Die Bau- und Kunstdenkmalpflege des Brandenburgischen Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologischen Landesmuseums zieht für 2019 eine positive Bilanz und blickt erwartungsvoll in die Zukunft. Landeskonservator Prof. Dr. Thomas Drachenberg, Dr. Christine Onnen, Dezernatsleiterin Inventarisation und Dokumentation, und Dr. Georg Frank, Dezernatsleiter Praktische Denkmalpflege, nennen Erfolge und Verluste und loben das bürgerschaftliche Engagement bei der Rettung bedrohter Bau-, Industrie- und Gartendenkmale. "2019 war für die Denkmale des Landes ein insgesamt durchwachsenes, aber hoffnungsvolles Jahr. Auch 2020 halten uns Probleme mit historischen Bau- und Kunstwerken sowie Gärten und Parks auf Trab. Dazu gehören die ungewisse Zukunft der Liegenschaften der Brandenburgischen Schlössergesellschaft sowie dringend notwendige Maßnahmen an gefährdeten sakralen und profanen Kunstwerken und Ausstattungsstücken."
Sorgen mit dem Grundwasser
Sorgenvoll beobachten die in Wünsdorf ansässigen Denkmalschützer den Klimawandel und die Trockenheit. So werden bei dem auf Holzpfählen errichteten Schloss in Baruth (Landkreis Teltow-Fläming) wegen des Absinkens des Grundwassers bedrohliche Setzungen und Risse beobachtet, die Rettungsmaßnahmen dringend notwendig machen. Der Zustand der meisten Gartendenkmale habe sich weiter verschlechtert, sagt Drachenberg. Wo wie in Steinhöfel (Landkreis Oder-Spree) und an anderen Orten vor Jahren Wasser floss, sehe man nur noch dünne Rinnsale oder ausgetrocknete Flussbetten. "Die brandenburgischen Sandböden sind bis in große Tiefe ausgetrocknet, weshalb jahrhundertealte Bäume absterben. Den Rest erledigen schwere Stürme und emsig nagende Biber."
Der Landeskonservator zählt zu den Erfolgen die Hüllensanierung einer Inkunabel moderner Architektur, der von Ulrich Müther gebauten Hyparschale aus dem Jahr 1968 im Bürgerpark von Templin. Vom damaligen Freien Deutschen Gewerkschaftsbund als Veranstaltungssaal und Restaurant genutzt, erlebte das futuristisch anmutende Baudenkmal mit einer nur sieben Zentimeter starken Schalenkonstruktion und großen Fenstern nach langem Leerstand sein Comeback als Freizeit- und Erholungszentrum. "Aus dem Schandfleck wurde mit Unterstützung der öffentlichen Hand und vielen Helfern wieder ein vorzeigbares Bauwerk, das die Leistungsfähigkeit der DDR-Architektur demonstriert." Die Frage, ob DDR-Plattenbauten etwa in Bernau und im Umkreis des Pauliklosters zu Brandenburg an der Havel unter Denkmalschutz stehen, konnte Drachenberg bejahen. "Wir sehen heute vieles neu und mit anderen Augen als frühere Generationen. Allerdings müssen zu diesem Thema noch manche Vorbehalte überwunden werden. Dazu ist auch eine zielstrebige Öffentlichkeitsarbeit nötig, weshalb wir auch die Nähe der Bürger vor Ort suchen."
Mehrzweckhalle in Templin
Zur positiven Bilanz gehören Neuentdeckungen in der brandenburgischen Denkmallandschaft wie der erste Selbstbedienungsladen von 1957/8 in Eisenhüttenstadt, der wie die Hyparschale genante Mehrzweckhalle von Templin zu den Pionierbauten der Ostmoderne gehört und wiederhergestellt werden konnte. Überraschungen gab es auch bei der Inspektion eines Hörsaalgebäudes der Brandenburgischen Technischen Hochschule Cottbus-Senftenberg mit noch erhaltener technischer Ausstattung. Nach dem Abbruch und der Überformung verschiedener DDR-Bauten ist das verbliebene Hörsaalgebäude das letzte, unverfälscht erhaltene Relikt aus der Spätzeit der DDR auf dem Cottbuser Campusgelände. Eine neue Aufgabe bekommt das in den 1950er Jahren erbaute, seit Jahren leer stehende, schlecht gesicherte Filmtheater der Jugend in Frankfurt an der Oder. Jetzt wird überlegt, wie das Kino nach seiner Sanierung vom Brandenburgischen Museum für Moderne Kunst genutzt werden kann. In ein Bildungszentrum beziehungsweise eine Museumsfabrik sollen die ehemalige Wegnersche Tuchfabrik aus der Zeit um 1900 in Wittstock und die Quantsche Tuchfabrik in Pritzwalk (beide Landkreis Prignitz) verwandelt werden. Von langem Leerstand und Verfall schwer geschädigt, war bei diesen Industriebauten nicht klar, ob sie gerettet werden sollen oder nicht. Nachdem durchaus berechtigte Bedenken überwunden waren, freuen sich beide Städte und ihre Bürger, dass sie wiederbelebt und neu genutzt werden konnten.
Zu den großen Restaurierungsvorhaben gehören der mittelalterliche Altar in der Bernauer Marienkirche und der Katharinenaltar in der Katharinenkirche zu Brandenburg an der Havel. Da die Gemeinden die erheblichen Kosten bei diesen und weiteren Maßnahmen nicht selber stemmen können, springen Bund, Land sowie private Spender ein. Unter dem Motto "Vergessene Kunstwerke brauchen Hilfe" wird auch in diesem Jahr eine Kirche abseits der Touristenströme gesucht, deren Ausstattung dringend restauriert werden muss.
Brandenburgische und Berliner Denkmalpfleger laden unter dem Motto "Stadt, Land, Denkmal" zu einem gemeinsamen Denkmaltag am 3. April 2020 in die Technische Hochschule in Wildau (Dahme-Spreewald) ein. Als ehemalige Lokomotivenfabrik der Firma Schwartzkopff ist das denkmalgeschützte Gelände ein bemerkenswertes Dokument für die Wanderung der Industrie um 1900 an den Rand der damaligen Reichshauptstadt.
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20. Februar 2020
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