Friedrichs Orden, Maximilians Armbrust und Napoleons Hut
Das Deutsche Historische Museum (DHM) in Berlin zeigt in einer Sonderschau kostbare Waffen







Das Deutsche Historische Museum lädt im barocken Zeughaus Unter den Linden zum Gang durch 2000 wechselvolle Jahre unserer Vergangenheit ein und präsentiert in Sonderausstellungen Schätze aus seinen Sammlungen. Die Fotos zeigen aktuelle Straßenbauarbeiten vor dem früheren Zeughaus sowie den auch als Veranstaltungsraum genutzten Innenhof.



Die von Andreas Schlüter als Schlusssteine über Fenstern und Türen im Innenhof geschaffenen "Masken sterbender Krieger" schildern das Leiden und Sterben von Menschen durch bei Krieg und Gewalt.



Die an den Seiten des Innenhofs aufgestellten Bronzekanonen stammen aus dem Arsenal der Preußenkönige oder sind bei deren vielen Kriegen erobert worden.







Der Schwarze Adlerorden und Handschuhe mit abgeschnittenen Fingerspitzen stammen aus dm Besitz von König Friedrich II. Preußische Soldaten erbeuteten 1815 den schwarzen Hut, den Napoleon I. in der Schlacht von Waterloo verlor. Der Globus stammt aus Hitlers Arbeitszimmer in der Reichskanzlei.







Kostbarkeiten aus der Armbrustsammlung des Deutschen Historischen Museums werden bis zum 8. März 2020 im Pei-Bau neben dem Zeughaus präsentiert. In der Ausstellung wird unter anderem an die im 19. Jahrhundert angelegte Waffensammlung eines preußischen Prinzen erinnert und die Wertschätzung betont, die man diesen Zeugnissen einer hoch entwickelten Handwerks- und Waffentechnik entgegen brachte.



Der Grundstein zum neuen DHM war zwar 1987 gelegt, aber das Haus wurde dank der friedlichen Revolution 1989 und der deutschen Wiedervereinigung 1990 nicht gebaut. Das Foto links zeigt in der Abteilung 19. Jahrhundert eine aus Gusseisen bestehende Druckerpresse. (Fotos: Caspar)

Im barocken Zeughaus Unter den Linden und im futuristischen Pei-Bau nebenan eingerichtet, zeigt das Museum Hinterlassenschaften und Bilder aus zweitausend Jahren deutscher Geschichte und Kultur. Die Zeitspanne reicht von archäologischen Fundstücken, keltischen Goldmünzen und Zeugnissen aus der Schlacht im Teutoburger Wald im Jahre 9 nach Christus bis zum Fall der Berliner Mauer 1989 und den ereignisreichen Jahren danach. Wer die Ausstellung besucht, lernt die Lebensweise und Kultur vergangener Generationen kennen und sieht, wie sich Landwirtschaft, Handwerk und Industrie entwickelten. Man entdeckt die wechselvollen Beziehungen zwischen den Deutschen, die sich lange Zeit als Preußen, Mecklenburger, Sachsen, Bayern oder Schwaben empfanden, und sieht an ausgewählten Exponaten die Höhen und Untiefen deutscher und - untrennbar mit ihr verbunden - europäischer Geschichte.

Dass das nach Plänen von Andreas Schlüter im späten 17. Jahrhundert erbaute Zeughaus ursprünglich ein Waffenarsenal und in der Kaiserzeit ein Hohenzollern- und Kriegsmuseum war, wird an verschiedenen Stellen deutlich. In einer Vitrine ist auch der schwarze Filzhut ausgestellt, den der französische Kaiser Napoleon I. nach seiner vernichtenden Niederlage bei Waterloo 1815 zurückgelassen hat. Aus Hitlers Reichskanzlei stammt ein großer Globus mit einem Einschuss, durch den nach der Eroberung Berlins ein Rotarmist Deutschland von der Landkarte weggeschossen hat. Aus der Nachkriegszeit erinnern Carepakete an die Lebensmittelhilfe, die aus den USA den Deutschen gewährt wurde, ferner Segmente der Berliner Mauer und Plakate, die bei Massenprotesten in West und Ost mitgeführt wurden. Autos westlicher und östlicher Produktion sowie offizielle Dokumente, mit denen die deutsche Einheit vollzogen wurde, runden die Schau ab.

Von den alten Germanen bis heute

Auf dem Parcours begegnet man bekannten Persönlichkeiten gemalt oder in Stein gemeißelt wie Kaiser Karl dem Großen oder, vertreten durch Gemälde oder seine mit dem Adlerorden besetzte Uniform beziehungsweise Handschuhe, dem preußischen König Friedrich II. Der schwarze Hut Kaiser Napoleons I. wurde 1815 von preußischen Truppen in der Schlacht von Waterloo erbeutet und von Marschall Blücher zusammen mit dem Degen des Kaisers König Friedrich Wilhelm III. zugestellt. Darüber hinaus werden das religiöse Leben, kulturelle und geistige Strömungen und ihre Protagonisten sowie Zeugnisse der Kunst und Wissenschaft in so genannten Themenräumen anhand von Bildern, Handschriften, Büchern, Möbeln, Waffen, Kostümen und vielen anderen Exponaten veranschaulicht. Das reicht von der ersten Erwähnung der alten Germanen durch den römischen Schriftsteller Tacitus über das Mittelalter, den Humanismus und die Reformation bis zum Dreißigjährigen Krieg, geht über zum fürstlichen Absolutismus und erstreckt sich auf die Aufklärung und die Folgen der französischen Revolution von 1789 auf das damals noch in viele Fürstentümer zersplitterte römisch-deutsche Reich, das 1806 im Orkus der Geschichte verschwand.

Weitere Abschnitte sind die Industrialisierung, die Revolution von 1848/9, die ihre demokratischen Ziele nicht erreicht hat, die Einigungskriege zwischen 1864 und 1871 und das zweite deutsche Kaiserreich, das sich eine zum Zweck borussischer Heldenverehrung erbaute Ruhmeshalle schuf. Die Schau führt weiter in den Ersten Weltkrieg, an dessen Ende die Monarchie abgeschafft wurde. Der Rundgang zeigt, wie sich die Geschichte weiter entwickelte und was an den garnicht so "goldenen Zwanzigern" der Weimarer Republik dran war, um dann ausführlich die Zeit des Nationalsozialismus erörtern und das was ihm und dem Zweiten Weltkrieg in beiden deutschen Staaten folgte.

Sonderschau im Pei-Bai

Wer dann noch Kraft und Zeit hat, sollte die Sonderausstellungen in dem nach seinem japanischen Architekten benannten Pei-Bau besuchen. Die neueste Sonderschau stellt mit einer hochkarätigen Auswahl von Armbrüsten eine Art Wunderwaffe des Mittelalters vor. Trotz aller Nachkriegsverluste besitzt das DHM eine der bedeutendsten Armbrustsammlungen der Welt. Die eindrucksvollsten, sehr wertvollen Stücke stammen aus dem 15. bis 20. Jahrhundert. Zu ihnen gehören Prunkwaffen wie die so genannte Maximiliansarmbrust aus dem Besitz von Kaiser Maximilian I., der 1519 starb und zusammen mit seinem Porträt gezeigt wird. Das DHM schildert, erstmals in dieser umfangreichen Form und verbunden mit einem wissenschaftlicher Bestandskatalog, die Entwicklung dieser damals in Kriegen und bei der Jagd benutzten Waffe von ungeheurer Durchschlagkraft und ihre gesellschaftlichen Funktionen vor.

Neben der Verwendung als Kriegswaffe und bei der nur Adligen vorbehaltenen Jagd spielten die Armbrüste eine große Rolle bei Schützenfesten an Fürstenhöfen und in Städten. Einige der damals als Prämien ausgeteilten Schützentalern und -medaillen sind in den Vitrinen ausgelegt. Die Ausstellung würdigt den hochangesehenen Berufsstand der Armbrustmacher und zeigt in technischer wie in dekorativer Hinsicht qualitätvolle Schusswaffen, die zur Entstehungszeit sehr teuer waren. Die Ausstellung erläutert in Bild und Schrift die gesellschaftliche Rolle von Schützenvereinigungen insbesondere in den Städten des Römisch-deutschen Reiches und gewährt einen Blick auf Feste, die für die städtische Selbstdarstellung hohen Rang besaßen. Mit dem sagenhaften Schuss des Wilhelm Tell auf den Apfel auf dem Kopf seines Sohns im gleichnamigen Drama von Friedrich Schiller endet die sehenswerte Schau.

Aus zweien mach eins

Das Deutsche Historische Museum ist, genau genommen, erst 33 Jahre alt, dabei gehen seine Ursprünge in die fernere Vergangenheit zurück. Der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl machte dem Westteil Berlins 1987 anlässlich der Siebenhundertfünfzigjahrfeier der Stadt ein schönes Geschenk in Gestalt des DHM. Der studierte Jurist und Historiker Kohl vermisste eine zentrale und repräsentative Geschichtsausstellung, wie sie im anderen Teil der damaligen Halbstadt an der Straße Unter den Linden durch das im Zeughaus befindliche Museum für Deutsche Geschichte (MfDG) geboten wurde. Dieses ganz dem Marxismus-Leninismus verpflichtete Museum pries die DDR als Krönung der deutschen Geschichte und stellte ganz prominent die Kämpfe und Leiden der Arbeiterbewegung und antifaschistischen Widerstandskämpfer in den Vordergrund. Immer wenn nationale Jubiläen und bedeutende Persönlichkeiten zu feiern waren, war das Museum für deutsche Geschichte zur Stelle. Über mangelnde Aufmerksamkeit musste man sich nicht sorgen, denn für Schulklassen und Arbeitskollektive, wie man sagte, war der Besuch Pflicht und wurde in Brigadetagebüchern und Chroniken vermerkt. Das MfDG speiste seine Sammlung zum großen Teil aus den Beständen des ehemaligen Zeughauses, ergänzte diese aber auch zielgerichtet durch Ankäufe und Zuweisungen von staatlicher Seite.

Das von 14 renommierten Wissenschaftlern und Historikern Ende der 1980er Jahre konzipierte Museumsprojekt für das DHM sah die Einrichtung einer ständigen Dauerausstellung zur deutschen Geschichte als zentrale Aufgabe an. Da es jedoch über kein eigenes Haus verfügte, mussten die Ausstellungen in anderen Gebäuden gezeigt werden. Der Grundstein für den Neubau wurde am 28. Oktober 1987 im Berliner Spreebogen zwischen dem Platz der Republik und der Kongresshalle in der Nähe des Reichstaggebäudes gelegt. Heute steht an diesem Ort das Bundeskanzleramt. In Ermangelung eines eigenen Museumsfundus startete das DHM eine Offensive auf den deutschen und internationalen Märkten für Kunst- und Kulturgüter. So verfügt das Museum heute nach Übernahme des Museums für Deutsche Geschichte im Ostteil der Stadt vor nunmehr 30 Jahren über eine Sammlung von etwa 750.000 Objekten sowie über eine reichhaltige Bibliothek und ein Archiv.

Nach einem repräsentativen Anbau nach Plänen von Ieoh Meng Pei und der den Grundsätzen er Denkmalpflege verpflichteten Generalsanierung des alten Zeughauses innen und außen konnte das Deutsche Historische Museum am 2. Juni 2006, nur 19 Jahre nach seiner Gründung, mit der eingangs erwähnte Dauerausstellung "Deutsche Geschichte in Bildern und Zeugnissen aus zwei Jahrtausenden" eröffnet werden. Es versteht sich, dass die Dauerausstellung und die vielen Sonderschauen ständig aktualisiert werden, und wer sie nach längerem Abstand besucht, wird immer wieder neue, aus dem Depot geholte Exponate bewundern können.

28. Januar 2020

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