Anlässlich des Raffael-Jubiläums 2020 zeigt die Gemäldegalerie der Staatlichen Museen zu Berlin Preußischer Kulturbesitz bis zum 26. April 2020 am Kulturforum in einer Kabinettausstellung fünf Madonnenbilder aus ihrem Bestand. Begleitet wird dieses "Madonnentreffen" durch eine Leihgabe der National Gallery in London sowie Grafiken aus dem Berliner Kupferstichkabinetts. Raffaello Sanzio da Urbino wurde am 6. April oder 28. März 1483 in Urbino geboren und starb vor 500 Jahren am 6. April 1520 in Rom. Die Ausstellung erinnert daran, dass Raffael seine künstlerische Laufbahn in der umbrischen Stadt Perugia begann und nach seinem Umzug 1504 nach Florenz neuartigen Einflüssen durch Leonardo da Vinci, Michaelangelo und Fra Bartolomeo unterlag. Nach nur vierjährigem Aufenthalt in Florenz folgte Raffael einem Ruf von Papst Julius II., dem er als Hofmaler unter anderem die in Dresden ausgestellte "Sixtinische Madonna" widmete und dessen Gemächer er ausmalte.
Die am Kulturforum gezeigten Gemälde entstammen dem Frühwerk des Malers aus den Jahren 1500 bis 1508. Sie wurden vor allem in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts für die Könige von Preußen erworben und legen Zeugnis ab vom Kult um Raffael in der Romantik, "als die italienische Malerei des 14. und 15. Jahrhunderts wiederentdeckt wurde. In Preußen spielte Raffael eine besondere Rolle. Davon zeugt bis heute der Raffaelsaal in der Orangerie von Sanssouci, in dem Friedrich Wilhelm IV. Kopien deutscher Künstler des 19. Jahrhunderts ausstellte", ist auf einer Schrifttafel in dem abgedunkelten, an den Wänden dunkelrot bemalten Raum zu sehen. In dem Riesengebäude unweit von Schloss Sanssouci hat Friedrich Wilhelm IV., den man Romantiker auf dem Thron nannte, die Sammlung seines Vaters Friedrich Wilhelm III. durch weitere Werke ergänzt und als Kultstätte zum Raffael-Gesamtkunstwerk inszeniert.
Kostbare Leihgabe aus London
Die Sonderausstellung am Kulturforum ehrt einen der bedeutendsten Künstler der italienischen Renaissance und bietet die einzigartige Gelegenheit, die fünf Madonnenbilder aus dem Bestand der Berliner Gemäldegalerie zu vereinen. Erstmals werden das Rundbild der Madonna Terranuova aus der Zeit um 1505 gemeinsam mit Raffaels Zeichnung ihres Kopfes präsentiert. Neben den Berliner Werken von Raffael ist eine kostbare, meisterlich gemalte Madonna aus der National Gallery in London als Leihgabe zu sehen. Diese "Madonna mit den Nelken" aus den Jahren 1506 bis 1508 verlässt England zum ersten Mal. Gemalt wurde das kleine Andachtsbild kurz bevor Raffael Florenz in Richtung nach Rom verließ. Für die anmutige Darstellung hatte er sich auch an der berühmten "Madonna Benois" von Leonardo da Vinci inspirieren lassen, die heute in der Eremitage Sankt Petersburg zu sehen ist. .
Die Berliner Sonderausstellung behandelt sammlungsgeschichtliche Aspekte und führt den "jungen Raffael" vor Augen, der bei Gründung des ersten Museums in Berlin 1830 heiß begehrt war. Sie zeichnet die Ausstellungsgeschichte der Raffael-Madonnen nach. Die Ausstellung wirft ein Schlaglicht auf die frühe Erwerbungspolitik der Gemäldegalerie im Spiegel europäischer Sammlungsgeschichte. Sie zeigt einen Raffael, wie man ihn in Preußen im 19. Jahrhundert liebte und verehrte, aber zugleich den zeitlosen Raffael, als Schöpfer von Bildern vollkommener Schönheit und Harmonie. Die von Friedrich Wilhelm III. angekauften Madonnenbilder Raffaels waren ab 1830 im Alten Museum am Lustgarten zu sehen. Von dort überführte Wilhelm (von) Bode sie in das von Ernst von Ihne erbaute und 1904 eingeweihte Kaiser-Friedrich-Museum, das wir heute als Bode-Museum kennen. Im Zweiten Weltkrieg ausgelagert, kamen die Bilder mit weiteren Kunstgütern erst in den Flakbunker im Berliner Friedrichshain und dann in das thüringische Bergwerk Kaiseroda-Merkers, wo sie von amerikanischen Truppen sichergestellt wurden. 1956 kehrten die Gemälde in die Galerie nach Dahlem im damaligen West-Berlin zurück. Seit der Eröffnung der neuen Gemäldegalerie sind sie mit weiteren Gemälden des In- und Auslands vom späten Mittelalter bis zurzeit um 1800 am Kulturforum zu sehen.
Raffaelsaal in der Potsdamer Orangerie
Das von 1851 bis 1864 nach Ideen von Friedrich Wilhelm IV. sowie Bauplänen der Architekten Friedrich August Stüler und Ludwig Ferdinand Hesse errichtete Orangerieschloss im Park von Sanssouci birgt im Raffaelsaal eine einzigartige Sammlung von Kopien vieler Gemälde des vor 500 Jahren in Rom verstorbenen Malers. Der nach Vorgaben des baufreudigen und kunstinteressierten Königs gestaltete Raffaelsaal erstreckt sich über zwei Etagen. Er besitzt keine Fenster, aber wegen der besseren Beleuchtung ein Oberlicht und hat die Sala Regia im Vatikan als Vorbild hat. An den Wänden hängen qualitätvolle Kopien von Raffaels Gemälden, die Maler im Auftrag von Friedrich Wilhelm III. in italienischen und deutschen Museen angefertigt hatten. Die etwa 50 Gemälde stammen aus einer Zeit, als die italienische Malerei des frühen 16. Jahrhunderts besondere Wertschätzung erfuhren und viele Künstler zum Studium nach Italien zogen.
Die von Carl Joseph Begas, Friedrich Bury, Heinrich Christoph Kolbe, Heinrich Lengerich, Julius Schoppe, Adolf Senff, Carl von Steuben, Karl Wilhelm Wach und anderen Malern geschaffenen Kopien stammen zum Teil aus der Bildersammlung Friedrich Wilhelms III., die durch weitere Ankäufe, Aufträge und Geschenke unter seinem Sohn Friedrich Wilhelm IV. erweitert wurde. Die von Friedrich Bury nach dem Dresdner Original kopierte Sixtinische Madonna war das erste Bild der Sammlung, das Friedrich Wilhelm III. 1804 von seiner Familie zum Geburtstag geschenkt bekam. Der König von Preußen, einer der Sieger der Befreiungskriege von 1813 bis 1815, sah die vom französischen Kaiser Napoleon I. in Italien und anderen Ländern geraubten Raffael-Gemälde im Pariser Louvre und hatte den Wunsch, von ihnen Kopien zur Ausstattung seiner Berliner Residenz zu besitzen.
14. Dezember 2019
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