Die Erstgeborene unter Vieren
Zur Zweihundertjahrfeier der Viadrina kam 1706 königlicher Besuch nach Frankfurt an der Oder / Blick in die Berliner Universitätsgeschichte



So sah Frankfurt an der Oder anno 1678 auf einem kolorierten Kupferstich aus, die Frau mit der Schlange im Vordergrund symbolisiert die Weisheit, der sich die Universität verpflichtet fühlt. Sie schaut mutig die Maske in ihrer linken Hand an, ein Symbol des Neids.



Die Zeichnung des Johann Stridbeck zeigt die Marienkirche in Frankfurt an der Oder, die nach Kriegszerstörung vor einigen Jahren wieder aufgebaut wurde und einen Schatz von mittelalterlichen Glasfenstern besitzt.



Die Medaille von 1706 feiert König Friedrich I. unter dem Motto "Man wird mich als einzige die Erstgeborene unter vieren nennen" als Protektor der Universität in Frankfurt an der Oder.



Professoren und Studenten der alten Viadrina liefen ständig an den reich geschmückten Portalen der mittelalterlichen Marienkirche und tun das heute als Angehörige der 1991 neu gegründeten, nach Osteuropa ausstrahlenden Europauniversität Viadrina.



Die Friedrich-Wilhelms-Universität wurde 1810 im seit 1802 leer stehenden Palais des Prinzen Heinrich von Preußen Unter den Linden untergebracht.





Die Berliner Universität bot nach Kriegsende ein Bild des Grauens, doch wurden das zerstörte Gebäude und andere Häuser bald wieder für den Lehrbetrieb hergerichtet. Die heutige Humboldt-Universität hat hier ihren Hauptsitz, zahlreiche Institute und Sammlungen sind quer über die Stadt verteilt. Vor 210 Jahren als Friedrich-Wilhelms-Universität gegründet, erhielt die Humboldt-Universität 1949 den Namen der Brüder Wilhelm und Alexander von Humboldt. Ihre Marmordenkmäler stehen seit 1883 vor dem Hauptgebäude.



Völlig enthemmte Studenten werfen am 10.Mai 1933 gemeinsam und SA-Leuten Bücher und Zeitschriften auf dem Bebelplatz ins Feuer. Dort erinnert die "Unterirdische Bibliothek" mit leer geräumten Büchern an den barbarischen, von Goebbels angestifteten und geleiteten Akt.



Eine Gedenktafel am Hauptgebäude Unter den Linden und ein Denkmal im Innenhof ehren den Physiknobelpreisträger Max Planck, der wesentlich zum Glanz der Berliner Universität im 20. Jahrhundert beigetragen hat.



Das Denkmal im Ehrenhof an der Straße Unter den Linden ist Lise Meitner gewidmet. Die Schülerin von Max Planck wurde 1926 zur ersten außerordentlichen Professorin für Physik an die Berliner Universität, verlor nach der der Errichtung der Nazi-Diktatur 1933 ihre Lehrerlaubnis, weil sie Jüdin war. 1938 ging die Kernphysikerin nach Schweden und später nach England, musste, wo sie ihre Forschungen ungehindert fortsetzen konnte. Die Gedenkstätte aus DDR-Zeiten im Pausenhof der Humboldt-Universität ehrt Menschen, die im Kampf gegen den Faschismus ihr Leben lassen musste. (Fotos/Repros: Caspar)

Nach glänzenden und manchen schlechten Zeiten stand Anfang des 19. Jahrhunderts die altehrwürdige Universität in Frankfurt an der Oder vor dem Aus. Professoren und Studenten wurden auf königliche Weisung nach Breslau verlegt. Erst 1991 gelang es, die Bildungsstätte mit dem lateinischen Namen Viadrina für Oderuniversität als Europauniversität neu zu gründen. Kurfürst Joachim I. hatte 1506 die brandenburgische Landesuniversität gestiftet. König Friedrich I. beehrte sie zweihundert Jahre später mit einem Aufsehen erregenden Besuch. Um an ihn zu erinnern wurden verschiedene Medaillen geprägt, von denen eine die Universität Viadrina als "Erstgeborene unter Vieren" feiert. Verbunden mit dem Bildnis des Monarchen bildet die Prunkprägung alle vier zu Brandenburg-Preußen gehörenden Universitäten in Frankfurt an der Oder (gegründet 1506), Königsberg (1544), Duisburg (1655) und Halle an der Saale (1694) ab. Die Gründung akademischer Bildungsstätten lag damals im Trend. Denn die an ihnen vermittelten Kenntnisse und Fertigkeiten wurden zur Bewältigung vielfältiger theoretischer und praktischer Aufgaben benötigt. Der fürstliche Beamtenstaat und die Kirche brauchten Juristen, Geistliche, Mediziner, Astronomen und andere gelehrte Leute. Studenten waren junge Männer aus adligen Familien, aber auch Talente bürgerlichen Standes. Manche starteten an Universitäten ihre Karrieren und erwarben ein bis heute währendes Ansehen.

Oberster Dienstherr der Viadrina und der anderen Hohen Schulen war der jeweilige Landesherr. Er bestimmte alles, selbst die Lehrpläne und die Ausbildungsinhalte, natürlich berief er auch ihm genehme Professoren. Friedrich I., der sich am 18. Januar 1701 in Königsberg 1701 zum König "in" Preußen gekrönt hatte, hatte 1694, damals noch Kurfürst Friedrich III., die Universität in Halle an der Saale gegründet und berühmte Professoren an sie berufen. Als König unterstrich er 1706 sein Interesse an Wissenschaft und Kunst und seine Stellung als "rector magnificentissimus" durch seine Anwesenheit bei der Zweihundertjahrfeier der Gründung der Viadrina.

Ärger mit lärmenden und tumultierenden Studenten

Die Viadrina hat das geistige und gesellschaftliche Leben in der Stadt an der Oder bestimmt und ließ wichtige Wirtschaftszweige wie den Buchdruck und das Verlagswesen entstehen. Außerdem profitierten Handel und Wandel sowie die Bürgerschaft von der Kaufkraft der Professoren und Studiosi. Nicht allen schmeckte es, dass mit "großem Gelärme zu nachtschlafender Zeit" durch die Stadt ziehen und die Bürger durch "Tumultieren und Fenstereinwerfen" erschrecken. Die der Edikte gegen das "lustige" Studentenleben beweist, dass die Universitätsstadt mit solchen Exzessen ein Problem hatte. Das könnte ein Grund gewesen sein, warum Friedrich III., der spätere König, 1694 eine Universität nicht in Berlin, sondern in fernen Halle an der Saale gründete.

Mit der Viadrina waren berühmte Studenten und Gelehrte von Ulrich von Hutten bis zu den Brüdern Humboldt verbunden. Doch der Bezug auf lange und gute Traditionen und bedeutende Namen nutzte nichts, als 1811 König Friedrich Wilhelm III. von Preußen die Oderuniversität nach Breslau verlegen ließ, wo für sie ein ehemals katholisches Jesuitenkolleg als Unterkunft bestimmt wurde. Nicht mangelnde Leistungsfähigkeit oder fehlende Studenten, sondern praktische Überlegungen ließen den Monarchen zu dem für die Stadt an der Oder verheerenden Entschluss gelangen, sondern praktische Gründe. Auch andere Universitäten wurden damals aus politischen und wirtschaftlichen Gründen aufgehoben, verlagert oder zusammengelegt.

Solche Maßnahmen fanden nicht nur vor einigen hundert Jahren statt, sondern sind auch heute nicht ungewöhnlich. So stiftete der König 1810 die nach ihm benannte Friedrich-Wilhelms-Universität, maßgeblich vorbereitet von Wilhelm von Humboldt, der mit seinem Bruder Alexander 1949 Namensgeber der Berliner Universität wurde. 1811 später schrieb das Departement für öffentlichen Unterricht dem König: "beyde Universitäten, Frankfurt und Breslau, vereinigt, würden das erwünschte Ganze ergeben". Der Abzug ihrer Alma mater wurde den Frankfurtern damit versüßt, dass man hier eine Provinzialregierung installierte. Das prächtige Regierungsgebäude ist Sitz der Europauniversität.

Berliner Alma Mater musste lange warten

Die Hohenzollern hatten sich lange dagegen gesträubt, in Berlin eine Universität zu gründen. Aufsässige Studenten in der vom Militär dominierten preußischen Haupt- und Residenzstadt waren ihnen ein Graus. Außerdem befürchteten Moralapostel, das "lockere" Klima in der Metropole könne die jungen Leute vom Lernen abhalten. Die Frage wurde neu diskutiert, nachdem König Friedrich Wilhelm III. im Ergebnis des Friedensschlusses zwischen Preußen und Frankreich in Tilsit im Sommer 1807 die Hälfte seines Landes und seiner Untertanen verloren hatte. Außerdem standen die preußischen Landesuniversitäten in Duisburg und Halle, nicht mehr zur Verfügung, während die Kapazitäten der Universitäten in Frankfurt an der Oder und Königsberg zu gering waren, um die akademischen Bildungsaufgaben der Hohenzollernmonarchie zu bewältigen.

Als sich Professoren der zum neu gegründeten Königreich Westphalen gehörenden Universität Halle an Friedrich Wilhelm III. mit der Bitte wandten, er möge ihre Universität "über die Elbe nehmen, wo kein Ort dafür schicklicher scheine als Berlin", antwortete dieser mit einem klassischen Satz: "Das ist recht, das ist brav! Der Staat muss durch geistige Kräfte ersetzen, was er an physischen verloren hat". Damit gab der sonst zögerliche Preußenkönig den Weg frei für die Gründung der Alma mater berolinensis, von preußischen Reformpolitikern und namhaften Gelehrten wie Fichte, Hufeland und Schleiermacher unterstützt. Wichtigster Kopf der Gruppe war Wilhelm von Humboldt, der sich als Direktor für Cultus und Unterricht im preußischen Innenministerium intensiv für die Verbesserung des Bildungswesens in der Hohenzollernmonarchie und insbesondere für die Einrichtung humanistischer Gymnasien einsetzte.

Start mit großen Gelehrten und neuen Fächern

Dem Sprachforscher, Politiker und Diplomaten Wilhelm von Humboldt schwebte ein Institut vor, das die anderen Universitäten in Deutschland durch neuartige Bildungsangebote und eine großartige Professorenschaft überstrahlt. Die zu gründende Alma mater sollte frei von traditionellen Hemmnissen sein, die die im späten Mittelalter und der frühen Neuzeit gegründeten Universitäten mit sich herumschleppten. In dieser "Universitas litterarum" sollte die Einheit von Lehre und Forschung verwirklicht und eine allseitige humanistische Ausbildung gewährt werden. Nicht mehr die Theologie sollte tonangebend sein, sondern klassische Philologie sowie Ästhetik, Literatur und Archäologie, ergänzt durch Medizin, Mathematik, Landwirtschaft, Physik, Chemie, Astronomie und andere Fächer. Wissenschaft sollten nicht mehr staubtrocken und abgehoben vom Katheder aus gelehrt, sondern in Seminaren und Laboratorien erprobt und erlebt werden. Die Studenten sollten keine folgsamen Zöglinge mehr sein, sondern freie Menschen, die ihre Talente entfalten können.

Wilhelm von Humboldt trug seine vom Geist der Aufklärung, aber auch von Sorge um die bedrückende Lage in Preußen nach dem verlorenen Krieg mit Frankreich geprägten Vorstellungen dem König am 24. Juli 1809 in einer Denkschrift vor und bat ihn, die Errichtung einer Universität in Berlin und die Verbindung der dort schon existierenden wissenschaftlichen Institute und Sammlungen mit der neuen Alma mater förmlich beschließen zu wollen. Die Berliner Universität sollte so viele Domänen als nötig und ein sicheres Einkommen von 150 000 Reichstalern erhalten. Als Sitz schlug der Gelehrte das Unter den Linden in Berlin Palais des 1802 verstorbenen Prinzen Heinrich. Der jüngere Bruder Friedrichs des Großen hatte in Rheinsberg einen Musenhof unterhalten und residierte im Winter in seinem überaus prächtig ausgestatten Palais am Forum Fridericianum. Friedrich Wilhelm III. wurde gebeten, Güter und Gebäude "auf ewige Zeiten hinaus" der Universität zu übergeben. In der Stiftungsurkunde verfügte der König. "die Einrichtung einer solchen allgemeinen Lehranstalt mit dem alten hergebrachten Namen einer Universität, und mit dem Rechte zur Erteilung akademischer Würden".

Revolutionäres und gewöhnungsbedürftiges Konzept

Wilhelm von Humboldt setzte sich gegen Bedenkenträger durch, die gegen den angeblich sittenverderblichen Einfluss von Großstädten auf die studierende Jugend wetterten. Die neue Universität, die Akademien der Wissenschaften und der Künste sowie sämtliche wissenschaftlichen Institute und Sammlungen in Berlin sollten nach dem Wunsch des Königs ihre Selbstständigkeit behalten. Ihnen wurde aber aufgetragen, gemeinschaftlich zum allgemeinen Zweck zusammenwirken. Der Dichter Clemens Brentano schrieb den Text für eine Kantate zur Eröffnung der Alma mater berolinensis im Herbst 1810. Darin werden die Aufgaben der neuen Bildungs- und Forschungsstätte so beschrieben: "Der Ganzheit, Allheit, Einheit, / der Allgemeinheit / gelehrter Weisheit / des Wissens Freiheit / gehört dies Königliche Haus! So lege ich Euch die goldenen Worte aus: Universitati Litterariae".

Als im Herbst 1810 der Lehrbetrieb an der Berliner Universität aufgenommen wurde, traten besorgte Sittenwächter auf den Plan und warnten die Studenten davor, sich mit Huren am Rande des Akademie- und Universitätsviertels einzulassen und in Kneipen kostbare Zeit zu vertrödeln. Selbstverständlich ließen sich einschlägige Freizeitbeschäftigungen nicht verhindern, doch insgesamt scheinen sich die Berliner Studenten an die strengen Regeln des Universitätsbetriebs gehalten zu haben. Wie es dort im frühen 19. Jahrhundert zuging und was sich Unter den Linden abspielte und welche amourösen Abenteuer man in Berlin erleben kann, hat Heinrich Heine in launiger Weise aus eigenem Erleben in seinen "Briefen aus Berlin" überliefert, und auch von einem anderen Berliner Studenten der frühen Jahre, Karl Marx, sind bemerkenswerte Beobachtungen über das geistige Klima an der Friedrich-Wilhelm-Universität erhalten, die 1949 mit ihrem neuen Namen an die Brüder Wilhelm und Alexander von Humboldt erinnert und ihnen schon 1883 zwei Marmordenkmäler am Eingang gewidmet hat.

Humboldts Universitätskonzept war revolutionär und gewöhnungsbedürftig. Es erwies sich ungeachtet mancher Widerstände als erfolgreich, verbreitete sich weltweit und ließ in den folgenden anderthalb Jahrhunderten ähnlich ausgerichtete Universitäten entstehen. So wurde die Berliner Alma mater die "Mutter aller Universitäten". Das erste Studienjahr begann mit 256 Studenten und 52 Lehrenden, doch schon bald schwollen diese Zahlen an. Dass man in Berlin gut studieren kann und ein erfolgreicher Abschluss Ansehen besitzt, sprach sich schnell herum. Zum hervorragenden Ruf der neuen Universität trugen Professoren wie Georg Friedrich Wilhelm Hegel (Philosophie), Karl Friedrich von Savigny (Jura), August Boeckh (Klassische Philologie), Christoph Wilhelm Hufeland (Medizin) und Albrecht Daniel Thaer (Landwirtschaft) bei. In einem Berlin-Lexikon von 1834 wurden bereits 88 Professoren und Dozenten und über 2000 Studenten erwähnt, nach damaligem Brauch nur Männer, hinzu kamen knapp 500 Personen, die als Externe den Vorlesungen zuhörten. Gegliedert war die neue Universität in die vier klassischen Fakultäten Jura, Medizin, Philosophie und Theologie, doch schon bald wurde das Ausbildungsprofil den Bedürfnissen der Zeit entsprechend erweitert. So wurde die Universität zum Wegbereiter neuer Natur- und gesellschaftswissenschaftlicher Disziplinen.

Diese Entwicklung ist neben den Brüdern Wilhelm und Alexander von Humboldt auch dem an der Universität lehrenden Chemiker August Wilhelm von Hofmann, dem Physiker Hermann von Helmholtz, dessen Denkmal im Ehrenhof der Universität steht, sowie den Mathematikern Ernst Kummer, Leopold Kronecker, Karl Theodor Weierstraß sowie den Medizinern Johannes Müller und Rudolf Virchow zu danken. Das günstige Klima an der Alma mater brachte nicht weniger als 29 Nobelpreisträger hervor. Unter ihnen befinden sich Robert Koch, Albert Einstein, Emil Fischer, Theodor Mommsen, Max Planck und Fritz Haber. An Helmholtz, Mommsen, Planck und seit einigen Jahren die Kernphysikerin Lise Meitner erinnern Denkmäler im Ehrenhof der Universität, weitere Gelehrtendenkmäler befinden sich vor und im Umkreis des Hauptgebäudes sowie im Bereich der Charité.

Einheit von Lehre und Forschung, Theorie und Praxis

Wilhelm von Humboldt schwebte eine "Universitas litterarum" vor, welche die Einheit von Lehre und Forschung sowie Theorie und Praxis verwirklicht und eine allseitige humanistische Bildung der Studierenden ermöglicht. Dieses Konzept erwies sich als erfolgreich, verbreitete sich weltweit und ließ in den folgenden anderthalb Jahrhunderten ähnlich ausgerichtete Universitäten entstehen. So wurde die Berliner Alma mater die "Mutter aller Universitäten". Humboldt trug seine Vorstellungen dem König am 24. Juli 1809 in einer Denkschrift vor und bat ihn, die Errichtung einer Universität in Berlin und die Verbindung der dort schon existierenden wissenschaftlichen Institute und Sammlungen mit derselben förmlich beschließen zu wollen. Die neue Universität sollte so viele Domänen als nötig und ein sicheres Einkommen von 150 000 Reichstalern erhalten und ihren Sitz im Palais des 1802 verstorbenen Prinzen Heinrich von Preußen, eines jüngeren Bruders König Friedrichs II., des Großen, nehmen. Der König wurde gebeten, Güter und Gebäude "auf ewige Zeiten hinaus" in das Eigentum der Universität zu geben.

Dass man in der preußischen Haupt- und Residenzstadt gut studieren kann und ein Abschluss großes Ansehen genießt, sprach sich im frühen 19. Jahrhundert schnell herum. Zum guten Ruf trugen Professoren wie Georg Friedrich Wilhelm Hegel (Philosophie), Karl Friedrich von Savigny (Jura), August Boeckh (Klassische Philologie), Christoph Wilhelm Hufeland (Medizin) und Albrecht Daniel Thaer (Landwirtschaft) bei. Das erste Studienjahr begann mit 256 Studenten und 52 Lehrenden, doch schon bald schwollen diese Zahlen an. In einem Berlin-Lexikon von 1834 wurden schon 88 Professoren und Dozenten und über 2000 Studenten erwähnt, nach damaligem Brauch alles männliche Personen, hinzu kamen knapp 500 Personen, die als Hörer an Vorlesungen teilnahmen. Gegliedert war die neue Universität in die vier klassischen Fakultäten Jura, Medizin, Philosophie und Theologie, doch schon bald wurde das Ausbildungsprofil den Bedürfnissen der Zeit entsprechend erweitert. So wurde die Universität zum Wegbereiter neuer Natur- und gesellschaftswissenschaftlicher Disziplinen. Diese Entwicklung ist neben den Brüdern Wilhelm und Alexander von Humboldt auch dem an der Universität lehrenden Chemiker August Wilhelm von Hofmann, dem Physiker Hermann von Helmholtz, dessen Denkmal im Ehrenhof der Universität steht sowie den Mathematikern Ernst Kummer, Leopold Kronecker, Karl Theodor Weierstraß sowie den Medizinern Johannes Müller und Rudolf Virchow zu verdanken.

Das günstige Klima an der Alma mater brachte der Alma mater brachte nicht weniger als 29 Nobelpreisträger hervor, unter ihnen befinden sich Albert Einstein, Emil Fischer, Theodor Mommsen, Max Planck und Fritz Haber. An Mommsen und Planck erinnern zwei weitere im Ehrenhof der Universität aufgestellte Standbilder, weitere befinden sich im Umkreis des Hauptgebäudes und im Bereich der Charité, die 2010 auf ihr dreihundertjähriges Bestehen blickt und dieses Jubiläum gemeinsam mit der Humboldt-Universität, der sie angeschlossen ist, begeht.

Braune Verbrecher in weißen Kitteln

Die Berliner Universitätsgeschichte kennt Glanz und Elend, Licht- und Schattenseiten, gute, in die Zukunft weisen Entwicklungen und böse Rückschritte. Erinnert sei an nationalistische und antisemitische Ausfälle nach der Reichsgründung von 1871, die Bücherverbrennung vom 10. Mai 1933 auf dem Opernplatz, der Universität schräg gegenüber, unter Beteiligung johlender Studenten und Dozenten in braunen SA-Uniformen sowie die Ausgrenzung und Verfolgung von jüdischen Professoren und Studierenden während der Zeit des Nationalsozialismus. Denkmäler und Gedenktafeln sowie Stolpersteine im Straßenpflaster Unter den Linden vor dem Eingang erinnern an die Naziopfer. Auf dem Charité Gelände wird daran erinnert, dass sich Ärzte in der Zeit des Nationalsozialismus an unmenschlichen Experimenten an Kranken und Schwachen beteiligt haben. Obwohl dem hippokratischen Eid verpflichtet, haben braune Verbrecher in weißen Kitteln unmenschliche Versuche an KZ-Häftlingen und Kranken angestellt, bei denen viele qualvoll starben.

Den Ärzten in der Charité und an anderen Orten quer durch das Deutsche Reich stand ein großes Reservoir von Opfern der nationalsozialistischen Blutjustiz zu Gebote, und sie erwarben "wissenschaftlichem Lorbeer" durch die Untersuchung solcher frisch vom Schafott oder dem Galgen angelieferten Leichen. Nach dem Ende des NS-Staates haben solche Ärzte ihre Experimente als Dienst an der Menschheit erklärt und verharmlost. Den meisten ist nach dem Ende der NS-Diktatur nichts geschehen. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren Lehre und Forschung an der Humboldt-Universität nicht frei, weshalb sich viele Professoren und Studenten der Knebelung durch das SED-Regime entzogen und 1948 die Freie Universität im Westteil der Viermächtestadt Berlin gründeten.

25. Januar 2020

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