"Stirb und werde"
Wie es vor 70 Jahren zur Prägung silberner Fünfmarkstücke in der Bundesrepublik Deutschland kam und was aus ihnen wurde



Die silbernen Fünfmarkstücke wurden zwischen 1951 und 1974 in München, Stuttgart, Karlsruhe und Hamburg geprägt, gefolgt vom gleichen Wert aus Magnimat, dessen Prägung im Zusammenhang mit der Umstellung auf den Euro 2001 eingestellt wurde.



Die Hamburger Ausgabe 1958 J kam in einer Auflage von 60 000 Stück heraus und ist vergleichsweise selten.



Das Zweimarkstück von 1951 wurde schon bald wieder eingezogen, weil es mit dem Wert zu einer DM verwechselt werden konnte.





Diese und andere Münzproben von 1951 schafften es nicht zur Massenprägung, im Münzhandel werden die Raritäten für viel Geld angeboten.



Das nach der Einstellung der Silberprägung ab 1975 ausgegebene Fünfmarkstück besteht aus dem Dreischichtenwerkstoff Magnimat und geht auf einen Entwurf von Wolfgang Doehm mit einem "dicken" Bundesadler auf der Rückseite zurück.



Der auch "fette Henne" genannte Bundesadler schmückt die Stirnwand des Deutschen Bundestags, der im Berliner Reichstagsgebäude zusammen tritt.



Die Gedenkmünzen der Bundesrepublik haben stets eine andere Adler- und Wertseite, die laut Ausschreibung mit dem Design der Vorderseite harmonieren soll, manchmal aber nur zum Staunen und Lachen reizt. (Fotos/Repros: Caspar)

Fünf-Mark-Münzen sind eine Errungenschaft der deutschen Kaiserzeit. Die Silberstücke wurden ab 1874 in unterschiedlicher Intensität und Auflagezahl geprägt. Damals sowie in der Weimarer Zeit und später wurden großen und schweren Geldstücke als Kurs- und Gedenkmünzen ausgebracht. Vor 70 Jahren geplant und von 1951 bis 1974 in großen Auflagen geprägt, sind die silbernen Fünfmarkstücke der Bundesrepublik Deutschland in vielen Sammlungen vertreten. Hier eine Betrachtung über die Entstehung der Münzen mit dem dünnen Bundesadler, den manche Zeitgenossen auch Hungerkralle oder Pleitegeier nannten.

Lange geplant, doch erst 1933, im ersten Jahr der NS-Diktatur, wurden die von der Bevölkerung bereits in der Kaiserzeit als viel zu schwer und zu unhandlich abgelehnten Fünf- und Drei-Mark-Stücke mit kleinerem Durchmesser und besserer Legierung ausgegeben, bis auch sie wie die Münzen der Weimarer Zeit wegen Hitlers Kriegsvorbereitungen von der Bildfläche verschwanden. Sammler kennen neben den regulären Ausgaben auch zahlreiche Münzproben aus der Kaiserzeit und der Weimarer Republik als Belege für das Bemühen damaliger Behörden und Künstler um neue, zeitgemäße Formen und Themen. Diese Stücke sind selten und erzielen im Münzhandel beachtliche Preise.

Edelmetall aus Mexiko

Das ist kurz gefasst die Vorgeschichte des bundesdeutschen Fünfmarkstücks, das von 1951 bis 2001 in zwei unterschiedlichen Metallen als Kurs- und Gedenkmünze hergestellt wurde. Dazu waren einige Vorbereitungen in der Gesetzgebung sowie hinsichtlich der Materialbeschaffung und der Gestaltung nötig. Bundesfinanzminister Fritz Schäffer schrieb am 9. Oktober 1950 auf eine Anfrage der damaligen Bundestagsfraktion Zentrum, vor kurzem sei ein Teil des zur Ausprägung der Münzen zu 5 DM nötigen Silbers in Mexiko gekauft worden. Ein weiterer Anteil werde gedeckt, "sobald die Alliierte Hohe Kommission Silbermünzen aus ehemals deutschen Beständen, die heute dem Bund gehören und auf Grund des Militärregierungsgesetzes Nr. 53 beschlagnahmt sind, freigibt." Die endgültige Entscheidung über die Gestaltung des Münzbildes für die Fünfmarkmünzen stehe der Bundesregierung nach § 6 des Gesetzes über die Ausprägung von Scheidemünzen vom 8. Juli 1950 zu. Der Bundesfinanzminister betont abschließend: "Zunächst müssen die Münzen zu 1 und 2 DM geprägt werden. Ich hoffe, die Prägung dieser Münzen bis zum Ablauf des Monats März 1951 durchführen zu können. Alsdann wird mit der Prägung der Münzen zu 5 DM begonnen werden. Die fertig gestellten Münzen kommen sofort in den Verkehr; im gleichen Umfang vermindert sich der Umlauf an Noten zu 5 DM."

Wohlstand für alle

Dass außer Kurs gesetzte Münzen frei nach Goethes Satz "Stirb und werde" in dem Gedicht "Selige Sehnsucht" den Tod im Schmelztiegel erlitten und auch nur Herstellung der neuen Silbermünzen der Bundesrepublik Deutschland herangezogen wurden, verdient Beachtung. In der Vergangenheit wurden Unmengen geprägten Metalls geopfert, um aus ihnen neue Münzen fertigen zu können. Erinnert sei an die Umprägungen im Zusammenhang mit der Einführung der Mark nach der deutschen Reichseinigung von 1871 oder schon früher bei der Bildung neuer Staaten vor und nach 1800. Immer wieder wurden heute von den Sammlern heiß begehrte und hoch bezahlte Münzen, Medaillen und andere Objekte aus Silber und Gold vernichtet und in neues Geld verwandelt. Zum Glück blieben viele Stücke erhalten, etwa wenn man sie in Form von Münzschätzen dem Boden anvertraut hatte oder sie in Sparstrümpfen versteckte, sonst hätten heute Sammler nichts zu sammeln und der Münzhandel auch nichts zu verkaufen.

Die 1951 begonnene Prägung und Ausgabe von Silbergeld im Wert von fünf DM wurde von den Westdeutschen als Stück Normalisierung der wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse nach den schrecklichen Verwüstungen durch die Nazidiktatur und den Zweiten Weltkrieg begrüßt und stand im Zeichen des Wirtschaftswunders nach dem vom Wirtschaftsminister Ludwig Erhard ausgegebenen Motto "Wohlstand für alle". Die Silberprägung erfolgte aufgrund einer am 1. Dezember 1950 veröffentlichten und von Bundeskanzler Konrad Adenauer und Finanzminister Fritz Schäffer unterzeichneten Bekanntmachung. Danach bestand die neue Münze aus einer Legierung von 625 Tausendteilen Feinsilber und 375 Tausendteilen Kupfer. Der Durchmesser wurde mit 29 Millimetern und das Gewicht mit 11,2 Gramm angegeben.

Albert Holl war der Sieger

Ungewöhnlich war es, dass sich die Bundesregierung entschloss, Silbermünzen auszugeben, wo doch solche in anderen Staaten gerade eingezogen und durch Geld aus Neusilber, einer Kupfer-Nickel-Legierung, ersetzt wurden. Vor allem psychologische Gründe spielten eine Rolle, die höchste deutsche Münze wie in der Vorkriegszeit in Silber zu prägen, und sie verschaffte der neuen Deutschen Mark zusätzlichen Glanz. Der im Vorfeld ausgeschriebene künstlerische Wettbewerb für die neue Münze fand ein ungewöhnlich großes Echo. Nicht weniger als 685 Einsendungen mit Köpfen, Tieren, Pflanzen und verschiedenen Symbolen wurden registriert, doch nur ein Vorschlag schaffte es bis in die Prägeanstalten - das Modell des in Schwäbisch-Gmünd lebenden Bildhauers, Grafikers und Medailleurs Albert Holl.

Unter den Einsendern befanden sich bekannte Münzgestalter wie Karl Roth, der das Fünf-Mark-Stück 100 Jahre Germanisches Nationalmuseum Nürnberg von 1952 schuf, sowie Josef Bernhart, auf den die Entwürfe für die bundesdeutschen Ein- und Zweimarkstücke zurückgehen. Die Jury hatte mit der Sichtung des Materials, in dem sich unter anderem Entwürfe mit einer Glocke oder dem Kopf des Bamberger Reiters befanden, sehr viel zu tun. Deshalb wurden fortan nur noch beschränkte Wettbewerbe durchgeführt, für die kleiner Kreis bekannter Künstler Zeichnungen und Modelle einreichte.

Albert Holl entwarf einen irgendwie dünn und damit wohl auch passend zu den mit Hunger und Mangel verbundenen Aufbaujahren der jungen Bundesrepublik nach dem Krieg wirkenden Bundesadler, der bei geöffnetem Schnabel nach links schaut und dessen sieben Schwingen leicht nach außen gebogen sind. In der Bevölkerung stieß der Bundesadler gelegentlich auf Kritik, weil er so mager ausgefallen war. Vergleicht man den Entwurf mit dem ausgeführten Silberstück, fallen kleine Veränderungen auf. Die wichtigste war, dass die Jahreszahl, die der Künstler auf seinem Modell beiderseits des Adlerhalses platziert hatte, auf der Wertseite unter der großen Zahl 5 im inneren Schriftkreis angebracht wurde.

Startauflage betrug 80 Millionen Stück

Da das für die Startauflage von fast 80 Millionen Exemplaren, verteilt auf die damaligen vier bundesdeutschen Münzstätten Hamburg, München, Karlsruhe und Stuttgart, benötigte Silber nicht vorrätig war, weil die Bestände der Reichsbank nach Kriegsende von den Siegermächten konfisziert worden waren, musste das Edelmetall im Ausland, und zwar in Mexiko, gekauft werden, das selber über eine reiche Silbermünzenprägung verfügte. Von dort wurden Silberbarren im Gewicht von 35 Tonnen per Schiff in die Bundesrepublik geschafft und auf die Prägeanstalten verteilt. Im Unterschied zur heutigen Praxis, nach der diese Betriebe ihre Rohlinge von der metallverarbeitenden Industrie beziehen, wurden damals die Ronden noch selber auf altbewährte Art durch Gießen, Strecken und Stanzen angefertigt, was gelegentlich zu winzigen Abweichungen von der Norm führte.

Die Urmatrize des Fünf-Mark-Stücks nach Holls Entwurf wurde im Hauptmünzamt München geschnitten. Von ihr wurden die Arbeitsstempel gewonnen, die sich nur durch die Münzzeichen voneinander unterscheiden. Im Laufe der nächsten Jahre sind die Prägewerkzeuge leicht verändert worden. Spezialsammler und Varianten-Jäger haben einiges zu tun, um alle Versionen in ihren Besitz zu bekommen. Alles in allem wurden zwischen 1951 und 1974 von dem silbernen Fünf-Mark-Stück eine Viertelmilliarde Exemplare geprägt. Die meisten Münzen gingen nach der Umstellung auf einen neuen Fünfer aus Magnimat durch Einschmelzen wieder verloren.

Augen auf beim Münzenkauf

In dieser Riesenmenge kommen manche Raritäten und Ausgaben in Polierter Platte vor. So wurden 1958 in Hamburg nur 60 000 Fünf-Mark-Münzen mit dem Buchstaben J geprägt, was sie in der Gunst der Sammler und Händler nach oben katapultierte und zu Liebhaberpreisen führt. Den Jahrgang 1956 mit dem Münzbuchstaben G (Karlsruhe) dürfte es eigentlich nicht geben, und doch hat man wohl dort wenige Stücke aus Gefälligkeit hergestellt. In einem Gerichtsverfahren gegen in den "Karlsruher Münzskandal" verwickelte Personen wurde konstatiert, dass es sich bei diesen Raritäten nicht um Fälschungen handelt, sondern um spezielle Sammleranfertigungen mit originalen Werkzeugen, für die es keinen offiziellen Auftrag gab. Wo der in den Katalogen als unbefugte Prägung eingestufte Jahrgang 1956 G auftaucht, sollte man wachsam sein, denn es sind schon Stücke vorgekommen, bei denen das wertsteigernde Münzzeichen aus einem anderen Buchstaben fabriziert wurde. Teuer sind jene Polierten Platten (PP), die von manchen Jahrgängen des silbernen Fünf-Markstücks angefertigt wurden. Auch hier sollte nach dem Motto "Augen auf beim Münzenkauf" geprüft werden, ob nicht ein stempelglänzendes Stück nachträglich in eine wertsteigernde "Polierte Platte" verwandelt wurde.

Die 1951 kreierten Silberfünfer besaß bedeutende Kaufkraft, und kaum ein Sammler hat damals prägefrische Stücke beiseite gelegt. Sie sollen an den Kassen wie Blei gelegen haben, die Fünfer mit dem dünnen Adler waren begehrter. Denn wer hätte wissen können, dass sie einmal beachtlichen Wert bekommen würden. Die meisten noch vorhandenen Münzen kommen recht abgegriffen vor, weil sie über viele Jahre von Hand zu Hand gingen, und sollten im Handel makellose Exemplare angeboten werden, sind ihnen stattliche Preise sicher. Das gilt noch viel mehr für die frühen silbernen Gedenkmünzen der Bundesrepublik, die ab 1952 ausgegeben wurden. Viele Leute wollten sie damals nicht haben, und wer sie bekam, gab sie schnell wieder weiter, was heute unvorstellbar ist. Deshalb kommen diese Stücke häufig mit Gebrauchsspuren vor. Wenn die vier ersten Gedenkmünzen "100 Jahre Germanisches Nationalmuseum Nürnberg", "150. Todestag von Friedrich von Schiller", 300. Geburtstag des Markgrafen Ludwig Wilhelm von Baden" und "100 Todestag von Joseph von Eichendorff" in Stempelglanz oder vorzüglicher Erhaltung angeboten werden, erzielen sie gute Preise.

Magnimat als neuer Werkstoff

Die Prägung der ersten Kursmünzengeneration zu fünf DM wurde 1974 wegen der inzwischen rasant angestiegenen Preise auf dem internationalen Silbermarkt aufgegeben. Ein Jahr später bereits kam ein neues Fünfmarkstück heraus, das aus dem fälschungssicheren Dreischichtenwerkstoff Magnimat bis zum Ende der Deutschen Mark 2001 hergestellt wurde. Die Legierung Magnimat ("Magnetisches Metall") ist ein Metallverbundsystem, das seit 1969 von der Thyssen Krupp VDM GmbH hergestellt wurde und zu 75 Prozent aus Kupfer und zu 25 Prozent aus Nickel besteht. Es wird von beiden Seiten auf einen Nickelkern walzplattiert, wodurch das Material magnetisch wird. Münzfälscher haben kaum die technischen Möglichkeiten, Ronden mit diesen Eigenschaften so nachzuahmen, daß sie keinen Anstoß erregen. Moderne Automaten prüfen die Echtheit der Münzen hinsichtlich ihrer Größe, des Gewichts und der magnetischen Eigenschaften. Der Anstieg des Silberpreises hatte Auswirkungen auf die bundesdeutschen Gedenkmünzen. 1979 wurde in einer spektakulären Aktion die schon ausgeprägten Silberstücke zur Erinnerung an den Physiknobelpreisträger Otto Hahn eingezogen und durch neugeprägte Magnimat-Münzen ersetzt.

Erwähnt sei, dass es bei den bundesdeutschen Gedenkmünzen ehernes Gesetz ist, dass der auf der Wertseite angebrachte Bundesadler stets neu- und andersartig gestaltet ist. In den Ausschreibungen für den künstlerischen Wettbewerb wird gefordert, dass Vorderseiten und Adlerseiten miteinander harmonieren sollen. Das hat gelegentlich zu kuriosen Ergebnissen mit dicken und dünnen Bundesadlern geführt, was zu kritischen und spöttischen Reaktionen in der Bevölkerung geführt hat und weiter führt.

12. Januar 2020 !--Datum -->

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