Mit einem feierlichen Festakt wurde am 12. Juli 2019 im Beisein der Bundeskanzlerin Angela Merkel die James-Simon-Galerie als zentrales Empfangsgebäude der Berliner Museumsinsel eröffnet. Seitdem ist das nach Plänen von David Chipperfield Architects entworfene und nach dem großen Mäzen der Berliner Museen und Menschenfreund James Simon benannte Haus ein großer Publikumsmagnet. Wenn man die breite Freitreppe erklommen hat oder sich mit einem Fahrstuhl anheben lässt, kann man aller Ruhe und mit wachsender Freude die weiten Räume und Gänge durchstreifen. Rote Pfeile weisen zum Neuen Museum und zum Pergamonmuseum hin, die man unterirdisch und trocknen Fußes über die Archäologische Promenade erreicht. Man kann sich nach vielem Schauen und Staunen auf der Terrasse bei einer Tasse Kaffee oder wonach einem sonst noch ist erholen und/oder sich in einer Sonderausstellung mit dem Leben von James Simon befassen, dargestellt an Videos und gesprochen von der Schauspielerin Katharina Thalbach.
Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, hob bei seiner Eröffnungsrede hervor, dass dieser 12. Juli für die Staatlichen Museen zu Berlin ein wahrhaft historischer Tag ist. Er dankte allen, die an diesem Bau mitgewirkt haben und hob hervor, ein neues Gebäude werde man hier nicht mehr eröffnen können, denn die James-Simon-Galerie besetze die letzte Freifläche auf der Museumsinsel. Auch David Chipperfield, der Architekt der James-Simon-Galerie, erinnerte daran, dass es hier noch vor zwei Jahrzehnten eine Brachfläche gab, hinter der sich die Ruine des Neuen Museums erhob. Für ihn und sein Büro sei die Museumsinsel niemals nur ein, sondern immer "das eine Projekt" gewesen, und er dankte seinem Kollegen Alexander Schwarz und dessen Team, der die James-Simon-Galerie in allen Details mitgeprägt und ausgestaltet hat.
Aufgaben der Musen und Museen
Bundeskanzlerin Angela Merkel unterstrich die Bedeutung der Berliner Museumsinsel als Universalmuseum der Menschheitsgeschichte und erinnerte an das viel zitierte Wort von Wilhelm von Humboldt "Nur wer die Vergangenheit kennt, hat eine Zukunft". Sie hob die wichtige gesellschaftliche Rolle von Wissensvermittlung, Bildung und Kommunikation hervor und warb für die intensive Auseinandersetzung mit Geschichte, Kulturen und Traditionen als Weg zu mehr Toleranz und gegenseitigem Verständnis sowie als Gegenentwurf zu Abwehr, Abschottung, Ausgrenzung, Hass und Hetze. Auf diesem Nährboden würden Missverständnisse, Vorurteile, Feindbilder wachsen, während Künste und Museen wertvolle Möglichkeiten böten, aus neuen Ansichten neue Einsichten zu gewinnen und zu erkennen, "dass uns weit mehr verbindet, als uns trennt".
Zusammen mit über 20 aus den USA angereisten Nachfahren von James Simon, dessen Familie, weil sie Juden waren, von den Nationalsozialisten in die Emigration gezwungen worden war, nahmen auch Ann und Timothy M. Simon am Festakt zur Eröffnung teil. Sie äußerten die Hoffnung, dass die James-Simon-Galerie im Zeichen ihres Namensgebers, von dem viele Familienangehörige in den Vereinigten Staaten erst jetzt etwas gehört haben, eine Inspiration sein möge, sich für menschliche Werte einzusetzen benachteiligte Menschen zu unterstützen. Michael Eissenhauer, Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin, nahm ein umfangreiches Konvolut von Dokumenten aus dem Nachlass von James Simon als Geschenk der Familie anlässlich der Eröffnung des Neubaues entgegen und betonte dabei, mit dem Eingangsgebäude würden auch alle andern Mäzene der Berliner Museen geehrt. Ohne sie wären die Sammlungen vermutlich nie mit an die Weltspitze gelangt.
Mehr als teuerste Garderobe des Landes
Die James-Simon-Galerie wurde und wird auch nach ihrer Eröffnung als "teuerste Garderobe" unseres Landes verulkt, doch sie bietet weitaus mehr als viel Raum, einen dicht umlagerten Kassenbereich, Kleiderabgabe, Café und Restaurant sowie Museumsshop. Mit einer Fläche von 10.900 Quadratmetern macht sie neugierig auf die auf der Museumsinsel versammelten und präsentierten Schätze. Neben einem Bereich für Sonderausstellungen, aktuell zu Leben, Werk und Vermächtnis von James Simon, lädt die neu geschaffene Archäologische Promenade zu einem Gang in das Neue Museum mit seinen archäologischen Sammlungen und in das Pergamonmuseum ein. Auf dem Weg dorthin machen in raffiniert ausgeleuchteten Kelleräumen ausgewählte Exponate aus den einzelnen Sammlungen neugierig auf das, was in den anderen Häusern auf der Museumsinsel gezeigt wird.
Benannt ist die James-Simon-Galerie nach dem großen Menschenfreund, Kunstsammler, Mäzen und jüdischen Weltbürger James Simon, der 1851 in Berlin in einer wohlhabenden jüdischen Textildynastie geboren wurde und 1932 starb. Die Errichtung der Nazidiktatur und die Verfolgungen, die seine Familie und all die anderen jüdischen Mitbürger erleiden mussten, hat er nicht mehr erleben müssen. Während der Nazizeit wurde in den Staatlichen Museen konsequent alle Hinweis auf seine Geschenke und Stiftungen getilgt. Nach dem Zweiten Weltkrieg konnte kaum jemand etwas mit ihm anfangen. Erst nach der Wiedervereinigung entsann man sich seiner und entschied sich, dem neuen Eingangsgebäude und einem kleinen Park in der Nähe seinen Namen zu geben. In der Eingangshalle wird an ihn mit einer langen Inschrift erinnert, wobei übersehen wurde, dass Simons Ehefrau Agnes großen Anteil daran hatte, dass und wie James Simon sein Vermögen für wohltätige und kulturelle Zwecke ausgab, dies übrigens auch dann noch, als es nach dem Ersten Weltkrieg seinem Geschäft nicht mehr gut ging und er seine Villa in der Tiergartenstraße für eine kleinere Wohnung aufgeben musste.
Noch ist nicht alles geschafft
James Simon förderte nach Kräften nicht nur die Bildung breiter Schichten und half den sozial Benachteiligten, er stiftete als leidenschaftlicher Kunstsammler den Königlichen Museen auch große Konvolute bedeutender Kunstwerke, die bis heute zu den größten Schätzen der Berliner Sammlungen zählen. Ebenso finanzierte Simon als Mitbegründer der Deutschen Orient-Gesellschaft zahlreiche Ausgrabungen. Als bedeutendster Fund dieser Grabungen gilt die Nofretete-Büste, die 1912 in Tell el-Amarna geborgen wurde und von James Simon 1920 den Berliner Museen geschenkt wurde.
Mit der James-Simon-Galerie erfährt das Ensemble der Museumsinsel Berlin seine bauliche Vollendung. Gemeinsam mit der Archäologischen Promenade bildet sie das Herzstück des Masterplans Museumsinsel, der vor 20 Jahren entwickelt wurde, um das UNESCO-Welterbe zu bewahren und gleichzeitig zu einem zeitgemäßen Museumskomplex umzugestalten. Bis zur Fertigstellung des Bauabschnitts A der Grundinstandsetzung des Pergamonmuseums fungiert das Haus als alleiniger Zugang zu diesem Haus sowie als einer von zwei Zugängen in das Neue Museum. Über sie gelangt man in das Obergeschoss des Pergamonmuseums sowie über die Archäologische Promenade in das Untergeschoss des Neuen Museums. Die Archäologische Promenade soll künftig vier der fünf Museumsbauten der Museumsinsel Berlin vom Alten Museum bis zum Bode-Museum verbinden. Neben einer Dauerausstellung, die mit einem Modell der Museumsinsel sowie interaktiven Medienstationen über die Geschichte des Ortes, der Museen und Sammlungen informiert, werden in der Archäologischen Promenade künftig große sammlungsverbindende Themen der Kulturgeschichte mit Objekten aller auf der Museumsinsel beheimateten archäologischen Sammlungen präsentiert.
15. Juli 2019
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