Was ist selten, was ist häufig?
Die Einstufung numismatischer Raritäten hängt von verschiedenen Faktoren ab



In nur zwei Exemplaren geprägt, gehört der Goldkronacher Dukat von 1803 zu den Top-Raritäten der preußischen Münzgeschichte.



Der kleine Stern auf der Vorderseite des 1887 in Muldenhütten bei Freiberg macht aus dem Zwanzigpfennigstück eine große Seltenheit.



Obwohl in sehr hoher Auflage in Muldenhütten geprägt, ist das Fünfzigpfennigstück von 1925 sehr selten und wird daher auch gefälscht.



Als Probe ausgewiesen ist die in wenigen Stücken hergestellte Zehnmarkmünze der DDR von 1981 mit der Wiedergabe eines brandenburgischen Goldguldens. (Fotos: Caspar)

Mitunter wird die Frage gestellt, wonach sich der Seltenheitsgrad von Münzen und Medaillen richtet. Was etwas schwammig als Rarität bezeichnet wird und was als häufig gilt, hängt vom, Zeitgeist und anderen Faktoren ab. Bei Münzhändlern in Deutschland ist es üblich, Seltenheiten nach R, RR, RRR und RRRR einzustufen. Dabei muss man beachten, dass in hohen Auflagen geprägte Münzen heute aufgrund später veranlasster Einschmelzungen selten sein können. Diese Aktionen gab es im 19. Jahrhundert, als neue Vereinsmünzen ausgegeben und alte Taler, Groschen und andere Nominale massenhaft eingezogen und als Ausgangsmaterial für neues Hartgeld verwendet wurden. Das galt auch für die Zeit nach der Reichseinigung von 1871, als man Silber und Gold für die neue, Mark genannte Einheitswährung benötigte. Zum Glück blieben bei diesen Maßnahmen noch genügend Geldstücke übrig, sonst hätten Münzfreunde nichts mehr zu sammeln, und auch beim Handel sähe es ziemlich trübe aus.

Viele ältere Seltenheitsangaben sind nicht mehr aktuell und müssen heutigen Gegebenheiten angepasst werden, weil hin und wieder Stücke auftauchen, die man aus Unkenntnis als Rarität betrachtet hat, obwohl sie es eigentlich nicht sind. Umgekehrt können Münzen, die man lange als selten oder gar einmalig betrachtet hat, diesen exklusiven Status verlieren, etwa wenn sie in größerer Zahl etwa bei Ausgrabungen ans Tageslicht kamen und damit auch auf den Markt gelangt sind.

Die Bewertung R bis RRRR oder selten, sehr selten, äußerst selten, von großer Seltenheit und von größter Seltenheit berücksichtigt, wie oft ein bestimmtes Stück im Münzhandel angeboten und verkauft wird und wie hoch nachgewiesenermaßen seine Auflage war. Im Internet und auf speziellen Plattformen sowie in Münzkatalogen kann man sich gut darüber informieren, was selten und was nicht selten ist. Sammlern und Händlern steht zu all diesen Fragen umfangreiches Statistikmaterial zur Verfügung. Bei der Angabe Unikat ist die Lage klar, weil es von dem betreffenden Stück nur eines gibt. Wenn ein weiteres auftaucht, gilt diese Sonderstufe nicht.

Kleinauflagen sind begehrt, aber man muss wissen, dass eine in wenigen Stücken hergestellte Medaille billig zu bekommen ist, weil sich kaum jemand für sie interessiert. Hingegen muss man für Münzen viel Geld hinblättern, wenn sie wie die Ausgaben der Kaiserzeit und der Weimarer Republik in der Sammlergunst ganz oben stehen. Das Fünfzigpfennigstück aus dem Jahr 1925 hat man in hoher Auflage geprägt, doch es wurde nicht ausgegeben und bald wieder eingezogen. So avancierte ganz normale Kleinmünzen zu teuren und seltenen Sammlerstücken, die auch noch gefälscht wurde und wird. Es ist nicht ungewöhnlich, dass Massenware hohe Preise erzielt, vor allem wenn sie in exzellenten Erhaltungen angeboten wird.

Was sich unterhalb von R, RR, RRR oder auch RRRR befindet, wird in den Katalogen nicht extra ausgewiesen. Wo es möglich ist, liest man dort Angaben wie "Auflage 1000 oder 100", sofern dies durch Münzakten belegt ist. Allerdings kann man nur bedingt solchen Unterlagen und Gesetzestexten trauen, denn es kommt auch vor, dass eine Auflage offiziell mit 100 000 angegeben wird, tatsächlich aber hat man von ihr mehr oder weniger hergestellt. Sammler von DDR-Münzen kennen diese erst nach dem Ende des zweiten deutschen Staats bekannt gewordenen Abweichungen von der Norm. Zu ihnen kommen Probemünzen, die in der Regel sehr selten sind und teuer bezahlt werden müssen.

Auflagezahlen spielen bei der Beurteilung der Frage "Selten oder häufig" einer Rolle, aber sie sind nicht das einzige Kriterium, denn es müssen immer auch Einschmelzungen sowie Verluste durch Kriegsereignisse und aus anderen Gründen berücksichtigt werden. Sodann hat man früher Taler und Dukaten viel lieber als Andenken aufgehoben als die geldhistorisch nicht minder wichtigen Kleinmünzen, die man eher dem Schmelztiegel überantwortet hat. Einstufungen nach Seltenheit hängen auch von Numismatikern ab, denen bestimmte Stücke in ganz geringer, ja einmaliger Form in die Hände gelangt sind, weshalb sie zur Bewertung R bis RRRR oder ähnlich kommen. Bei dem etwas undurchsichtigen Problem könnte man mit Albert Einstein sagen: "Alles ist relativ, drei Haare in der Suppe sind relativ viel, drei Haare auf dem Kopf aber relativ wenig."

13. Februar 2020

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