das im Souterrain des Bode-Museums untergebrachte Münzkabinett eine Auswahl seiner schönsten Münzen und Medaillen von der Antike bis zur Gegenwart sowie weitere Objekte aus der Geschichte des Münz- und Geldwesens in Deutschland, Europa und der Welt. Ohne Bode kein Bode-Museum, und kein Bode-Museum ohne den jüdischen Kunstsammler James Simon. Beide Männer verbanden enge künstlerische und humanitäre Ziele, beide werden in der oberen Etage des Bode-Museums durch Bronzebüsten geehrt. In der Skulpturensammlung hält ein wie vor über hundert Jahren gestaltetes Kabinett die Erinnerung an Simon wach, außerdem und nicht zuletzt trägt das neue Eingangsgebäude zu den Häusern auf der Museumsinsel den Namen dieses großen Mäzens und Menschenfreundes.

Ärger mit falscher Flora

Der Berliner Kunsthistoriker und Museumsmann Wilhelm von Bode musste Spott und Häme schmerzlich erdulden, als sich ein von ihm eingefädelter Kunstankauf als missglückt erwies. Dem Generaldirektor der Königlichen, ab 1918 Staatlichen Museen zu Berlin, gelang im Winter 1909 eine spektakuläre Neuerwerbung bei einer Auktion in London. Für 8000 Pfund Sterling (ca. 170 000 Goldmark) kaufte er mit dem Einverständnis weiterer Experten die Büste einer jungen Frau für die Berliner Skulpturensammlung, die als Flora gedeutet und als Werk von Leonardo da Vinci angesehen wurde. Die 76,5 cm hohe, freilich auch beschädigte Bildhauerarbeit erregte großes Aufsehen, als sie schon bald öffentlich gezeigt wurde. Sie besitzt eine farbig gefasste Wachsschicht und kann in der Skulpturenabteilung des Bode-Museums auf der Berliner Museumsinsel betrachtet werden.

Wie der 1914 in den Adelsstand erhobene, am Hof Kaiser Wilhelms II. hoch angesehene Bode in seinen Erinnerungen aus dem Jahr 1930 berichtet, bereitete der Kauf ihm mehr Verdruss als Freude, denn schon bald kamen Zweifel auf, ob die Flora-Büste tatsächlich von dem italienischen Renaissancekünstler geschaffen wurde oder wenigstens aus seinem Umfeld und damit aus dem 16. Jahrhundert stammt. Gegen diese Annahme wurde in der englischen und bald auch der deutschen Presse angeführt, dass die anmutige Göttin der Pflanzen ein Werk des englischen Wachsbossierers Richard Cockle Lucas aus der Zeit um 1846 ist. Es fanden sich Zeugen, die ihn bei der Arbeit zugesehen haben oder von ihr gehört haben wollen. Gegen Bode erhob sich ein Sturm der Entrüstung, sein Kunstverstand wurde mit bitteren Worten in Zweifel gezogen, und sein Renommee als treffsicherer Ankäufer alter Kunst stand auf dem Spiel. "In England war diese Hetze gegen mich nicht ganz so unverständlich, da die meisten englischen art critics, die mit dem Kunsthandel nur zu nahe verbunden sind, mich aus England und vom englischen Kunstmarkt abzudrängen und mein Ansehen bei den Sammlern in England und den Vereinigen Staaten zugrunde zu richten wünschten. Ihren Einfluss auf die Presse konnten sie um so besser ausnutzen, als damals in England schon die Hochflut des Deutschenhasses und der Deutschenhetze wütete", schrieb der Kunsthistoriker mit Blick auf die aufgeheizte Stimmung wenige Jahre vor dem Ersten Weltkrieg.

Als man der schönen Flora mit Röntgenstrahlen zu Leibe rückte und auch die chemische Zusammensetzung des Wachses untersuchte, ergab sich, dass Leonardo oder sein Umkreis als Urheber nicht infrage kommen. Denn die Wachsmasse war mit Stearin versetzt, das erst seit 1818 synthetisch hergestellt wurde. Im Londoner Victoria- und Albert-Museum konnte man sich die Hände reiben, weil Bode 1909 beim Kauf der Florabüste mehr geboten und sie nach Berlin gebracht hatte. Wenn die Büste wirklich von Leonardo da Vinci stammen würde, hätte sie gewiss die gleiche Berühmtheit erlangt, wie Büste der der altägyptischen Königin Nofretete, die der absolute Renner bei den Besuchern des Neuen Museums auf der Museumsinsel ist.

Zweifel am "Mann mit dem Goldhelm"

Bei Kunstwerken muss nicht alles, was alt und echt aussieht auch alt und echt sein. Gemälde beispielsweise wurden und werden massenhaft gefälscht, und da ist es gut, sich vor dem Kauf davon zu überzeugen, ob sie auch halten, was sie versprechen. Ein berühmtes Beispiel dafür, dass sich auch ein bedeutender Kunstkenner wie Wilhelm von Bode täuschen ließ, ist das Gemälde "Der Mann mit dem Goldhelm". Nachdem Bode das Bild aufgrund einer schlechten Fotografie gesehen hatte und es nach der Reinigung und Restaurierung für gut befunden hatte, kam ein Kauf für 20 000 Goldmark 1897 durch den Kaiser Friedrich-Museums-Verein, den Förderverein der Berliner Gemäldegalerie, zustande. Das war damals ein Schnäppchen, wie sie der Museumsdirektor so liebte. Er sah sich auch zum Handeln gedrängt, denn es drohte der Verkauf des Bildes nach Amerika. Niemand bezweifelte zu Bodes Zeiten beim "Mann mit dem Goldhelm" Rembrandts Eigenhändigkeit. Jahrzehntelang galt das Bild als eines seiner Meisterwerke, ja sogar als Ikone Rembrandtschen Schaffens, bis sich erwies, dass es nicht von ihm, sondern von einem seiner Schüler oder aus seinem Umkreis stammt. Weltweit wurden im Rahmen eines großangelegten Forschungsprogramms angebliche Rembrandt-Gemälde als Arbeiten von Schülern und Epigonen herabgestuft. Auch die Gemäldegalerie der Staatlichen Museen zu Berlin hat sich dies bei einigen ihrer Bilder gefallen lassen müssen.

2. September 2019

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