Antikes Pergamon in bunten Farben
Panoramagemälde von Yadegar Asisi lädt am Rande der Berliner Museumsinsel in die Welt der Antike ein



Das Pergamonpanorama auf der Seite gegenüber dem Bodemuseum ist Montag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr, am Donnerstag bis 20 Uhr geöffnet.



Das auf einem Berg gelegene Heiligtum der Athena war der wichtigste Kultplatz von Pergamon. Wahrscheinlich waren hier die königliche Kunstsammlung und eine bedeutende Bibliothek untergebracht.



Vor dem Pergamonaltar hat man den Göttern Brandopfer dargebracht, der Götter- und Giganten-Fries an den Außenwänden war in antiker Zeit bunt bemalt, wie viele andere Skulpturen von damals auch.







Da der Saal mit dem Götter- und Gigantenrelief aus Pergamon saniert und restauriert wird, können Besucher ihn bis auf weiteres nicht betreten. Wer das Pergamonpanorama besucht, sieht stattliche Fundstücke wie diese Frauenfiguren, den Kopf des Attalos sowie drei Köpfe von Athleten, die ursprünglich mit Siegeskränzen aus Metall geschmückt waren.



Yadegar Asisi zeigt auf diesem Bild, wie der Fries mit den Götter und Giganten ursprünglich und vollständig ausgesehen haben könnte.



Man wird noch einige Jahre warten müssen, bis man wieder das von Dach bis Keller sanierte und für die Anforderungen des 21. Jahrhunderts fit gemachte Pergamonmuseum und seinen Großen Saal mit dem Pergamonaltar betreten kann. (Fotos: Caspar)

Das Pergamonmuseum auf der Berliner Museumsinsel ist seit Jahren eine große Baustelle und wird es auf längere Zeit noch sein. Die Staatlichen Museen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz laden, solange das nach dem berühmten Pergamonaltar benannte Haus für Besucher aus aller Welt gesperrt ist, zur Besichtigung eines wahrhaft atemberaubenden Panoramagemäldes auf der anderen Seite des Kupfergrabens ein. Geschaffen nach Entwürfen von Yadegar Asisi, gewährt das an den Innenwänden eines zylinderförmigen Bauwerks gespannte Rundbild von gewaltigen Ausmaßen einen Blick auf die Welt der Antike. Das nach der Wiedervereinigung vor fast 30 Jahren begonnene Sanierungsprogramm "Masterplan Museumsinsel" ist bis auf das Pergamonmuseum absolviert. Die Umbaupläne für das 1930, zur Hundertjahrfeier der Königlichen, ab 1918 Staatlichen Museen zu Berlin, eröffnete Gebäude sehen vor, dass das bisher dreiflügelige Pergamonmuseum einen vierten Flügel vorn am Kupfergraben erhält, um einen ungestörten Rundgang durch die Architektur und Kunstgeschichte zu ermöglichen. Dieser vierte Säulengang war bereits von Alfred Messel geplant, aber nie ausgeführt worden.

Das neue Pergamonpanorama auf einem ehemaligen Kasernengelände gegenüber dem Bodemuseum wird ergänzt durch eine Interimausstellung von originalen Skulpturen aus Pergamon. Wer den Turm im Inneren des Ausstellungshauses erklettert, kann in wechselnder Beleuchtung und begleitet von brausenden Orchesterklängen, leisem Vogelgezwitscher, Rufen wie auf einem Markplatz oder ganz leise im Hintergrund auch Hammerschläge von Bildhauern das bunte Treiben betrachten, wie es um das Jahr 129 nach Christus ausgesehen haben kann, als Kaiser Hadrian anlässlich eines Festes zu Ehren des Gottes Dionysos in Pergamon weilte.

Metropole eines mächtigen Königreichs

Yadegar Asisi und sein Team von den "spreeformat Architekten GmbH" bieten in enger Zusammenarbeit mit Archäologen und Altertumskundlern eine plastische Vorstellung vom Leben im antiken Pergamon, der Hauptstadt eines gleichnamigen Königreichs in der heutigen Türkei. Das Wandbild fand bereits 2011 und 2012 im Ehrenhof des Pergamonmuseums großen Zuspruch und ist in der neuen Fassung ein absolutes Highlight für alle, die sich für antike Geschichte und Kunst interessieren. Panoramagemälde und steinerne Hinterlassenschaften aus dem alten Pergamon möchten nach dem Willen der Staatlichen Museen zu Berlin darüber hinwegtrösten, dass die im Pergamonmuseum wegen der Bauarbeiten gesicherten beziehungsweise ausgelagerten Hinterlassenschaften der Griechen und Römer sowie vorderasiatischer und weiterer Völkerschaften noch einige Jahre nicht betrachtet werden können.

Pergamon war im 3. und 2. Jahrhundert vor Christus die Metropole eines mächtigen Reiches, das große Teile der heutigen Türkei umfasste. Die Könige aus der Dynastie der Attaliden hatten den Ehrgeiz, Pergamon, das heutige Bergama, zu einem zweiten Athen zu machen. Mit ihren prächtigen Heiligtümern und Tempeln, den Säulenhallen und Arenen, Siegesmonumenten, einem Markt und anderen Brennpunkten eines geradezu überschäumenden Kultur- und Wirtschaftslebens konkurrierte die Stadt mit Athen, dem damals vielgerühmten Machtzentrum der antiken Welt. Die besten Bildhauer ihrer Zeit waren den Königen von Pergamon zu Diensten. Diese überließen ihr Reich den Römern, die nach einer Phase der Stagnation Pergamon, der neuen Hauptstadt der Provinz Asia, zu dem auf dem Panoramagemälde in üppigen Farben gemalten Glanz verhalfen.

Eine ganze Kunstepoche gefunden

Wer sich Zeit nimmt, kann darauf interessante Details sehen, etwa eine Bildhauerwerkstatt, in der gerade eine Götterstatue aus Marmor gemeißelt wird, und eine Manufaktur, in der das nach Pergamon benannte Pergament als kostbares Material für Schriftstücke aller Art hergestellt wird. Vor dem Großen Altar schlachten die Pergamener Tiere und bringen sie, auf qualmende Roste gelegt, den Göttern zum Opfer. Der umlaufende Marmorfries mit dem Kampf der Götter und Giganten war bunt bemalt. Wie man ihn sich unzerstört vorstellen kann, wird im Eingangsbereich gezeigt. In der bunten Bilderwelt findet man ein Amphitheater, einen Sklavenmarkt, ein Stadion und in der Ferne das nach dem griechischen Gott der Heilkunst benannte Asklepion, zu dem Kranke in der Hoffnung auf Heilung pilgerten und das von Kaiser Hadrian prachtvoll ausgebaut wurde. Auf dem Panoramagemälde ist auch ein künstlich aufgeschütteter Grabhügel außerhalb der Stadt zu sehen, auf dem sich wohlhabende Bewohner bestatten ließen.

Nach dem Ende des Römischen Reiches versank die Hauptstadt der Provinz Asia in einen Dornröschenschlaf. Die großartigen Bauten und Skulpturen aus Marmor wurden in nachrömischer Zeit von den Bewohnern in kleine Stücke zerschlagen und als Baumaterial verwendet. Als der Archäologe Carl Humann im späten 19. Jahrhundert den Burgberg von Bergama untersuchte, fand er im Erdreich spektakuläre Kunstwerke. "Wir haben eine ganze Kunstepoche gefunden", schrieb er 1880 und schickte die ersten Reliefplatten nach Berlin, wo sie, im Alten Museum auf dem Lustgarten ausgestellt, Begeisterungsstürme auslösten. Bis heute graben Archäologen immer noch Reste des antiken Pergamon aus, und was sie dabei fanden und vermessen konnten, floss auch in die Gestaltung des Panoramagemäldes ein.

Kampf der Götter und Giganten

Als Carl Humann im Auftrag der türkischen Regierung nach Bergama kam, sah er nur ein Schuttfeld, das von Gras und Buschwerk bedeckt und von Mauerzügen durchsetzt war. Traurigkeit habe ihn angesichts der kläglichen Reste dieses, wie er schrieb, "stolzen uneinnehmbaren Herrschersitzes der Attaliden" erfasst, berichtet Humann nach Berlin. Von Entdeckerfieber gepackt, verlegte er seinen Wohnsitz in die Grabungsstätte und sorgte für den Schutz der auf der Erdoberfläche verstreuten Steinbrocken. Er sandte den Königlichen Museen in Berlin zwei Reliefs, die nach seinen Worten "einem durchlaufenden Fries angehört haben, der einen Kampf zwischen Männern darstellte." Der Fries könne nur einem sehr bedeutenden Bauwerk angehört haben. Die Skulpturen und Architekturfragmente wurden um 1900 in einem kleinen Museum auf der Museumsinsel aufgestellt, das allerdings schon bald wegen Baumängeln abgerissen werden musste. Von 1910 bis 1930 wurde nach Plänen von Alfred Messel das heutige Pergamonmuseum erbaut, in dem die Reliefs in einem riesigen Saal mit steil ansteigender Treppe ihrer Bedeutung angemessen präsentiert werden konnte.

Kaum waren die ersten Stücke vom Pergamonaltar entdeckt, wurde schon darüber spekuliert, ob die Relikte zum Pergamonaltar gehören, den man aus antiken Schriftquellen kannte. Der Direktor der Skulpturensammlung, Alexander Conze, bat Humann weiter zu graben und Fundstücke nach Berlin zu schicken. Zugleich wurden auf diplomatischen Weg Fühler zur türkischen Regierung ausgestreckt, um eine reguläre Ausgrabungslizenz zu erhalten. Da die kaiserliche Regierung in Berlin gute Beziehungen zum Hof des Sultans unterhielt und Humann dort auch kein Unbekannter war, erteilte der türkische Unterrichtsminister Munif Effendi dem deutschen Konsul in Smyrna die Erlaubnis.

Ganz umsonst war die Lizenz nicht zu bekommen. Sie wurde gegen Zahlung von drei türkischen Gold-Pfunden und Erstattung aller Unkosten für ein Jahr erteilt. Alles, was an "Antiquitäten" gefunden wurde, sollte in einem speziellen Buch fixiert und vor fremdem Zugriff gesichert werden. Dank geschickter Auswahl wurden vor allem die künstlerisch wertvollen Teile nach Berlin gebracht, während die ebenfalls aus Marmor bestehenden, weniger interessanten Architekturfragmente und Kleinfunde am Ort blieben. Damit war dem türkischen Ausgrabungsgesetz Genüge getan, und Humann konnte die Preziosen seiner in drei Kampagnen zwischen 1878 und 1886 veranstalteten Grabungen ungestört ausführen.

Große Kunst der Menschheit bewahrt

Die von Humann und weiteren Spezialisten freigelegten Funde von Pergamon gehören zu einem Siegesmonument, das der pergamenische Königs Eumenes II. (197-159 vor Christus) zur Erinnerung an seinen Kampf gegen die Galather errichten ließ. Dargestellt ist in dramatischen Szenen das Ringen der Götter und mit furchterregenden Giganten und Ungeheuern. Solche Szenen, die die Auseinandersetzungen zwischen Göttern und Menschen um die Herrschaft auf der Erde symbolisieren, waren im alten Griechenland beliebt. Im Zweiten Weltkrieg wurde der Götter- und Gigantenfries sicherheitshalber abgebaut und eingelagert. Die Rote Armee nahm ihn als "Beutekunst" in die Sowjetunion mit. 1958 wurden die Kisten unter dem Motto "Der Menschheit bewahrt" an die DDR zurückgegeben. Man hatte damals keine Zeit, den Zustand des in Einzelstücke zerlegten Bildwerks zu prüfen und zu restaurieren. Weil man das nach den Kriegsschäden notdürftig reparierte Pergamonmuseum und den Altar 1959 zum zehnten Jahrestag der Gründung der DDR unbedingt der Öffentlichkeit präsentieren wollte, wurden die Platten an grau gestrichene Betonwänden befestigt. Erst die Vereinigung der Staatlichen Museen zu Berlin West und Ost (1990) ermöglichte eine umfassende Bestandsaufnahme der Schäden sowie die Reinigung und Konservierung des empfindlichen Kunstwerks, das eindeutig "der" Besuchermagnet auf der Berliner Museumsinsel war und hoffentlich bald nach Ende der langwierigen und teuren Umbau- und Sanierungsarbeiten im Pergamonmuseum wieder sein wird.

26. April 2019

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