Golddiebe zu Gefängnisstrafen verurteilt
Doch viele Fragen zum Einbruch in das Berliner Bode-Museum bleiben weiter offen



Als die Goldmünze von mehreren Männern im Berliner Münzkabinett in eine Vitrine gehievt wurden, konnte niemand wissen, auf welch einfache Weise sie wieder von dort verschwindet. Foto: Reuters



Gleich nach dem Golddiebstahl kursierte im Internet diese an die kriminellen Abenteuer der durch ihre Filme berühmt gewordene Olsenbande aus Dänemark angelehnte Fotomontage.



Das Bode-Museum auf der Berliner Museumsinsel ist gut gesichert und bewacht, dennoch hatte es eine Schwachstelle, die die Diebe ausgenutzt haben.



Dass bei dem Goldklau vor drei Jahren die übrigen Vitrinen in der ständigen Ausstellung des Berliner Münzkabinetts nicht angetastet wurden, hat man dort mit Erleichterung zur Kenntnis genommen. Das Foto zeigt exquisite Gnadenpfennige aus Gold, die als Vorläufer von Ordenskreuzen angesehen werden. Fotos: Caspar

Knapp drei Jahre nach dem spektakulären Diebstahl einer 100 Kilogramm schweren Goldmünze in der Nacht zum 27. März 2027 aus dem Berliner Bode-Museum sind drei Männer von der Jugendkammer des Berliner Landgerichts zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Zwei Männer im Alter von 23 und 21 Jahren aus einem arabischstämmigen Clan wurden wegen Diebstahls zu einer Jugendstrafe von viereinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Die Staatsanwaltschaft hatte höhere Strafen gefordert. Ein 21-jähriger Wachmann aus dem Museum erhielt eine Haftstrafe von drei Jahren und vier Monaten. Er hatte seinen Kumpels Hinweise gegeben, wo und wie man in das Museum unbemerkt eindringen und dann wieder verschwinden kann. Der Coup war gründlich geplant.

Die Diebe stiegen nach Darstellung der Anklage durch ein Fenster in die Herren-Umkleidekabine des nahe an einer S-Bahnstrecke gelegenen Bode-Museums ein. Weit nach Mitternacht hatten sie die Vitrine zertrümmert, in der der Goldgigant aufgestellt war. Ihre Beute brachten die Diebe mit Rollbrett, Seil und Schubkarre über S-Bahngleise bis zu einem Fluchtwagen. Die Vitrine war nicht speziell gesichert, möglicherweise weil man im Museum davon ausging, sie könne schon allein wegen ihres enormen Gewichts von 100 Kilogramm nicht vom Platz bewegt werden. Die in einer Stückzahl von nur fünf Exemplaren in einem aufwändigen Verfahren durch Fräsen und nicht durch Prägen, wie man manchmal liest, in Kanada hergestellte Goldmünze "Big Maple Leaf" hatte damals einen Goldwert von knapp 3,75 Millionen Euro. Man geht davon aus, dass sie zerkleinert und das Gold stückweise verkauft wurde.

Ungesichertes Garderobenfenster

Offensichtlich wurde der Diebstahl durch Sicherheitsmängel begünstigt. So war die Alarmanlage des Fensters im zweiten Stock defekt, über das die Diebe in das Museum eindrangen. Die Öffnungs- und Verschlussüberwachung sei für mehrere Tage deaktiviert gewesen, räumte ein für Sicherheitsfragen zuständiger Mitarbeiter der Staatlichen Museen im Prozess ein. Seit 2014 habe es immer wieder technische Probleme mit dem Fenster gegeben. Bei der Spurensuche aufgefundene winzige Reste von hochfeinem Gold konnten den Tätern zugeordnet werden. Die Diebe haben im Münzkabinett der Staatlichen Museen Preußischer Kulturbesitz nichts weiter angefasst. Hätten sie dort die Vitrinen zerstört und numismatische Kostbarkeiten gestohlen, wäre der Schaden noch viel größer gewesen. Allerdings wäre es den Tätern schwer gefallen, die Beute zu verkaufen, da die numismatischen Kostbarkeiten bekannt und registriert sind. Mitglieder der Großfamilie, zu der die in Berlin angeklagten Brüder und ihr Cousin gehören, sind seit Jahren im Visier der Ermittler. Im Sommer 2018 wurden 77 Immobilien beschlagnahmt, die dem Clan zugerechnet werden. Die Ermittler vermuten, dass Wohnungen und Grundstücke auch mit Geld gekauft wurden, das aus einem Bank-Einbruch vom Oktober 2014 stammt. Ungeklärt ist bisher, ob und wie der Boris Fuchsmann, der Leihgeber des Goldgiganten, entschädigt wird. Statt geforderter 3,7 bis 4 Millionen Euro hat der Düsseldorfer Immobilienentwickler und Kunstsammler von der Versicherung bisher nur 800 000 Euro bekommen. Man darf gespannt sein, wie sich die Angelegenheit in einem Zivilprozess weiter entwickelt, in dem es um die restlichen Millionen geht. In dem Verfahren muss geklärt werden, wer für den Schaden. Die Allianz Versicherung weigert sich mit dem Hinweis, dass das teure Ausstellungsstück nicht ausreichend gesichert war, das mit einem Vierkantschlüssel leicht zu öffnende Garderobenfenster sei die Achillesferse gewesen, und dies hätten die Diebe schamlos ausgenutzt. Wie Fuchsmann erklärte, sei er gern auf das Angebot eingegangen, die bei einer Auktion erworbene Riesenmünze im Bode-Museum kostenlos auszustellen. Zuhause sei sie denn doch zu unsicher gewesen. Mit Blick auf den Münzen-Diebstahl und den Prozess forderte der Bund Deutscher Kriminalbeamter ein stärkeres Vorgehen gegen Clan-Kriminalität. "Zweifelsfrei ist die Clankriminalität in all ihren Facetten ein Paradebeispiel für völlig misslungene Integration", sagte BDK-Chef Sebastian Fiedler. "Es wird Jahre dauern und eines riesigen gesellschaftlichen Kraftaktes bedürfen, um diese Kriminalität ansatzweise in den Griff zu bekommen."

Spektakulärer Münzklau anno 1718

Man muss lange in die Geschichte zurück gehen, um einen ähnlich dreisten Coup zu finden. Der wurde vor über 300 Jahren ruchbar, und die Diebe wurden 1718 besonders grausam vom Leben zum Tod befördert. Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. war außer sich, als er hörte, dass Schlosskastellan Valentin Runck und Hofschlosser Daniel Stieff ihre Vertrauensstellungen schamlos für ihre Zwecke ausgenutzt hatten. Ungeniert bedienten sie sich an goldenen und silbernen Kostbarkeiten und verkauften sie, unvorsichtig wie sie waren, an Berliner Juweliere und andere Personen. Zum Diebesgut gehörten Goldstücke aus der königlichen Münzsammlung. Einer der Käufer zeigte die Medaillen dem Bibliothekar und Direktor des königlichen Münzkabinetts Maturin Veyssière de La Croze, der den Diebstahl dem König meldete. Friedrich Wilhelm I. ließ den Hofschlosser verhaften. Stieff hatte sich durch "Verkaufung" etlicher Medaillen und eingeschmolzenen Goldes verdächtig gemacht, heißt es in einer Chronik, weshalb er "gefänglich" eingezogen wurde. Unter Folter mühte sich der Gefangene, seine Schuld auf andere abzuwälzen. Er behauptete sogar, die Goldstücke auf der Straße gefunden zu haben. Es dauerte nicht lange, bis auch der Komplize Runck in den Blick der Justiz geriet.

Grausame Folter und Hinrichtung

Der Schlossverwalter wurde verhaftet und bekannte nach den Worten des Chronisten Fassmann, "dass er mit dem Hofschlosser viele Medaillen und andere Kostbarkeiten aus den königlichen Zimmern, Spinden und Schränken, Kisten und Kästen gestohlen; wie sie dann auch gesonnen gewesen, den Diebstahl noch weiter miteinander fortzusetzen". Nach Ermittlungen der Justiz sollen Runck 31182 Taler und 300 Dukaten und Stieff 13718 Taler und 500 Dukaten aus dem preußischen Staatsschatz sowie Seidenstoffe, Tischzeug und andere Stücke aus königlichem Besitz erbeutet haben. Die zum Tod verurteilten Verbrecher wurden auf dem Weg zum Hinrichtungsort besonders gequält. Priester redeten der zur öffentlichen Hinrichtung erschienenen Menschenmenge ins Gewissen. Sie sahen zu, wie die beiden Leichen zur allgemeinen Abschreckung an den höchsten eisernen Galgen hinaufgezogen und mit eisernen Ketten daran fest gemacht. Die Frauen der Exekutierten hat man in die Spandauer Zitadelle zur Zuchthausarbeit gebracht. Man warf ihnen vor, dass sie ihre Männer wegen der Diebstähle nicht angezeigt hatten.

Nachtrag vom 1. März 2020: Die Anwälte der in der vergangenen Woche zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilten Diebe der Goldmünze aus dem Bode-Museum haben Revision gegen das Urteil eingelegt. Jetzt muss sich der Bundesgerichtshof mit dem spektakulären Fall befassen. Bis heute ist die 100 Kilogramm schwere "Big Maple Leaf" aus 99, 999-prozentigem Gold, die in der Nacht zum 27. März 2017 gestohlen worden war, verschwunden. Ob auch die Staatsanwaltschaft in Revision gehen wird, ist nicht bekannt. Schließlich waren die Strafen für die drei Angeklagten geringer ausgefallen, als von ihr beantragt. Der vierte Mann, für den sie fünf Jahre Haft beantragt hatte, wurde sogar freigesprochen.

21. Februar 2020

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