Nach rund zehn Jahren Bauzeit nahm am 4. Dezember 2020 die Verlängerung der U-Bahn-Linie 5 von Hönow zum Hauptbahnhof ihren Betrieb auf. Die 2,2 Kilometer lange Strecke, an der mehr als 5500 Menschen gearbeitet hatten, schließt die Lücke zwischen dem Brandenburger Tor und dem Alexanderplatz und führt mitten durch das Regierungsviertel. Begonnen hatte der Bau 1995 mit dem ersten Spatenstich durch den damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl, weshalb man die Strecke, die teilweise unter der Spree verläuft, auch Kanzlerbahn nannte, ein Begriff, den heute kaum jemand noch kennt.
Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) hatten wegen der Corona-Pandemie und der Sicherheitsgebote auf eine feierliche Eröffnung des eine halbe Milliarde teuren Bauprojekts verzichtet und wollen die Zeremonie im Sommer 2021 nachholen. Leider wurde das Archäologische Fenster im Bahnhof Rotes Rathaus nicht geöffnet, doch hofft Landesarchäologe Matthias Wemhoff, dass das Versprechen, den Berlinern und ihren Gästen hier einen Blick in historische Gewölbe und die Vergangenheit zu gewähren und Objekte von den Ausgrabungen im Zusammenhang mit dem U-Bahnbau zeigen zu können, irgendwann eingelöst wird.
Bärlinde bohrte die Tunnel
"Berlin, die einst geteilte und seit 30 Jahren geeinte Stadt, rückt heute ein weiteres Stück näher zusammen. Viele Berlinerinnen und Berliner haben darauf gewartet", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel in einer Videobotschaft zur Inbetriebnahme. Deren Termin war nicht zufällig gewählt, denn der 4. Dezember ist der Tag der Heiligen Barbara, der Patronin der Bergleute und Tunnelbauer. Dass ein "weltliches" Verkehrsunternehmen auf solche Aspekte achtet, fanden manche Fahrgäste erstaunlich, aber auch das ist wie manch andere, nicht immer erfreuliche Details des U-Bahnbaus wie eine dreijährige Unterbrechung wegen offener Finanzierungsfragen und Klagen von Anwohnern bereits Geschichte. Die neue Bahnlinie werde viele Menschen bewegen, das eigene Auto stehen zu lassen, hofft der Regierende Bürgermeister Michael Müller. Vor der Corona-Krise war mit 155 000 Fahrgästen pro Tag auf dem 2,2 Kilometer langen Abschnitt geplant worden.
Mit Hilfe einer riesigen, Bärlinde genannten Tunnelvortriebsmaschine wurden in einem aufwändigen Verfahren, bei dem die betroffenen Erdschichten vereist werden mussten, die unterirdischen Tonnelröhren gebohrt. Das Unternehmen Implenia trieb mehrere Jahre lang die 700 Tonnen schwere Tunnelbohrmaschine mit einem 6,70-Meter-Schneidrad durch nassen Untergrund der Stadt. Das Riesengerät wurde im Frühjahr 2013 auf der Spree angeliefert und in den 20 Meter tiefen Startschacht am Marx-Engels-Forum gehoben.
Lichtpunkte am nachtblauen Himmel
Neu gebaut und elegant gestaltet wurden die Bahnhöfe Rotes Rathaus, Museumsinsel vor dem Kronprinzenpalais und Unter den Linden an der Kreuzung Unter den Linden/Friedrichstraße. Der Bahnhof Brandenburger Tor als Endpunkt der Strecke vom Hauptbahnhof war schon seit mehreren Jahren in Betrieb. Am Bahnhof Museumsinsel fahren die Züge noch bis zum Sommer 2021 vorbei, denn er ist noch nicht ganz fertig. Bei unserer Durchfahrt war bereits der nachtblaue, nach einem Motiv von Karl Friedrich Schinkel gestaltete Sternenhimmel mit 6600 Lichtpunkten zu sehen. Geschlossen wurde mit der Inbetriebnahme der neuen U5-Strecke der U6-Bahnhof Französische Straße, denn er lag zu dicht am neuen Bahnhof Unter den Linden, an dem sich die Linien U6 und U5 kreuzen.
Aus Kosten- und Umweltgründen werde es in nächster Zeit zwar keine ganz neuen Linien geben, erklärt der Regierende Bürgermeister Michael Müller. Bei mehreren Strecken sei es aber sinnvoll, sie zu verlängern, so beim Märkischen Viertel (U8), Rudow (U7) und Steglitz-Zehlendorf (U3). "Es gibt Stellen, wo man mit zwei, drei weiteren Stationen das großartige Angebot, das schon da ist, nur noch ergänzen muss. Verkehrssenatorin Regine Günther kündigte an, Anfang 2021 vier Machbarkeitsstudien zu diesen U-Bahn-Verlängerungen im Senat vorzulegen.
6. Dezember 2020
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