Wanderer durch die Mark Brandenburg wird 200
Stiftung Stadtmuseum Berlin kümmert sich um die fragilen Manuskripte von Theodor Fontane



Das Denkmal ehrt, von Max Wiese geschaffen, in seiner Geburtsstadt Neuruppin Theodor Fontane auf einer Bank sitzend.



Die Wohnung der Familie Fontane befand sich in der ersten Etage der Apotheke in der heutigen Karl-Marx-Straße 84 in Neuruppin. Theodors Geschwister Rudolf, Jenny und Max kamen ebenfalls in der märkischen Stadt zur Welt.



Das von Max Klein geschaffene Original aus Marmor (links) steht in der Großen Halle des Märkischen Museums am Köllnischen Park in Berlin, wegen der Gefährdung durch schädliche Umwelteinflüsse erhielt am Rand des Tiergartens eine Kopie Asyl.



Am märkischen Schwielowsee wird inmitten eines vornehmen Resorts mit einem Denkmal von Dietrich Rode sowie Reliefs an Theodor Fontane erinnert.



So sah Marie von Bunsen das Arbeitszimmer von Theodor Fontane in einem Haus an der Potsdamer Straße 134 c in Berlin.



Zum 150. Geburtstag widmete die Bundesrepublik dem Dichter Theodor Fontane eine silberne Gedenkmünze zu fünf DM. Von Heinrich Körner gestaltet, war sie innerhalb der 1952 aufgelegten Serie die elfte Ausgabe zur Erinnerung an große Deutsche und wichtige Ereignisse unserer Geschichte.





In einer alten Friedhofskapelle auf dem Friedhof an der Liesenstraße in Berlin lädt eine Fontane-Gedenkstätte zum Besuch ein, das Grab des Dichters und seiner Frau Emilie befindet sich in der Nähe. (Fotos/Repro: Caspar)

Am 30. Dezember 2018 jährte sich der Geburtstag Theodor Fontanes zum 199. Mal, und damit begannen die Feierlichkeiten zum 200. Geburtstag des großen Berliner Dichters und Wanderers durch die Mark Brandenburg. In die Schar der Gratulanten reihte sich das Stadtmuseum Berlin ein, das zahlreiche Schriften von Fontane sowie sorgsam gehütete Stücke aus seinem Nachlass besitzt. Vor vier Jahren konnte dank der Unterstützung der Theodor Fontane Gesellschaft e. V. das Manuskript "Graf Petöfy" restauriert und damit vor dem Verfall gerettet werden. Als weiteres Ziel wurde damals formuliert, bis zum 200. Geburtstag des Dichters 2019 sein gesamtes im Stadtmuseum Berlin verwahrtes handschriftliches Erbe wieder der Forschung zugänglich zu machen. Wie das Stadtmuseum jetzt mitteilte, ist pünktlich zum Beginn des Fontane-Jahres 2019 die erste wichtige Etappe erreicht. Aus Mitteln von Monika Grütters, der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, der Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Europa und des Stadtmuseums Berlin selbst konnten 13 handschriftliche Manuskripte des Dichters aufwendig restauriert werden. Die Kosten für die Bearbeitung der etwa 7000 Seiten betragen 180 000 Euro. Neben dem Kriegsbericht "Der Krieg gegen Frankreich", Fontanes Erstlingsroman "Vor dem Sturm", den autobiographische Romanen "Meine Kinderjahre" und "Von Zwanzig bis Dreißig" sowie den Frauenromanen L'Adultera" und "Frau Jenny Treibel" konnten auch Teile der "Wanderungen durch die Mark Brandenburg" restauriert werden.

Bei allen ihren Maßnahmen stand den Papierrestauratorinnen vor Augen, was Fontane selber über seine Arbeitsweise schrieb: "Dreiviertel meiner ganzen literarischen Tätigkeit ist überhaupt Korrigieren und Feilen gewesen. Und vielleicht ist drei Viertel noch zu wenig gesagt." Er schrieb mit schwarzer Tinte und korrigierte mit Blau-, mit Blei- oder mit Rotstift. Nicht selten beschrieb er die Seiten bis an den äußersten Rand. Textteile aus bereits verworfenen Fassungen schnitt er aus und überklebte zu korrigierende Passagen, häufig nutzte er noch unbeschrieben Rückseiten als Manuskriptpapier. Das war im Verlauf der vergangenen 130 Jahre so porös geworden, dass es stabilisiert und gereinigt werden musste. Darüber hinaus lösten die Restauratorinnen die von Fontane aufgeklebten Korrekturzettel und fixierten sie am Rand des Blattes. Das ermöglicht den Literaturwissenschaftlern, erstmalig auch die vom Dichter überklebten Textstellen einzusehen und die Rückseiten der Klebezettel in vollem Umfang auszuwerten, was zu neuen Erkenntnissen über Leben und Wirken des Dichters führen wird.

Dichter statt Apotheker

Theodor Fontane wurde am 30. Dezember 1819 in Neuruppin im Haus mit der Löwen-Apotheke in eine Familie mit hugenottischen Wurzeln hinein geboren. Seine Eltern Louis Henri und Emilie Fontane waren nach ihrer Heirat 1819 von Berlin nach Neuruppin gezogen, wo sie eine Apotheke kauften. 1826 sah sich Louis Henri Fontane gezwungen, das Haus mit der Apotheke zu verkaufen, um Spielschulden bezahlen zu können. Die Fontanes zogen einige hundert Meter weiter in eine geräumige Mietwohnung in der heutigen Karl-Marx-Straße 94. Die Familie zog 1827 nach Swinemünde. Zu Besuchen und Recherchen kam der Dichter immer wieder in seine Heimatstadt. Seinem Landsmann Karl Friedrich Schinkel hat er in den "Wanderungen durch die Mark Brandenburg" ehrenvolle Zeilen gewidmet. Theodor Fontane war ursprünglich Apotheker, doch gefiel ihm diese Tätigkeit überhaupt nicht. Und so wandte er sich der wirtschaftlich und sozial gesehen nicht unproblematischen Schriftstellerei zu und war zunächst als Korrespondent für verschiedene Zeitungen in England tätig. Nach seiner Heimkehr nach Berlin schrieb er für die "Kreuzzeitung" und war als Theaterkritiker erfolgreich, um sich dann in höherem Alter seinen Romanen zu widmen, von denen viele als Vorabdruck in damaligen Journalen erschienen.

Ein Jahr nach dem Tod von Theodor Fontane am 20. September 1898 in Berlin rief ein hochkarätig besetztes Komitee dazu auf, den Dichter in seiner Heimatstadt Neuruppin durch ein Denkmal zu ehren. Es sollte Jahre dauern, bis der mit der Realisierung beauftragte Berliner Bildhauer Max Wiese seine Entwürfe vorlegte und das Projekt realisiert wurde. Fontane, der kritische Bebachter menschlicher "Irrungen und Wirrungen" in der Historie und Gegenwart, hat es sich, in Bronze gegossen, auf einer Bank bequem gemacht. Sein Stock ist angelehnt, der Hut liegt nebenbei. Die ehemaligen Wallanlagen mit ihren prächtigen alten Bäumen, die einen großen Teil von Neuruppin umschließen, waren als Ort zur Aufstellung des neuen Denkmals bestens geeignet. Es ist, als hätte Fontane das Denkmalkomitee beraten, endet doch der Abschnitt "Die Grafschaft Ruppin" seiner "Wanderungen durch die Mark Brandenburg" mit den Worten "Wie still, wie schön! Du ,Park am Wall', welche beneidenswerte Stätte darauf zu ruhn!"

Denkmäler in Neuruppin und Berlin

Als das Monument am 8. Juni 1907 auf dem Neuruppiner Stadtwall feierlich enthüllt wurde, kamen zahllose Verehrer des Schriftstellers herbei. "Langsam entleerte sich der lange Eisenbahnzug, dem eine Menge Abordnungen und Kranzträger entstiegen. Nach wenigen Minuten war der Festplatz erreicht, und hier bietet sich den Augen ein fesselndes, wohltuendes Bild", heißt es in einem zeitgenössischen Bericht. Eingeleitet wurde die Zeremonie durch geistliche Musik, vorgetragen durch einen Schulchor und begleitet von einer Militärkapelle, und es gab lobende Reden gehalten, in denen das Werk des Dichters und sein Erbe nachfolgenden Generationen zur Beachtung ans Herz gelegt und die Leistung des Bildhauers gelobt wurde. Als endlich die Hülle von der Bronzeplastik fiel, war die Begeisterung über das neue Monument groß. So schön, so wirksam hatte es sich keiner vorgestellt. Max Wiese war in Neuruppin kein Unbekannter, als man ihn mit dem Fontanedenkmal beauftragte. Dem Bildhauer verdanken wir unter anderem das Denkmal des 1781 in Neuruppin geborenen obersten Baumeisters Preußens, Karl Friedrich Schinkel, das 1883 auf dem Kirchplatz in Neuruppin aufgestellt wurde, und das Denkmal des Kronprinzen Friedrich vor dem Schloss in Rheinsberg, und auch anderenorts ist er durch einige sehr qualitätvolle Standbilder vertreten.

Auch in Berlin wurde Fontane durch ein Denkmal geehrt. Geschaffen von Max Klein, zeigt es den Künstler in fortgeschrittenem Alter stehend mit Stock und Hut, als ob er gerade beim Spaziergang inne hält. Die Marmorfigur von 1908 stand ursprünglich im Tiergarten und fand nach einigen Zwischenstationen in der Großen Halle des Märkischen Museums Asyl. Ein Abguss der schlichten Figur steht jetzt in einer kleinen Grünanlage gegenüber der Thomas-Dehler-Straße am südlichen Rand des Tiergartens.

Gedenkstätte auf dem Friedhof

Für 800 000 Euro aus Mitteln der Stiftung Klassenlotterie Berlin wurde auf dem Friedhof an der Liesenstraße im Berliner Bezirk Mitte eine alte Kapelle in eine Theodor Fontane gewidmete Gedenkstätte umgewandelt. Daran waren Gartendenkmalpfleger, die Stiftung Stadtmuseum, die Französische Kirche zu Berlin und die Theodor-Fontane Gesellschaft beteiligt. In der Nähe der Kapelle ist der Romancier mit seiner Frau Emilie bestattet. Der alte Grabstein wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört, danach erhielt die Ruhestätte einen neuen Stein mit den beiden Namen und den Lebensdaten. Solange die Mauer existierte, war ein Besuch des im östlichen Sperrbereich zwischen den Bezirken Mitte und Wedding befindlichen Friedhofs nur nach Gewährung eines DDR-Passierscheins gestattet. Bei der Einweihung der Gedenkstätte lobte der damalige Kulturstaatssekretär André Schmitz bürgerschaftliches Engagement bei der Rettung von Zeugnissen der Geschichte und Kultur. Berlin habe jetzt neben dem Hugenottenmuseum und der Bibliothek im Französischen Dom am Gendarmenmarkt sowie dem Märkischen Museum einen weiteren Ort, der explizit an Theodor Fontane erinnert und sich schnell zu einem Pilgerort für Verehrer des großen Schriftstellers aus aller Welt entwickeln wird.

Auf beleuchteten Säulen werden in der Kapelle Leben und Werk des Künstlers gewürdigt und sein Beitrag für die Literatur des 19. Jahrhunderts betont. Besucher erfahren Einzelheiten über den beruflichen Werdegang des Schriftstellers vom Apotheker über seine Tätigkeit Auslandskorrespondent bis zum berühmten Romancier und auch heute viel gelesenen Berichterstatter über historische Sehens- und Merkwürdigkeiten in Brandenburg und Preußen. Gewürdigt wird darüber hinaus Fontane als exzellenter Briefschreiber und als kritischer Beobachter und Kommentator der Zustände in Deutschland vor und nach der Reichseinigung von 1871.

11. Januar 2010

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