Melancholiker auf dem Thron
Gedenkblatt zum 250. Geburtstag des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III. am 3. August 2020



Von seinem Großonkel Friedrich II., dem Großen, geprägt, pflegten Friedrich Wilhelm III. und Luise ein vorbildliches, nahezu bürgerlich zu nennendes Familienleben, das ihnen und ihren Kindern half, existenziell bedrohliche Gefahren zu überstehen.



Im barocken Kabinettshaus am Potsdamer Neuen Markt wurde Friedrich Wilhelm III. vor 250 Jahren, am 3. August 1770, als Sohn des späteren Königs Friedrich Wilhelm II. geboren.



Friedrich Wilhelm III. und Luise sowie Zar Alexander I. von Russland schwören am Sarg Friedrichs des Großen in der Potsdamer Garnisonkirche einander ewige Freundschaft und Waffenbrüderschaft. Der fünfte Preußenkönig regierte ungewöhnlich lange von 1797 bis 1840 und wurde 71 Jahre alt.



Die Silbermedaille von 1793 feiert des Kronprinzen die Hochzeit mit Luise von Mecklenburg-Strelitz.



Friedrich Wilhelm III. war von der Doppelstatue der Prinzessinnen Luise und Friederike wenig begeistert, ja er fand sie "fatal". Johann Gottfried Schadows Meisterwerk ist eine Ikone klassizistischer Bildhauerkunst und findet in der Alten Nationalgalerie auf der Berliner Museumsinsel viele Bewunderer.



Die farbige Grafik aus der Zeit um 1900 zeigt den König von Preußen bei der Beratung über Reformen im Lande mit seinen zivilen und militärischen Ratgebern. Der zweite von rechts ist Karl vom und zum Stein.



Das Bild auf dem Porzellanteller in einer Ausstellung des Potsdam-Museums schildert eine Begegnung zwischen dem siegreichen Napoleon I. im Sommer 1807 in Tilsit mit Luise und Friedrich Wilhelm III. von Preußen, der dabei nur eine ihn beleidigende Statistenrolle spielte.





Das in hoher Auflage geprägte Dreimarkstück von 1913 feiert den berühmten "Aufruf an Mein Volk", mit dem Friedrich Wilhelm III. hundert Jahre zuvor in Breslau das Signal zum Befreiungskrieg gab. Auf der Rückseite bekämpft der preußische Adler das als Schlange symbolisierte napoleonische Frankreich. Die Rolle, die der König von Preußen in den Befreiungskriegen spielte, wurde als Heldentat verklärt, dabei war es das Volk, das die Freiheit erkämpft hatte.



Für das Berliner Kreuzbergdenkmal sowie die neogotisch gestalteten Pyramiden in Dennewitz und in Großbeeren hat Karl Friedrich Schinkel die Entwürfe gezeichnet. Gegossen wurden die Monumente in der Königlichen Eisengießerei Berlin. Die Figuren stellen Figuren mit den Köpfen von Vertretern der Hohenzollernfamilie und von berühmten Militärs symbolisieren siegreiche Schlachten. Die 1810 verstorbene Königin Luise von Preußen erinnert an die Schlacht von Paris und den Einzug der Verbündeten in die französische Hauptstadt. (Fotos/Repros: Caspar)

Die Schlacht von Jena und Auerstedt am 14. Oktober 1806 war ein Wendepunkt in der preußischen Geschichte. Soldaten König Friedrich Wilhelms III. und seines sächsischen Waffenbruders Friedrich August III. unterlagen dem französischen Heer. Kurz darauf besetzte Kaiser Napoleon I. Berlin und dekretierte im königlichen Schloss die gegen England, seinem Hauptfeind, gerichtete Kontinentalsperre. Nachdem sich die Sachsen auf die Seite der Franzosen schlugen, sannen der preußische König und sein Verbündeter Zar Alexander I. von Russland auf Revanche. Doch war beiden Monarchen das Kriegsglück nicht hold, und so sahen sich der Russe und der Preuße gezwungen, im Sommer 1807 mit Frankreich in Friedensverhandlungen einzutreten. Sie fanden in Tilsit an der preußisch-russischen Grenze statt und verliefen für den mit einigem Landgewinn bedachten Zaren günstig, hatten aber für Preußen katastrophale, am Ende aber dann doch segensreiche Folgen.

Der vor 250 Jahren, am 3. August 1770, im Potsdamer Kabinetthaus am Neuen Markt geborene Friedrich Wilhelm III. wurde von seinem Großonkel, König Friedrich II., dem Großen, in puncto Pflichtbewusstsein und Prinzipientreue erzogen und versuchte, diese Tugenden durchzusetzen, als er 1797 als Nachfolger seines wegen seines Lotterlebens und Günstlingswirtschaft und zudem auch in den Kriegen gegen das revolutionäre Frankreich unglücklich agierenden Vaters Friedrich Wilhelm II. antrat. Er sah sich nach 1806/7 zu den nach den Politikern Stein und Hardenberg genannten Reformen gezwungen, die ihm unter normalen Umständen nie in den Sinn gekommen wären. Durch den Frieden von Tilsit büßte er die Hälfte seines Landes und seiner Untertanen ein, und sein Heer wurde von 200 000 auf 42 000 Mann reduziert. Preußen musste Kontributionen in Höhe von 120 Millionen Francs, das waren 42 Millionen Taler, an Frankreich zahlen. Solange die Schuld nicht bezahlt war, blieben die Besatzer im Land. Um den Kaiser der Franzosen bei den Friedensverhandlungen freundlich zu stimmen, versuchte Luise, bei Napoleon I. günstige Friedensbedingungen erwirken. Doch ihre tränenreichen Bitten zogen nicht, des siegreichen Kaisers Entschluss "So muss ich es Preußen unmöglich machen, je etwas gegen die Interessen Frankreichs zu unternehmen" stand fest.

König sah sich zu Reformen genötigt

Der halbierte Hohenzollernstaat sank zu einer Mittelmacht herab, raffte sich aber zu ungewöhnlichen Neuerungen auf. Das war nicht einfach zu bewerkstelligen. Friedrich Wilhelm III. wird als etwas linkischer, sprachgehemmter Mensch geschildert, als ein Melancholiker auf dem Thron und ein Mann, der sich ungern zu Entschlüssen aufraffte. Als Kronprinz hatte er 1793 die Prinzessin Luise von Mecklenburg-Strelitz kennengelernt und war sofort Feuer und Flamme. 1794 fand in Berlin eine Doppelhochzeit statt. Friedrich Wilhelm und sein Bruder Ludwig ehelichten Luise und ihre Schwester Friederike, zwei als liebreizend geschilderte junge Damen, die der Bildhauer Johann Gottfried Schadow durch sein in der Berliner Nationalgalerie ausgestelltes Doppelstandbild aus Marmor unsterblich machte. 1797 auf den preußischen Thron gelangt, führten Friedrich Wilhelm III. und Luise eine für die damalige Zeit und dazu noch in diesen exklusiven Kreisen ungewöhnlich harmonische Ehe, aus der zehn Kinder hervor gingen. Der älteste Sohn folgte seinem Vater 1840 als Friedrich Wilhelm IV. auf dem preußischen Thron, dessen Bruder Wilhelm I. wurde 1861 König und zehn Jahre später deutscher Kaiser. Als Luise am 19. Juli 1810 in Hohenzieritz, dem Sommersitz ihres Vaters zwischen Neustrelitz und Neubrandenburg, mit nur 34 Jahren an einer Lungenentzündung starb, waren ihr Mann, die Kinder und viele Untertanen untröstlich. Als "preußische Madonna" avancierte die schöne Luise zum Leitstern vieler Soldaten und Zivilisten in den Befreiungskriegen, und sie führte als Heldin in Romanen und nach 1900 auch in Filmen ein heroisches, leider oft verkitschtes Nachleben.

Viele gute Reformideen, die schon vor der preußischen Staatskrise von 1806/7 diskutiert, aber nicht verwirklicht wurden, kamen unter dem Druck der Verhältnisse wieder auf den Tisch. Friedrich Wilhelm III. und ein großer Teil des preußischen Adels mussten den Neuerungen zähneknirschend zustimmen, denn mit den absolutistischen Herrschaftsmethoden wie unterm "Alten Fritz", seinem Großonkel Friedrich II., konnte der König sein Land nicht aus der Staats- und Finanzkrise herausführen. Die Minister Karl Reichsfreiherr vom und zum Stein und August Freiherr von Hardenberg, der Diplomat und Bildungspolitiker Wilhelm von Humboldt, der General Gerhard von Scharnhorst, der Agrarreformer Albrecht Daniel Thaer und andere weitblickende Persönlichkeiten konnten den zögerlichen und ängstlichen Monarchen von der Notwendigkeit überzeugen, alte Zöpfe abzuschneiden und den friderizianischen Ständestaat von feudalen Fesseln zu befreien und ihn politisch, wirtschaftlich und kulturell fit für eine neue Zeit zu machen.

Hier die Theorie, dort die Praxis

Am Anfang der preußischen Erneuerungsbestrebungen stand das am 9. Oktober 1807 in Memel verkündete "Edikt, den erleichterten Besitz und den freien Gebrauch des Grundeigenthums so wie die persönlichen Verhältnisse der Land-Bewohner betreffend". Darin drückte der König seine Sorge um den "gesunkenen Wohlstand" seiner Untertanen aus und kündigte an "alles zu entfernen, was den Einzelnen bisher hinderte, den Wohlstand zu erlangen, den er nach dem Maaß seiner Kräfte zu erreichen fähig war". Wichtig waren die Paragraphen 11 und 12, nach denen "das bisherige Unterthänigkeits-Verhältniß derjenigen Unterthanen und ihrer Weiber und Kinder, welche ihre Bauergüter erblich oder eigenthümlich, oder Erbzinsweise, oder Erbpächtlich besitzen" aufhören soll. Darüber hinaus wurde angeordnet, dass ab 1810 alle Gutsuntertänigkeit in Preußen beendet ist. "Nach dem Martini-Tage 1810 giebt es nur freie Leute, so wie solches auf den Domainen in allen Unsern Provinzen schon der Fall ist, bei denen aber, wie sich von selbst versteht, alle Verbindlichkeiten, die ihnen als freien Leuten vermöge des Besitzes eines Grundstücks, oder vermöge eines besonderen Vertrages obliegen, in Kraft bleiben." Mit anderen Worten sollte laut Oktoberedikt die elende "Erbuntertänigkeit" beendet sein, die es den Gutsbesitzern erlaubte, über die von ihnen abhängigen, besitzlosen Personen schalten und walten zu können, wie es ihnen beliebte, über Heiratswünsche zu befinden und ein Abwandern der Leibeigenen in die Stadt zu verhindern.

Der von Karl vom Stein nach vielen Diskussionen mit dem König formulierte Text hörte sich in der Theorie gut an, hatte in der Praxis aber viele Pferdefüße. Einer war, dass besser situierte Bauern sofort frei kommen, während Mittellose erst später aus der Erbuntertänigkeit entlassen werden sollten. Das Oktoberedikt erlaubte adligen Gutsbesitzern, den Beruf zu wechseln und "bürgerlichen" Tätigkeiten, etwa als Kaufleute oder Fabrikanten, nachzugehen. Umgekehrt konnten Personen aus dem Bürgertum Rittergüter kaufen und sich als Landwirte betätigen. Hier taten sich neue Konkurrenzverhältnisse auf, und der Ton in den Städten und Dörfern wurde schärfer. Denn selbstverständlich verlief die Umsetzung des Oktoberedikts nicht ohne Widerstand. Vor allem die ängstlich um ihre Machtpositionen und wirtschaftliche Lage besorgten Gutsbesitzer schrieen Zeter und Mordio und versuchten, den königlichen Erlass geheim zu halten. Als das nicht möglich war, verlangten sie von ihren bisherigen Leibeigenen Entschädigungen für verloren gegangene Arbeitskraft und ließen sich von ihnen für viel Geld Grund und Boden abkaufen. Wer nicht zahlen konnte, und das waren die meisten von den Neuerungen begünstigen Personen, musste weiterhin für die Gutsherrschaft zu erbärmlichen Bedingungen schuften oder stürzte sich in hohen Schulden, an denen nachfolgende Generationen noch abzuzahlen hatten. Wenn gelegentlich Widerstand gegen auch nach der Verkündung des Oktoberedikts auf der bäuerlichen Bevölkerung lastende Unrecht aufflackerte, setzte der König Truppen ein, um örtliche Rebellionen mit Waffengewalt niederzuschlagen. Viele Bauern verließen ihre Scholle, zogen als Landarbeiter umher, verdingten sich in den Städten als Tagelöhner oder Handwerker oder wanderten aus.

Staatseinnahmen unbedingt verbessern

Das Oktoberedikt, die Militärreform, die Städteordnung und die anderen Maßnahmen, die dem preußischen Desaster von 1806/07 folgten, wurden nicht aus reiner Menschenfreundlichkeit erlassen, sondern folgten vor allem ökonomischen und politischen Zwängen. In der um die Hälfte geschrumpften Monarchie waren die Haupteinnahmequellen aus den königlichen Domänen beziehungsweise aus Steuern und Akzisen in sich zusammengebrochen. Mittel und Wege mussten gefunden werden, die landwirtschaftliche Produktion zu steigern und den allgemeinen Wohlstand zu heben. Hungerrevolten und die Verlängerung des französischen Besatzungsregimes wollte Friedrich Wilhelm III. auf keinen Fall dulden, weshalb er alles tat, um die Staatseinnahmen aufzubessern, selbst um den Preis von Veränderungen der Eigentums- und Besitzverhältnisse auf dem Lande.

Ziel der nach Stein und Hardenberg benannten Reformen war die Straffung der verknöcherten Verwaltung, die Mitwirkung des wohlhabenden Teils der Bevölkerung an der Gestaltung der kommunalen Verhältnisse sowie die allgemeine Wehrpflicht und die Beseitigung der menschenunwürdigen Militärstrafen. Darüber hinaus stand die Hebung des allgemeinen Bildungs- und Kulturniveaus auf der Tagesordnung. Diesbezügliche Bestrebungen gingen von Wilhelm von Humboldt aus. Er konnte den König dazu bewegen, 1810 in Berlin als Ersatz für die durch den Frieden von Tilsit verloren gegangenen Universitäten in Halle an der Saale und Duisburg auf Anraten des Bildungspolitikers und Sprachforschers Wilhelm von Humboldt eine neue Alma mater zu stiften, die in den vergangenen 220 Jahren großes Ansehen erlangte und als Humboldt-Universität weltweit bekannt und geachtet wird.

Ungewöhnliche Sprache im Aufruf "An Mein Volk"

Die Reformpolitik ebnete den Weg zu den Befreiungskriegen, die offiziell mit dem berühmten Aufruf "An Mein Volk" begann, den König Friedrich Wilhelm III. am 17. März 1813 in Breslau verkündete. Der Monarch hatte sich nach langem Zögern und erst auf Drängen seiner Berater dazu entschlossen, seine Untertanen zum Volkskrieg gegen die Franzosen aufzurufen. Ihn schauderte bei dem Gedanken, dass diese zu den Waffen greifen und diese möglicherweise gegen ihn selber richten könnten. Mit dem dramatischen Appell betrat der König Neuland. Noch nie hatte sich ein Hohenzoller mit einer fast in bittendem Ton gehaltenen Rede an seine Untertanen gewandt. Denn bisher hagelte es von oben nur Befehle, und es hieß stets "Ordre parieren".

Dem König von Preußen dürfte ein Appell mit diesen Worten nicht leicht gefallen sein: "Wir erlagen der Uebermacht Frankreichs. Der Friede, der die Hälfte Meiner Unterthanen mir entriss, gab uns seine Segnungen nicht; denn er schlug uns tiefere Wunden als selbst der Krieg. Das Mark des Landes ward ausgesogen, die Hauptfestungen bleiben vom Feinde besetzt, der Ackerbau ward gelähmt, sowie der sonst so hoch gebrachte Kunstfleiß unserer Städte. Die Freiheit des Handels ward gehemmt und dadurch die Quellen des Erwerbs und des Wohlstandes verstopft. Das Land ward ein Raub der Verarmung. Durch die strengste Erfüllung eingegangener Verbindlichkeiten hoffte Ich Meinem Volk Erleichterung zu bereiten, und den französischen Kaiser endlich überzeugen, daß es sein eigener Vortheil sey, Preußen seine Unabhängigkeit zu lassen. Aber Meine reinsten Absichten wurden durch Uebermuth und Treulosigkeit vereitelt, und nur zu deutlich sahen wir, daß des Kaisers Verträge mehr noch wie seine Kriege uns langsam verderben mussten." Jetzt sei der Augenblick gekommen, fuhr der König fort, wo alle Täuschung über unseren Zustand aufhört. "Brandenburger, Preußen, Schlesier, Pommern, Litthauer! Ihr wisst, was Ihr seit fast sieben Jahren erduldet habt; Ihr wisst, was euer trauriges Loos ist, wenn wir den beginnenden Kampf nicht ehrenvoll enden. Erinnert Euch an die Vorzeit, an den großen Kurfürsten, den großen Friedrich. Bleibt eingedenk der Güter, die unter Ihnen Unsere Vorfahren blutig erkämpften: Gewissensfreiheit, Ehre, Unabhängigkeit, Handel, Kunstfleiß und Wissenschaft. - Gedenkt des großen Beispiels unserer mächtigen Verbündeten, der Russen; gedenkt der Spanier, der Portugiesen. Selbst kleinere Völker sind für gleiche Güter gegen mächtigere Feinde in den Kampf gezogen und haben den Sieg errungen. Erinnert Euch an die heldenmüthigen Schweizer und Niederländer." Große Opfer würden von allen Ständen gefordert, und nicht gering die Zahl und die Mittel unserer Feinde, fuhr der König fort. Dies sei der letzte, entscheidende Kampf für unsere Existenz, unsere Unabhängigkeit, unsern Wohlstand. Es gebe keinen anderen Ausweg als einen ehrenvollen Frieden oder einen ruhmvollen Untergang, "weil ehrlos der Preuße und der Deutsche nicht zu leben vermag." Dieser Satz wurde zum geflügelten Wort und ist später immer wieder bei ähnlichen patriotischen Appellen verwendet worden. Wie sich bald herausstellte, verweigerte Friedrich Wilhelm III. nach den siegreichen Befreiungskriegen seinen Untertanen die zuvor versprochene Mitbeteiligung an der Politik. Eisern hielt er am feudalen Ständestaat fest und ließ freiheitliche Regungen im Bürgertum und an den Universitäten mit Gewalt unterdrücken.

Verfassungsversprechen gebrochen

Im Ergebnis der Befreiungskriege stand das Reich der Hohenzollern mächtiger denn je dar und spielte im Konzert der europäischen Völker eine wichtige Rolle. Wie groß war die Enttäuschung, als er sich nach dem Sieg über Frankreich weigerte, die versprochene Verfassung zu erlassen und dem "Volk" einen Zipfel der Macht in die Hände zu geben. Stattdessen schloss sich Preußen mit Russland und Österreich 1815 zur Heiligen Allianz und 1819 im Rahmen der Karlbader Beschlüsse mit dem Ziel zusammen, Freiheitsbestrebungen in Preußen, Deutschland und Europa mit Waffengewalt zu unterdrücken und Oppositionelle in den Kerker zu werfen. Diese Politik brutaler Repression einschließlich der Unterdrückung der freien Presse und widerständigen Geistes stand im merkwürdigen Kontrast zum Aufblühen von Kunst und Kultur, Handwerk und Gewerbe. Die Reformen waren gut gemeint, ihre Verwirklichung aber ließ nach den Befreiungskriegen auf sich warten. Denn als Friedrich Wilhelm III., einer ihrer Gewinner, und seine Kamarilla wieder fest im Sattel saßen, unterdrückten sie alles, was nach Beteiligung des Volkes an den öffentlichen Dingen sowie Freiheit und Gleichheit roch.

Nach den Befreiungskriegen wurden in Preußen, und nicht nur dort, Denkmäler zur Erinnerung an Schlachten und gefallene Soldaten errichtet. Für Kirchgemeinden, Städte, Dörfer und patriotische Vereine war es eine Ehrensache, Geld für Gedenksteine und Erinnerungssäulen zu sammeln, schließlich wollten die Hinterbliebenen auf ihnen wenigstens die Namen derer lesen, die für Gott, König und Vaterland auf dem "Feld der Ehre" geblieben sind, wie man die Schlachtfelder nannte. Viele Monumente sind mit dem 1813 von Friedrich Wilhelm III. gestifteten Eisernen Kreuz geschmückt.

Ehrensäulen für Helden der Befreiungskriege

Der König ließ für die Helden der Befreiungskriege an prominenten Schlachtenorten Ehrensäulen nach Entwürfen seines obersten Baumeisters Karl Friedrich Schinkel aufstellen. Dessen Plan, in Berlin einen Dom der Befreiung und andere großartige Denkmäler zu errichten, wurde nicht ausgeführt. Hingegen steht seit 1821 auf dem Berliner Kreuzberg das neogotische Kreuzbergdenkmal zur Erinnerung an die Befreiungskriege. Die in Nischen aufgestellten Symbolfiguren der von Preußen siegreich bestandenen Schlachten tragen die Gesichtszüge von Angehörigen des Hauses Hohenzollern und von bedeutenden preußischen Feldherren.

Die Neue Wache Unter den Linden, heute zentrale Gedenkstätte der Bundesrepublik Deutschland zur Erinnerung an die Opfer der Kriege und Gewaltherrschaft, und die Berliner Schlossbrücke besitzen mit ihren Heldenbildern ebenfalls Denkmalcharakter. Der klassizistische Figurenschmuck erinnert an Kampf und Sieg, Leben, Tod auf dem Schlachtfeld und Aufnahme in den Olymp der Unsterblichen. Erhalten sind neogotisch gestaltete Ehrensäulen zur Erinnerung an die Schlachten von Dennewitz am 6. September 1813 (Landkreis Teltow-Fläming), von Großgörschen am 2. Mai 1813 (Landkreis Weißenfels-Querfurt, Sachsen-Anhalt) und von Wartenburg am 3. Oktober 1813 (Landkreis Wittenberg, Sachsen-Anhalt) errichtet.

3. April 2020

Zurück zur Themenübersicht "Geschichte, Zeitgeschichte, Ausstellungen"