Stephanskrone mit schiefem Kreuz
Beziehungen zwischen Österreich und Ungarn waren nicht immer friedlich und freundschaftlich



Das Foto zeigt die ungarische Stephanskrone korrekt mit schief stehendem Kreuz.



Die Medaille der Münze zu Kremnitz aus der Zeit um 1900 zeigt die Patrona hungariae im Schmuck der Landeskrone.





Das ungarische Landeswappen ist auf dem goldenen Hundertkronenstück von 1907 zur Fünfzigjahrfeier der Königskrönung dargestellt. Dort ist Kaiser Franz Joseph mit der Tracht und den Insignien der ungarischen Könige abgebildet.



Die Ausgabe von 1938 wurden in der faschistischen Ära unter Admiral Horthy, der sich als Reichsverweser des Königreichs Ungaren mit vakantem Thron aufspielte und als Kollaborateur mit Hitlerdeutschland unrühmlich in die Geschichte einging.



Die probeweise geprägte Münze zu 500 Forint von 1992 mit dem die Erde umkreisenden Satelliten Telestar 1 ist mit der Stephanskrone geschmückt.



In der österreichischen Goldserie zu 100 Euro kombiniert die Ausgabe von 2010 die reitende Maria Theresia als Königin von Ungarn mit der Ansicht der Krone mit dem schiefen Kreuz



Das austrofaschistische Regime unter Engelbert Dollfuß und Kurt von Schuschnigg verzichtete in den 1930er Jahren auf Sichel und Hammer in den Klauen des österreichischen Wappenadlers und gab ihm die beiden Köpfe samt Heiligenschein aus der Kaiserzeit zurück.



Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs verwendet die Republik Österreich analog zur Zeit nach 1918 den einköpfigen Adler der zerbrochenen Kette als Zusatz. (Fotos/Repros: Caspar)

Die ungarische Stephanskrone hat seit ewigen Zeiten ein leicht zur Seite geneigtes Kreuz. Dafür gibt es unterschiedliche Begründungen und Mutmaßungen. Eine Version lautet, dass das kostbare Diadem in Krisenzeiten eilig in Sicherheit gebracht wurde und beim Einpacken das Kreuz etwas verbogen wurde. Das ist schwer vorstellbar, denn bei einem solchen Kronjuwel hat man sicher besondere Vorsicht walten lassen. Fest steht aber, dass der Zustand sehr alt ist und man im Mittelalter davon Abstand nahm, die Krone zu reparieren und das Kreuz wieder ins Lot zu bringen. Die Pietät gebot wohl, den Zustand so zu belassen, wie er gerade ist. Die im ungarischen Parlamentgebäude ausgestellte Stephanskrone genießt mit dem Reichsapfel und dem Zepter großes Ansehen und ist Teil des ungarischen Wappens. Nur der war rechtmäßiger König von Ungarn, der mit diesem Symbol für die Einheit und Stärke des Landes gekrönt wurde. Im Jahr 1000 soll Papst Silvester II. die ursprüngliche, später verloren gegangene Stephanskrone an den zum Christentum übergetretenen König Stephan I. von Ungarn für dessen Krönung übersandt haben. Der Heilige Vater verlieh ihm außerdem den Titel Apostolischer König, den alle späteren Landesherren bis zum Ende der k. und k. Monarchie 1918 führten.

Die Krone ist seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf zahlreichen Münzen und Medaillen des Landes abgebildet, von Zeiten abgesehen, da Ungarn Volksrepublik unter kommunistischer Herrschaft war. Dank einer vorsichtigen Nationalitäten- und Wirtschaftspolitik vor allem unter der römisch-deutschen Kaiserin und ungarischen Königin Maria Theresia und ihres Sohns Joseph II. erholte sich das durch die Türkenkriege und andere gewalttätige Ereignisse geschlagene Land im Verlaufe des 18. Jahrhunderts und konnte sogar seine Bevölkerungszahl von 3,5 Millionen Einwohnern durch wirtschaftlichen Aufschwung und auch durch Ansiedlung von Ausländern auf mehr als neun Millionen vergrößern.

Unbändiger Drang nach Freiheit und Unabhängigkeit

Allerdings herrschte selbst in der Zeit der Aufklärung kein wirklicher innerer Frieden im Land der Magyaren. Mal ließen die Habsburger und ihre Statthalter die Zügel locker, mal zogen sie sie wieder an und schürten die Spannungen etwa indem Deutsch zur Amtssprache erklärt und das Ungarische diskriminiert wurde. Angesichts des unbändigen Drangs nach Freiheit und nationaler Unabhängigkeit war es nur eine Frage der Zeit, dass sich im 19. Jahrhundert ungarische Militärs und Politiker, Künstler und Intellektuelle für eine Loslösung von der österreichischen Vorherrschaft und die Herstellung nationaler Eigenständigkeit einsetzten und dies auch mit Waffengewalt durchzusetzen versuchten. Hoffnungsvoll begann zunächst das Revolutionsjahr 1848, als sich die habsburgische Kaiserherrschaft zu Zugeständnisse an die Ungarn hinsichtlich einer bürgerlich-demokratischen Umgestaltung und größerer Eigenständigkeit des Landes genötigt sah. Doch wurden bereits 1849 diese Errungenschaften rückgängig gemacht. Österreichische Truppen rechneten mit russischer Unterstützung blutig mit den Anführern des Aufstandes ab.

Der inneren Zustände in Ungarn wurden mit der Zeit immer unerträglicher. Nach dem Italienischen Krieg von 1859 sahen sich Kaiser Franz Joseph und seine Regierung gezwungen, auf die Wünsche des Nachbarlandes einzugehen. Mit dem Oktoberdiplom vom 20. Oktober 1860 wurde die alte Verfassung Ungarns aus der Zeit vor 1848 im Wesentlichen wiederhergestellt. Ein neues Wahlgesetz erlaubte die Vertretung aller Stände. Außerdem wurden die ungarische Hofkanzlei und eine eigene Justizverwaltung wiederhergestellt und Ungarisch als Amtssprache zugelassen. Kaiserin Elisabeth, die aus Bayern stammende Gemahlin von Franz Josef, lernte sogar die Sprache des Nachbarlandes und unterhielt zu dort ansässigen Magnaten freundschaftliche Beziehungen. In den kitschig-bunten "Sissi"-Filmen der 1960er Jahre kommt die Monarchin als liebenswürdige Landesmutter und Freundin der Ungarn daher, die ihren Mann veranlasst, die Zügel dort locker zu lassen.

Prunkvolle Königskrönung in Budapest

In der Tat zog Wien auswärtige, bei den Ungarn verhasste Beamte ab, und die von Österreich dem Land oktroyierten Gesetze wurden aufgehoben. Allerdings genügten diese Zugeständnisse den Magyaren nicht. Sie verlangten die völlige Wiederherstellung der alten Rechte mit Einschluss der Gesetze von 1848 und eine Amnestie für alle, die sich den kaiserlichen Wünschen nicht gebeugt hatten. Im Februar 1861 sah sich die k. und k. Regierung in Wien genötigt, mit der Verkündung einer neuen Verfassung für den Gesamtstaat auch den Landtag in Budapest einzuberufen. Nach langen Debatten gelang es, den Einfluss der Habsburgermonarchie auf Ungarn in eine Personalunion zu verwandeln. Am 17. Februar 1867 wurde der mit der Kaiserin befreundete Graf Gyula Andrássy von Franz Joseph I. zum ungarischen Ministerpräsidenten berufen. Der ungarische Reichstag wurde bald darauf wiederhergestellt, und der Graf leistete mit seiner Regierung Franz Joseph als König von Ungarn den Treueid. Der österreichisch-ungarische Ausgleich trat noch im gleichen Jahr in Kraft. In Budapest fand eine prunkvolle Krönung des österreichischen Kaiserpaars zum König und Königin von Ungarn statt.

Unter dem Zwang der Verhältnisse musste Kaiser Karl I., der 1916 die Nachfolge des greisen Franz Joseph I. angetreten hatte, am 11. November 1918 eine Erklärung mit diesen im Stil feudalabsolutistischer Verlautbarungen abgefassten Sätzen unterschreiben: "Nach wie vor von unwandelbarer Liebe für alle Meine Völker erfüllt, will Ich ihrer freien Entfaltung Meine Person nicht als Hindernis entgegenstellen. Im Voraus erkenne Ich die Entscheidung an, die Deutschösterreich über seine künftige Staatsform trifft. Das Volk hat durch seine Vertreter die Regierung übernommen. Ich verzichte auf jeden Anteil an den Staatsgeschäften. [...] Das Glück Meiner Völker war von Anbeginn das Ziel Meiner heißesten Wünsche. Nur der innere Friede kann die Wunden dieses Krieges heilen". Die verklausulierten Formulierungen wurden von der sozialdemokratisch dominierten Nationalversammlung in Wien, der Regierung und von vielen Österreichern als Thronverzicht gewertet, waren aber von Karl dem Letzten, die man ihn nannte, so nicht gemeint.

Neuerscheinung in der europäischen Familie

Im Ergebnis des Ersten Weltkriegs zerbrach der von den Habsburgern beherrschte Vielvölkerstaat und büßte seine herausragende Stellung in Mittel- und Osteuropa ein. Seiner ihm ganz oder teilweise angeschlossenen Länder wie Böhmen, Ungarn, Kroatien, Slowenien, Bosnien-Herzegowina, Rumänien, Ukraine und Polen verlustig gegangen, wurde Österreich im November 1918 in eine Republik umgewandelt. Nachdem dort, im Deutschen Reich und anderen Ländern die Kronen gepurzelt waren, mussten auch neue Siegel, Fahnen, Briefmarken, Münzen, Medaillen, Geldscheine und Auszeichnungen neu gestaltet werden. Wenig bekannt ist, dass sich die offiziell am 12. November 1918 ausgerufene und gegenüber der k. und k.- Monarchie deutlich verkleinerte Republik anfangs Deutsch-Österreich beziehungsweise Deutschösterreich nannte und sich als Teil des Deutschen Reichs bezeichnete. Gegen die Vereinigungsbestrebungen in beiden Ländern schritten die Siegermächte des Ersten Weltkriegs ein und verboten im Vertrag von St. Germain auch den Namen Deutschösterreich, das fortan Republik Österreich hieß. Erst durch den von österreichischen Nationalsozialisten vorangetriebenen "Anschluss" des Landes durch Hitler an das Deutsche Reich wurde 1938 dieses Ziel erreicht. Viele zu Bewohnern der zur "Ostmark" herab gestuften Österreicher haben es schon bald bereut, im März 1938 frenetisch "Ja" zur Bildung des Großdeutschen Reichs gerufen zu haben.

Adler mit einem und mit zwei Köpfen

Österreich, die ihres Kaisers verlustig gegangene "Neuerscheinung" in der europäischen Länderfamilie, legte sich nach dem Ersten Weltkrieg neue Symbole zu. Bei der Flagge konnte man sich schnell auf die traditionellen Farben rot-weiß-rot einigen. Schwieriger war die Entwicklung eines neuen Staatswappens, das sich radikal vom bisher gebrauchten kaiserlichen Doppeladler mit Krone, Zepter, Reichsapfel, dreigeteiltem Brustschild und Ordenskette unterscheiden sollte. Im Gesetz über das deutsch-österreichische Staatswappen vom 8. Mai 1919 wird das neue Symbol als freischwebender, einköpfiger, schwarzer, golden gewaffneter und rot bezungter Adler beschrieben, "dessen Brust mit einem roten, von einem silbernen Querbalken durchzogenen Schildchen belegt ist. Der Adler trägt auf dem Haupte eine goldene Mauerkrone mit drei sichtbaren Zinnen, im rechten Fange eine goldene Sichel mit einwärts gekehrter Schneide, im linken Fange einen goldenen Hammer". Die Verwendung der Farben Schwarz, Rot und Gelb (Gold) war kein Zufall, sondern eine Hommage an das neue Deutsche Reich, das nach der Novemberrevolution 1918 die kaiserlichen Farben Schwarz, Weiß und Rot abgelegt und die Farben der Demokratie- und Studentenbewegung nach den Befreiungskriegen von 1813 bis 1815 sowie aus der Revolution von 1848/49 zur Staatsflagge erhoben hatte.

Das in den 1930er Jahren an die Macht gekommene austrofaschistische Regime veränderte den Landesadler, der wie zur Zeit der Habsburger wieder zwei Köpfe mit Heiligenscheinen erhielt und dem Sichel und Hammer genommen wurden. Damit sollte an alte, vermeintlich glanzvolle Zeiten erinnert und der Bezug zu christlichen Werten betont werden, was immer man darunter verstand. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieg stellte die zeitweise von Truppen der alliierten Siegermächte besetzte, seit 1955 wieder souveräne Republik Österreich ihr Landeswappen von 1918 wieder her, freilich mit einer bezeichnenden Veränderung, denn der Adler hat mit seinen Klauen die Ketten gesprengt, mit denen das Land seit 1938 an das Deutsche, von den Nazis beherrschte Reich geschmiedet war. .

3. Januar 2020

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