Gothaer Schätze von großem Wert
Im Schloss Friedenstein kann man in die Welt der Münzen und Medaillen eintauchen und sehen, was die Herzöge sonst noch sammelten





Das unter Ernst dem Frommen erbaute Schloss Friedenstein in Gotha ist außen unspektakulär gestaltet, bietet aber im Inneren den ganzen Prunk und Bombast barocker Rauminszenierungen auf.



Bis ins späte 19. Jahrhundert hat der Gothaer Medailleur Ferdinand Helfricht die gewaltige Spindelpresse benutzt. Als Denkmal für die erfolgreiche Münz- und Medaillenprägung steht das Gerät in den Arkaden des Schlosses Friedenstein.





Das Gothaer Münzkabinett geht auf Herzog Friedrich II. zurück und gehört zu den bedeutendsten Sammlungen dieser Art in Deutschland. Eine Besonderheit ist der im Schloss Friedenstein original erhaltene Saal mit den barocken Münzschränken und dort aufgestellten Kaiserbüsten. Ein Kupferstich aus dem frühen 18. Jahrhundert zeigt dieses Raumkunstwerk.



Die Medaille von 1712 feiert die Gründung des Gothaer Münzkabinetts mit dem Bildnis des in Münzen und Medaillen verliebten Herzogs.



Im Schlossmuseum werden unter anderem Stempel gezeigt, die im 18. Jahrhundert bei der Medaillenprägung eingesetzt wurde.



Die goldene Prunkmedaille von 1518 ehrt Kaiser Maximilian I. und kam vor einigen Jahren zurück ins Gothaer Münzkabinett.



Der goldene Gnadenpfennig mit dem Porträt Herzog Ernsts des Frommen ist eine aufwändig mit Perlen und Email verzierte Goldschmiedearbeit, die in den Wirren des Zweiten Weltkriegs dem Gothaer Münzkabinett verloren ging, mehrfach die Besitzer wechselte und 2011 von der Londoner Kunsthandlung S. J. Philips kostenlos nach Gotha zurück gegeben wurde.



Zu seinem 60. Geburtstag wurde Behrendt Pick, dem Direktor des Gothaer Münzkabinetts, diese von Bruno Eyermann 1921 geschaffene Medaille gewidmet. Auf der Rückseite hält Minerva, die antike Göttin der Weisheit, ein Modell des Schlosses Friedenstein in der Hand und deutet so auf die Arbeitsstätte des verdienstvollen Numismatikers hin. (Fotos/Repros: Caspar)

Im Schloss Friedenstein zu Gotha ist eines der ältesten deutschen Münzkabinette untergebracht, und hier kann man sich in den original erhaltenen barocken Prunkräumen und weiteren Sälen in aller Ruhe in die von Gothaer Herzögen angehäuften numismatischen Schätze vertiefen. Auf dem Weg dorthin kommt man unter den Schlossarkaden an einer wohl Mitte des 18. Jahrhunderts angefertigten Spindelpresse mit mächtigen Gewichten an den Schwungarmen vorbei, die bei der Herstellung vor allem von Medaillen gute Dienste tat und bis 1892 von dem Gothaer Medailleur Ferdinand Helfricht benutzt wurde. Ein Nachbau dieses Geräts steht im Museum Alte Münze zu Stolberg im Harz und wird heute zur Prägung von Erinnerungsmedaillen eingesetzt.

Das unter der Regentschaft des Herzogs Friedrich II. von Sachsen-Gotha (reg. 1691 - 1732) eingerichtete Münzkabinett gehört zu den führenden Sammlungen in Europa. Im Jahre 1712 kaufte der kunstbegeisterte und prägefreudige Landesfürst für die enorme Summe von 100 000 Talern die berühmte Münzkollektion seines Nachbarn, des in finanzielle Schwierigkeiten geratenen Fürsten Anton Günther II. von Schwarzburg- Arnstadt. Der kunstbegeisterte Her über das kleine Herzogtum Gotha fügte der von seinen Vorfahren übernommenen Münzsammlung das mit vielen Kostbarkeiten bestückte Kabinett aus Schwarzburg-Arnstadt hinzu. Bereits 1730 konnten im ersten gedruckten Katalog der Gothaer Antikensammlung zehntausend Römer aufgelistet werden. Die aus 18 821 Münzen und Medaillen bestehende Kollektion erhielt auf dem Friedenstein ein eigenständiges Münzkabinett, das heute ungeachtet mancher Verluste einen Bestand von 130 000 Münzen und Medaillen besitzt, darunter auch eine namhafte Kollektion von antiken Geldstücken.

Sammlung in Reiseführern der Barockzeit lobend erwähnt

In verschiedenen herzoglichen Prunkräumen wird eine repräsentative Auswahl des Gothaer Münzkabinetts gezeigt. Dem ersten Inventar von 1656 bis 1659 der im Schloss zu Gotha aufbewahrten Kunstwerke kann man entnehmen, dass dort Gemälde, Figuren, gedrehte Sachen aus allerhand Materialien, Trink- und Tafelgeschirr, künstliche Uhrwerke, wissenschaftliche Geräte, Rüstungen und Kleider, Bücher und Handschriften, aber auch Skelette sowie "Mineralia, Vegetabilia und Animalia" aufbewahrt wurden. Natürlich fehlten "alte und neue Münzen und allerhand Antiquitäten fremder Nationen" nicht, und daher nimmt es nicht wunder, dass heute manche kostbaren Gepräge in der Gothaer Raritäten- und Wunderkammer ausgelegt sind.

Das Gothaer Münzkabinett wurde bereits in der Barockzeit in Reiseführern gelobt und als besonders kostbar ausgestattet und reichhaltig sortiert gepriesen. Indem Herzog Friedrich II. die Sammlung aus der Kunstkammer löste und sie der Bibliothek angliederte, schuf er günstige Voraussetzungen für die Forschung, die Bearbeitung und Mehrung des Bestandes, der im 19. und 20. Jahrhundert von namhaften Numismatikern betreut wurde. Unter ihnen befanden sich solch bedeutende Kustoden wie Wilhelm Ernst Tentzel, Christian Schlegel, Christian Liebe, J. C. Pertsch, Behrendt Pick und Walter Hävernick. Bis zur Einstellung von Behrendt Pick im Jahr 1893 standen zumeist Bibliothekare der Münz- und Medaillensammlung vor. Der Professor, der in diesem Fach auch an der Universität Jena Vorlesungen hielt, führte das Gothaer Münzkabinett auf den Höhepunkt seiner Geschichte (siehe Wolfgang Steguweit: Prof. Dr. Behrendt Pick. Einem verdienstvollen Numismatiker und Museumsmann zum 150. Geburtstag. In: Numismatisches Nachrichtenblatt Heft 12/2011, S. 489 f.).

Schmerzhafte Verluste im Zweiten Weltkrieg

In verschiedenen herzoglichen Prunkräumen wird eine repräsentative Auswahl des Gothaer Münzkabinetts gezeigt. Dazu gehören in einem Saal mit Gemälden und Skulpturen der Renaissancezeit Medaillen mit Porträts von Martin Luther und Zeitgenossen sowie solche anlässlich von Kriegen und Religionskämpfen des 16. und 17. Jahrhunderts geprägte Arbeiten. Vertreten sind großartige Künstler wie Hans Reinhardt d. Ä., Friedrich Hagenauer und Christoph Weidanz. Ein paar Schritte weiter kann man exzellent erhaltene Brakteaten des Hochmittelalters aus Thüringen und angrenzenden Regionen betrachten. Sie wurden bereits vor 300 Jahren gesammelt, als sie anderswo noch wertloses "Blech" einzuschmelzen pflegte.

In den Wirren nach dem Zweiten Weltkrieg büßte das Gothaer Münzkabinett manche Rarität ein. Vor allem antike griechische Münzen sowie prächtige Renaissancemedaillen, aber auch kostbare Gepräge aus Gold sowie Renaissancemedaillen und weitere Preziosen wurden vor der einmarschierenden Sowjetarmee im Auftrage des ehemaligen Herzogshauses Sachsen-Coburg und Gotha nach Coburg verbracht, das in der amerikanischen Besatzungszone lag. Später tauchten manche Raritäten in Auktionen in der Schweiz, Österreich und der Bundesrepublik Deutschland auf und gelangten so in private Hand. Die Sowjetunion gab 1959 die meisten Stücke der Münzsammlung nach Gotha zurück, sofern sie nicht in Coburg lagerten, ebenso erging es Teilen der Bibliothek, die im Online-Katalog der Forschungsbibliothek Gotha recherchierbar sind.

An den Stammplatz zurückgekehrt

Der Rückkauf lange vermisster Stücke gelang durch Vermittlung der Osnabrücker Münzhandlung Fritz Rudolf Künker. Dabei kehrten herausragende Goldmünzen an ihren Stammplatz im Gothaer Schloss Friedenstein zurück. Beteiligt an der spektakulären Aktion waren der Freistaat Thüringen, die Kulturstiftung der Länder, die Ernst-von-Siemens-Stiftung und das Kunsthaus Lempertz. Die Heimkehr der Kostbarkeiten war noch in guter Erinnerung, als am 8. November 2011 die Rückführung von 16 000 Münzen und Medaillen aus Coburg nach Gotha als großer Glückstag für Gotha und die Numismatik gefeiert wurde. Trotz des gewaltigen Marktwerts war allen Beteiligten klar, dass die mit Gotha so eng verknüpfte Sammlung nicht zerschlagen werden darf und als Ganzes ins Schloss Friedenstein zurückkehren soll. Besonders interessante und kostbare Stücke wurden in einer Sonderausstellung des Münzkabinetts und in verschiedenen Prunk- und Schauräumen des Schlosses hoch über der thüringischen Residenzstadt gezeigt.

20. Januar 2020

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