Edles Glas aus märkischem Wald
Fabrik in Zechlinerhütte belieferte über 150 Jahre den preußischen Hof, den Adel und das Bürgertum



Im Alfred-Wegener-Museum Rheinsberger Straße 14 in 16831 Zechlinerhütte, einem Ortsteil von Rheinsberg, werden ausführlich das Leben und die Leistungen des berühmten Polarforschers gewürdigt.



Im Ständebuch des Jost Ammann aus dem Jahr 1568 mit Versen von Hans Sachs wird gezeigt, wie ein Glasmacher Butzensacheiben zu einem Fenster zusammen setzt. Ein Gewürzständer aus der Zeit um 1780 kombiniert blaues Glas aus Zechlinerhütte mit einer silbernen Montur. Zu sehen ist diese Kostbarkeit im Märkischen Museum der Stiftung Stadtmuseum Berlin, die sich an der flächendeckenden Erforschung und Publikation von Erzeugnissen der regionalen Glasmacherei mit anderen Partnern beteiligt und diese ins Internet stellt.





Im Alfred-Wegener-Museum Zechlinerhütte wird des berühmten Polarforschers gedacht, und es sich auch in der Region produzierte Gläser zu sehen.



Das Museum Baruther Glashütte ist ein beliebtes Touristenziel. Es besitzt umfangreiche Sammlung zur Kulturgeschichte des Glases und zeigt auch Leihgaben, die ihm Sammlerinnen und Sammler zur Verfügung stellen. Star der Ausstellung ist Reinhold Burger, der Erfinder der Thermosflasche.



Bei Ausgrabungen entdeckte Gläser und andere Hinterlassenschaften unserer Vorfahren sind im Paulikloster, dem Archäologischen Museum des Landes Brandenburg im Paulikloster zu Brandenburg an der Havel ausgestellt. (Fotos: Caspar)

Im 16. und 17. Jahrhundert haben die Hohenzollern Glashütten gegründet, darunter eine 1604 in Marienwalde in der Uckermark und 1674 eine weitere in Potsdam. Auf der Pfaueninsel zwischen Berlin und Potsdam experimentierte der Chemiker Johann Kunckel und produzierte das berühmte, am kurfürstlichen Hof sehr geschätzte dunkelrote Rubinglas. Die märkischen Wälder unentwegt abzuholzen und nur zur Ofenheizung zu verwenden, ging auf die Dauer nicht gut. So wies der Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. 1734 seine Beamten mit Blick auf die vornehmliche Verwendung von Holz als Baumaterial an, "alle Teerofens, Pottaschenbrennereien und Glashütten nach der Neumark" zu verlegen, also auf die östliche Seite der Oder. Der Monarch forderte ferner, "auch Vorschläge zu tun, wie mehreres Glas und für einen wohlfeileren Preis verfertigt werden könne".

Die Weisung des Monarchen fiel auf fruchtbaren Boden. Schon bald begann in Zechlin, heute ein Ortsteil von Rheinsberg, wo reichlich Holz zur Verfügung stand, eine Glashütte zu arbeiten. Sie lieferte besonders edle Erzeugnisse für den Hof, den Adel und das Bürgertum in Gestalt von Glasscheiben, Gefäßen für die Küche und Tafel sowie Behänge für Kronleuchter. Ein Vertrag vom 8. Oktober 1736 erwähnt Feinkristall sowie Kutschen- und Fensterscheiben "auf böhmische Art". Die Pächter Trümper und Stopp sollten einen auf zwölf Jahre festgelegten Pachtzins von 620 Talern zahlen und erhielten dafür kostenloses Holz, mussten also für den Brennstoff ihrer Schmelzöfen nichts zahlen. Der Aufstieg von Zechlinerhütte hatte eine Kehrseite, denn zeitgleich ließ Friedrich Wilhelm I. die erfolgreich arbeitende Potsdamer Glashütte dorthin verlegen, "weil sie so viel Holz konsumieret". Die Mühen des Königs um die "Weiße Hütte", wie man die Manufaktur anfangs nannte, waren Ausdruck merkantilistischer Politik. Um die guten Silbertaler im Land zu behalten, sollten eigene Produktionen teure Importe aus anderen Ländern überflüssig machen. Mit diesem Ziel hat der Staat auch die Seidenraupenzucht und die Herstellung von Seidenstoffen gefördert und dafür sogar Prämienmedaillen verliehen. Ebenso erfreuten sich die Gobelinweberei, die Glasmacherei und weitere Gewerke der Gunst der Hohenzollern.

Vor unliebsamer Konkurrenz geschützt

Das an einem See inmitten einer waldreichen Gegend gelegene Dorf Zechlinerhütte erhielt das Privileg, Kristallgläser und farbige Ware herzustellen. Die Entwicklung der Fabrik verlief zunächst recht erfolgreich. Solange sie von unliebsamer Konkurrenz geschützt war, konnte sie sich gut entwickeln, und der preußische Staat nahm durch die Pachtabgaben einiges Geld ein. Dann aber kam das Jahr 1818. Drei Jahre nach dem Ende der Befreiungskriege änderte die Regierung ihre Handelsgesetze und gestattete die Einfuhr von Fabrikerzeugnissen und anderen Waren aus dem Ausland. Der Verzicht auf protektionistische Maßnahmen läutete den Niedergang von Zechlinerhütte ein. Jetzt wirkte sich negativ aus, dass das in den umliegenden Wäldern geschlagene Brennholz zur Neige ging. Um den Betrieb weiter aufrechterhalten zu können, gingen die Fabrikherren auf Torf über, der aber für das Schmelzen und Verarbeiten von Glas weniger effektiv war. In der Umgebung von Zechlinerhütte kann man noch heute Löcher sehen, die auf das Torfstechen hinweisen.

So dümpelte die Glasfabrik trotz Investitionen und Modernisierungsmaßnahmen vor sich hin. Zwischen 1878 und 1884 kam die Produktion sogar zum Erliegen. Andere Glashütten im Land sprangen in die Bresche, und für sie war es angesichts gut ausgebauter Straßen und Eisenbahnverbindungen ein Leichtes, Käufer von Fensterscheiben, Tafelglas, Flaschen, Lampenschirmen und anderen Erzeugnissen kostengünstig zu versorgen. Im Wettbewerb mit anderen Fabriken konnte sich Zechlinerhütte nicht behaupten, und so wurde der Betrieb am 8. Mai 1890 eingestellt. Das Personal musste sich nach anderen Standorten und Tätigkeiten umschauen.

Erinnerungen an Polarforscher Alfred Wegener

Einige Arbeiter mögen in Annenwalde (Landkreis Uckermark), Neuglobsow am Stechlinsee (Landkreis Oberhavel) oder Glashütte (Landkreis Teltow-Fläming) untergekommen sein. In beiden zuletzt genannten Gemeinden stehen noch Häuser der Glasmacher, über deren schwere Arbeit in Museen berichtet wird. Während die Glasfabriken in Annenwalde und Neuglobsow im Laufe des 19. Jahrhunderts schlossen, machte Glashütte bei Baruth bis in die DDR-Zeit hinein weiter. Denkmalpflegern gelang es damals, die historischen Wohnhäuser, Produktionsstätten und Gerätschaften weitgehend im Originalzustand zu erhalten. In Zechlinerhütte war das nicht möglich.

Das Alfred-Wegener-Museum an der Rheinsberger Straße in Zechlinerhütte zeigt von ortsansässigen Bürgern gespendete Gebrauchsgläser wie Flaschen und Becher. Der aus einer Berliner Pastorenfamilie stammende Polarforscher Alfred Wegener hatte mit seinen Angehörigen in Zechlinerhütte viele Sommer und Ferienzeiten verbracht. Das ihm gewidmete Museum zeichnet mit authentischen Zeugnissen Wegeners Leben nach und stellt Fragen etwa zum Klimawandel. Nach dem Studium in Berlin hatte Wegener zunächst beim Meteorologischen Observatorium in Lindenberg bei Beeskow gearbeitet, wo er 1906 mit über 52 Stunden Ballonfahrt einen Weltrekord aufstellte. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde er als Professor für Meteorologie und Geophysik nach Hamburg und Graz berufen. Er unternahm vier Reisen ins Polargebiet und kam bei seiner großen Grönland-Expedition 1930 ums Leben.

Wünschenswert wäre es, wenn an geeigneter Stelle in der dem berühmten Polarforscher gewidmeten Gedenkstätte auch dieser Teil der Regional- und Wirtschaftsgeschichte gebührend gewürdigt wird. Das könnte Zechlinerhütte zusätzliche Anziehungskraft verschaffen. Glasscherben und andere Fundstücke dokumentieren im Archäologischen Landesmuseum im Paulikloster zu Brandenburg an der Havel die Entwicklung der Glasmacherei in der Region. Gezeigt wird, was Glasmarken im Boden von Flaschen und anderen Objekten bedeuten.

Fabrik bei Baruth bis 1980 tätig

Wie bei vielen Museen im Land Brandenburg und darüber hinaus zahlt sich bürgerschaftliches Engagement beim Erhalt und der touristischen Erschließung des alten Glasmacherdorfes Glashütte aus. Von den ehemals fast einhundert Standorten dieser Art in der Mark Brandenburg existiert nur noch das wenige Kilometer von der Autobahn nach Dresden entfernt gelegene, seit 1983 unter Denkmalschutz gestellte Dorf Glashütte in der ursprünglichen Form. Bis zu 100 000 Besucher jährlich erleben in historischen Bauten und an alten Gerätschaften, wie man bis fast in unsere Tage Glas hergestellt und verarbeitet hat. Das in sich geschlossen überlieferte Ensemble geht mit seinen Hütten-, Schleiferei- und Werkstattgebäuden sowie Wohnhäusern, Schule und Gasthof auf das späte 18. Jahrhundert zurück.

Von 1716 bis 1980 wurde in Glashütte bei Baruth Glas industriell produziert. Mitte des 19 Jahrhunderts hatte man einen monatlichen Ausstoß allein von 50 000 Lampenschirmen und 300 000 Zylinder für Petroleumlampen. Die Glashütter Erzeugnisse wurden zum Exportschlager und erlangten nach ihrer Präsentation auf Industrie- und Weltausstellungen internationale Bekanntheit, was die Nachfrage steigerte. Besonders beliebt waren Lampenschirme aus Achat- beziehungsweise Milchglas sowie Gärballons aus einem speziell entwickelten Craquelé-Glas. Zu internationaler Berühmtheit brachte es Reinhold Burger, der die erste Thermosflasche und Wegbereiter der seriellen Fertigung von Röntgenröhren war. 2019 gibt es die Sonderausstellung "Reinhold Burger und seine Glasbläserkollegen. Pioniere des Fortschritts" zu sehen.

Historisches Glas im Internet präsentiert

Erwähnt sei das Themenportal im https://direct.museum-digital/Brandenburgisches_Glas, in dem unter Federführung der Preußischen Schlösserstiftung und des Potsdam-Museums zahlreiche Objekten im Internet präsentiert werden. Erfasst wird alles, was über brandenburgische Glasmacherei bekannt wird. Dokumentiert werden historische und zeitgenössische Erzeugnisse in Sammlungen sowie prägnante Stilarten und Handschriften der Manufakturen und ihrer Meister. Die Gläser werden ausführlich beschrieben, klassifiziert und in einen Kontext zu anderen Erzeugnissen ihrer Zeit gestellt, womit wird eine wenig bekannte Seite brandenburgisch-preußischer sowie deutscher Kultur- und Wirtschaftsgeschichte national und international bekannt gemacht wird. An dem Projekt sind das Glasmuseum Hentrich in Düsseldorf, die Stiftung Stadtmuseum Berlin sowie das Kunstmuseum Moritzburg in Halle (Saale) beteiligt, die bereitwillig Texte, Daten und Fotos zur Verfügung stellen.

12. März 2019

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