Einheit von Lehre und Forschung
Münzen und Medaillen erinnern an die vor 210 Jahren gegründete Humboldt-Universität zu Berlin



Das ehemalige Palais des Prinzen Heinrich von Preußen wurde vom König zum Sitz der Berliner Universität bestimmt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Lehrbetrieb bald wieder in dem halb zerstörten Gebäude aufgenommen.







Ungewöhnlich ist das Design des Drei-Mark-Stücks von 1910 zur Zentenarfeier der Berliner Universität. Friedrich Wilhelm III. und Wilhelm II. werden hier und auf der Ausgabe von 1911 zum einhundertjährigen Jubiläum der Universität Breslau als Stifter beziehungsweise Förderer gewürdigt. Die Ausgabe mit der Gebäudeansicht ist eine seltene Probeprägung.





Vor 210 Jahren als Friedrich-Wilhelms-Universität gegründet, erhielt die Humboldt-Universität 1949 den Namen der Brüder Wilhelm und Alexander von Humboldt. Ihre Marmordenkmäler stehen vor dem Hauptgebäude.



Zum 200. Geburtstag von Wilhelm von Humboldt 1967 erschienen ein Fünf-Mark-Stück der Bundesrepublik Deutschland (links) und ein Zwanzig-Mark-Stück der DDR. Das westdeutsch Zehnmarkstück von 1992 ehrt Alexander von Humboldt als ersten Kanzler des Verdienstordens Pour le Mérite. Das Zehnmarkstück der DDR von 1985 ist dem 175. Gründungstag der Humboldt-Universität gewidmet.



Die 175-Jahrfeier der Humboldt-Universität 1985 war Anlass einer DDR-Münze zu zehn Mark. In geringer Auflage wurde eine Motivprobe mit dem Prinz-Heinrich-Palais geprägt, das 1810 Sitz der Universität wurde.



Teilnehmer des vom Berliner Münzkabinett ausgerichteten XII. Internationalen Numismatischen Kongresses 1997 erhielten diese von Wilfried Fitzenreiter gestaltete Medaille mit einer antiken Prägeszene und der Ansicht der Humboldt-Universität als Tagungsstätte und darunter einem Berliner Kipperpfennig als Tagungslogo. (Fotos/Repros: Caspar)

Bei großen Ereignissen springt manchmal eine Gedenkmünze heraus. In der Vergangenheit waren das fürstliche Haupt- und Staatsaktionen wie Krönungen und Huldigungen, Hochzeiten und Sterbefälle, der Bau von Schlössern und Kirchen, die Weihe von Denkmälern sowie Jubiläen von Universitäten und Akademien. Leider hatte die Zweihundertjahrfeier der Humboldt-Universität zu Berlin 2010 keine numismatischen Folgen, was eine reguläre Gedenkmünze betrifft. Eine solche Prägung hatte die Berliner Alma mater zwar geplant, doch konnte sie das Vorhaben nicht durchsetzen. Vielleicht tröstet es, dass 1910 in der Königlichen Münze zu Berlin ein ansehnliches Dreimarkstück mit den Köpfen des Universitätsstifters, König Friedrich Wilhelm III. von Preußen, und von Kaiser Wilhelm II. geprägt wurde und 1911 eine weitere Ausgabe zur Hundertjahrfeier der Breslauer Universität folgte.

Beide Silbermünzen aus dem Sammelgebiet "Academia in nummis" unterstreichen das Interesse Wilhelms II. und der damaligen Eliten im Deutschen Reich an den Künsten und Wissenschaften, sofern sie staatstragend waren und dem Monarchen und seiner Kamarilla in den Kram passten. Dank vielfältiger Fördermaßnahmen glänzten das Deutsche Reich und speziell seine Hauptstadt Berlin um 1900 als Hort der Wissenschaft. Dies war durch namhafte staatliche und private Zuwendungen für Forschung und Lehre möglich und drückte sich in einer Vielzahl von Nobelpreisen aus, die an deutsche und speziell Berliner Gelehrte gingen, sowie einer Fülle von bahnbrechenden wissenschaftlichen Erkenntnissen, Erfindungen und Patenten.

Ungewöhnliche Prägung in der Schüssel

Die Berliner Universitätsmünze von 1910 hebt sich im Design von den üblichen Kursmünzen der Kaiserzeit ab und ist ein Beweis dafür, dass Künstler damals nach neuen gestalterischen Lösungen suchten. Ungewöhnlich ist die Art, wie auf der Ausgabe von 1910 die Monarchenköpfe in eine "Schüssel" gelegt wurden, was bei der Herstellung der Münze zu manchen technischen Schwierigkeiten führte. Wohl deshalb verzichtete man 1911 bei dem Breslauer Silberstück auf diese Form der Darstellung. Wie andere Münzen aus der Kaiserzeit zeigen, war damit das Thema nicht vom Tisch, denn es wurde weiterhin mit der "Prägung in der Schüssel" experimentiert, und als die DDR 1966 ihre Gedenkmünzenprägung aufnahm und 1967 Wilhelm von Humboldt ein Zwanzig-Mark-Stück widmete, kam das lange nicht praktizierte Verfahren zu neuen Ehren. Obwohl mit technischen Schwierigkeiten verbunden, wurde es bis zum Ende der DDR bei vielen Gedenkmünzen angewandt und erhielt viel Lob.

Da man bei der Universitätsmünze von 1910 beim Reichsadler ein neues Design wählte, passen die Vorder- und die Rückseite mit ihrem "jugendstiligen" Duktus gut zusammen. Dass 1910 das Dreimarkstück in Berlin hergestellt wurde, ist nicht zu erkennen, denn man hatte hier aus Platzgründen auf das seit 1750 für Berlin geltende Münzzeichen A verzichtet. Bei der Breslau-Münze von 1911 ist das A auf der Vorderseite gut zu erkennen. Nicht ausgegeben wurde eine mit der Jahreszahl 1910 versehene Probeprägung, die statt der Monarchenköpfe das Universitätsgebäude Unter den Linden in Berlin zeigt. Hätte man die Gedenkmünze mit dem Gebäude emittiert, wäre sie die erste dieser Art im deutschen Kaiserreich gewesen. Einen solchen Tabubruch wollte man offenbar nicht riskieren, weshalb von der Probe nur wenige, von Sammlern teuer bezahlte Abschläge angefertigt wurden. Eine Ausnahme von der Regel bildete 1913 das in der sächsischen Münzstätte Muldenhütten anlässlich der Einhundertjahrfeier der Völkerschlacht bei Leipzig geprägte Dreimarkstück mit der Ansicht des am Rand der Messestadt auf geweihtem Boden errichteten Völkerschlachtdenkmals.

Jubiläumsmünze von 1985 in zwei Versionen

Die DDR ließ 1985 zur 175-Jahrfeier der Humboldt-Universität ein Zehn-Mark-Stück mit der Ansicht des im Zweiten Weltkrieg zerbombten und danach wieder aufgebauten Palais des Prinzen Heinrich Unter den Linden prägen, das seit 1810 Hauptgebäude der Lehr- und Forschungsstätte ist. Die Gedenkmünze kommt in zwei Versionen vor. Die im VEB Münze der DDR Berlin hergestellte Normalausgabe erreichte einer Auflage von 39 000 in Stempelglanz und 4000 in Polierter Platte und zeigt im Vordergrund die 1883 enthüllten Denkmäler der Namensgeber der Universität, Wilhelm und Alexander von Humboldt, und im Hintergrund das aus der Zeit Friedrichs II., des Großen, stammende Universitätsgebäudes. Von der Motivprobe mit dem das ganze Rund der Münze einnehmenden Palais, aber ohne die Marmordenkmäler wurden nur 112 Exemplare hergestellt, doch kommen auch Stücke ohne Nummerierung vor. Die Staatsbank der DDR schenkte das Gipsmodell der Normalausgabe 1985 der Humboldt-Universität, entnehmen wir dem Buch von Angelika Keune "Gelehrtenbildnisse der Humboldt-Universität zu Berlin - Denkmäler, Büsten, Reliefs, Gedenktafeln, Gemälde, Zeichnungen, Graphiken, Medaillen", das 2006 von der Humboldt-Universität zu Berlin herausgegeben wurde.

Lange vor ihrer offiziellen Aufnahme des Lehrbetriebs im Herbst 1810 wurde über den Nutzen einer Universität in der preußischen Haupt- und Residenzstadt Berlin diskutiert. Es gab manche Widerstände, weil man befürchtete, das angeblich lockere Klima der Metropole täte den Studenten nicht gut, ja sie könnten moralisch auf die "schiefe Bahn" kommen. Doch dann zwangen die politischen Verhältnisse Friedrich Wilhelm III., schnell und entschlossen zu handeln. Nach dem verlorenen Krieg von 1806/7 gegen Frankreich war Preußen in Tilsit vom siegreichen Kaiser Napoleon I. ein Friedensvertrag mit katastrophalen Folgen für Preußen aufgezwungen worden. Der König verlor die Hälfte seines Herrschaftsgebietes und seiner Untertanen. Halle an der Saale und seine Universität fielen an das von einem Bruder des französischen Kaisers gegründete Königreich Westfalen, die ebenfalls preußische Universität in Duisburg stand auch nicht mehr zur Verfügung. Blieb noch die altehrwürdige Universität in Frankfurt an der Oder, deren Kapazitäten jedoch nicht ausreichten. Also musste eine neue Alma mater her, weshalb das Berliner Universitätsprojekt, von dem ab 1790 die Rede war, auf die Tagesordnung gesetzt und von Reformpolitikern sowie Gelehrten voran getrieben wurde.

"Das ist recht, das ist brav!" befand der König

Als sich Hallenser Professoren an den König wandten, er möge ihre Universität "über die Elbe nehmen, wo kein Ort dafür schicklicher scheine als Berlin", antwortete dieser positiv. "Das ist recht, das ist brav! Der Staat muss durch geistige Kräfte ersetzen, was er an physischen verloren hat", antwortete Friedrich Wilhelm III. und gab grünes Licht für die Gründung der Alma mater berolinensis. Das Berliner Universitätsprojekt wurde von namhaften Wissenschaftlern wie Fichte, Hufeland und Schleiermacher unterstützt. Wichtigster Kopf in dieser Gruppe war Wilhelm von Humboldt, der sich als Direktor für Cultus und Unterricht im preußischen Innenministerium intensiv für die Verbesserung des Bildungswesens in der Hohenzollernmonarchie und insbesondere für die Einrichtung humanistischer Gymnasien einsetzte. Der Sprachforscher, Politiker und Diplomat musste manche Widerstände überwinden, darunter Bedenken über den angeblich sittenverderblichen Einfluss von Großstädten auf die studierende Jugend. Als im Herbst 1810 der Lehrbetrieb an der Berliner Universität aufgenommen wurde, warnten besorgte Sittenwächter die Studenten davor, sich mit Huren am Rande des Akademie- und Universitätsviertels einzulassen und in Kneipen kostbare Zeit zu vertrödeln. Selbstverständlich ließen sich solche Freizeitbeschäftigungen nicht verhindern, doch insgesamt scheinen sich die Berliner Studenten an die strengen Regeln des Universitätsbetriebs gehalten zu haben.

Wilhelm von Humboldt schwebte eine "Universitas litterarum" vor, welche die Einheit von Lehre und Forschung verwirklicht und eine allseitige humanistische Bildung der Studierenden ermöglicht. Dieses Konzept erwies sich als erfolgreich, verbreitete sich weltweit und ließ in den folgenden anderthalb Jahrhunderten ähnlich ausgerichtete Universitäten entstehen. So wurde die Berliner Alma mater die "Mutter aller Universitäten". Humboldt trug seine Vorstellungen dem König am 24. Juli 1809 in einer Denkschrift vor und bat ihn, die Errichtung einer Universität in Berlin und die Verbindung der dort schon existierenden wissenschaftlichen Institute und Sammlungen mit derselben förmlich beschließen zu wollen. Die neue Universität sollte nach Humboldts Vorstellungen so viele Domänen als nötig und ein sicheres Einkommen von 150 000 Reichstalern bekommen und ihren Sitz im Palais des Prinzen Heinrich, eines jüngeren Bruders König Friedrichs II., des Großen, nehmen. Der König wurde gebeten, diese Güter und Gebäude "auf ewige Zeiten hinaus" in das Eigentum der Universität zu geben.

Höhenflüge und tiefer Fall

Der König ging auf Humboldts Vorschläge ein und verfügte in der Stiftungsurkunde "die Einrichtung einer solchen allgemeinen Lehranstalt mit dem alten hergebrachten Namen einer Universität, und mit dem Rechte zur Erteilung akademischer Würden". Die neue Universität, die Akademien der Wissenschaften und der Künste sowie sämtliche wissenschaftlichen Institute und Sammlungen sollten zwar ihre Selbstständigkeit behalten, alle wurde aufgetragen, gemeinschaftlich zum allgemeinen Zweck zusammenwirken. Der Universität wurden das Palais des Prinzen Heinrich und Teile des benachbarten Akademiegebäudes übereignet. Der Dichter Clemens Brentano schrieb den Text einer Kantate zur Eröffnung der Alma mater berolinensis, die nach ihrem königlichen Stifter Friedrich-Wilhelms-Universität benannt wurde und seit 1949 Humboldt-Universität heißt. Die Aufgaben der neuen Bildungs- und Forschungsstätte wurde von Brentano so umschrieben: "Der Ganzheit, Allheit, Einheit, / der Allgemeinheit / gelehrter Weisheit / des Wissens Freiheit / gehört dies Königliche Haus! So lege ich Euch die goldenen Worte aus: Universitati Litterariae".

Bei allem Lob für die Berliner Universität darf nicht übersehen werden, dass es neben den Höhenflügen auch einen tiefen Fall, dass es schlimme Entwicklungen und Rückschritt gegeben. Erinnert sei an nationalistische und antisemitische Ausfälle nach der Reichsgründung von 1871 und an die Bücherverbrennung vom 10. Mai 1933 unter Beteiligung johlender Studenten und Dozenten in braunen SA-Uniformen und an die Ausgrenzung und Verfolgung von jüdischen Professoren und Studierenden während der Zeit des Nationalsozialismus. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg waren Lehre und Forschung nicht frei, weshalb sich Professoren und Studenten der Knebelung durch das SED-Regime entzogen und 1948 die Freie Universität im Westteil der Viermächtestadt Berlin gründeten.

18. März 2020

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