Dragoner für Chinavasen
August der Starke wurde nur durch Bestechung König von Polen und ging als Kunstmäzen und Frauenheld in die Geschichte ein







Dragonervasen und weiteres Porzellan asiatischer und sächsischer Herkunft können in der Porzellanausstellung im Dresdner Zwinger bewundert werden.



In einem Kabinett des Schlosses Moritzburg bei Dresden sind Möbel und Porzellane aus Asien ausgestellt, die im 18. Jahrhundert begehrt und teuer bezahlt wurden.



Die Porzellanbüsten der Dresdner Hofnarren Joseph Fröhlich und Gottfried Schmiedel wurden in Meißen von Gottlieb Kirchner undJohann Joachim Kändler geschaffen.





Ein Reiterdenkmal Friedrich Augusts II./Augusts III. und das für seinen Günstling, den allmächtigen Minister Graf Heinrich von Brühl, von Kändler gefertigte Schwanenservice zählen zu den besonders bewunderten Schaustücken im Zwinger.



Im Schloss Charlottenburg kann man das goldstrotzende Kabinett bestaunen, das zu Beginn des 18. Jahrhunderts mit chinesischem und japanischem Porzellan bestückt wurde. Die Sammlung ist Ausdruck der bei reichen und mächtigen Leuten verbreiteten Chinamode.





Im Kunstgewerbemuseum Schloss Köpenick und in der Schausammlung der Königlichen Porzellanmanufaktur Berlin unweit des S-Bahnhofs Tiergarten sind Kostbarkeiten aus der Zeit Friedrichs II., des Großen, ausgestellt. (Fotos: Caspar)

Als am 17. Januar 1696 der polnische König Jan III. Sobieski starb, wurde hektisch ein Nachfolger gesucht. Die Kandidaten für das Oberhaupt des polnischen Wahlkönigtums mussten sich um Stimmen bemühen, was zu diplomatischen Verwicklungen führte und sehr teuer war. Unter den Bewerbern befand sich der 27-jährige sächsische Kurfürst Friedrich August I., der als August der Starke legendären Ruf erlangte. Dem prunkliebenden Herrscher wird nachgesagt, dass er mit diversen Mätressen 300 Kinder hatte und übermenschliche Kräfte besitzt. Letzteres mag stimmen, doch die Geschichte von den vielen außerehelichen Kindern gehört ins Reich der Legende.

Um König von Polen zu werden, vollzog der protestantisch erzogene Sachse einen spektakulären Glaubenswechsel zum Katholizismus, was seine Untertanen sehr erbitterte. Außer Friedrich August I. bewarben sich auch der französische Prinz François de Conti, der vom französischen Sonnenkönig Ludwig XIV. favorisiert wurde, ferner der Sohn des bisherigen polnischen Königs, Jakub Sobieski, sowie Markgraf Ludwig von Baden. Da der Sachse als Herr über ein wirtschaftlich sehr potentes Land über die beste Kasse verfügte, ließ er die polnischen Wahlmänner wissen, dass er sie gut bezahlen würde, wenn sie für ihn votieren. Doch nicht nur Taler und Dukaten halfen, dass Contis Anhänger die Seiten wechselten, es gab auch andere Gründe. Denn am Vorabend des spanischen Erbfolgekrieges war es für Polen problematisch, einen Franzosen als König zu haben und damit einen Krieg mit Russland zu riskieren.

Frauenheld, Kunstmäzen und Bauherr

Zar Peter der Große ließ seine Nachbarn wissen, dass dies der "Casus belli" wäre, dass also Krieg sein würde. Angesichts möglicher außenpolitischer Verwicklungen wurde in Warschau die Parole ausgegeben: "Wählt den Kurfürsten von Sachsen, wählt den Teufel, nur nicht Conti". Und so begann mit der Wahl Augusts des Starken am 27. Juni 1697 und seiner Königskrönung ein paar Wochen später in Krakau die "Augusteische Zeit", die erst 1763 endete. Als Feldherr vermochte August der Starke nicht zu glänzen, ja er verlor im Nordischen Krieg für einige Zeit sein polnisches Königreich und nannte sich auf seinen Münzen deshalb nur noch ganz neutral "Augustus Rex" aber nicht "August, König von Polen." Das aber bekümmerte ihn nicht, denn auf der anderen Seite machte er von sich umso mehr als Frauenheld, Kunstmäzen, Bauherr und Veranstalter glänzender Feste von sich reden. Mit vollen Händen gab er das mühsam von seinen Untertanen erarbeitete Geld für sein Luxusleben am Hof zu Dresden und Warschau, für Juwelen und Goldschmiedearbeiten, für kostbare Garderobe und die Ausstattung seiner Schlösser aus.

Bei Augusts Liebhabereien spielte Porzellan eine große Rolle. Für die aus Asien importierten sowie ab 1710 in der Meißner Manufaktur produzierten Vasen, Flaschen, Schalen, Teller und Figuren richtete er früher als andere Potentaten im Holländischen Palais am Elbufer auf Dresdens Neustädter Seite ein Museum ein. Nach dem Umzug 1876 in das Johanneum unweit des Dresdner Schlosses fanden die im Zweiten Weltkrieg großteils ausgelagerten Sammlungen 1962 im Südteil des Zwingers ihr dauerhaftes Domizil. Von den etwa 20.000 Zeugnissen chinesischer, japanischer und europäischer Porzellankunst wird im Zwinger eine repräsentative Auswahl. Ins Auge fallen sofort die blau-weißen Porzellane der Ming- und Qing-Dynastie und dort speziell die berühmten Dragonervasen, die der preußische Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. August dem Starken im Tausch gegen Soldaten überlassen hatte. Sie hatten ursprünglich mit weiteren Importen aus Asien verschiedene Schlösser der Hohenzollern geschmückt. Bei einem Besuch hatte der Sachse dort die Monumentalvasen gesehen, die er unbedingt in seine Sammlung einfügen wollte. Mit ihnen konnte er der stauenden Welt zeigen, welche Schätze er, der große Porzellankenner und -freund, besitzt. Niederländische Händler, die das Monopol für den Export von Porzellan besaßen, konnten ihm keine Objekte dieser Größe beschaffen.

Komplettes Regiment ging nach Preußen

Da der Preußenkönig aber mehr Gefallen an einer schlagkräftigen Armee hatte, schenkte August diesem auf 600 Soldaten und Offiziere bestehendes Regiment. Das Angebot aus Preußen kam dem Sachsen gelegen, weil er gerade im Begriff war, seine Armee zu verkleinern. Selbstverständlich wurden die Sachsen nicht gefragt, ob sie sich in das preußische Joch begeben wollen. Friedrich Wilhelm I. ging er auf die Offerte ein und plünderte die Porzellankabinette in den Schlössern Oranienburg und Charlottenburg. Unter den 151 nach Dresden gelieferten Objekten befanden sich auch 18 blau bemalte Monumentalgefäße mit Deckeln, die als Dragonervasen in die Geschichte eingingen. August der Starke hat später in den Niederlanden weitere Vasen dieser Art gekauft.

Den zweiten Schwerpunkt in der Porzellanausstellung des Dresdner Zwingers bilden die Erzeugnisse aus der im Jahr 1710 gegründeten Manufaktur auf der Albrechtsburg in Meißen, deren erster Direktor Johann Friedrich Böttger war. Zu sehen ist Tafelgeschirr mit chinesischen Mustern, aber auch mit europäischen Motiven wie Szenen aus der antiken Mythologie sowie den seinerzeit beliebten Rokoko-Idyllen bemalt. Ebenfalls stark vertreten sind Skulpturen aus weißem oder farbig bemaltem Porzellan. Zu sehen sind Komödianten und Musiker sowie die Hofnarren Schmiedel und Fröhlich, aber auch vielteilige Tafelaufsätze und ein Reiterstandbild des sächsischen Kurfürsten Friedrich August II., der sich als polnischer König Augusts III. nannte. Als er 1763 starb, was das nach seinem Vater und ihm benannte Augusteische Zeitalter Geschichte.

König von Preußen plünderte in Sachsen

Im Siebenjährigen Krieg (1756 bis 1763) plünderten preußische Soldaten auf Befehl ihres Königs Friedrich II. sächsische Schlösser und auch die Bestände der Meißner Manufaktur. Der Porzellanliebhaber war sich nicht zu schade, auf seiner Hoftafel geraubtes "Meißner" aufzustellen und ließ erst davon ab, als er auch an den in seiner eigenen, 1763 gegründeten Porzellanmanufaktur (KPM) produzierten Geschirren und Tafelaufsätzen erfreuen konnte. Das Kunstgewerbemuseum der Staatlichen Museen Preußischer Kulturbesitz zeigt in seinem Haus am Berliner Kulturforum und im Schloss Köpenick edles, damals nur ganz reichen Leuten vorbehaltenes Porzellan aus Meißen, aus der KPM und weiteren Manufakturen. Als sein bester Kunde gab der König 21 Tafelservices für seine Schlösser in Auftrag. Sie unterscheiden sich durch recht ungewöhnliche Farben und raffinierte Dekore im Stil des Rokoko. Seinem von der borussischen Geschichtsschreibung gepflegtes Image als sparsamer, ja knauseriger König steht entgegen, dass er tausende und abertausende Taler in sein zerbrechliches Hobby steckte.

26. Februar 2020

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