Dukaten, Taler, Kronen und Heller
Ihre staatliche und kulturelle Eigenständigkeit mussten die Tschechen und Slowaken immer wieder neu erkämpfen



Der Welsche Hof in Kuttenberg (Kutná Hora) ist auf der Eisenplakette in seiner ganzen Pracht dokumentiert.



Die in Kuttenberg von mehreren Herrschern geprägten Prager Groschen waren sehr beliebt und wurden überall in Europa nachgeahmt.





Kaiser Franz Joseph feierte 1887 die nach der Schutzheiligen der Bergleute benannte Barbarakirche von Kuttenberg auf einem Doppelgulden. Bemerkenswert sind die im 19. Jahrhundert freigelegten Fresken von Münzarbeitern bei der Hammerprägung.



Die Medaille von 1929 feiert tausend Jahre Christianisierung in Böhmen, darunter ein Kremnitzer Katharinendukat von 1934 mit Bergbauszenen.



Die silberne Ausgaben zu 100 Kronen von 1948 feiern 600 Jahre Karlsuniversität in Prag und von 1949 den 70. Geburtstag des sowjetischen Diktators Josef Stalin, dem in den Ländern hinter dem Eisernen Vorhang skrupellose Kommunisten als willige Helfer zu Gebote standen.



Mit einem Fünfzigkronenstück erinnerte die CSSR 1978 an 650 Jahre Münzprägung in Kremnitz.



Der 600. Todestag von Karl IV. war 1978 die Prägung dieses Fünfdukatenstücks aus Gold wert. Analog zum mittelalterlichen Siegel zeigt es den stehenden Kaiser und König von Böhmen und vor ihm den Heiligen Wenzel als Patron von Böhmen, der die Gründungsurkunde der Prager Universität empfängt. (Fotos/Repros: Caspar)

Die Tschechische Republik hat eine lange, wechselvolle Geschichte und kann auch auf eine in Mittelalter zurück reichende umfangreiche Münzprägung verweisen. Vorgängerstaat des Landes mit heute 10,28 Millionen Einwohnern auf einer Fläche von 78 866 Quadratkilometern war das durch Personalunion mit den Trägern der deutschen Kaiserkrone aus dem Hause Habsburg verbundene Königreich Böhmen. Seit dem 15. und 16. Jahrhundert haben die Tschechen gegen die habsburgische Dominanz aufbegehrt und - vergeblich - einen eigenen souveränen Staat angestrebt. Erst Ende des Ersten Weltkriegs gelang die Trennung vom österreich-ungarischen Vielvölkerstaat. Die Unabhängigkeit der am 28. Oktober 1918 proklamierten Tschechoslowakischen Republik mit der Hauptstadt Prag hatte nur 20 Jahre Bestand.

Der Befreiung des 1939 von deutschen Truppen besetzten und von der Gestapo und SS terrorisierten Landes durch die Rote Armee folgte die Ausweisung der deutschen Bevölkerung und 1948 die Errichtung einer von der Kommunistischen Partei beherrschten Volksdemokratie, die sich Tschechoslowakische Sozialistische Republik (CSSR) nannte. Dem stalinistischen Regime fielen zahlreiche Menschen zum Opfer, und wer konnte, verließ das Land. Versuche, dem ganz und gar auf den "großen sowjetischen Bruder" ausgerichteten Sozialismus in der CSSR ein "menschliches Gesicht" zu geben, scheiterten 1968, als Truppen des Warschauer Vertrags mit Sowjettruppen an der Spitze den reformorientierten "Prager Frühling" unter der Führung des Kommunisten Alexander Dubcek blutig niederschlugen. Gut zwanzig Jahre später erlangte das Land nach der Auflösung des von Moskau dominierten Ostblocks mit der "samtenen Revolution" auf friedlichem Weg ihre lang ersehnte Freiheit und konnten an den Aufbau demokratischer Verhältnisse gehen. Die Gemeinsamkeiten der Tschechen und Slowaken hatten wenig Bestand. Am 1. Januar 1993 bildeten sie einen jeweils eigenen Staat mit eigener Münzprägung.

Prager Groschen aus Kuttenberg

Das Auf und Ab in der Landesgeschichte spiegelt sich in der Münzprägung wider. Überschaut man die großen, in Prag, Kremnitz und anderen Prägeanstalten produzierten Geldmengen, so fällt eine nur aus der Kombination von Herrscherbild und kaiserlichem Doppeladler bestehende Gleichförmigkeit auf. Während sich die Habsburger erst unter dem von 1848 bis 1916 regierenden Kaiser Franz Joseph eine Gedenkmünzenprägung leisteten, blühte die Medaillenkunst in der Habsburgermonarchie im 16. Jahrhundert auf und brachte viele prächtige Stücke anlässlich von Krönungen sowie Hochzeiten und Sterbefällen in der Herrscherfamilie, aber auch über Themen wie Krieg und Frieden, Bauwesen und Wirtschaftsförderung hervor. Der Münzhandel hält ansehnliche Belegstücke aus allen Kategorien bereit. Allerdings wird für manche Prunkprägung viel Geld verlangt und bezahlt, und das vor allem, wenn sie aus Gold bestehen.

Große Bedeutung erlangten in Böhmen und darüber hinaus die ab 1300 geprägten Prager Groschen. Münzstätte war die rund 70 Kilometer von der Hauptstadt Bergstadt Kutná Hora (Kuttenberg). Hier, in der Stadt der Prager Groschen, ließ König Wenzel II. aus der Ausbeute der Silbergruben nach französischem Vorbild massenhaft mit Krone und böhmischem Löwen geschmückte Silbermünzen herstellen. Schatzfunde weitab vom Ursprungsland unterstreichen die Beliebtheit und weite Verbreitung dieser hochwertigen und vielfach nachgeahmten Geldstücke mit der Aufschrift GROSSI PRAGENSES. Im spätgotischen "Welschen Hof" im Herzen von Kuttenberg beschäftigten die böhmischen Könige ausländische ("welsche"), vorwiegend italienische Spezialisten, die sich besonders gut auf die Metallverarbeitung und das Münzenprägen verstanden. Die burgenartige Anlage mit den ehemaligen Werkstätten und einem kleinen Museum ist ein beliebter Touristenmagnet; die ganze Stadt steht seit 1996 auf der Unesco-Liste des Weltkulturerbes. Interesse verdienen einige im 19. Jahrhundert freigelegte Wandmalereien in der Barbarakirche. Sie schildern die schwere Arbeit der Münzpräger am Amboss und heben ihre besondere Stellung in der mittelalterlichen Ständegesellschaft hervor.

Bedeutende Silberfunde im Erzgebirge

Bedeutende Silberfunde brachten im Erzgebirge eine reiche Münzprägung hervor. Die Kurfürsten von Sachsen verwandelten in ihren Geldschmieden das dort geschürfte Edelmetall in klingende Münze. Aufgrund ihres immensen Reichtums leisteten sie sich eine prächtige Hofhaltung und ließen großartige Kirchen und Schlösser bauen. Die in der böhmischen Bergstadt Sankt Joachimsthal (heute: Jachymov) nach 1519 von den Grubenbesitzern, den Grafen Schlick, nach dem Vorbild der sächsischen Klappmützentaler geprägten schweren Silbermünzen mit dem Bildnis des Heiligen Joachim und dem böhmischen Löwen wurden als Joachimsthaler, Thaler oder nur Taler weithin bekannt und nachgeahmt. Der Erfolg der Joachimsthaler und die hohen Gewinne aus der Vermünzung des erzgebirgischen Silbers weckten Begehrlichkeiten. Da die Berechtigung der Grafen Schlick zur Ausmünzung unklar war, eignete sich König Ferdinand von Böhmen, ein Bruder von Kaiser Karl V. und dessen Nachfolger, das Prägerecht an, und so wurden in Joachimsthal große Mengen von Talern und Talerteilstücken mit dem Bildnis und Titel der römisch-deutschen Kaiser und böhmischen Könige geprägt.

Als große Teile des Königreichs der Ungarn von den Türken besetzt waren, diente Pressburg, das heutige Bratislava, den Habsburgern als ungarische Residenz- und Krönungsstadt. Im Zusammenhang mit der zunehmenden Dominanz der Ungarn gegenüber den Slowaken entstand in den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts eine Nationalbewegung, die Forderungen nach Installierung eines eigenen Landtages in Pressburg und dem ungehinderten Gebrauch der slowakischen Sprache erhob, nicht aber durchsetzen konnte. Die von der Regierung der Doppelmonarchie in Wien und Budapest betriebene Magyarisierung verstärkte die Abneigung der Slowaken gegen die sich als Herren im fremden Land aufspielenden Ungarn. Die Erinnerung daran belastet auch heute noch das Verhältnis zwischen beiden Staaten.

Souveränität nach dem Ende der Habsburgermonarchie

Nach dem Ende der Habsburgermonarchie 1918 ergriffen deren Nachfolgestaaten die Möglichkeit, ihre neu gewonnene Freiheit auch durch Münzen und Medaillen zu dokumentieren. Die tschechoslowakische Münzprägung zeichnet sich durch großen Bilderreichtum aus. Das aus dem aufsteigenden böhmischen Löwen mit dem slowakischen Doppelkreuz auf der Brust gebildete Landeswappen wurde mit Politikerbildnissen und Motiven aus der böhmischen Geschichte sowie Symbolfiguren für den Aufbau und die wirtschaftliche Entwicklung kombiniert. Mit einer Serie von Goldmünzen hat man auch den als Landespatron verehrten Heiligen Wenzel gewürdigt. Sein Reiterdenkmal schmückt den Wenzelsplatz im Herzen von Prag. Heller- und Kronenmünzen mit deutschen und tschechischen Aufschriften stammen aus der deutschen Besatzungszeit.

Die tschechoslowakischen und - ab 1993 - tschechischen Münzen zeichnen sich durch großen Bilderreichtum aus und bilden ein interessantes Sammelgebiet. Porträts berühmter Persönlichkeiten wie des Reformators Hus, des Predigers und Bischofs der Brüdergemeinde Komensky (Comenius), des 1634 ermordeten kaiserlichen Feldherrn Wallenstein, des Baumeisters Parler, des Komponisten Smetana, des Kupferstechers Hollar oder des Dichters Fucik lösen sich mit Ansichten berühmter Bauwerke ab. Viele Stücke sind ausgesprochene Raritäten, weil die Auflagen zur Gewinnung von Edelmetall bis auf Restbestände eingeschmolzen wurden. Beachtung findet die kurzzeitige Veränderung des Staatswappens. Zwischen 1990 und 1992, als die Tschechische und Slowakische Föderative Republik (CSFR) bestand, wurde der böhmische Löwe mit dem slowakischen Herzschild durch ein vierteiliges "paritätisches" Wappen ersetzt. In ihm wechseln sich der tschechische Löwe und das slowakische Doppelkreuz ab. Nach der Trennung beider Landesteile 1993 gab es noch einmal eine heraldische Korrektur. Jetzt lösen sich im tschechischen Wappen sich der Löwe und ein Adler ab. Neben formschönen Kursmünzen prägt die Republik auch zahlreiche Sondermünzen aus Silber und Gold in kleiner Auflage. Anlässe sind historische Gedenktage, aber auch bedeutende Persönlichkeiten und landeskundliche Motive. Eine zwischen 1995 und 1997 emittierte Goldmünzenserie würdigt die Geschichte der Landeswährung Krone und bildet auf einem 100 000-Kronenstück in leicht stilisierter Form einen Prager Groschen ab.

Naziterror im Protektorat Böhmen und Mähren

Nach der Okkupation der Tschechoslowakei durch deutsche Truppen gewährte Hitler der Slowakei formelle Unabhängigkeit, während die so genannte Resttschechei als Protektorat Böhmen und Mähren direkt unter deutsche Verwaltung gestellt wurde. Die deutschen Besatzer errichteten in dem unterworfenen Land ein faschistisches Terrorregime, dem zahllose Menschen und unter ihnen viele Juden zum Opfer fielen. Die nahe Prag gelegene Garnisonsstadt Theresienstadt erlangte traurige Berühmtheit. Kaiser Joseph II. hatte die befestigte Anlage nach seiner Mutter genannt, der 1780 verstorbenen Kaiserin Maria Theresia. Die deutschen Besatzer machten aus Theresienstadt ein Ghetto und Konzentrationslager. In der "Kleinen Festung" wurden politische Gefangene, und zwar jüdische und nichtjüdische, hauptsächlich aus dem Protektorat interniert und ermordet. Unter der Aufsicht des Reichssicherheitshauptamtes stehend, wurde das Ghetto von der SS verwaltet, der Terror- und Mordorganisation unter dem Befehl ihres Reichsführers Heinrich Himmler. Theresienstadt war für viele deportierte Menschen nur eine Zwischenstation auf dem Weg in das Vernichtungslager Auschwitz und die anderen Mordstätten der Nationalsozialisten.

Formal war die CSSR seit 1969 eine Föderation, die sich aus zwei Republiken mit weitreichender Autonomie zusammensetzte. Die Regierung tat viel, um die Gleichberechtigung der beiden Nationen zu betonen, doch echte Selbstbestimmung wurde den Slowaken nicht gewährt, denn das Land wurde zentralistisch in Prag von der allmächtigen Kommunistischen Partei und der von ihr kontrollierten Regierung beherrscht. Gegenseitige Vorurteile und Animositäten brachen massiv nach der Samtenen Revolution 1989 hervor. Die Scheidung war unausweichlich und wurde durch die unterschiedliche Wirtschaftskraft in beiden Landesteilen voran getrieben. In Tschechien mit seiner hoch entwickelten Industrie sah man in der benachbarten, vor allem agrarisch geprägten Slowakei nur "Ballast" und ließ das die Einwohner fühlen.

Prager Frühling wurde 1968 niedergeschlagen

Die von dem Reformkommunisten Alexander Dubcek, einem gebürtigen Slowaken, eingeleitete Politik des "Sozialismus mit menschlichem Antlitz", besser bekannt als Prager Frühling, wurde 1968 von Staaten des Warschauer Vertrags unter sowjetischem Oberbefehl mit Beteiligung der DDR blutig niedergeschlagen. In den folgenden Jahren entwickelte sich im Verborgenen eine Bürgerrechtsbewegung, die unter dem Begriff Charta 77 auch international bekannt wurde und sich nicht mehr unterdrücken ließ. Nach dem Ende des kommunistischen Systems 1989 wurde das unter Leitung von Präsident Vaclav Havel, eines früheren Dissidenten, stehende Land in die Tschechische und Slowakische Föderative Republik (CSFR) umgewandelt. Doch hatte diese Gemeinschaft nicht lange Bestand.

Starke Kräfte in der Slowakei betrieben eine separatistische Politik, die am 1. Januar 1993 zur Bildung von zwei neuen Staaten, der Tschechischen und der Slowakischen Republik mit den Hauptstädten Prag beziehungsweise Bratislava, führte. Beide Länder wurden 2004 in die Europäische Union aufgenommen und sind Mitglieder der Nato. Nach der Auflösung des Staatenbundes prägt die Tschechische Republik in Gablonz (Jablonec), während die Slowakei ihre Kronen und Heller weiterhin in Kremnitz herstellt.

7. März 2020

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