Wiedereröffnung im zweiten Quartal 2020
Schinkel und Schadow und kehren in die von Bauschäden befreite Friedrichswerdersche Kirche zurück





Die im Zweiten Weltkrieg beschädigte Friedrichswerdersche Kirche am Werderschen Markt wurde in den 1980er Jahren und später weitgehend im Original wiederhergestellt. Hier ein Blick auf das Gotteshaus im frühen 19. Jahrhundert und auf einem Foto von 2016 vor Beginn der Baumaßnahmen, die ihm in erheblichen Schaden zufügten.



Der Erzengel Michael tötet über dem doppeltürigen Portal einen Drachen. Im kommenden Jahr werden sich die Türen wieder öffnen.



Bis zur Schließung wurde das Gotteshaus als Skulpturenmuseum der Staatlichen Museen zu Berlin und Erinnerungsstätte an den Baumeister Karl Friedrich Schinkel und seine Zeitgenossen genutzt.



Wenn die Sonne durch die von Schinkel entworfenen Fenster scheint, kommen die Farben erst richtig zur Geltung.





Das Gipsmodell der von Johann Gottfried Schadow geschaffene Prinzessinnengruppe und das Grabmal der Königin Luise waren bis zur Schließung der Friedrichswerderschen Kirche besondere "Hingucker" und werden es im kommenden Jahr bestimmt wieder sein.



Die Marmorfiguren der Bildhauer Schadow und Rauch standen ursprünglich in der Säulenhalle des Alten Museums und kamen 1987 in die Friedrichswerdersche Kirche, wo sie wieder zu sehen sein werden.



Terrrakottareliefs von Schinkels in unmittelbarer Nähe stehenden, leider immer noch nicht wiederaufgebauten Bauakademie schmückten die Innenwände der Friedrichswerderschen Kirche und werden es hoffentlich auch künftig tun.



Bedrohlich nahe hat man die luxuriös gestalteten Neubauten an die Friedrichswerdersche Kirche gerüückt, auf der anderen Seite ist es auch sehr eng.



Die mit Engeln aus Gusseisen geschmückten Türen Friedrichswerderschen Kirche sind verschmutzt und müssen dringend restauriert und konserviert werden. (Repro/Fotos: Caspar)

Nach jahrelanger Schließung gibt es gute Kunde von der Friedrichswerderschen Kirche am Werderschen Markt in Berlin. Nachdem die Sanierungsarbeiten abgeschlossen sind, wird das von Karl Friedrich Schinkel von 1824 bis 1830 im damals noch recht gewöhnungsbedürftigen neogotischen Stil erbaute Gotteshaus im zweiten Quartal 2020 wieder für das Publikum geöffnet sein. Die Alte Nationalgalerie der Staatlichen Museen zu Berlin Stiftung Preußischer Kulturbesitz wird das Kirchengebäude dann wieder als Ausstellungsraum und dort eine auch international ausgerichtete Ausstellung zur Skulptur der Schinkelzeit präsentieren. Rund sieben Jahre war das Kirchengebäude nur von außen erlebbar, weil der Bau neuer Wohnhäuser in unmittelbarer Nachbarschaft gravierende Schäden an der zwischen 1824 und 1830 erbauten Kirche verursacht hatte. Die Risse im Gemäuer reichten vom Boden bis zur Decke und machten ein Betreten des Bauwerks und seine Nutzung für Ausstellungszwecke unmöglich.

Die Bauwert AG als Nachbarin hat das Gebäude stabilisiert, um weiteren Schaden abzuwenden. Mit Rücksicht auf die unvergleichliche Ausleuchtung des Kircheninnenraums hat das Unternehmen die Nachbarbebauung zum Teil neben den westlichen Seitenfenstern niedriger ausgeführt, als es die Bauplanung zugelassen hätte. Damit ist das Kirchengebäude als Museum der Berliner Bildhauerkunst der Zeit vor und nach 1800 vollständig wiederhergestellt. Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz dankt der Kirchengemeinde in der Friedrichstadt und der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz für die Bereitschaft, das Gebäude den Staatlichen Museen zu Berlin zur Verfügung zu stellen. Die Vereinbarung gilt für zunächst mindestens fünf Jahre. "Das gute Zusammenwirken zwischen Kirchengemeinde und Stiftung Preußischer Kulturbesitz in den Zeiten der Wiederherrichtung lässt hoffen, dass auch langfristig eine Nutzung des Kirchengebäudes sowohl als Museum wie auch für Gottesdienste denkbar ist", sagte Parzinger. Man darf nun auf die neu gestaltete Ausstellung gespannt sein, denn seit der Schließung ist viel Zeit vergangen, und so haben sich auch die Anforderungen an eine zeitgemäße Präsentation alter Kunst verändert.

Strahlender Stern am Museumshimmel

Verehrer des Berliner Baumeisters Karl Friedrich Schinkel sowie der Bildhauer Johann Gottfried Schadow, Christian Daniel Rauch, Christian Friedrich Tieck und anderer hochkarätiger Vertreter der Berliner Bildhauerschule des 19. Jahrhunderts dürfen sich darauf freuen, dass in wenigen Monaten mit der Wiedereröffnung der Friedrichswerderschen Kirche ein strahlender Stern am Berliner Museumshimmel wieder aufsteigt und Gelegenheit sein wird, hochkarätige Skulpturen wie vor der Schließung ganz von nahe zu bewundern. Ein ausgesprochener Augenschmaus ist das von Schadow geschaffene Gipsmodell für das Doppelstandbild aus Marmor der aus Mecklenburg-Strelitz stammenden Prinzessin und späteren preußischen Königin Luise und ihrer Schwester Friederike sowie das von Christian Daniel Rauch gearbeitete Grabmal der 1810 mit erst 34 Jahren verstorbenen Luise. Hinzu kommen Marmorstandbilder großartiger Künstler der Schinkelzeit, und zwar das von Christian Friedrich Tieck und Hermann Wittig um 1855 geschaffene Schinkel-Denkmal, die Marmorfigur des Begründers der Altertumskunde Johann Joachim Winckelmann, ein Werk von Ludwig Wilhelm Wichmann, der sich in Schadows Werkstatt die ersten Sporen als Bildhauer verdient hatte. Natürlich wird Johann Gottfried Schadow selbst mit einem von Hugo Hagen geschaffenen Denkmal geehrt, ihm gegenüber steht Christian Daniel Rauch, ein Standbild von Hugo Hagen beziehungsweise Friedrich Drake. Figuren schmückten einst zusammen mit weiteren Künstlerfiguren die Säulenhalle des Alten Museum am Lustgarten.

Standbilder in der Säulenhalle des Alten Museums

Aufgrund einer königlichen Order wurden Schinkel und andere Künstler nicht unter freiem Himmel, sondern in einem quasi geschlossenen Raum, eben in der säulengeschmückten Vorhalle des Alten Museums, gewürdigt. Schinkel hatte vorgeschlagen, diesen Ort durch Aufstellung von Denkmälern aufzuwerten. Doch bewilligte Friedrich Wilhelm III. die dafür notwendigen finanziellen Mittel nicht. Erst sein Nachfolger, der kunstsinnige Friedrich Wilhelm IV., unterstützte diesen Plan.

Im Jahr 1830, als das Alte Museum eröffnet wurde, war in der Vorhalle eine Schinkel-Büste aufgestellt worden, der 1837 eine zweite zu Ehren von Wilhelm von Humboldt folgte. König Friedrich Wilhelm IV., der als Kronprinz eng mit Schinkel zusammenwirkte, befahl nach dem Tod des Baumeisters am 9. Oktober 1841, diesem ein Denkmal zu setzen. So sollten Männer geehrt werden, "die sich um die Wiederbelebung der Kunst im höheren Sinne des Wortes in unserem Vaterland verdient gemacht haben". Die von Hugo Hagen geschaffene Schadow-Statue wurde im Jahre 1869 vollendet. Mit einem Käppchen auf dem Haupt, tritt uns in nicht allzu langer Zeit ein älterer Herr würdevoll und freundlich entgegen. Schadow war ein populärer Mann in Berlin. Sein Witz und seine Schlagfertigkeit waren bekannt. Am Schadowhaus in der Schadowstraße 10 unweit der Linden grüßt der von Hermann Schievelbein geschaffene Kopf des Hausherrn auf die Passanten herab.

Ruchloser Umgang mit dem Kulturerbe

In der Berliner Zeitung vom 18. Oktober 2019 übt Nikolaus Bernau heftige Kritik am Umgang mit der Friedrichswerderschen Kirche und dem Umbau der Hedwigskathedrale. Unter der Überschrift "Ein Skandal ohne Folgen" schreibt der Architekturkritiker: "Jedes Mal, wenn ich an der Friedrichswerderschen Kirche vorbeifahre - und das ist oft - kommt der Ärger hoch über die dort an der Falkoniergasse und am Schinkelplatz entstandenen neuen Häuser. Sie wurden dem kostbaren Bau so nahe gerückt, dass seine hoch ragende neugotisch-klassizistische Eleganz kaum noch zu sehen ist, seine Fundamente sogar, um noch einige Luxuskarossen mehr unterirdisch unterbringen zu können, wortwörtlich so lange angegraben, bis sich in den Gewölben tiefe Risse entwickelten. Jetzt gab die Stiftung Preußischer Kulturbesitz bekannt, dass sie die deswegen 2012 fluchtartig geräumte einstige Kirche ab nächstem Jahr wieder für die Ausstellung von Skulpturen des Klassizismus nutzen will, wie schon seit 1987. Da weder eine neuerliche kirchliche Neunutzung des Raumes absehbar ist noch, dass die schon jetzt mit ihren vielen und durchweg sehr teuren Bauprojekten bis an die Grenzen geforderte Preußen-Stiftung eine Alternative schaffen kann, werden wir diese Skulpturen wohl noch lange in der Friedrichswerderschen Kirche sehen können. Und uns darüber ärgern, dass etwa die erlesene Prinzessinnengruppe Schadows in nur durch Lampen zu erhellenden Schattenraum stehen muss, statt wie seit 1987 in strahlendem Naturlicht zu baden." Die Investoren hätten ruchlos auch noch den letzten Cent aus dem Baugrund herausgepresst, und teils berühmte Architekten hätten sich diesem Unterfangen willig angedient, schreibt Bernau weiter. "Sie nahmen weder in den Proportionen der Häuser - die weit höher sind als die historische Bebauung - noch in der Detaillierung oder in der Materialwahl irgendeine Rücksicht auf eines der Hauptwerke eines ihrer oft als ,Genie' idealisierten Berufsgenossen, Karl Friedrich Schinkel. Möglich wurde dies Trauerspiel vor allem aus zwei Gründen: Weil Abgeordnetenhaus und Senat lange daran festhielten, bei Grundstücksverkäufen nur auf den Preis zu sehen und alle gesamtgesellschaftlich viel interessanteren Projekte deswegen keine Chance hatten - und weil die städtischen Behörden, voran die Senatsbauverwaltung, alle Warnungen der Stadthistoriker und der Denkmalpfleger in den Wind schlugen und die vorgelegten Projekte auch noch genehmigten. Deswegen entstanden an der Stelle eines einst eher klein- bis mittelbürgerlichen Viertels nun Luxuswohnungen. Diese Bauten sind also nicht nur stadtgestalterisch, sondern auch sozialpolitisch ein Desaster. Und gab es Folgen? Immerhin, in Ausnahmefällen darf der Senat jetzt auch nach Konzept und nicht nur nach Geldwert verkaufen. Und das Landesdenkmalamt wurde - auch in Folge dieses Skandals - in die Zuständigkeit des Kultursenators verlagert. Auch dort aber ist sein Einfluss denkbar gering, wie sich in den Kämpfen um die St. Hedwigs-Kathedrale gezeigt hat. Auch dort wieder hat der Senator dem Investor freie Bahn geräumt, die katholische Kirche - sie verhält sich gegenüber dem historischen Bestand genau so ruchlos wie die Bauherren an Falkoniergasse und Schinkelplatz, sollte also auch genau so bezeichnet werden - darf den kostbaren Innenraum der Kirche zerstören, den Bau zur Hülle degradieren."

18. Oktober 2019

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