Typisch Lauchhammer
Seit ewigen Zeiten wird im Brandenburger Süden Eisen gegossen und kunstvoll verarbeitet







Der Nachguss antiker Figuren war ein wichtiges Geschäftsfeld der vor fast 300 Jahren in Lauchhammer gegründeten Eisengießerei. Um das korrosionsanfällige Material zu schützen, hat man es mit Farbe bestrichen und manchmal auch vergoldet. Die Figur oben zeigt einen Gießer mit langer Schöpfkelle bei der Arbeit.



Detlev Carl Graf von Einsiedel ist im Lauchhammer-Museum durch eine Büste aus Eisenkunstguss und viele interessante Dokumente vertreten, ebenso Benedicta Margareta Freifrau von Löwendahl, die Gründerin des Lauchhammer-Werks. An der nach ihr benannten Straße erwartet das Kunstgussmuseum seine Gäste.



Da das einfache Sortiment der Frau von Löwendahl nicht mehr ausreichte, rief Graf Einsiedel Bildhauer nach Lauchhammer, die Modelle für Figuren, Vasen und andere Objekte aus Gusseisen schufen. Einige sorgsam restaurierte und konservierte Meisterwerke der Kunstgießerei sind im Freien aufgestellt, weitere können im Kunstgussmuseum betrachtet werden. Im Park des Schlosses Mückenberg, einem Ortsteil von Lauchhammer, grüßt eine so genannte Pompejanerin aus Eisen die Besucher.







Das Fontanedenkmal in Neuruppin, das Berliner Thälmanndenkmal, das Buchenwalddenkmal bei Weimar und viele andere Skulpturen im In- und Ausland wurden in Lauchhammer gegossen.



Das Bronzeschild am Eingang der ehemaligen Schule macht auf das neugierig, was Besuchern hier von der Stiftung Kunstmuseum Lauchhammer geboten wird. (Fotos: Caspar)

Wenn Steine reden könnten, könnten sie uns von menschlichen Schicksalen und Abgründen erzählen, von wirklichen Heldentaten und solchen, die man dafür hielt, von Verbrechen und Nichtswürdigkeiten und von Versuchen, das Menschengeschlecht durch Bildung, Kunst und Kultur zu verbessern. Viele Stein- und Bronzedenkmäler im Land Brandenburg, und natürlich nicht nur dort, lassen sich in solche Schubladen packen. Da gibt es Monumente zur Erinnerung an "Die Hohenzollern und ihr Werk", um den Titel eines berühmten, über 100 Jahre alten Werkes von Otto Hintze zu benutzen, sowie an Feldmarschälle, Politiker, Künstler, Gelehrte und andere mehr oder weniger bedeutende Persönlichkeiten, die es auf Denkmalsockel geschafft haben. Hinzu kommen unzählige Kriegerdenkmäler und solche, die an Deutschlands dunkelste Zeit zwischen 1933 und 1945 und seine Befreiung vom Faschismus erinnern.

Neben diesen Denkmälern und Gedenkstätten gibt es Zeugnisse der Geschichte und Kultur, die sich nicht so einfach der einen oder anderen Kategorie zuordnen lassen. Die Rede ist von Rolandfiguren, Postsäulen und allegorische Darstellungen und weiteren zur Dekoration aufgestellten Skulpturen. Manche Objekte könnten in Lauchhammer (Landkreis Oberspreewald-Lausitz) entstanden sein. Die berühmte Kunstgießerei konkurrierte im 19. Jahrhundert mit der Königlichen Eisengießerei in Berlin und anderen Fabriken, in denen sowohl Eisen als auch Bronze und Zink für große und kleine Monumente und weitere Objekte verarbeitet wurden. Im Jahr 1804 gegründet, bestand die Königliche Eisengießerei zu Berlin ein halbes Jahrhundert und wurde Mitte des 19. Jahrhunderts durch nicht weniger bedeutende Privatbetriebe abgelöst.

Kochtöpfe, Pfannen, antike Figuren

"Lauchhammer Eisen" überlebte alle Epochen der neueren deutschen Geschichte. Seit der Zeit des Klassizismus ist es ein internationales Markenzeichen. Neben Kochtöpfen und Pfannen produzierte die Gießerei im zunächst sächsischen, ab 1815 preußischen Lauchhammer auch zahlreiche Abgüsse von antiken Figuren und Skulpturen zeitgenössischer Bildhauer. Die wegen der günstigen Zusammensetzung des Metalls besonders dünnflüssigen und dünnwandigen Figuren waren erschwinglicher als solche aus Bronze oder Marmor. Bildnisbüsten und Gartenplastiken aus braun patiniertem oder schwarz angestrichenem Eisen holten in fürstlichen Sammlungen stehende antike Kostbarkeiten sowohl in adlige Schlösser und Gärten als auch in die bürgerliche Wohnwelt. Hinzu kamen Grabkreuze, Gartenmöbel, Kaminaufsätze, Uhrengehäuse, Gitter, Kandelaber und anderen Objekte, nicht zu vergessen eiserne Konstruktionselemente für Brücken, Bahnhöfe und zahlreiche andere Bauten sowie militärische Gerätschaften aller Art.

Um das empfindliche Metall vor Korrosion zu schützen und es optisch aufzuwerten, hat man es manchmal bronziert und sogar vergoldet. Durch Bemalung wurde weißer Marmor oder heller Sandstein vorgetäuscht. Solche Farbfassungen waren auch bei den im 19. Jahrhundert modisch gewordenen Figuren und Architekturelementen aus Zink sowie bei Objekten aus Pappmaché beliebt. Zahlreiche Formen für die Eisen- und bald auch Bronzegüsse von Porträtbüsten und -köpfen, Medaillen und Plaketten und andere Objekte sind in Lauchhammer erhalten. Das Kunstgussmuseum in einer ehemaligen Schule aus dem Jahr 1890 an der Freifrau-von-Löwendahlstraße besitzt neben vielen anderen Hinterlassenschaften eine bedeutende Sammlung von Kleinplastiken in Menschen- und Tiergestalten, die wegen ihrer Beliebtheit zum Teil in hohen Auflagen gegossen und per Katalog vertrieben wurden und werden. Sie sind in den ehemaligen Klassenräumen aufgestellt, und wer ein wenig Zeit mitbringt, kann bei einem Schaugießen zusehen. Das wird allerdings erst wieder möglich sein, wenn die im Zuge der Corona-Pandemie überall im Lande geschlossenen Museen unter Beachtung der neu eingeführten Sicherheitsvorkehrungen und Abstandswahrung wieder geöffnet sein werden.

Ausstellung "Handwerk und Schöpfung"

Neben der auch heute aktiven Gießerei stehend, widmet sich das Museum der Geschichte der vom 18. Jahrhundert bis heute in Lauchhammer betriebenen Kunstgusses. Die etwa 2800 Objekte umfassende Sammlung von Modellen und Güssen dieses Umfangs und Alters sucht in Deutschland ihresgleichen. Die Reliefs und vollplastischen Objekte bieten einen kunst- und kulturgeschichtlichen Überblick über die Epochen zwischen dem Ende des 18. bis zum Beginn des 21. Jahrhunderts. In einer Sonderausstellung "Handwerk und Schöpfung" will das Museum ab 31. Oktober 2020 neue Einsichten in die Geschichte dieses Handwerks- und Industriezweiges anhand ausgewählter Sammlungsstücke vermitteln. Das Museum lädt Besucher und Freunde zur Mitgestaltung der Ausstellung ein. Da Denkmäler "made in Lauchhammer" überall auf der Welt anzutreffen sind, wird um Zusendung von Fotografien gebeten, gern auch als Selfie oder Bild mit Freunden vor einer solchen Skulptur. Ein Wegweiser zu Standorten sowie zahlreiche historische Fotos sind auf der Website www.kunstgussmuseum-lauchhammer.de unter dem Stichwort "Entdeckungsreise" veröffentlicht.

Der Aufstieg der Eisengießerei in Lauchhammer ist eng im frühen 18. Jahrhundert mit der Verarbeitung von Raseneisenstein und der Gründung des Hüttenwerkes durch Freifrau Benedicte Margarethe von Löwendahl auf ihrem Gut Mückenberg bei Lauchhammer verbunden. Praktisch denkend, wie sie war, hatte sie die Idee, das, wie ein Chronist schrieb, nutzlose verfaulende Holz ihrer Wälder durch Kohlenbrennerei zu verwerten. Sie befasste sich, ungewöhnlich für eine Dame ihres Standes und von ihrem Landesherrn, dem Kurfürsten von Sachsen und König von Polen August dem Starken privilegiert, mit der Verhüttung des vor Ort gefundenen Raseneisensteins. Als Geburtsstunde der Gießerei gilt das Anblasen des ersten noch sehr einfach gebauten Hochofens am 25. August 1725.

Nach einem Besitzerwechsel wurde rund 60 Jahre später die Produktionspalette erheblich erweitert. Der innovative und experimentierfreudige Graf Detlev Carl von Einsiedel, seines Zeichens kurfürstlich sächsischer Obersteuerdirektor und Konferenzminister, ließ in Lauchhammer Eisenkunstgusserzeugnisse herstellen und hatte damit großen Erfolg. Dieser Geschäftsidee kam zugute, dass Eisen während und nach den Befreiungskriegen von 1813 bis 1815 zu einem "patriotischen Metall" avancierte. Zahlreiche Denkmäler, allen voran das von Karl Friedrich Schinkel entworfene und von namhaften Bildhauern ausgeführte Kreuzbergdenkmal, wurden nicht in Bronze, sondern in Eisen gegossen. Wer sich damals auf militärischem Gebiet oder im zivilen Bereich hervor getan hatte, bekam vom preußischen König Friedrich Wilhelm III. das ebenfalls von Schinkel entworfene Eiserne Kreuz verliehen. Da die Kapazitäten der Königlichen Eisengießerei zu Berlin oft nicht ausreichten, wurden Aufträge nach Lauchhammer und in andere Werke gegeben.

In der ganzen Welt bekannt und begehrt

Vorlagen für die aus Lauchhammer in alle Welt gelieferten Antikennachgüsse fand Graf Einsiedel in der Dresdner Skulpturensammlung, denn Lauchhammer war damals noch sächsisch, und in anderen Museen. Frühe Erzeugnisse können vor und im Museum in Lauchhammer und in anderen Sammlungen besichtigt werden. Viele Monumente quer durch Brandenburg, Sachsen und weit darüber hinaus sind in Lauchhammer entstanden, hinzu kommen Glocken, Tafel- und Wandschmuck, Medaillen und Plaketten sowie Möbel aus Eisenkunstguss. Der Ruf der Gießerei war so gut, dass Bestellungen aus den USA und Südamerika, der Schweiz, Italien, Ungarn, Russland und anderen Ländern sowie aus vielen deutschen Städten eintrafen. Die Referenzliste des Traditionsbetriebs ist lang und enthält bedeutende Namen und berühmte Bildwerke - von Rietschels Wormser Luther-Monument über den sitzenden Fontane in Neuruppin und General von Steuben in Potsdam, Mendelssohn in Leipzig, das Gertraudendenkmal auf der gleichnamigen Brücke und Tierfiguren im Tiergarten in Berlin bis zum Buchenwalddenkmal von Fritz Cremer und dem Thälmann-Denkmal in Berlin-Prenzlauer Berg oder Kandelabern für die Dresdner Semperoper.

Eisenkunstguss lebensgroßer Figuren in einem Stück wurde in Lauchhammer seit 1784 mit großem Erfolg hergestellt, erst 1838 kam der Bronzekunstguss dazu. Namhafte Künstler haben hier ihre Werke gießen lassen. Begründer und Förderer der neuen Produktionslinie in Lauchhammer waren die Besitzer des Eisenwerkes, die Grafen Detlev Carl (1737 - 1810) und Detlev von Einsiedel (1773 - 1861), an die im Kunstgussmuseum und seinen Publikationen ehrenvoll erinnert wird. Der Graf veranlasste den Bau der ersten Dampfmaschine Deutschlands, die ab 1804/05 das Wasser des Nauendorfer Sees für die Industrie nutzbar machte. Aber nicht nur das Eisen prägte für Jahrhunderte das Gesicht der Region, sondern auch die Gewinnung und Verarbeitung der in umliegenden Tagebauen gewonnenen Braunkohle. Das erste Brikett wurde 1898 hier gepresst.

26. April 2020

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