Segensreiche Neuerung
Berliner Museum für Kommunikation besitzt eine großartige Sammlung historischer Briefkästen und zeigt eine interessante Auswahl



Das aus der Kaiserzeit stammende Museum für Kommunikation an der Leipziger Straße in Berlin besitzt unzählige Hinterlassenschaften alter und neuer Postverwaltungen und zeigt davon in seiner ständigen Ausstellung und Sonderschauen besonders interessante Exponate.





Im Vestibül schaut unter anderem ein Postbote aus der Erbauungszeit des Museums in seine Tasche. Die Postkarte aus der Kaiserzeit würdigt die Arbeit der Briefträger.





Im Museum für Kommunikation kann man in die bunte Welt der Briefkästen, Postschilder und weiterer bei der Post genutzten Utensilien tauchen.



So sahen die frühen preußischen Briefmarken zu drei und zwei Silbergroschen mit Königskopf und Adler aus.



Das kaiserliche Postfuhramt an der Oranienburger Straße in Berlin - die Grafik zeigt es im Jahr 1881 - ist ein bemerkensweites Denkmal für den Prunk, mit dem solche Dienststellen ausgestattet waren.





Vom Innenhof nahmen die von Pferden gezogenen Postwagen ihren Weg quer durch die Stadt. Das in eine Wand eingelassene Relief erinnert an die Postkutschenzeit, als noch Passagiere gemeinsam mit Briefen und Paketen in andere Städte gefahren wurden. (Fotos/Repros: Caspar)



Schnelle und sichere Kommunikation war und ist die Voraussetzung für ein funktionierendes Gemeinwesen, für eine florierende Wirtschaft und Kultur. Dem standen in alten Zeiten manche Schwierigkeiten entgegen. Auf unsicheren Straßen kamen Postreiter und Postkutschen vergleichsweise nur langsam voran, und auch für die Verteilung von Briefen und Paketen brauchte man viel Zeit. Im Zuge der Industrialisierung mehrten sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts Forderungen, das Postwesen zu modernisieren und rasche Verbindungswege zu schaffen. Außerdem galt es, Zollgrenzen zu überwinden und unterschiedliche Tarife anzugleichen. Die im frühen 19. Jahrhundert eingeführte Eisenbahn und Telegrafie schafften es, dass sich Nachrichten und Postsendungen in bisher kurzer Zeit verbreiten konnten. So sollte es auch in den Städten sein, denn hier sollte die Kommunikation verbessert werden. So wurde in der preußischen Haupt- und Residenzstadt Berlin die Stadtpost geschaffen, eine trotz mancher Mäkeleien durch Bedenkenträger allgemein als segensreich empfundene Einrichtung. Am 15. Oktober 1827 wurde bekannt gemacht, dass am "1sten December d. J. in hiesiger Residenz eine Stadt-Post eingerichtet wird". Zweck der Stadtpost sei es, so verkündete Generalpostmeister Karl Ferdinand von Nagler, "die Zustellung der ankommenden Briefe, Geldscheine und Paket-Adressen von bisher nur zweimal auf täglich fünfmal auszudehnen und den Einwohnern Gelegenheit zu geben, zu jeder Zeit des Tages unfrankierte Briefe sowohl für den Orts- und den Fernverkehr in einem Locale in der Nähe der Wohnung aufgeben zu können."

Empfänger bezahlte das Porto

Im Gegensatz zu heute bezahlte nicht der Absender, sondern der Empfänger das Porto von einem Silbergroschen oder mehr. Wer etwas zu verschicken hatte, musste seine Sendung in einen der zunächst 60 Briefkästen werfen, die von Boten zur Zentrale gebracht und von dort an die Empfänger verteilt wurden. Man konnte auch seine Sendungen bei bestimmten dazu ausgewählten Läden abgeben. Erstmals waren die Briefkästen im Laufe des 17. Jahrhunderts in der schlesischen Stadt Liegnitz, in Paris und Leipzig aufgestellt, in Berlin zog das Hofpostamt nach dem 1763 beendeten Siebenjährigen Krieg nach, und von da ab legten sich auch andere Städte in und außerhalb Preußens so genannte Briefeinlegekästen oder Briefaufnahmekästen zu.

Das Museum für Kommunikation an der Leipziger Straße zeigt eine Auswahl historischer Briefkästen aus Preußen und anderen Staaten und schildert, was sich bis heute auf diesem Gebiet und überhaupt bei der Post, in der Telegrafie und Telefonie, bei der Übertragung von Tönen und Bildern und vielen anderen Bereichen getan hat und wie heute riesige Datenmengen bis in den letzten Winkel der Ende und aus dem All übertragen werden. Selbstverständlich werden Briefe, Postkarten und Briefmarken aller Art sowie Geräte zum Abstempeln und weitere bei der Post eingesetzte Utensilien gezeigt und darüber hinaus das Wirken des preußischen und deutschen Generalpostmeisters und Museumsgründers Heinrich von Stephan gewürdigt. Aktuell ist das ehemalige kaiserliche Reichspostmuseum wegen der Coronavirus-Pandemie bis auf Weiteres geschlossen. Wann es und weitere Einrichtungen wieder öffnen, wird auf der Internetseite der vom damaligen Reichspostmeister Heinrich gegründeten, bis heute zügig ausgebauten Sammlung und anderen Homepages hoffentlich bald mitgeteilt.

Vom Postfuhramt quer durch die Stadt

Sammelstellen waren repräsentative Postgebäude, von denen Berlin noch einige aus der Zeit vor und nach 1900 besitzt. Das wohl schönste ist das Postfuhramt in der Oranienburger Straße. Es wurde 1875 bis 1881 im "Rundbogenstil" der italienischen Renaissance errichtet. Im Hof schildert ein Relief die mühsame Beförderung von Menschen und Postsendungen mit der Kutsche. Bildnisreliefs aus roter Terrakotta würdigen an der Straßenfront historische Persönlichkeiten, die sich um die Entwicklung des Postwesens und der Kommunikation verdient gemacht haben. Von der Postzentrale wurden die anfangs nur mit kleinen Stempeln, ab 1850 mit Briefmarken frankierten Sendungen wiederum durch Briefträger den Empfängern zugestellt.

Mit der Errichtung der Stadtpost wurde sichergestellt, dass eine Postsendung binnen zwölf Stunden beim Adressaten war. Die Schnelligkeit erstaunt, denn heute werden mindestens 24 Stunden für die gleiche Leistung gebraucht, und außerdem werden unsere Briefkästen weniger oft geleert als in der Postkutschenzeit. Allerdings hinkt der Vergleich, denn damals wurden weitaus weniger Briefe und Pakete verschickt, und außerdem hatte die preußische Hauptstadt weniger Einwohner als heute. Laut Verordnung vom 15. Oktober 1827 wurde Berlin in 36 Postbezirke eingeteilt, für jeden Bezirk war ein Briefträger zuständig. Zusätzlich gab einen reitenden Boten, der zweimal täglich die Korrespondenz in Vororte wie Wedding und Gesundbrunnen sowie zu Großabnehmern wie die Königliche Eisengießerei und das Invalidenhaus brachten. Es versteht sich, dass das Personal in dem Maße aufgestockt wurde, wie die Einwohnerzahl der preußischen Haupt- und Residenzstadt wuchs. Wichtigstes Fortbewegungsmittel waren die Füße sowie Pferdewagen, in denen Postbedienstete die eingesammelten Briefe sortieren konnten.

Furcht vor Zank und Argwohn

Die Briefkästen waren in ihrer Frühzeit noch schmucklos und auch nicht unumstritten. Bereits unter Friedrich dem Großen nach französischem Vorbild installiert, bestanden sie anfangs aus einfachen Holzbrettern mit braunem Anstrich. Die Berliner befreundeten sich erst langsam mit der Novität, denn sie fürchteten um das Postgeheimnis und hegten auch den Verdacht, dass man mit den "für die Gemächlichkeit der Correspondenten und Filicisierung deren Correspondenz" aufgehängten Kästen Unfug treiben würde, etwa um Ehepartner, Nachbarn, Vorgesetzte, Dienstboten und dergleichen zu denunzieren und "überhaupt Zank und Argwohn" zu säen. Erst langsam setzte sich die Erkenntnis über die vielen Vorteile der "Briefeinlegekästen" durch, und als man sie Konstruktionen aus Holz durch solche aus bunt bemaltem, reich verzierten Eisen ersetzt hatte, wurde auch die Sicherheit der eingeworfenen Sendungen nicht mehr in Frage gestellt. Dass die Postverwaltung ausdrücklich darum bat, die Briefe vollständig zu adressieren und auch den Absender nicht zu vergessen, hatte einen guten Grund, denn Nachlässigkeit führte, wie heute auch, zu verspäteter Zustellung oder verhinderte sie ganz.

Gewöhnungsbedürftig waren vor über 150 Jahren die Poststempel, die auf die Umschläge gedrückt wurden. Sie wurden von Privatpersonen geführt, die nebenamtlich im Auftrag der Postverwaltung die Briefe einsammelten und weiter beförderten. Die ersten preußischen Postwertzeichen kamen am 15. November 1850 heraus. Damit zog das Reich der Hohenzollern mit Großbritannien, den USA und einigen deutschen Fürstentümern gleich, die bereits solche "Freimarken" als Zeichen dafür verwendeten, dass das Porto bezahlt ist. Zur Einführung der Briefmarken wurde ein von König Friedrich Wilhelm IV. unterzeichnetes Gesetz vom 21. Dezember 1849 erlassen. Es bestimmte in zeittypischem Amtsdeutsch: "Die Postverwaltung hat die Anfertigung und Verkauf von Stempeln einzuleiten, mittels deren durch Befestigung auf den Briefen das Frankieren von Briefen nach Maßgabe des Tarifs bewirkt werden kann."

Königskopf auf bunten Marken

Für die neuen, unterschiedlich gefärbten Marken im Wert zwischen einem halben und drei Silbergroschen wurde das Profilbild des Königs verwendet. Der Berliner Kupferstecher Friedrich Eduard Eichens zeichnete den Entwurf und fertigte auch die Druckstöcke an. Erste in einer privaten Druckerei gefertigten Probebögen lagen im Frühjahr 1850 vor, ab 1852 erfolgte der Druck in der preußischen Staatsdruckerei, die auch Geldscheine, Aktien und andere Wertpapiere herstellte. Das Papier für Briefmarken, Banknoten und andere Drucke lieferte die berühmte Papierfabrik der Gebrüder Ebart in Spechthausen bei Eberswalde. Die Briefmarken wurden sehr schnell populär, doch als 1851 so genannte Franco-Couverts mit aufgedruckter Wertmarke auch in Preußen eingeführt wurden, entstand eine ernsthafte Konkurrenz. Dies sicher auch deshalb, weil man das Bekleben der Briefe und Pakete scheute. Manche Postwertzeichen sind philatelistische Raritäten, die von Sammlern und Museen gesucht werden.

7. April 2020

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