Neue Länder, neue Titel
Territoriale und machtpolitische Veränderungen schlugen sich nach 1800 auf Münzen und Medaillen nieder





Kurfürst Maximilian Joseph von Bayern und Herzog Friedrich von Württemberg erklommen binnen weniger Jahren die Stufen zum Königsthron. Die Taler von 1808 und 1809 dokumentieren ihren majestätischen Status.



Die Medaille wurde 1803 anlässlich der Huldigung des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III. als neuer Landesherr in Erfurt unter dem Motto "Auch ihnen Schutz und Hilfe" geprägt.



Die Karikatur "Der neue Universalmonarch" zeigt Napoleon I. auf dem "zum Wohl der Menschheit errichteten Throne" sitzend, der aus Schädeln besteht. Bedrohlich kreisen über ihm die Adler von Russland, Preußen und Österreich. Sie senden zwar Blitze aus, können dem mächtigsten Mann in Europa aber nichts anhaben. Ein Höfling verteilt an seine Gefolgsleute Orden, die in tiefer Ehrerbietung angenommen werden.



Karl Theodor von Dalberg war Kurfürst von Mainz und Oberhaupt mehrerer Bistümer. Als Fürstprimas bestimmte er die Geschicke des 1806 auf Initiative von Napoleon I. gegründeten und von ihm kontrollierten Rheinbundes.



Dank der französischen Gnadensonne konnte sich der bisherige Markgraf Carl Friedrich von Baden mit dem Titel eines Großherzogs schmücken.



Der Taler des Fürsten Carl Friedrich von Isenburg aus dem Jahr 1811 zeigt, wie wichtig es auch unbedeutenden Potentaten war, ihre Existenz und Ansprüche auf Münzen darzustellen. Fürst Carl war Arbeitgeber des Hofrats Karl Wilhelm Becker, der als meisterhafter Münzfälscher unrühmlich in die Geschichte eingegangen ist.



Kontributionszahlungen an die französische Republik wurden teilweise aus Kirchensilber und Edelmetallspenden der Bürger finanziert. Der Taler von 1796 aus der Freien Stadt Frankfurt am Main sowie aus anderen Territorien und weitere Münzen bilden ein interessantes Forschungs- und Sammelgebiet.



Die aus Silberspenden des Schweriner Hofs und den Untertanen des Herzogs Friedrich Franz I. (ab 1815 Großherzogs) bestehenden Vaterlandsgulden von 1813 sind interessante Zeugnisse für den in Zeiten des Aufbegehrens gegen die Franzosen neu erwachten Patriotismus.



Die auf dem Wiener Kongress 1814/15 beschlossene europäische Friedenordnung hatte nicht lange Bestand, dazu waren die Interessen der über das Wohl und Wege ihre Untertanen befindenden Potentaten viel zu unterschiedlich. (Fotos/Repros: Caspar)

Vor 200 Jahren wurde die europäische Landkarte neu geordnet. Königreiche und Fürstentümer wurden liquidiert beziehungsweise neu geschaffen. Alteingesessene Dynastien wurden gestürzt und vom neuen starken Mann in Europa, Napoleon Bonaparte, seit 1804 Kaiser Napoleon I., durch neue, ihm ergebene oder aus dem Bonaparte-Clan stammende Personen ersetzt. Im Ergebnis ihrer Kriege gegen das revolutionäre Frankreich einigten sich England, Russland, Frankreich und weitere Staaten auf territoriale Veränderungen, die auch die Machtbalance in Mitteleuropa nachhaltig veränderten. Es fand ein schlimmes Geschacher um Titel und Throne, Pfründe und Privilegien statt, und wer sich als erster dem ebenso bewunderten wie gefürchteten und gehassten Aufsteiger Bonaparte andiente, hatte die besten Chancen, von ihm mit auch Land und Leuten bedacht zu werden.

Dass auf Grund des Reichsdeputationshauptschlusses von 1803 die Zahl der geistlichen und weltlichen Fürstentümer im römisch-deutschen Reich stark schrumpfte, war ein geschichtlicher Fortschritt und ein wichtiger Markstein auf dem Weg zur deutschen Einheit, die 1871 durch die Gründung des deutschen Kaiserreichs hergestellt wurde. Viele der betroffenen geistlichen und weltlichen Fürstentümer und freien Städte prägten eigene Münzen, wenn auch häufig nur aus Prestigegründen und zu Repräsentationszwecken. Mit dem Verlust der Souveränität und Reichsunmittelbarkeit ging vielen Münzständen auch dieses Regal verloren. Die verwirrende Vielfalt von Geldstücken wurde mit der Zeit etwas übersichtlicher. Erste Schritte zur Münzeinheit waren getan. Was sich vor und nach 1800 abspielte, wie es 1803 zum Reichsdeputationshauptschluss und drei Jahre später zum Untergang des Römisch-deutschen Reichs kam, kann man in einer Dokumentation von Ulrich Hufeld (Böhlau-Verlag) nachlesen, im Buch von Ernst Rudolf Huber "Dokumente zur deutschen Verfassungsgeschichte, Bd. 1 Deutsche Verfassungsdokumente 1803-1850 (Kohlhammer-Verlag) nachlesen. Leichter ist es, den Vertrag im Internet mit ausführlichen Erläuterungen aufzurufen.

Enteignungen und Entschädigungen

Im Frieden von Campo Formio (1797) trat Österreich Belgien an Frankreich ab und erhielt als Kompensation die traditionsreiche Republik Venedig. Der Römisch-deutsche Kaiser Franz II. stimmte der Abtretung des linken Rheinufers an Frankreich zu, in dem der General und Erste Consul Napoleon Bonaparte den Ton angab. Der Frieden von Lunéville (1801) bestätigte diese Vereinbarungen und machte den Weg frei für die Abschaffung geistlicher und weltlicher Fürstentümer im brüchig gewordenen Reich. Ihre Beseitigung und die Gebietsveränderungen wurden von den einen als längst fälliger Abschied von einer altertümlichen Zeit begrüßt. Betroffene Fürsten und städtische Magistrate sahen jedoch in dem Akt einen Angriff auf ihre Souveränität, Rechte und Freiheiten. Ihrer Macht und Einkünfte beraubte Reichsfreiherrn, Grafen und Fürsten sowie die Reichsäbte und Bischöfe ließen sich die Enteignungen mit Abfindungen und Sonderrechten vergolden. Bis heute wirken die damals vereinbarten Zahlungen an die Kirche in Form von namhaften Zuwendungen durch den Staat nach.

Eine Statistik besagt, dass damals 112 deutsche Reichsstände rechts des Rheins beseitigt wurden, und zwar fast alle geistlichen Fürstentümer, 44 Reichsstädte und eine Vielzahl von kleinen Fürstentümern und Herrschaften. Preußen erhielt das Fünffache seiner linksrheinischen Gebietsverluste, Baden das Achtfache und Württemberg das Vierfache. Vergrößert wurden auch Österreich, Bayern, Hannover, Oldenburg, Hessen-Kassel, Hessen-Darmstadt, Nassau und andere Fürstentümer. Es versteht sich, dass solche Gebietszuwächse auch die Feindschaft gegenüber Frankreich und seinem starken Mann, Bonaparte, milderten, allerdings auch nur für begrenzte Zeit!

Das alte Reich hatte aufgehört zu bestehen

Die 89 Paragraphen des Vertragswerks wurden vom Immerwährenden Reichstag am 25. Februar 1803 in Regensburg verabschiedet. Es war das letzte große Gesetz des Heiligen Römischen Reichs deutscher Nation, das drei Jahre später durch den Verzicht von Franz II. auf die römisch-deutsche Kaiserkrone aufhörte zu bestehen. Fortan nannte sich der Habsburger Kaiser Franz I. von Österreich. Am 6. August 1806 erklärte er, sein Amt nicht mehr ausführen zu können und begründete dies auch mit politischen und territorialen Veränderungen und der Bildung des unter der Kuratel des Franzosenkaisers stehenden Rheinbundes. Franz II. entband alle Kurfürsten, Fürsten und Stände von den Pflichten gegenüber ihm, dem gesetzlichen Oberhaupt des Reiches. Der bisherige Kaiser sah sich von allen übernommenen Pflichten gegen das deutsche Reich "losgezählt". Da das Deutsche Reich, ein Flickenteppich von hunderten Fürstentümern und Reichsstädten, aufgehört hatte zu bestehen, schrumpfte auch die bunte Vielfalt bei den Münzen. Deshalb beginnen die Kataloge über die neuere deutsche Münzprägung mit dem Jahr 1803.

Der Reichsdeputationshauptschluss legte fest, dass die durch Säkularisation um ihren territorialen Besitz gebrachten geistlichen Fürsten und die ihrer Ländereien verlustig gegangenen weltlichen Stände abgefunden werden sollen. Zunächst wurden die geistlichen Fürstentümer (mit Ausnahme von Mainz, das mit der Würde des Kurerzkanzlers auf Regensburg übertragen wurde) und die Freien Reichsstädte (mit Ausnahme von Augsburg, Lübeck, Nürnberg, Frankfurt, Bremen und Hamburg) aufgelöst und den benachbarten großen Fürstentümern zugeschlagen, ohne dass die dort lebenden Menschen gefragt wurden. Von der Säkularisation ausgenommen blieben zunächst der Deutsche und der Malteser-Orden. Zugleich wurde die Kurwürde erloschener Kurfürstentümer auf Baden, Hessen-Kassel, Salzburg und Württemberg übertragen, was man auf Münzen durch Veränderung der Titulaturen dokumentierte.

Das Vertragswerk war das letzte große Gesetz des Heiligen Römischen Reichs deutscher Nation, das drei Jahre später durch den Verzicht von Kaiser Franz I. auf die römisch-deutsche Kaiserkrone aufhörte zu bestehen. Fortan nannte sich der Habsburger Kaiser Franz I. von Österreich. Am 6. August 1806 erklärte er, sein Amt nicht mehr ausführen zu können und begründete dies auch mit den territorialen Veränderungen und der Bildung des Rheinbundes. Franz II. entband alle Kurfürsten, Fürsten und Stände von den Pflichten gegenüber ihm, dem gesetzlichen Oberhaupt des Reiches. Der bisherige Kaiser sah sich von allen übernommenen Pflichten gegen das deutsche Reich "losgezählt".

Alles bis in den letzten Winkel geregelt

Einzelheiten über die Abfindungen von einigen tausend Gulden bis zu sehr hohen Beträgen als Entschädigungen für verloren gegangene Territorien sowie Pensionen und andere Zuwendungen sowie große und kleine Gebietsveränderungen wurden im Reichsdeputationshauptschluss präzise festgelegt. Wie sich das liest, möge der Paragraph 3 zeigen: "Dem Könige von Preußen, Kurfürsten von Brandenburg, für das Herzogthum Geldern, und den auf dem linken Rheinufer gelegenen Theil des Herzogthums Cleve, für das Fürstenthum Moeurs, die Bezirke von Sevenaer, Huissen und Malburg, und für die Rhein- und Maaszölle: die Bisthümer Hildesheim und Paderborn; das Gebiet von Erfurt mit Untergleichen, und alle Mainzischen Rechte und Besitzungen in Thüringen; das Eichsfeld, und der Mainzische Antheil an Treffurt. Ferner die Abteyen Herforden, Quedlinburg, Elten, Essen, Werden und Kappenberg, und die Reichsstädte Mühlhausen, Nordhausen und Goslar; endlich die Stadt Münster, nebst dem Theile des Bisthums dieses Namens, welcher an und auf der rechten Seite einer Linie liegt, die unter Olphen und Seperad, Kakelsbeck, Heddingschel, Ghisschinck, Notteln, Hulschhofen, Nannhold, Nienburg, Uttenbrock, Grimmel, Schönfeld und Greven gezogen wird, und von da dem Laufe der Ems folgt, bis auf dem Zusammenfluß der Hoopsteraa in der Grafschaft Lingen."

Hinsichtlich der Reichsstädte legte der Paragraph 27 fest: "Das Kollegium der Reichsstädte besteht in Zukunft aus den freien und unmittelbaren Städten: Augsburg, Lübeck, Nürnberg, Frankfurt, Bremen und Hamburg. Sie genießen in dem ganzen Umfang ihrer respektiven Gebiete die volle Landeshoheit und alle Gerichtsbarkeit ohne Ausnahme und Vorbehalte; jedoch der Appellation an die höchsten Reichsgerichte unbeschadet. Sie genießen, auch selbst in Reichskriegen, einer unbedingten Neutralität. Zu dem Ende sind sie auf immer von allen ordentlichen und außerordentlichen Kriegsbeiträgen befreit, und bei allen Fragen über Krieg und Frieden von allem Antheil an den Reichsberathschlagungen vollkommen und nothwendigerweise entbunden."

Zum Besten des Vaterlands

Aus der Zeit der Revolutionskriege stammen Münzen aus den Bistümern Mainz und Bamberg sowie Frankfurt am Main, die zur Bestreitung an von Kontributionszahlungen an Frankreich aus eingesammeltem Kirchensilber und Edelmetallgegenständen der Bürger und sind mit Aufschriften wie "Zum Besten des Vaterlandes" (Bamberg 1795) oder "Aus den Gefäßen der Kirchen und Bürger" (Frankfurt/Main 1796) versehen. Als 1813 am Beginn der Befreiungskriege in Mecklenburg eine Freiwilligenarmee für den Kampf gegen Frankreich aufgestellt wurde, hat der Herzog Friedrich Franz I. (ab 1815 Großherzog) zu Silberspenden aufgerufen und ist mit gutem Beispiel voran gegangen. Die in einer Auflage von rund 9000 Stück geprägten "Vaterlandsgulden" erinnern an die Spendenfreundlichkeit der Mecklenburger.

Den neuen "Landeskindern" wurde per Dekret mitgeteilt, wer der neue Herr ist. Medailleure hatten alle Hände voll zu tun, den Landerwerb in haltbarem Metall zu verewigen. So entstand eine Serie preußischer Huldigungsmedaillen unterschiedlicher Größe. Auf ihnen ist König Friedrich Wilhelm III. dargestellt, kombiniert mit Allegorien und patriotischen Sprüchen, die die neuen Machtverhältnisse als ehern und gottgewollt charakterisieren. Die Huldigungsmedaillen von 1802 und 1803 kombinieren das königliche Brustbild mit einer sitzenden oder stehenden Borussia, die entweder die Waage der Gerechtigkeit in der Hand hält oder an dem mit Insignien des Handels, Kriegs und der Landwirtschaft geschmückten Altar des Vaterlandes opfert. Die Inschrift "Auch ihnen Schutz und Wohlfahrt" verspricht mehr, als gehalten wurde, denn schon bald wurden die neu erworbenen Territorien in militärische Auseinandersetzungen und wirtschaftliche Krisen hineingezogen. Eine dieser Medaillen verkündet "Erfurth mit dem Staate vereinigt 1803", und weitere Varianten nennen das neu erworbene Eichsfeld sowie Goslar, Hildesheim, Mühlhausen, Münster, Nordhausen und andere Städte.

Dunkle Wolken am Horizont

Bestimmt für das Gefolge des Königs und örtliche Honoratioren, gaukeln die Huldigungsmedaillen Sicherheit und Prosperität des erheblich angewachsenen preußischen Staates vor. Dem war aber nicht so, denn am Horizont zogen bereits dunkle Wolken auf. Am Hof in Berlin und Potsdam träumte man in Überschätzung der eigenen Möglichkeiten von einer "bestimmenden" Rolle Preußens im Konzert der europäischen Mächte. Die Nachfahren Friedrichs des Großen hofften, dass Preußen "Herzstück" einer kontinentalen Dreierallianz mit Russland und Frankreich werden könnte. Friedrich Wilhelm III., ein eher friedlich gesonnener Mann, sah sich zunehmend in einer Zwickmühle, und indem er sich auf die Seite des mit ihm und seiner Gemahlin Luise befreundeten Zaren Alexander I. schlug, blieben schwere Konflikte mit Frankreich nicht aus.

Außer zahlreichen Standeserhöhungen von Herzögen zu Großherzögen, Kurfürsten zu Königen im Zusammenhang mit dem Reichsdeputationshauptschluss von 1803, der Bildung des Rheinbundes und dem Zusammenbruch des Römisch-deutschen Reichs 1806 und weiterer Ereignisse gab es die Gründung neuer Staatengebilde. Vor allem geistliche Fürstentümer und zahlreiche Reichsstädte mussten ihre Souveränität aufgeben und von größerer Monarchien annektiert. Zu den Profiteuren dieser Neuordnung der Landkarte gehörten das Ende 1807 gegründete, zum Teil aus preußischen und hannöverschen Gebieten gebildete Königreich Westphalen, das von Jérôme Bonaparte regiert wurde, und das Großherzogtum Berg, in dem der französische Marschall Joachim Murat als neuer Herzog von Berg und Cleve herrschte, ein Mann, der durch Heirat mit den Bonapartes verwandt war und 1808 König von Neapel wurde.

Russland und England, Österreich und Preußen zeichneten auf dem Wiener Kongress 1814/15 die europäische Landkarte neu und zementierten die feudalen Verhältnisse in Europa. Das bisherige Herzogtum Warschau fiel als so genanntes Kongresspolen im Rang eines Königreichs an das Russische Reich. Der sächsische König, der nach der verlorenen Völkerschlacht bei Leipzig am 18. Oktober 1813 als Gefangener des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III. einige Monate im Berliner Schloss Friedrichsfelde interniert war, musste erheblichen Gebietsabtretungen an Preußen zustimmen. Die 1815 nach dem Wiener Kongress von den Fürsten unter Führung Österreichs, Russlands und Preußens beschlossene Heilige Allianz sorgte für die Restauration der alten Verhältnisse, und so konnte sich Friedhofsruhe über Europa ausbreiten. 1819 wurden auf österreichische Initiative die Karlsbader Beschlüsse gefasst, mit denen Presse- und andere Freiheiten eingeschränkt sowie demokratische Bestrebungen brutal unterdrückt wurden.

3. Dezember 2020

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