Prächtige Panoramen
Dresdner Münzkabinett zeigt in neuer Sonderausstellung Stadtbilder aus Deutschland und Europa





Wilhelm Hollstein, Kathleen Dittrich und Rainer Grund freuen sich auf viele Besucher in der ständigen Ausstellung des Dresdner Münzkabinetts und der Sonderschau nebenan, in der unter anderem eine Gussmedaille aus Weißmetall von Peter Götz Güttler von 1981 auf 775 Jahre Dresden gezeigt wird.



Unter den Prunkstücken der Sonderausstellung ragt die Goldmedaille der Stadt Danzig von 1754 auf die Dreihundertjahrfeier des Abfalls der Stadt vom Deutschen Ritterorden heraus. Die mit einer prächtigen Stadtansicht geschmückte Medaille gibt es in der 279, 28 schweren und 80,7 mm großen Goldausführung nur einmal und zwar nur im Dresdner Münzkabinett.



Von Christian Wermuth 1702 geschaffen, feiert die Medaille die Einführung der Straßenlaterne in Leipzig unter dem Motto "Leipzig steckt Laternen an, dass man nette sehen kann."



Die in der Dauerausstellung gezeigte Medaille von Raimund Faltz aus dem Jahr 1700 Berlin in der Vogelperspektive dar und zeigt sie von einem Festungskranz geschützt. Außerhalb der Mauern sind die kurfürstlichen Neustädte gut zu erkennen. Die Medaille von Raimund Faltz mit Herkules im Garten der Hesperiden verlieh die im Jahr 1700 gegründete Preußische Akademie der Wissenschaften an verdiente Gelehrte.



Eisleben war so stolz auf seinen Sohn Martin Luther, dass die Stadt 1661 einen Taler mit seinem Bildnis und der Stadtansicht prägen ließ.



Die von Friedrich Wilhelm Hörnlein geschaffene Medaille von 1944 (rechts), zeigt Dresden vor der Zerstörung im Februar 1945.



Unter dem Schatten der göttlichen Flügel lässt es sich gedeihlich leben, geben die Taler aus Nürnberg, Hamburg und Frankfurt am Main zu verstehen. Dass es dort und an anderen Orten zum Teil heftige soziale Kämpfe gab und viele Städte in Kriegshandlungen verwickelt waren, muss man sich bei ihrem Anblick dazu denken.



Zahlreiche Geldscheine des 20. Jahrhunderts sind mit Stadtansichten geschmückt, hier Ausgaben aus Salzburg von 1920 mit





Der von den Wettinern zu feierlichen Anlässen getragene und auf ihren Münzen und Medaillen abgebildete Kurhut kann mit weiteren Hinterlassenschaften einschließlich der Krönungsinsignien Augusts des Starken und zahlloser Harnische und Waffen in der Rüstkammer und den Paraderäumen des Schlosses auf dem Weg ins Münzkabinett betrachtet werden. (Fotos: Caspar)

Im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation besaßen große und kleine Fürsten und Städte das einträgliche und mit viel Prestige verbundene Münzrecht. Sie schmückten ihre Münzen und Medaillen mit Wappenschildern, allegorischen Figuren und prächtigen Panoramen, verbunden mit viel Selbstlob und frommen Sprüchen. Die metallnen Miniaturen sind beliebte Sammelstücke, die in der numismatischen Literatur gut aufgearbeitet sind und vom Handel regelmäßig angeboten werden. Das Münzkabinett der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden zeigt bis zum 24. Januar 2021 anschließend an seine von der Antike bis zur Gegenwart reichenden Dauerausstellung die Sonderschau "Stadtbilder Europas - Ansichten von Städten auf Münzen, Medaillen und Papiergeld". Vorangegangen war an gleicher Stelle eine Ausstellung zur fünfhundertjährigen Geschichte der Kollektion, der ältesten der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden.

Kabinettdirektor Rainer Grund wies bei der Eröffnung der neuen Ausstellung darauf hin, dass im Dresdner Schloss mit 3300 Objekten nur ein Prozent dessen gezeigt werden kann, was das Dresdner Münzkabinett an Zeugnissen der Münz-, Medaillen- und Geldgeschichte besitzt. "Wir greifen in unseren Sonderschauen bestimmte Themen heraus um zu zeigen, welche Schätze sich in unserer Sammlung befinden. Diesmal zeigen wir Stadtansichten auf Münzen und Medaillen, die seit dem 16. Jahrhundert beliebt wurden, und stellen sie gedruckten Panoramen aus dem Kupferstichkabinett gegenüber. So kann man sehen, welcher Vorlagen sich die Stempelschneider bedient haben und wie sie die Stadt- und Gebäudeansichten in das enge Rund einer Münze und Medaille gebannt haben. Ergänzt wird die Schau durch eine kleine Auswahl von Geldscheinen, auf denen historische Stadtlandschaften und einzelne Gebäude effektvoll abgebildet sind. Wir wollen mit dieser Ausstellung zeigen, was Städte und Regionen verbunden hat und wie sie einander inspiriert und voran gebracht haben."

Spannende Reise durch die Zeit

Mit seiner Sonderausstellung lädt das Münzkabinett, aus seinem reichen Fundus schöpfend, die Besucher zu einer spannenden Reise durch 400 Jahre europäischer Geschichte ein. Die von Wilhelm Hollstein und Kathleen Dittrich kuratierte Dokumentation korrespondiert mit der Dauerausstellung ein paar Schritte weiter, in der das Münzkabinett auch geprägte Stadt- und Gebäudeansichten präsentiert. Farbig markierte Beschreibungen verweisen dort auf das nebenan in den milde beleuchteten Vitrinen ausgebreitete Material. Da von den Stücken immer nur eine Seite gezeigt werden kann, besteht die Möglichkeit, sie als Fotografien beidseitig und ganz groß an einem Monitor zu betrachten und einiges über die Hintergründe zu erfahren, die zur Ausgabe des jeweiligen Stücks geführt haben.

Vertreten sind in der Sonderschau zahlreiche deutsche und europäische Städte. Alle haben im Laufe der Jahrhunderte ihr "Gesicht" signifikant verändert, nicht immer lassen sich einzelne Gebäude klar identifizieren. Zunächst in der Renaissance auf Medaillen, später auf Talern und anderen hochwertigen Münzen sind Bauwerke aller Art als Zeugnisse europäischer Architektur und Lebensweise eindrucksvoll abgebildet. Anlässe sind Stadt- und Universitätsjubiläen, die Veranstaltung von Reichstagen, Handel und Wandel, aber auch Katastrophen wie Brände und Überschwemmungen. Da und dort fliegen Kanonenkugeln in belagerte Städte, und es wird auch gezeigt, wie Bauern auf dem Ackerland davor friedlich ihrer Arbeit nachgehen oder Händler sich mit Pferdefuhrwerken den Märkten nähern. Ein wichtiges Motiv für Städte und Fürstentümer, sich selbstbewusst auf Münzen und Medaillen zu präsentieren, waren die Luthersche Reformation und ihre Folgen. Die zu Jubiläen des Thesenanschlags von 1517 geprägten Münzen und Medaillen sind kaum zu überschauen, und manche kombinieren das Bildnis des streitbaren Theologen mit einer eindrucksvollen Stadtansicht. Präzise Wiedergabe der Wirklichkeit

Um den Ansichten Tiefe und Bedeutung zu geben, hat man die Panoramen mit allegorischen Figuren geschmückt und auch die Bereiche vor der Stadt ins Bild einbezogen. Viele bedeutende, aber auch weniger bekannte Städte und Residenzen haben sich auf diese Weise haltbar in Gold und Silber in verschiedenen Perspektiven und Darstellungsformen verewigt. Die Ausstellungsgestalter betonen, dass sich Kirchen, Rathäuser und Residenzen auf den Münzen und Medaillen zumeist gut identifizieren lassen. Sie vermitteln Einsichten in das wirtschaftliche und soziale Leben einzelner Kommunen und lassen erkennen, wie das Umland beschaffen war.

Den Stempelschneidern standen außer dem eigenen Augenschein Stiche, Holzschnitte und Gemälde zur Verfügung. Sofern es sich um Städte mit einem Hafen oder solche an einem Fluss handelte, war es nur natürlich, dass man diese gute Lage auch durch Schiffe verdeutlichte, die sanft im Wasser wiegen. Frankfurt am Main, Hamburg, Regensburg und andere am Wasser gebaute Städte glänzen mit Panoramen, die effektvoll Gebäude mit dem Meer oder einem Fluss und Schiffen darauf kombinieren. Das Motiv deutet weitreichende Handelsbeziehungen an, die vor allem auf dem Wasserweg kostengünstig und schnell vonstatten gingen. Auch Köln ließ es sich nicht nehmen, seine Gebäude einschließlich des damals noch unvollendeten Doms auf prachtvollen Münzen vom Rhein aus gesehen darzustellen. Mit prachtvollen Stadt- und Gebäudeansichten haben auch Augsburg, Bamberg, Basel, Berlin, Breslau, Dresden, Freiberg, Kopenhagen, Magdeburg, Mainz, Nürnberg, Riga, Thorn, Venedig und viele andere Städte auf sich aufmerksam gemacht. Kommen solche Veduten auf zahlreichen deutschen Talern und andern Münzen vor, so fällt auf, dass in anderen Ländern wie England, Frankreich und Russland diese Möglichkeit der numismatischen Selbstdarstellung nicht oder nur spärlich genutzt wurde.

Die andere Seite der Medaille

Das Bedürfnis, Städte mit ihren Panoramen ins enge Rund der Münze und Medaille zu bringen, hängt mit der bürgerlichen Emanzipation und dem Interesse der Städter zusammen, sich gegenüber der Feudalherrschaft und den Begehrlichkeiten der Fürsten in ihrem Umland zu behaupten. Viele ehemalige Leibeigene siedelten sich in den seit dem Mittelalter wie Pilze aus dem Boden schießenden Städten an, hinzu kamen Menschen, die ihren Grundherren entflohen waren. In den Städten waren die ehemaligen Leibeigenen unauffindbar, und auf sie trifft der Spruch "Stadtluft macht frei" durchaus zu. Da Münzen zum Teil weite Verbreitung außerhalb ihres eigentlichen Geltungsbereichs fanden, erhofften die Städte von ihren eigenen Geprägen Werbeeffekte.

Fürsten brillierten mit geprägten Veduten, etwa wenn eine Krönung oder Huldigung, die Geburt eines Thronfolgers und weitere wichtige Ereignisse zu feiern waren. Ebenfalls entstanden im Zusammenhang mit Kriegen, Belagerungen und Friedensschlüssen sehenswerte Stadt- und Gebäudeansichten. Die ganze Elite der damaligen Stempelschneidekunst hat sich mit diesen Prachtstücken ein Denkmal gesetzt, und auch heutige Künstler bereichern das Thema durch ungewöhnliche, in einer speziellen Vitrine versammelte Arbeiten. Diese Belege zu sammeln, ist eine reizvolle, nicht ganz leichte Aufgabe, die tiefe Einsichten in längst vergangene Zeiten vermittelt.

Dass es auch in den Städten ein streng reglementiertes Oben und Unten gab, dass in den engen Gassen und den kleinen Häusern Hunger zuhause war und Krankheiten grassierten und bei Epidemien viele Menschen starben, dass auf der einen Seite Patrizier und reiche Kaufleute ein wahrhaft fürstliches Leben führten und auf der anderen Seite Bettler und Kranke vor Kirchen und Bürgerhäusern um Almosen baten und die Hospitäler überfüllt waren, sollte beim Anblick der edel gestalteten Prägungen nicht übersehen werden. Auf der anderen Seite sei daran erinnert, dass in den Städten Handwerker, Kaufleute, Künstler und Gelehrte tätig waren, die die Gesellschaft wirksam voran brachten und ihren Weg in die Moderne ebneten.

Für die Kurfürsten und Könige von Sachsen war die Pflege der Münzsammlung stets ein besonderes Anliegen. Sie verstärkte Sachsens Glanz und den der dort herrschenden Wettiner und deren Reichtum. Um den Bestand zu vergrößern, schickten die Kurfürsten und Könige Emissäre in alle Himmelsrichtungen aus. Sie sorgten für eine angemessene Aufstellung im Dresdner Schloss beziehungsweise ab Mitte des 18. Jahrhunderts im Taschenbergpalais und im Japanischen Palais, wo ein Museum Sa-xonicum eingerichtet wurde. 1743 hatte Kurfürst Friedrich August II., als König von Polen August III., die seit dem frühen 16. Jahrhundert angelegte Münz- und Medaillensammlung seinem Sohn, Kurprinz Friedrich Christian von Sachsen, übertragen, der sie mit Freude und Eifer weiter ausbaute.

15. Februar 2020

Zurück zur Themenübersicht "Münzen und Medaillen"