Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit
Französische Republik verwendet bewährte Münzbilder aus der Revolutionszeit von 1789 und danach



Frankreichs Könige führten ihr Land in eine tiefe Krise führen. Das Sechslivrestück von 1792 verbindet den Kopf Ludwigs XVI. mit einem Genius, der in die neue Verfassung schreibt, umgeben von dem Motto "Herrschaft des Rechts". Ein Jahr hatten der König, seine Gemahlin Marie Antoinette und unzählige andere Menschen ihren Kopf unter der Guillotine verloren.



Unter den französischen Königen, auf dem Wappen repräsentiert durch die Lilien und das Zeichen für das kleine Königreich Navarra, lebten die Könige sowie die zwei ersten Stände Adel und Geistlichkeit auf Kosten des Volkes in Saus und Braus. Da war es kein Wunder, dass sich die gedemütigten, ausgesaugten und geknechteten Menschen an ihren Unterdrückern und der adligen Elite blutig rächten, wobei auch eigene Leute dem Blutrausch zum Opfer fielen.











Altbewährte, von Augustin Dupré gestaltete Münzbilder aus der Revolutionszeit nach 1789 wurden im Laufe des 19. und 20. Jahrhunderts weiter verwendet, dabei verlangten die veränderten Zeiten eigentlich neue Themen und Symbole.





Das Herkules-Motiv auf der Münze von 1977 zu 50 Francs sieht wie aus der Zeit gefallen aus, moderner dagegen wirkt die "jugendstilige "Marianne" als Säerin, entworfen von Louis-Oscar Roty. Das Motiv war so beliebt, dass es immer wieder neu verwendet wurde und auch auf heutigen Euro-Münzen leicht verändert erscheint. Auf Münzen und Probeprägungen erscheint der Kopf der Symbolfigur des Landes mal mit einem Lorbeerkranz im Haar, mal mit der phrygischen Mütze. (Fotos/Repros: Caspar)

Als der französische Sonnenkönig Ludwig XIV. am 1. September 1715 in Versailles starb, sank eine glanzvolle Epoche dahin, Frankreich hatte seinen Höhepunkt überschritten. Krisen, Kriege und Katastrophen und ein durch Misswirtschaft und höfischen Luxus herbeigeführter Staatsbankrott überschatteten die Jahrzehnte nach ihm. Unter seinem Urenkel Ludwig XV., der von 1715 bis 1774 regierte, und dessen Sohn und Nachfolger Ludwig XVI. geriet Frankreich in eine schwere Staats- und Wirtschaftskrise, die in der Revolution von 1789 mündete. Sie war nicht nur in Frankreich eine historische Zeitenwende, sondern ebnete auch dem übrigen Europa unter großen Opfern an Blut und Gut den Weg in die Moderne, in das industrielle Zeitalter und in eine Periode, in der nach Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit strebten, diese Ideale allerdings angesichts der noch vorherrschenden feudalen Strukturen kaum verwirklichen konnten.

Ludwig XVI. und seiner Gemahlin Marie Antoinette verloren Anfang und Ende 1793 unter der Guillotine ihre Köpfe. Nachdem Frankreich zur Republik erklärt worden war, wurden Münzen mit neuen Bildern und Inschriften geprägt. Der Franc zu 100 Centimes wurde am 15. August 1795 eingeführt. Zu diesem Zeitpunkt hatte das revolutionäre Frankreich gerade eine Inflation und die Ausgabe riesiger Mengen Papiergeld (Assignaten) durchgemacht. Mit einem Gewicht von fünf Gramm entsprach der Franc dem bisher geltenden Livre, der während der Monarchie als Écu zu sechs 6 Livres beziehungsweise in Gold als Louis d'or zu 24 Livres mit Königskopf und Lilienwappen ausgeprägt wurde. Der nach dem modernen Dezimalsystem unterteilte Franc wurde auch in den Wertstufen fünf Francs sowie in Gold zu 20 und 40 Francs, später auch zu fünf, zehn, 50 und 100 Francs ausgeprägt.

Rutenbündel statt Lilienwappen

Kaiser Napoleon III., der 1852 auf den Thron gelangte Neffe Napoleons I., hatte den Ehrgeiz, aus dem Franc eine Art Weltmünze zu machen. Der von ihm inspirierten Lateinischen Münzunion von 1865 gehörten außer Frankreich auch Belgien, Italien und die Schweiz an. Später schlossen sich Griechenland, Finnland, Spanien, Rumänien, Serbien, Bulgarien sowie verschiedene Staaten in Mittel- und Südamerika an. Einbezogen waren auch Kolonien, sofern deren "Mutterländer" Mitglied der Münzvereinigung waren. Aufgrund des Verfalls des Silberpreises und starker Schwankungen im Verhältnis zwischen Gold und Silber, des Aufkommens von Papiergeld, inflationärer Strömungen im frühen 20. Jahrhundert sowie des Verlaufs und der Folgen des Ersten Weltkriegs und vieler anderer Faktoren hatte sich die Lateinische Münzunion in den zwanziger Jahren überlebt und wurde mit Wirksamkeit vom 1. Januar 1927 aufgelöst.

Schaut man sich französische Münzen der Revolutionszeit an, die mit dem Sturm auf das Staatsgefängnis in Paris, die Bastille, am 14. Juli 1789 begann, wird man einige auffällige Veränderungen feststellen können. Zwar wurde das königliche Porträt bis 1792 beibehalten, denn Ludwig XVI. war formal noch Staatsoberhaupt. Verändert hat man aber die Titulatur. Hieß es früher "Ludwig XVI. von Gottes Gnaden König von Frankreich und Navarra", so ist auf den neuen Münzen "König der Franzosen" zu lesen, womit Volksnähe und veränderte Herrschaftsbeziehungen betont wurden. Das verhasste Lilienwappen, das auf unzähligen unter den Bourbonen geprägten Münzen erscheint, wurde nach und nach durch ein ungewöhnliches Motiv ersetzt. Ein geflügelter Genius schreibt auf eine Tafel mit dem Zepter der Vernunft das Wort CONSTITUTION. Das Bild unterstreicht, dass die absolute Königsherrschaft von einer verfassungsmäßigen Ordnung abgelöst wurde, in der alle Macht vom Volk ausgeht, wenigstens auf dem Papier. Dass während der Revolution die schlimmsten Verbrechen und Willkürakte gegen Feinde und Freunde begangen wurden, muss bei der Betrachtung dieser Allegorie beachtet werden. Weitere Zeichen der radikalen politischen Wende sind die aus der römischen Antike übernommenen Rutenbündel (Fasces), die phrygische Mütze und der gallische Hahn als Symbole der neu erworbenen Freiheit.

Einigkeit und Stärke

Die ersten Fünf-Francs-Stücke der Republik zeigen drei Symbolfiguren - Hercules (Stärke), Libertas (Freiheit) und Aequitas (Gleichheit), darum die Inschrift UNION ET FORCE (Einigkeit und Stärke). Auf der Rückseite sind, umgeben von einem Eichen- und Lorbeerzweig, der Wert der Münze sowie das Prägejahr angegeben, jedoch nicht nach dem christlichen Kalender, sondern nach dem neuen Revolutionskalender, der erst unter Kaiser Napoleon I. aufgehoben wurde. Dass Paris die Münzstätte ist, geht aus dem Buchstaben A hervor. Im Laufe der französischen Münzgeschichte wurde das symbolträchtige Herkules-Motiv immer wieder unverändert verwendet. Die in der Monnaie de Paris entworfenen sowie in der Prägeanstalt Pessac bei Paris, kenntlich an einem Füllhorn als Münzzeichen, geprägten Euromünzen sind einer langen Tradition verpflichtet und zeichnen sich im Unterschied zum Hartgeld anderer Teilnehmerländer des Währungsverbundes durch abwechslungsreiche Motive aus. Auf den Werten zu einem, zwei und fünf Eurocent erscheint die von der Münzgraveurin Fabienne Courtiade geschaffene Büste der Marianne im Kreis der Europasterne. Auf den Werten zu 10, 20 und 50 Cent ist Marianne in voller Gestalt als Säerin dargestellt. Auf dem Kopf trägt die Frau im langen Gewand die phrygische Mütze. Sie ist seit der Antike ein Freiheitssymbol und wurde in der Zeit der französischen Revolution auf zahlreiche Münzen gesetzt, verbunden mit dem römischen Liktorenbündel.

Mit dem Bild der nach links über ein Feld vor der aufgehenden Sonne schreitenden Säerin zitiert Laurent Jorio ein geradezu klassisches Münzmotiv, das vielfach auf französischem Hartgeld verwendet wurde. Erstmals wurde Ende des 19. Jahrhunderts die auch als "Frau auf ihrem Weg" gedeutete Marianne von Louis-Oscar Roty als Sinnbild für Fleiß, Hoffnung und Freiheit entworfen. Das Motiv war so beliebt, dass man es seither immer wieder unverändert bei Francs- und Centimestücken verwendet hat. Daher ist es sicher legitim, die Säerin auch die neuen Euromünzen schmückt, wenn auch ein wenig modernisiert. Dass es sich bei diesem Bild um eine Adaption von Jorio nach einer Vorlage von Roty handelt, wird in winziger Schrift zwischen zwei Sonnenstrahlen vermerkt. Man braucht eine gute Lupe, um den Hinweis zu lesen.

Große und kleine Auflagen

Auf den Ein- und Zweieurostücke erkennt man einen von Joaquim Jiménez gestalteten Baum im Sechseck, umgeben vom Schlachtruf von 1789 LIBERTÉ ÉGALITÉ FRATERNITÉ (Freiheit Gleichheit Brüderlichkeit). Mit dem nur durch Striche angedeuteten Baum, dem Symbol für Wachstum und Kraft, in einem Kranz von Strahlen und Sternen will der Künstler die Sehnsucht der Franzosen nach einem Leben in Freiheit und Glück ausdrücken. Alle Cent- und Euromünzen sind mit der Abkürzung RF für République française signiert. Besonderheiten sind Zeichen für die Prägeanstalt Pessac und die Graveure an versteckter Stelle der "nationalen" Seite. Zusätzlich liest man auf den Ein- und Zweieurostücken den Namen des Gestalters J. JIMENEZ. Schon heute ist die Vielzahl französischer Gedenkmünzen aus Kupfer, Silber und Gold kaum zu überschauen, ja verwirrend. Frankreich-Sammler haben alle Hände voll zu tun, die Serie komplett in ihren Besitz zu bekommen. In großen, oft aber auch sehr kleinen Auflagen geprägt und daher schnell vergriffen, stellen viele Werte bekannte und für Frankreich charakteristische Bauwerke und Persönlichkeiten dar. Zusätzlich erscheint Marianne in verschiedenen Versionen auf den Münzen. So gibt es eine Silber- und Goldserie aus dem Jahr 2002 mit dem Bildnis der schönen Frau von vorn in Werten zwischen einem Viertel und 100 Euro.

Eine weitere Mariannen-Serie aus Silber und Gold würdigt mit der originalgetreuen Wiedergabe der geradezu klassischen Gestalt nach dem Entwurf von Oscar Roty Frankreichs Abschied vom Franc und die Einführung des neuen Eurobargeldes. Auf anderen Münzen erkennt man weltbekannte Bauwerke und Sehenswürdigkeiten wie den auch bei Touristen beliebten Montmartre in Paris und das auf einem Felsen thronende mittelalterliche Kloster Saint-Michel an der Atlantikküste, aber auch beliebte Roman- und Märchenfiguren. Auf einer 2002 geprägten Münze zum 200. Geburtstag von Victor Hugo (1802-1885) wird nicht nur der Kopf des überaus produktiven Schriftstellers und überzeugten Republikaners, kombiniert mit einer Europakarte, abgebildet, sondern auch Gavroche, der jugendliche Held in Hugos 1862 veröffentlichten Roman "Les Miserables" ("Die Elenden"). Hier hat man sich erlaubt, den aus einer engen Gasse heraus schauenden Kopf des Pariser Jungen bunt anzumalen, was sicher nicht den Geschmack jedes Münzfreundes findet. Auch die an feinen Strippen gezogene Holzfigur Pinocchio sowie Blanche-Neige (Schneewittchen) und Cendrillon (Aschenputtel) wurde auf diese Weise farbig "verschönt".

Winzige Zeichen an versteckter Stelle

Bei den Münzen mit Märchenmotiven und anderen Stücken ist auf ein winziges Beizeichen unter den Figuren zu achten. Es erinnert an das erste Jahr des Euro und besteht aus einem kleinen "a" mit der Jahreszahl 2002 darin. Auf französischen Münzen sind manche versteckte Details zu entdecken. Das wird sicher die Lust am Sammeln steigern. Die winzigen Zeichen stellen nicht nur einen zusätzlichen Fälschungsschutz dar, sondern enthalten auch zusätzliche Informationen, die man auf den Münzen anderer Staaten vergeblich sucht. Wer nach Jahrgängen sucht, findet dabei ein interessantes Betätigungsfeld. Sodann erkennt man auf den Geldstücken, einer alten Tradition folgend, kaum sichtbare Symbole für die Prägeanstalt Pessac (Füllhorn) sowie für die mit der Herstellung der Prägewerkzeuge befassten Leiter der in Paris ansässigen Gravurabteilung. Zu erkennen sind die Biene (für Pierre Rodier), ein Hufeisen (Gérard Buquoy) und ein Herz (Serge Levet). Eine Lupe wird helfen, auch diese Zeichen zu erkennen.

Zahlreiche französische Münzen erinnern an Ereignisse und Gestalten der Landesgeschichte und bilden historische Bauwerke und andere Sehenswürdigkeiten sowie Naturschönheiten sowie Schönheiten aus Flora und Fauna ab. Außerdem würdigen sie staatliche Jubiläen und Sportereignisse in großen und manchmal auch kleinen Auflagen, wie oft sehr teuer sein können vor allem wenn die Stücke aus Gold oder Platin bestehen. Man merkt manchen Prägungen an, dass sie nur zum Zweck des Geldverdienens hergestellt wurden, andere sehen wie lieblos und schnell produziert aus.

11. Januar 2020

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