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Klassizistische Kolonnaden der Berliner Museumsinsel sehen bald aus wie im 19. Jahrhundert / Ein Gang über das Bau- und Kunstensemble



Das Modell der Museumsinsel zeigt, wie sich der von Stüler entworfene Säulengang um die Alte Nationalgalerie windet. Im Vordergrund sieht man, wie die Kolonnade zugebaut ist und als Restaurierungsateliers genutzt wird. Sie ziehen in das Bode Museum wenige hundert Schritte weiter um.



Störende Einbauten entlang der Säulenhalle auf der Museumsinsel und an der Spree wurden und werden nach und nach beseitigt, das ganze Ensemble erhält seine historische Gestalt zurück.



Ein unvergleichlicher Ort zum Verweilen und der Entspannung inmitten des Großstadttrubels ist der nach alten Vorlagen wiederhergestellte und als Gartendenkmal unter Schutz gestellte Hof.







Besondere Beachtung verdienen hier die von bedeutenden Bildhauern des 19. bis 21. Jahrhunderts geschaffenen Tierskulpturen.



Gemeinsam mit der Archäologischen Promenade bildet die James-Simon-Galerie das Herzstück des Masterplans Museumsinsel, der vor 20 Jahren entwickelt wurde, um das "UNESCO-Welterbe Museumsinsel" zu bewahren und zu einem zeitgemäßen Museumskomplex umzugestalten. Zu diesem Plan gehört auch die Neu- und Umgestaltung des Außenbereichs einschließlich der Kolonnaden. (Fotos: Caspar)

Mit dem Anbringen einer temporären Schiffsleiteinrichtung an der Ufermauer der Spree hat der letzte Abschnitt der Wiederherstellung des originalen Zustands des klassizistischen Säulengangs aus dem 19. Jahrhundert, der die Museumsinsel zum Lustgarten und zur Spree hin abschließt. Im Zuge der Baumaßnahmen müssen die Kolonnaden eingehaust werden, außerdem wird ein zum Teil zwei Meter über die Ufermauer auskragendes Arbeitsplateau gebaut. In diesem Zusammenhang wurde auch ein schwimmendes Leitwerk verankert, das während der Bauzeit als Anprallschutz für Schiffe gebraucht wird. Bei den aktuellen Baumaßnahmen geht es um den nördlichen Abschnitt der Kolonnaden. Sie waren 1911 zugebaut worden, um zusätzliche Räumlichkeiten für Mitarbeiter der damals Königlichen, ab 1918 Staatlichen Museen zu schaffen.

Bis vor kurzem wurden die Räume unter anderem als Restaurierungswerkstatt der Skulpturen im Besitz der Alten Nationalgalerie genutzt, die jetzt ein neues Domizil im Bode-Museum gefunden hat. Die zweigeschossigen Einbauten in Richtung Pergamonmuseum werden entfernt und die Säulen freigestellt und restauriert. Wie sie zur Geltung kommen, sieht man bereits an der Seite zum Dom am Lustgarten und entlang der Spree.

Zugang zum Pergamonmuseum

Der Säulengang wird in einigen Jahren eine besondere Rolle im Zusammenhang der Sanierung des Pergamonmuseums spielen. Hier erfolgt nach Abschluss der Bauarbeiten der Zugang zum Pergamonmuseum. Besucherinnen und Besucher gelangen dann abseits von der Baustelle durch den Säulengang in das Haus, das zurzeit noch umgebaut wird und dessen großer Saal mit dem Pergamonaltar noch nicht betreten werden kann.

Die Freilegungs- und Sanierungsarbeiten im Kolonnadenhof erfolgen in enger Abstimmung mit dem Landesdenkmalamt und sollen, wenn alles gut geht, 2022 abgeschlossen sein. Sie sind Teil des Masterplans Museumsinsel, nach dem die einzelnen Häuser, die Freiflächen und Kolonnaden miteinander zu einem einzigartigen Ensemble zusammengefügt werden. Wenn der mit zahlreichen Skulpturen vom 19. bis 21. Jahrhundert geschmückte Kolonnadenhof nach Stülers Plan fertig gestellt ist, wird als besonderer Aufenthaltsort in der historischen Mitte Berlins auch außerhalb der Öffnungszeiten der Staatlichen Museen große Anziehungs- und Strahlkraft entwickeln.

Dienstbare Steinfragmente

Die Kolonnaden der Museumsinsel wurden nach einem Entwurf von Friedrich August Stüler, des Architekten des Neuen Museums und der Alten Nationalgalerie, zwischen 1853 und 1878 errichtet. Bei der Wiederherstellung des klassizistischen Umgangs haben die Bauleute originale Fragmente, die in Trümmern und Gewölben wiederentdeckt worden waren, verwendet, so dass das Erscheinungsbild dem der Erbauungszeit entspricht. Wie die gesamte Museumsinsel gehört auch der Innenhof als eingetragenes Gartendenkmal zum UNESCO-Welterbe, was der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und ihren Staatlichen Museen die Pflicht auferlegt, besonders sorgfältig mit der historischen Substanz umzugehen und nach allen Regeln der Denkmalpflege zu erhalten.

Viel Zeit und Geld kostete die Erneuerung des Fußbodens der spätklassizistischen Säulenhalle. Zu diesem Zweck wurden die schweren, zum Teil zersprungenen Bodenplatten aufgenommen, so dass man das darunter liegende Tonnengewölbe sehen konnte. So stellt das durch das Neue Museum, die Alte Nationalgalerie und die Säulenhalle begrenzte Areal einen spürbaren Zugewinn an Erlebnisqualität und wird von vielen Freunden der Museumsinsel in der warmen Jahreszeit auch dann aufgesucht, wenn es draußen dunkel ist und die Häuser mit ihren hochkarätigen Gemälde-, Skulpturen und archäologischen Sammlungen geschlossen sind.

Freistätte für Kunst und Wissenschaft

Die Museumsinsel zwischen Spree, Kupfergraben und Lustgarten entstand im frühen 19. Jahrhundert unweit des Berliner Schlosses als "Freistätte der Kunst und Wissenschaft". Das Alte Museum wurde von 1824 bis 1828 von Karl Friedrich Schinkel erbaut und 1830 eröffnet. Gezeigt wurden anfangs antike Skulpturen sowie Gemälde und Grafiken, die zum großen Teil aus den königlichen Schlössern stammten. Der im Krieg zerstörte Säulenbau wurde 1953 bis 1966 wiederaufgebaut, innen modern sowie außen in originaler Gestalt. In seiner alten Pracht zeigt sich die dem Pantheon in Rom nachempfundene Rotunde mit antiken Skulpturen an den Wänden zwischen korinthischen Säulen. Neben wechselnden Ausstellungen werden hier antike Skulpturen, Vasen, Münzen und anderen Hinterlassenschaften untergegangener Völker gezeigt. Die Alte Nationalgalerie, gegründet 1861 anlässlich einer privaten Gemäldestiftung, wurde von Friedrich August Stüler entworfen und nach dessen Tod von 1866 bis 1876 von Johann Heinrich Strack für zeitgenössische Kunst vollendet. Das Reiterdenkmal Friedrich Wilhelms IV. auf der Freitreppe ist ein Werk von Alexander Calandrelli. Die Wiedereröffnung des von Dach bis Kellersanierten und restaurierten Gebäudes fand Ende 2001 statt.

Das Bode-Museum hieß bei seiner Einweihung im Jahr 1904 Kaiser-Friedrich-Museum. Erbaut zwischen 1897 und 1904 vom kaiserlichen Hofarchitekten Ernst von Ihne, beherbergt der neobarocke Bau Skulpturen der Gotik, Renaissance und des Barock sowie deutsche, niederländische und holländische Gemälde, das Münzkabinett und das Museum für Byzantinische Kunst. Von 1998 bis 2006 wurde der Kuppelbau generalsaniert. Das mit großen Unterbrechungen seit 1907 nach Plänen von Alfred Messel erbaute und von Ludwig Hoffmann nach vielen Abänderungen fertig gestellte Pergamonmuseum ist gegenwärtig eine große Baustelle. Es wurde 1930 für die archäologischen Funde aus Vorderasien sowie für antike Architekturmonumente eröffnet. Ein für die Altarfragmente von Pergamon errichteter Vorgängerbau stand nur von 1899 bis 1908. Wegen der aktuellen Bauarbeiten sind mehrere Säle für den Besucherverkehr gesperrt. Der Pergamonaltar ist unzugänglich, doch schafft das Pergamonpanorama auf der anderen Seite des Kupfergrabens Ersatz und zeigt auch Skulpturen altgriechischer Bildhauer.

Hommage an Mäzen James Simon

Ganz neu ist am 12. Juli 2019 im Beisein der Bundeskanzlerin Angela Merkel und von Mitgliedern der in den USA lebenden Familie Simon eröffnete James-Simon-Galerie als zentrales Empfangsgebäude der Berliner Museumsinsel. Erbaut nach Plänen von David Chipperfield Architects ist das Gebäude zwischen Kupfergraben und Neuem Museum nach dem großen Mäzen der Berliner Museen, Kunstsammler und Menschenfreund James Simon benannt. Die James-Simon-Galerie lädt zum Kommen, Schauen und Staunen ein und ist für sich gesehen ein besonderes Juwel modernen Bauens in der deutschen Hauptstadt. Zwar wurde und wird sie auch als "teuerste Garderobe" unseres Landes verulkt, doch sie bietet weitaus mehr als nur viel Raum, einen großzügigen Kassenbereich, Kleiderabgabe, Café und Restaurant sowie Museumsshop. Mit einer Fläche von 10.900 Quadratmetern macht das Eingangshaus neugierig auf die auf der Museumsinsel versammelten Schätze.

James Simon steht für ein kulturelles und soziales Engagement, das seinesgleichen sucht. An dem in seinem Textilgeschäft erworbenen Reichtum sollte die Allgemeinheit teilhaben, weshalb auch Geld für Krankenhäuser, eine Badeanstalt und andere soziale Einrichtungen gab. Mit der als Hommage an einen gr0ßen Menschenfreund benannten Galerie erfährt das Ensemble der Museumsinsel Berlin seine bauliche Vollendung. Manche Besucher werden es nicht wissen oder vergessen haben, dass das Haus mit erheblichem Verzug eröffnet wurde und statt der geplanten Baukosten von 71 Millionen Euro nun 134 Millionen Euro teuer wurde. Aber in Berlin kennt man das ja überall, Kostensteigerungen und Terminüberschreitungen sind hier leider nichts Neues.

4. Juni 2020

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