Münzen werben für Bonaparte-Clan
Nach dem Sturz des Kaisers der Franzosen erschienen Thronprätendenten auf geprägtem Metall, und auch sonst kommen Fantasy-Münzen vor



Der von den Bonapartisten favorisierte Thronprätendent Napoleon IV. aus der Familie von Kaiser Napoleon III. ist auf einem als ESSAIE (Versuch, Probe) deklarierten Fünf-Francs-Stück von 1874 abgebildet.







Offiziell nie in den Geldverkehr gelangten diese beiden Probemünzen zu fünf Francs mit den Porträts von Marschall Mac Mahon und Léon Gambetta. Dieses Stück trägt die ins Deutsche übersetzte, etwas hochstaplerische Inschrift "Die Franzosen sind unangreifbar".

Nicht alle Münzen mit offiziellem Charakter wurden ttasächlich im Auftrag eines Staates oder einer zur Prägung von eigenem Geld berechtigten Stadt hergestellt, sondern sind private Stücke, man könnte auch sagen Machwerke. Aufgabe dieser Fantasy-Münzen und Propagandaprägungen war es, für eine Person oder ein politisches Ziel zu werben und mit ihnen auch Geld zu verdienen. Manche Stücke wurden zur Täuschung der Sammler angefertigt, die immer nach numismatischen Sonderligen Ausschau halten und bereit sind, für sie viel Geld zu bezahlen. Wer an ihnen Gefallen hat, findet im Bereich der französischen Probe- und Sonderprägungen ein weites Betätigungsfeld. Wie besessen hat man in unserem Nachbarland seit der Renaissance neben den regulären Münzen auch solche hergestellt, die dicker und schwerer als üblich sind und auch ein von der Norm abweichendes Design haben. Die Dickabschläge, auch Piedforts genannt, eigneten sich gut für Geschenkzwecke und waren, wenn sie in Gold ausgeführt wurden, begehrte Wertgegenstände, die man notfalls einschmelzen oder in kurantes Geld umwechseln konnte.

Eine Flut solcher Probemünzen ergoss sich auf die Franzosen im 19. Jahrhundert, etwa als Bonapartisten nicht genehmigte Münzen mit dem Bildnis Napoleons II. herstellten, des niemals auf den Thron gelangten Sohns von Napoleon I. Mit den Propagandamünzen, besser gesagt Propagandamedaillen warben die Hersteller für die Ablösung der 1814/15 wieder an die Macht gelangten Bourbonen. Nach der Entmachtung des 1830 auf den französischen Thron gelangten "Bürgerkönigs" Louis Philippe in der Februarrevolution 1848 gab die Regierung der II. Republik neue Münzen in Anlehnung an die Gepräge aus der Revolutionszeit 1789 und danach heraus. Doch strömten auch zahlreiche als "Essai" deklarierte Probemünzen auf den Markt, die in unterschiedlichen Varianten Marianne feiern, die Symbolfigur des republikanischen Frankreich.

Bourbonen oder Bonaparte

Nach dem Sturz von Kaiser Napoleon III., eines Neffen des ersten Napoleon, wurde Frankreich am 4. September 1870 erneut Republik, die nunmehr dritte. Daraufhin änderte man die Münzbilder und gab statt der Geldstücke mit dem Kopf und Wappen des gestürzten und ins Exil verbannten Monarchen solche mit Marianne-Köpfen und weiteren Motiven aus der Zeit nach 1789 heraus. Monarchisten warben während der III. Republik Probeprägungen nicht nur für Thronprätendenten aus den ehemaligen Herrscherfamilien Bourbon und Bonaparte. Eine solche Münze oder besser gesagt Medaille ehrt Marie Edme Patrice Maurice, Graf von Mac-Mahon, seit 1859 Herzog von Magenta. Der Marschall von Frankreich war als Nachfolger von Adolphe Thiers der zweite Präsident der Dritten Republik. Der Kriegsheld war ein Mann, auf den Anhänger des ehemaligen Königshauses Bourbon sowie klerikale Kreise bezüglich der Restauration der Monarchie und der Wiederherstellung des Einflusses der katholischen Kirche große Hoffnungen setzten. Sie taten das allerdings vergeblich, weil kaum jemand mehr in Frankreich einen König oder Kaiser haben wollte.

Eine andere Prägung erinnert an Léon Gambetta, der am 4. September 1870 mit Jules Favre die Dritte Republik ausgerufen hatte, ihr erster Innenminister und im Auftrag der Regierung der Nationalen Verteidigung den Krieg gegen Preußen und seine Verbündete leitete. Gambetta musste den Waffenstillstand mit dem Feind akzeptieren und ging später als entschiedener Vertreter des Revanchismus gegenüber Deutschland in die Geschichte ein. Der von ihm geprägte Satz: "Toujours y penser, jamais en parler!" ("Immer daran denken, nie davon sprechen!") ging in den internationalen Schatz der geflügelten Wörter ein. Im weitgehend monarchistisch gesinnten Parlament war er der wichtigste Vertreter der kleinen republikanischen Opposition, der Partei der "Radikalen". Zunehmend vertrat er moderatere Positionen und trug wesentlich 1877/1878 zum Sturz des Präsidenten Mac-Mahon bei.

Unterschiede zu den Originalen

Fantasiemünzen liegen in mancher Sammlung, und auch in der numismatischen Literatur werden sie erwähnt. Ab und zu werden vom Münzhandel englische Prägungen angeboten, die entfernt an originale Silbercrowns erinnern. In Forrers "Biographical Dictionary of Medallists" (Band VI, S. 41f.) finden wir den Hinweis auf den englischen Münzgraveur und Münzhändler William Joseph Taylor, der 1850 den Nachlass von Matthew Boulton, dem Besitzer der Soho Mint und Konstrukteur von Prägemaschinen, erwarb. Darunter befanden sich Stempel von Münzen und Medaillen aus der Zeit von 1797 bis 1843. Taylor bearbeitete die Werkzeuge und brachte so genannte Retro-Prägungen heraus. Nach seinem Tod im Jahr 1885 ging die Firma an seine Söhne, die die Werkzeuge 1908 weiter verkauften. Die auch Fantasy Crowns genannten Nachprägungen von Münzen mit dem Brustbild von König Georg III. sollen zwischen 1862 und 1880 hergestellt worden sein.

Schaut man sich die Fantasiemünzen genauer an, dann kann man unschwer Unterschiede zu den Originalen feststellen. In den Angeboten des Münzhandels kommen sie ab und zu vor und richten, da sie als Nachprägungen ausgewiesen sind, keinen Schaden an. Um auf diesem Gebiet Spreu vom Weizen zu trennen, erweist sich die numismatische Fachliteratur als hilfreich, ebenso die Beratung mit Fachleuten in den Münzkabinetten und im Münzhandel. Deshalb können auch russische Fantasiemünzen ebenso wenig Schaden anrichten wie solche mit dem Kopf des deutschen Diktators Adolf Hitler, die nach dem Ende des NS-Regimes und des Zweiten Weltkrieg geprägt wurden. Zu den Fantasy-Crowns gehört dieses Silberstück von 1798 mit dem Kopf von König Georg III. und der auf das Meer blickenden Britannia. Dieser "Taler" aus Mainz ist eine Erfindung des Kupferstechers, Stempelschneiders und Numismatikers Nikolaus Seeländer, der sich in der ersten Hälfte vor allem auf die Fälschung von mittelalterlichen Brakteaten spezialisiert hat. Das Silberstück täuscht vor, als stamme es aus dem frühen 15. Jahrhundert.

10. Januar 2020

Zurück zur Themenübersicht "Münzen und Medaillen"