Hof-Chemiker führte den Markgrafen hinters Licht
Das in der Barockzeit grassierende Goldmacherfieber hinterließ bemerkenswerte numismatische Zeugnisse





Die römisch-deutschen Kaiser Matthias und Leopold I., dargestellt auf Talern von 1614 und 1701, waren wie viele ihrer Zeitgenossen von der Idee besessen, unedles in edles Metall verwandeln zu können.



Der goldenen, mit Kaiserbildnissen geschmückte Platte im Besitz des Wiener Münzkabinetts wird nachgesagt, dass sie mit Hilfe der Alchemie hergestellt wurde.



Markgraf Christian Ernst von Brandenburg-Bayreuth reitet stolz auf dem Taler von 1664. Dass der Buchstaben N auf der Münze falsch herum steht, scheint damals niemand gestört zu haben.





Die beiden Kronemanntaler von 1678 und 1679 sollen angeblich aus künstlich hergestelltem Silber bestehen.





Johann David Köhler macht sich in den "Wöchentlichen Historischen Münzbelustigungen" vom 24. August 1735 anlässlich der Vorstellung von zwei Kronemannschen Talern Gedanken über Wert und Unwert der Goldmacherei und glaubt zu wissen, dass dieser Wunderglaube beim katholischen Klerus besonders verbreitet ist. (Fotos/Repros: Caspar)

Numismatische Zeugnisse für die vor allem in der Barockzeit grassierende Sucht der Goldmacherei werden unter dem Begriff "Alchemistenmünzen und -medaillen" abgelegt. Sie lassen sich in Stücke unterteilen, deren Metall angeblich aus den Laboratorien der Goldmacher stammt, und solche, auf denen alchemistische Zeichen zu finden sind. Beide Kategorien gehen bisweilen ineinander über (siehe auch Eintrag über Goldmacherei am preußischen Hof auf dieser Internetseite/Berlin vom 1. Februar 2020). Der in Wien residierende Kaiser Leopold I. wird als großer Liebhaber alchemistischer Künste geschildert. Er fiel auf einen Augustinermönch namens Seyler herein, der behauptete, mit wundertätigen Substanzen, deren Mischung man in damaligen Goldmacherbüchern nachlesen konnte, das begehrte Edelmetall erzeugen zu können. Seyler wurde zum "Hoff Chymicus" ernannt und zum Ritter von Rheinburg geschlagen. Dazu hat der Kaiser ihn zum böhmischen Obermünzmeister in der Hoffnung berufen, die dortigen Zinngruben für die Prägung von Silbertalern nutzen zu können. Ein mit zahlreichen Herrscherbildern, auch denen Kaiser Leopolds I. und seiner Gemahlin, geschmückte Medaillon mit einem Gewicht von sieben Kilogramm soll von Seyler zu Dreivierteln aus Silber durch Eintauchen in eine geheimnisvolle Flüssigkeit vor den Augen des Kaisers in Gold verwandelt worden sein.

Angeblich aus alchemistischem Gold stammt auch eine Medaille mit einem Gewicht von 16,5 Dukaten, auf deren Rückseite eine lange lateinische Inschrift verkündet, sie sei ein "goldener Nachkomme von bleiernen Eltern." Die chemische Umwandlung des Saturns zur Sonne, also von Blei in Gold, habe am 31. Dezember 1716 in Innsbruck unter der Aufsicht von Carl Philipp, seines Zeichens bayerischer Kurfürst, Pfalzgraf bei Rhein und Statthalter von Tirol , stattgefunden, und die "Münze" sei zum ewigen Andenken an dieses Ereignis dem Schloss Ambras und der Nachwelt gewidmet worden. Weitere Beispiele für die Nutzung alchemistischer Metalle zur Herstellung kostbarer Münzen und Medaillen lassen sich finden. Als besondere numismatische Raritäten dürften sie allerdings kaum außerhalb uralter Staatssammlungen anzutreffen sein. Da kommen Münzen und Medaillen mit Zeichen vor, die im Reich der Alchemie gebräuchlich waren.

Wundergläubig und geldgierig

Das Schicksal, schmählich am Galgen zu enden, erlitt 1685 ein Goldmacher, der sich als Baron Christian Wilhelm von Kronemann ausgegeben und in das Vertrauen des Markgrafen Christian Ernst von Brandenburg-Bayreuth eingeschlichen hatte. Der mit den Hohenzollern in der brandenburgischen Kurmark verwandte Gebieter über das winzige Fürstentum war ebenso wundergläubig wie geldgierig wie viele seiner hochadligen Standesgenossen. Er fiel auf die Masche des nach eigenen Angaben 1639 in Livland geborenen Barons herein, der sich vor seiner steilen Karriere am Hof zu Bayreuth bereits in Wien als eine Art Wunderdoktor betätigt hatte, wo der Kaiser den Jüngern vom "Stein der Weisen" gern sein Ohr lieh. Kronemann bat sich vom Markgrafen Tiegel und Tinkturen aus und ließ sich in Frauenaurach bei Erlangen ein Labor einrichten. Wie damals üblich wurde der neue Vertraute des Markgrafen mit Ämtern und wohlklingenden Titeln samt stattlichen Gehältern beglückt. So lebte der frisch gebackene Münz- und Bergwerksdirektor, Geheimrat, Oberpräsident und Generalkommandant ein paar Jahre in Saus und Braus, bis der Schwindel aufflog. Die blanken Taler und blitzenden Dukaten, die er mit vollen Händen ausgab, entstammten natürlich nicht seiner Zauberküche, sondern der markgräflichen Schatulle. Wie hätte auch das begehrte Edelmetall denn auch auf künstlichem Wege hergestellt werden sollen, wo dies heute nur mit immensem technischem Aufwand in Atomreaktoren durch Umwandlung eines Elements in ein anderes auf überaus kompliziertem Wege möglich ist, wegen der immensen Kosten aber nicht angewendet wird? Vertrag mit Seiner Durchlaucht

In einem vom Markgrafen und Kronemann unterzeichneten Vertrag vom 19. Juli 1685 werden alle Gnadenerweisungen an die Adresse des Scharlatans aufgezählt und unter anderem festgelegt: "Fünftens haben Sr. Hochfürstl. Durchlaucht zugesaget und versprochen, daß Sie ihme, zu sein und der seinigen Unterhalt jährlich Vierhundert Reichstaler, oder Vierhundert und Achtzig Gulden Fränkischer Währung, aus Dero Scatul (Schatulle), und jährlich, Ein Vierteljahr zum Voraus, womit von den 1. Juli an, mit Einhundert Taler der Anfang unfehlbar gemacht werden soll: ingleich ein zugänglich Stück Geldes, als Einhundert Reichstaler, zu allerhand Notdurft zu der Operation bezahlen, auch gute Kohlen und Tiegel anschaffen lassen wollen. Sechstens, soll jederzeit, nach Verlauf Dreier Monate, (dafern Gott Gesundheit erhält) die Lieferung an Gold und Silber geschehen, und abgeredeter Maßen, alles, was Sr. Hochfürstl. Durchlaucht angewendet und hergegeben haben, zum Voraus abgezogen, der Nutz oder Ausbeute aber, es sei an Gold oder Silber, in Vier gleiche Theile zerschlagen, und davon Sr. Hochfürstl. Durchlaucht Drei, der Vierte aber, es sei so viel, als es immer wolle, Herrn Baron von Kronemann und den seinen, unweigerlichen seyn und verbleiben. Siebendens: Und damit Göttl. Güte, seinen mildreichen Segen und allergnädigstes Gedeihen zu denen Operationen, desto reichlicher verleihen möge, soll bei jeder Lieferung, davon der Anfang nächstkommenden Michaelis-Termin zu machen, jedes Mahls Ein halb Mark Goldes, oder so viel ausmachendes an Silber, von der Ausbeute genommen, auch zu Bestell und Unterhaltung eines eigenen Schloß-Predigers, welcher an Sonn- , Fest- und Feiertagen, wie nicht weniger in der Woche, den Gottesdienst, mit Predigen und Betstunden halten, gebürend versehen, auch andere seelsorgliche Werke verrichten solle, angewendet werden; doch dem jetzigen Schloßpredigern M. Ottonis bis zu seiner ferneren Beförderung, auch den Armen, ein Gewißes quartaliter abgegeben werden."

Giftiger Sud aus Quecksilber für das Metall aller Metalle

Das klang alles sehr schön und auch gottgefällig, aber außer Täuschung und Tricks brachte der Baron nichts zustande, und als der Markgraf ungeduldig wurde und seinen Günstling drängte, ihm nun endlich das dringend benötige Gold zu beschaffen, bediente sich dieser der üblichen Taschenspielertricks. Er "zauberte" das begehrte Edelmetall nicht aus dem vor den Augen seines Gebieters kochenden, überaus giftigen Sud aus Quecksilber herbei, sondern holte es geschickt aus den Ärmeln seines Mantels hervor. Der verblendete Markgraf und seine Höflinge glaubten, das Edelmetall sei durch "Transmutation" entstanden, doch wurden mit der Zeit auch kritische Stimmen laut. So fragte man sich besorgt, warum es ein Adept wie Kronemann nötig hat, sich einem Landesfürsten zu verdingen, wenn er das Metall aller Metalle selber und für sich allein herstellen kann? Und sollte das wirklich alles gewesen sein, was bei den Vorführungen unterm Strich nach so langer Vorbereitungszeit heraus kam? Man fühlte dem überschlauen Baron auf den Zahn. Der tat beleidigt und zerschlug seine Geräte und warf die Tinkturen aus dem Fenster, um die Spuren seiner Machenschaften zu verwischen.

Die theatralische Show nützte Kronemann nichts. Er wurde des Betrugs angeklagt, vor das markgräfliche Gericht gestellt und in der Folge auf der Plassenburg inhaftiert. Dort hat man ihm ein weiteres Laboratorium eingerichtet, wo er auf Befehl des Markgrafen weiterhin der Goldmacherei nachgehen musste. Das ging natürlich nicht gut, und da der Scharlatan um sein Leben fürchtete, floh er in roter Soldatenuniform mit einem Seil über die Festungsmauern und entkam in ins Bistum Bamberg. Nachdem der überaus erboste Markgraf Auslieferung verlangt hatte, haben dessen Soldaten den Betrüger verhaftet und nach Kulmbach ins Gefängnis Fronfeste gebracht. Ihm wurde der Prozess gemacht, und das Gericht verurteilte ihn zum Tod. Am 27. April 1686 hat man den Betrüger, gekleidet in roter Uniform, auf dem Galgenberg bei Kulmbach gehenkt. Beim Stadtrundgang durch Kulmbach erfährt man einiges über das abenteuerliche Leben und elende Sterben des selbsternannten Goldmachers. Als sich Kronemann noch der fürstlichen Gnadensonne erfreute, ließ er sich eine besondere Schmeichelei einfallen - die Kronemanntaler von 1678 und 1679. Die mit reichem barockem Allegorienprunk beladenen Prägungen wurden anläßlich der Geburt des Erbprinzen Georg Wilhelm geschlagen. Dargestellt sind unter anderem durch Liebesbande an eine Palme gebundene Herzen der fürstlichen Eltern, die in der Umschrift genannt werden. Auf anderen Talern erkennt man den Arm eines Ritter, dessen Hand ein Zepter über dem Erdball hält, und auch Zepter und Schwert auf einem Tisch, die von der göttlichen Gnadensonne beschienen werden.

Hoffnung auf neue Einnahmequellen

Wie ihr Urheber behauptete, sollen die Münzen, die zu den großen numismatischen Raritäten des 17. Jahrhunderts gehören, aus "alchemistischem" Silber bestehen. Das machte Eindruck und steigerte die Hoffnung auf reiche Einnahmen. Da die Zinnminen im Lande einige Erträge abwarfen, war dem Markgrafen der ihm durch diese Taler eingeflößte Gedanke durchaus angenehm, auf geheimnisvollem Wege das unedle Metall in edles verwandeln zu können und sich so neue Einnahmequellen zu verschaffen. Schließlich waren etwa die Fürsten in Tirol, die Kurfürsten von Sachsen, die Herzöge von Braunschweig, die Grafen von Mansfeld und andere Potentaten dank üppiger Silberausbeute ihrer Berge reich geworden. Tatsächlich bestehen die Geldstücke aus Silber, aber nur aus dem, das Kronemann in seiner Eigenschaft als Münzstättendirektor abgezweigt geschafft hatte. In seiner Anmaßung hatte er einen dieser Taler mit einer Widmung versehen, die ihn selber als Stifter nennt.

Die numismatische Literatur schreibt einige mit den Initialen C. W. B. D. K. für Christian Wilhelm Baron De Kronemann versehenen Silber- und Goldmünzen dem Adepten zu, wobei zu sagen ist, dass ein Teil der Prägestempel vom der Nürnberger Johann Jakob Wohlrab geschnitten wurde: Große Schaumünze mit gefesseltem Merkur auf Markgraf Christian Ernst vom 8. Januar 1678, Reichstaler von 1678 und 1679 sowie halber Reichstaler von 1681 auf die Markgräfin Sophie Luise.

2. Februar 2020

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