Blick in künstlerische Schaffensprozesse
Restauratoren betrachten das Innenleben von alten Gemälden / Blick in das Merseburger Spiegelkabinett







Beispiele für die Bearbeitung von Elfenbein und Holz sowie für den Bronzeguss sind in der Ausstellung im Bode-Museum am Beginn der Säle mit Kostbarkeiten aus der Skulpturensammlung der Staatlichen Museen zu Berlin Preußischer Kulturbesitz zu sehen.



Das Merseburger Spiegelkabinett aus dem frühen 18. Jahrhundert ist ein seltenes Beispiel fürstlicher Raumkunst.



Im Kunstgewerbemuseum Schloss Köpenick wird das "chinesisch" dekorierte Lackkabinett aus dem Palazzo Graneri in Turin aus der Zeit von 1740 bis 1750 und weitere Zimmervertäfelungen betrachten, die aus Renaissance-Schlössern stammen.







Dank Restauratorenkunst konnten dieses italienische Bild sowie weitere gemalte und geschnitzte Preziosen der Gemäldegalerie am Berliner Kulturforum wieder zum Leuchten gebracht werden.



Dank genauer Untersuchungen über die Malweise, Lichtgestaltung und anderer Merkmale musste das Gemälde "Der Mann mit dem Goldhelm" aus den Jahren 1650 bis 1655 als nicht von Rembrandt selbst eingeordnet werden. Der Unbekannte mit der blitzenden Kopfbedeckung wird als Kriegsgott Mars gedeutet, der sich Ruhe gönnt und so eine Allegorie des Friedens nach dem Dreißigjährigen Krieg von 1618 bis 1648 sein könnte. (Fotos: Caspar)

In einer Sonderausstellung im Bode-Museum auf der Berliner Museumsinsel kann man sehen, wie in alten Zeiten Bildwerke aus Stein, Holz, Metall, Ton, Elfenbein und anderen Werkstoffen entstanden sind, wie man die gemeißelt, geschnitzt, gegossen, modelliert und bemalt hat. Die Schau am Beginn der Skulpturensammlung ist ausgesprochen anregend und lehrreich. Denn wer hat schon eine Vorstellung darüber, welche Mühen erforderlich waren und sind, etwa um Madonnen zu schnitzen oder Heldenfiguren aus Bronze zu gießen. Gute Kenntnisse der alten Handwerkstechniken sind wichtig, um Urteile über Kunstwerke zu fällen und Maßnahmen für ihre Restaurierung zu ergreifen. An den Wänden und in Schaukästen präsentierte Werkzeuge geben eine Ahnung davon, welcher Mittel sich die Künstler bedienten und womit heutige Generationen hantieren.

Auf dem Weg zur Skulpturensammlung und zum Münzkabinett im Bode-Museum lohnt sich ein Blick in das so genannte Merseburger Spiegelkabinett. Die kostbar geschnitzte und vergoldete Wandvertäfelung ist ein Werk des Merseburger Hofbildhauers, Landbaumeisters und Holzschnitzers Johann Michael Hoppenhaupt. Sachsens Kurfürst Johann Georg I. hatte 1652 in seinem Testament verfügt, dass seine drei jüngeren Söhne so genannte Sekundogenituren erhalten sollen, das heißt fürstlichen Landbesitz für nachgeborene Prinzen. Nachdem der Kurfürst am 8. Oktober 1656 gestorben war, wurde am 22. April 1657 in Dresden der "Freundbrüderliche Hauptvergleich" sowie 1663 ein weiterer Vergleich geschlossen, in dem die drei kleinen Territorien samt zugehörigen Hoheitsrechten fixiert wurden. So entstanden die Herzogtümer Sachsen-Weißenfels, Sachsen-Zeitz und Sachsen-Merseburg. Während das Kurfürstentum Brandenburg aufgrund der Goldenen Bulle von 1356 und weiteren Festlegungen ungeteilt blieb und damit auch seine Macht sicherte, erfolgte durch die Schaffung der Miniaturfürstentümer eine Schwächung des Staates der Wettiner. Doch das ist eine andere Geschichte.

Porzellankabinett und Kunstkammer

Zwischen 1712 und 1715 stattete Hoppenhaupt die Gemächer des Herzogs Moritz Wilhelm von Sachsen-Merseburg und seiner Gemahlin Henriette Charlotte von Nassau-Idstein im Ostflügel des Merseburger Schlosses überaus kostbar aus. Reste von drei Wänden dieses Spiegel- oder Porzellankabinetts sowie die Kassettendecke und ein Kronleuchter gelangten 1925 ins Berliner Kunstgewerbemuseum und sind heute als dessen Leihgaben im Bode-Museum ausgestellt. Die Ausstellung würdigt das Spiegelkabinett als eines der bedeutendsten Beispiele dieser kostbaren und seltenen Raumschöpfungen des späten Barock und des Rokoko. Indem Besucher bis zu einer Barriere in den Raum hineintreten können, können sie sich in Einzelheiten dieses außergewöhnlichen Wandschmucks vertiefen. Man muss sich nur noch kleine Porzellangefäße und -figuren sowie weitere Preziosen hinzu denken, die auf den Konsolen gestanden haben.

Das im Stil des französischen Regence gestaltete Zimmer diente nicht allein, wie lange angenommen, der Präsentation von Porzellanen, sondern beherbergte auch Teile der herzoglichen Kunstkammer. Nach dem Aussterben der Herzöge von Sachsen-Merseburg anno 1738 gelangte das aus Meißner Porzellanen sowie Goldschmiedearbeiten und solche aus Elfenbein und Bernstein, aber auch Kostbarkeiten aus Rubinglas, Edelsteinen und Email an den kurfürstlichen Hof zu Dresden, der traditionell die Oberhoheit über die wettinischen Duodezfürstentümer innehatte. Ob im Grünen Gewölbe zu Dresden das eine oder andere Objekt aus Merseburg zu sehen ist, müsste vor Ort geklärt werden.

Die Wandvertäfelung des Merseburger Spiegelkabinetts wurde nach ihrer Umsiedlung nach Berlin im heute nicht mehr existierenden Deutschen Museum gezeigt, das im Nordflügel des Pergamonmuseums untergebracht war. Der Kronleuchter in dem Raum ist wie das ganze Spiegelkabinett eine Leihgabe des Kunstgewerbemuseums der Staatlichen Museen zu Berlin Preußischer Kulturbesitz. Hier hat das eine Museum dem andern ein großartiges Kunstwerk überlassen. Wer weitere fürstliche und großbürgerliche Raumschöpfungen aus der Renaissance und dem Barock kennenlernen möchte, ist im Kunstgewerbemuseum Schloss Köpenick gut aufgehoben.

Von der Grundierung bis zum fertigen Werk

In einer Sonderausstellung der Gemäldegalerie am Kulturforum kann man sich mit Untersuchungsmethoden von Naturwissenschaftlern und Restauratoren vertraut machen, die mit Hilfe von Röntgenaufnahmen und auf andere Weise den Bildern auf den Grund gehen und in aller Vorsicht ermitteln, wie Maler gearbeitet und wie sie ihr Werk bearbeitet und verändert haben. Bei den Untersuchungen geht es nicht nur um die Frage "Echt oder falsch?", sondern auch um die Art und Weise, wie sich die Bilder von der Grundierung und den ersten Strichen bis zum fertigen Werk entwickelt haben. Die systematische Durchleuchtung der Bilder bringt zahlreiche hochinteressante Ergebnisse hervor, die sowohl für die kunsthistorische Forschung als auch für Restaurierungen zu einer unverzichtbaren Arbeitsgrundlage geworden sind. So werden Veränderungen bei Körpern und Landschaften sichtbar, die die Künstler während ihrer Arbeit am Bild vorgenommen haben. Aber auch spätere Hinzufügungen von fremder Hand lassen sich auf diese Weise feststellen.

In der Ausstellung werden neben Röntgenaufnahmen auch andere Untersuchungsmethoden erläutert. Besucher erhalten so Einsicht hinter die Kulissen von praktischer Restauratorenarbeit und kunsthistorischer Forschung. Vorgestellt wird unter anderem ein auf Pappelholz gemaltes Bild aus der Werkstatt des Giovanni Bellini, das auf der Rückseite eine schwere Holzkonstruktion aus dem 19. Jahrhundert trug. Die dicken Einschubleisten sollten dem "Verwölben" der mit einer Heiligen Familie bemalten Tafel vorbeugen. Alte Papierverklebungen verhinderten den Verlust der hochstehenden Malschicht, ist auf einer erklärenden Fototafel zu lesen. Da das Bild recht unansehnlich war, hat man es ins Depot verwiesen. Bei der 2017 erfolgten Restaurierung wurden die historischen Retuschen aus den 1820-er Jahren belassen, wohl aber farblich angepasst. "In der UV-Aufnahme zeichnen sich die jüngsten Überarbeitungen dunkel ab, womit der Umfang der Retuschen erkennbar bleibt", heißt es in der Erläuterung. In einem anderen, ebenfalls in der Ausstellung präsentierten Fall hatten Restauratoren die rückseitige Parkettierung entfernt, was zu einer Verwölbung führte.

Genaue Untersuchungen von Gemälden können zu deren "Entthronung" führen, wie das Beispiel des berühmten Gemäldes "Der Mann mit dem Goldhelm" zeigt, das lange als eigenhändiges Werk von Rembrandt galt, aber dann als Arbeit aus seinem Umkreis eine Stufe tiefer versetzt wurde. Doch gibt es auch Fälle, wo ein als Bild von "zweiter Hand" angesehenes Werk dann doch einem berühmten Meister zugeordnet und damit aufgewertet werden konnte.

9. September 2019

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