Goldmacher endete am Galgen
Medaillen und Flugblätter erinnern an einen gerissenen Scharlatan und Falschmünzer, der König Friedrich I. hinters Licht führte





Das Treiben von Goldmachern, Wunderheilern und anderen Scharlatanen regte die Fantasie von Künstlern der beginnenden Neuzeit an. Der Kupferstich nach Pieter Bruegel stammt aus dem Jahr 1558.



Das Denkmal zur Verherrlichung des brandenburgischen Kurfürsten Friedrich III., der sich 1701 zum König Friedrich I. in Preußen krönte, wurde nicht verwirklicht. Sein Traum vom "schnellen Gold" hatte keine reale Grundlage, wie hätte das aus gehen sollen?





Die von dem Gothaer Stempelschneider Christian Wermuth geschaffene Medaille von 1709 setzt dem am Galgen hängenden Goldmacher Cajetano ein zweifelhaftes Denkmal. Der Dukat wurde 1708 in Königsberg geprägt.



Die Exekution in Küstrin war eine Volksbelustigung und wurde durch illustrierte Flugblätter weit bekannt gemacht. Das war die Rache des Königs an Cajetano, der ihm herbeizaubern konnte. (Foto/Repros: Caspar)

Auch Fürsten ging gelegentlich die finanzielle Puste aus. Besitz und Arbeitsleistung ganzer Völker wurden in Kriegszügen verpulvert, Mätressen entlockten ihren Gebietern unzählige Dukaten, luxuriöse Hofhaltung und prunkvolle Bauten trugen dazu bei, dass ständig Ebbe in der Staatskasse herrschte. So kam es, dass sich sogenannte Goldmacher anboten, diese auf geheimnisvolle Weise wieder zu füllen. Sie versprachen ihren Arbeitgebern Berge von Gold und Silber, gewonnen aus unedlem Metall mit Hilfe des imaginären "Steins der Weisen", und die Fürsten gingen nur allzu gern auf die Angebote ein.

Zu Beginn des 18. Jahrhunderts herrschte in der preußischen Staatskasse gähnende Leere. Der kostspielige Erwerb der Königskrone 1701 durch Friedrich I., seine luxuriöse Hofhaltung, eine ausschweifende Günstlingswirtschaft und Korruption, nicht zuletzt die prunkvollen Bauten des Hofes und Kriegszüge kosteten Millionen Taler. Der in finanzielle Bedrängnis geratene Herrscher lieh daher, einem allgemeinen Trend folgend, Goldmachern und Glücksrittern gern sein Ohr. Von dem mit Hilfe geheimnisvoller Tinkturen erzeugten Gold erhoffte er sich Erlösung aus seiner finanziellen Misere, denn das gelbe Metall galt als Schlüssel zu Macht, Reichtum und Erfolg. Nicht umsonst schrieb Goethe später im "Faust": "Nach Golde drängt, / Am Gold hängt / Doch alles. Ach wir Armen!"

Wundergläubigkeit und Taschenspielertricks

König Friedrich I. ging einem gerissenen Goldmacher auf den Leim, der als Domenico Manuel Cajetano unrühmlich in die Geschichte einging. Dass der Adept zeitweise erfolgreich war, hat mit der weit verbreiteten Wundergläubigkeit und der Goldgier der Fürsten zu tun, aber auch mit ihrem enormen Geldbedarf. Denn vor und nach 1700 tobten sowohl der Pfälzische Erbfolgekrieg als auch der Spanische Erbfolgekrieg und der Nordische Krieg, die immense Summen verschlangen. Friedrich I. und die anderen Fürsten pressten ihre Untertanen bis aufs Blut aus. Doch als bei ihnen nichts mehr zu holen war, schauten sie sich nach anderen Geldquellen um und fielen auf Abenteurer, Hochstapler, Alchemisten und andere zwielichtige Personen herein.

Als Cajetano, der sich Graf von Ruggiero nannte, in seiner Heimatstadt Neapel als Falschmünzer und angeblicher Besitzer des "Steins der Weisen" aufgeflogen war, floh er 1695 nach Venedig und "verzauberte" das staunende Publikum mit seinen Goldmacherkünsten, die nichts anderes als billige Taschenspielertricks waren. Bei seinen Vorstellungen kamen wie aus dem Nichts Goldmünzen zum Vorschein. Auf die Idee nachzufragen, warum der Herr Graf nicht im stillen Kämmerlein ganz für sich allein Gold produziert und statt dessen dies vor großen Publikum tut, scheint niemand gekommen zu sein. Auch dass er immerzu Geld zur Beschaffung von "Materialien" verlangte, scheint kaum aufgefallen zu sein. Nachdem die Lagunenstadt dem Betrüger einen saftigen Vorschuss gezahlt hatte, aber keinen Goldberg bekam, verschwand er in Richtung München, Wien und Berlin.

In der preußischen Haupt- und Residenzstadt hatte Friedrich I. mit der Goldmacherei schon einige Erfahrung. Um 1701 behauptete Johann Friedrich Böttger, der spätere Erfinder des Hartporzellans und Direktor der Meißner Porzellanmanufaktur, er könne Doppelgroschen aus Silber in Golddukaten verwandeln. Bevor aber Friedrich I. des Apothekerlehrlings habhaft wurde, entwich er nach Sachsen, wo er von August dem Starken gefangen genommen und zur Goldmacherei gezwungen wurde. Doch statt das begehrte Metall auf künstlichem Weg herzustellen, erwarben Böttger und seine wissenschaftlichen Ratgeber Ruhm als Produzenten des "weißen Goldes", also von Porzellan. König und sein Hof ließen sich blenden

Der hoch verschuldete Preußenkönig ließ sich von Cajetano nur allzu gern hinters Licht führen, zumal es diesem gelang, einen Gutachter zu täuschen. Der Alchemist hantierte mit einem inwendig hohlen Zauberstab, in dem Goldkrümel verborgen waren. Wenn er mit dem durch Wachs verschlossenen Werkzeug in einem heißen Tiegel rührte und dort eine geheimnisvolle rote Tinktur schüttete, fielen die Krümel heraus und konnten dem staunenden Publikum präsentiert werden. Das Experiment blendete den König und seinen Hof. Er ließ seinen Günstling köstlich bewirten und mit der Kutsche wie einen großen Herrn durch die Stadt fahren. Als Cajetano wieder einmal Vorschüsse verlangte, wurde der König misstrauisch. Er bestand auf die baldige Goldlieferung und holte Informationen in Wien über das "Treiben" des Italieners ein. Irgendwann riss dem Herrscher der Geduldsfaden. Entweder er schafft Gold herbei, ließ er den Adepten wissen, oder es geht ihm an den Kragen.

Doch bevor man Cajetano verhaften konnte, machte er sich aus dem Staub in Richtung Spanien, wurde aber schon in Frankfurt am Main gestoppt und nach Preußen gebracht. In der Festung Küstrin bekam er eine letzte Chance, sich als Goldmacher zu erweisen. Doch da er das nicht konnte, trat die Justiz in Aktion. Vom Berliner Kammergericht zum Tod verurteilt, wurde der angebliche Graf am 23. August 1709 vor den Toren von Küstrin unter den Augen zahlreicher Neugieriger an einem wie zum Spott an einem mit Flittergold beklebten Galgen aufgehängt. In einer zeitgenössischen Chronik liest sich das so: "Der nach Urtheil und Recht gestraffte Goldmacher Cajetano, wie solcher den 23. Augusti 1709, vormittags zwischen 11 und 12 Uhr in Cüstrin an einem mit güldenem Lahn beschlagenen Balcken, deß ordinairen Diebes-Galgen, und in einem von dergleichen Stoff gemachten romanischen Habit, allen betrüglichen Goldmachern zum Abscheu und Exempel auffgehangen worden".

Wie konnte es so weit kommen?

Ein Zeitgenosse stellte sich sarkastisch die Frage, wie es mit dem Delinquenten so weit hat kommen können: "Ich enthalte mich allen bestimmten Urteils über dieses Abenteuer. Ich weiß aber nicht, ob nicht die Frage aufzuwerfen sei: Kann man jemanden das Leben rauben, den man selbst, durch eigenes Interesse bewogen, dahin bringt, dass er sich schuldig machen muss?" Der erboste König hatte solche Bedenken nicht. Er ließ zur allgemeinen Abschreckung Flugblätter mit Bildern des gehenkten Betrügers in Brandenburg-Preußen und anderen Ländern des Römisch-deutschen Reiches verteilen. Der Gothaer Stempelschneider Christian Wermuth prägte eine Spottmedaille, auf der man Cajetano hängen sieht. Die Inschrift auf der Rückseite mit den elegant geschwungenen Buchstaben zwar gut aus, ergibt aber keinen Sinn, so wie die Gaukeleien des angeblichen Grafen zwecklos waren und nur seiner Bereicherung und Eigenliebe dienten.

Selbst ein Monarch von sonst klarem Verstand und eigentlich aller Wundergläubigkeit abhold wie Preußens König Friedrich II., der Große, hoffte auf unerwarteten Reichtum durch Goldmacherei. Wegen seiner Kriege, seiner Baulust und anderen Ausgaben ständig klamm, träumte er vom "schnellen Gold." Sein Intimus Fredersdorff experimentierte auf diesem Gebiet, hatte aber keinen Erfolg. Wie sollte er auch? "Goldmacherei ist eine Art Krankheit; sie scheint oft durch Vernunft eine Zeit lang geheilet, aber dann kommt sie unvermutet wieder und wird wirklich epidemisch", schrieb der Monarch. Sein Neffe und Nachfolger, Friedrich Wilhelm II., ließ die Goldmacherei 1791 gesetzlich verbieten, obwohl er selber der Geisterseherei verfallen war. Die Herstellung von künstlichem Gold mit Hilfe geheimnisvoller Arkana passte offensichtlich nicht mehr in die Zeit der Aufklärung, und man hatte wohl auch erkannt, dass die Kosten für solche Experimente unvertretbar hoch sind und am Ende nichts herauskommt. Zur Abschreckung wurde Goldmachern angedroht: "Leute, die durch betrügliche Gaukeleyen als Goldmacher, Geisterbanner, Wahrsager, Schatzgräber usw. das Publikum hintergehen, haben, außer der ordinairen Strafe des Betruges, Zuchthausstrafe auf sechs Monate bis ein Jahr und öffentliche Ausstellung (Stehen am Pranger, H. C.) verwirkt".

1. Februar 2020

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