Umbau des Berliner "Museumstankers"
Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz ist viel zu groß, um gut zu arbeiten und effektiv geleitet zu werden, und jetzt soll sie reformiert werden





Laut Gutachten des Wissenschaftsrats wird die Weiterentwicklung der Stiftung durch "tief gestaffelte Hierarchien und unklare Entscheidungsprozesse" behindert. In den Medien ist von der Zerschlagung der SPK die Rede, was aber von den Beteiligten zurück gewiesen wird. Sie sprechen von Weiterentwicklung und neuen großen Chancen. Die Fotos zeigen Figuren auf der Attika des Alten Museums und den wenig einladenden Aufgang zur Gemäldegalerie am Kulturforum.





Auf der Museumsinsel mit der James-Simon-Galerie im Vordergrund sowie in der Villa von der Heydt, dem Sitz des Präsidenten der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, und an vielen anderen Orten wird intensiv darüber nachgedacht, wie die Forderungen des Wissenschaftsrats bestmöglich erfüllt werden können.



An der Staatsbibliothek, hier der restaurierte Innenhof von Haus 1 Unter den Linden, hat der Wissenschaftsrat wenig auszusetzen, er bescheinigt ihr gute, publikumsfreundliche Arbeit.





Die Alte Nationalgalerie und das Bode-Museum bergen Schätze, die den Vergleich mit anderen großen Sammlungen nicht scheuen müssen. Riesige Besucherströme sind zwar gut fürs Renommee und die Einnahmen, aber ob sie auch gut für die Exponate sind, muss bezweifelt werden.



Das Pergamonmuseum wird aktuell noch saniert und umgebaut, doch sind verschiedene Ausstellungsräume mit ihren viele tausend Jahre alten Exponaten wie diesen Steinlöwen im Vorderasiatischen Museum geöffnet. (Fotos: Caspar)

Die 1957 gegründete Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) soll grundlegend neu geordnet werden, sie ist zu groß und zu unbeweglich, um gut zu arbeiten und effektiv geleitet zu werden. Das geht aus einem Gutachten des deutschen Wissenschaftsrates hervor, der im Juli 2020 vorgestellt wurde und große Wellen schlug. In den Medien ist von der Zerschlagung der SPK die Rede, was aber von den Beteiligten zurückgewiesen wird. Sie sprechen von Reform und Umbau. Laut "Strukturempfehlungen zur Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK)" spricht sich der Wissenschaftsrat dafür aus, die Dachstruktur der SPK aufzulösen und den Verbund der Staatlichen Museen zu Berlin, die Staatsbibliothek zu Berlin, das Geheime Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz und das Ibero-Amerikanische Institut jeweils organisatorisch zu verselbstständigen. Für das Staatliche Institut für Musikforschung mit seinem Musikinstrumenten-Museum empfiehlt er eine Eingliederung in die Staatlichen Museen. "Die Sammlungen der SPK sind von immenser internationaler Bedeutung. Entsprechend hoch sind die Erwartungen von Öffentlichkeit, Politik und Wissenschaft an Ausstellungen, Vermittlungsformate und Forschung in den Einrichtungen der Stiftung", betont Dorothea Wagner, Vorsitzende des Wissenschaftsrats. "Zwar verfügen diese Einrichtungen mit ihren Beständen und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern über ein herausragendes und großartiges Potenzial, schöpfen es derzeit allerdings nicht hinreichend aus."

Handlungsspielräume erweitern

Laut dem 277 Seiten langen, mit vielen Statistiken und Karten versehenen Gutachten wird die Weiterentwicklung der Stiftung durch "tief gestaffelte Hierarchien und unklare Entscheidungsprozesse" behindert. Ihren Anspruch, für Ausstellungen von Weltgang zu stehen, würden die Staatlichen Museen unter den gegebenen Bedingungen kaum einlösen. Außerdem werde das Potenzial für sammlungs- und standortübergreifende Ausstellungen nicht ausgeschöpft. Das sei nicht hinzunehmen, da sich die Sammlungen hinsichtlich ihrer Qualität mit denen in London, Paris oder New York messen lassen. Jedoch können diesen Anspruch in Bezug auf die Besucherzahlen nicht einlösen. Hinzu komme, dass die Museen im internationalen Vergleich "auch im virtuellen Raum deutlich weniger präsent" sind. Mit seinen Empfehlungen zielt der Wissenschaftsrat darauf, die Handlungsspielräume der Einrichtungen zu erweitern und eine klarere Profilbildung zu ermöglichen. Auf diese Weise sollen die Einrichtungen in die Lage versetzt werden, maßgebliche Impulse in internationalen Diskussionen zur Rolle von Museen, Bibliotheken und Archiven in Wissenschaft und Gesellschaft zu setzen. Der Wissenschaftsrat würdigt in seinen Empfehlungen das langjährige gemeinsame finanzielle Engagement von Bund und Ländern. Auch die erheblichen Leistungen der Stiftung und ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, insbesondere nach der deutschen Wiedervereinigung, hebt er positiv hervor, ebenso wie die bedeutenden Beiträge in der Bestandserschließung und bestandsbezogenen Forschung oder das Engagement in der Hochschullehre.

Dachstruktur schränkt Weiterentwicklung ein

Der Wissenschaftsrat sieht einen Punkt erreicht, an dem die "Dachstruktur" der Stiftung die Weiterentwicklung der darunter versammelten Einrichtungen einschränkt. Gründe dafür seien unter anderem tief gestaffelte Hierarchien und unklare Entscheidungsprozesse. Um die Leistungs- und Strategiefähigkeit der Einrichtungen dauerhaft zu verbessern, hält das Gremium einen entschiedenen Eingriff in die Struktur der SPK für unvermeidlich. Bei den Staatlichen Museen zu Berlin (SMB) bestehe der Handlungsbedarf vor allem in den publikumsorientierten Bereichen. In Kernbereichen wie Ausstellungen und Vermittlung, auch in der Öffentlichkeitsarbeit oder bei der Präsentation im digitalen Raum, drohten die Museen den Anschluss an internationale Entwicklungen zu verlieren. Die bestehenden Strukturen innerhalb der SMB sind nicht geeignet, die dringend erforderliche engere Zusammenarbeit und den intellektuellen Austausch zwischen den einzelnen Sammlungen und Instituten zu befördern. Ebenso fehlt es an einer ausreichenden finanziellen und personellen Ausstattung. Für die Staatlichen Museen empfiehlt der Wissenschaftsrat, die Chance einer organisatorischen Verselbständigung zu nutzen, um ihre interne Organisation neu zu ordnen. Ziel sollte dabei sein, moderne Ausstellungen sowie kooperative und international vernetzte Forschung zu ermöglichen und eine umfassende digitale Transformation zu befördern.

Der Staatsbibliothek zu Berlin bescheinigt der Wissenschaftsrat eine ausgeprägte Nutzerorientierung und ein überzeugendes Verständnis der eigenen Rolle im Forschungs- und Wissenschaftssystem. Für den digitalen Strukturwandel des Wissenschaftssystems sei die Staatsbibliothek gut aufgestellt. Die organisatorische Verselbstständigung soll sie in die Lage versetzen, ihre strategischen Ziele schneller und flexibler sowie mit größerer Unabhängigkeit umsetzen zu können und ihre Leistungsfähigkeit im nationalen Zusammenspiel der großen wissenschaftlichen Bibliotheken weiter zu stärken. Das Geheime Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz erfülle kompetent seine Aufgaben, sei gut auf seine Nutzerinnen und Nutzer eingestellt und bemühe sich erfolgreich um eine kontinuierliche Verbesserung seines Angebots auch im digitalen Raum. Dringenden Handlungsbedarf sieht der Wissenschaftsrat allerdings in der schon seit Jahren heftig beklagten unbefriedigenden Magazinsituation der im Geheimen Staatsarchiv verwahrten Dokumente von unschätzbarem Wert.

Langsamkeit, Ineffizienz, Personalmangel

So geht der Wissenschaftsrat Einrichtung für Einrichtung durch, lobt hier die eine, bemängelt die andere. Das hört sich alles gut an und wird hoffentlich auch in den kommenden Jahren gelingen, doch fragen Kritiker, ob man nicht schon längst die SPK auf Herz und Nieren hätte prüfen und ihre Schwachstellen wie Langsamkeit und Ineffizienz, Personalmangel, zu lange Bauzeiten und überteuerte Projekte ausmachen und beseitigen müssen. Denn schon vor Jahren wurde deren Reformierung und größere Mitsprache der einzelnen Einrichtungen gefordert. Als unmöglichen Zustand wird kritisiert, dass einzelne Museen und ihre Leiter bei ihren Projekten erst beim Generaldirektor der Staatlichen Museen "anklopfen" müssen, der dann sein Votum dem Präsidenten der Stiftung Preußischer Kulturbesitz zur Entscheidung vorlegen muss. Kritisiert wird an dem Papier, dass das Humboldt Forum, in dem die Staatlichen Museen bisher große Teile ihres bisher in Dahlem gezeigten und aufbewahrten außereuropäischen Besitzes gezeigt hat, in dem Dokument nur am Rand erwähnt wird und statt dessen der Schwerpunkt auf Besucherzahlen gelegt wird, als wenn diese allein das Nonplusultra im Museumsbetrieb und nicht auch der Erhalt, die Pflege und Erforschung der historischen Schätze ganz vorn im Fokus liegen müssten.

Am 25. Juli 1957 vom Deutschen Bundestag mit einem Gesetz aus der Taufe gehoben, hütet Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz sie kostbare Hinterlassenschaften des offiziell 1947 durch Kontrollratsbeschluss abgeschafften Staates Preußen. Zur Stiftung gehörten die in West-Berlin befindlichen Staatlichen Museen zu Berlin, aber auch Archive und Bibliotheken sowie Grundstücke. Erst nach der Wiedervereinigung 1990 kamen die im Ostteil der Stadt befindlichen Einrichtungen unter das Dach der vom Bund und allen 16 Bundesländern getragenen Stiftung. Ihr gehören fünf Einrichtungen an, und zwar die auf der Museumsinsel, in Dahlem, am Kulturforum und im Hamburger Bahnhof befindlichen Staatlichen Museen zu Berlin, ferner die auf zwei Standorte Unter den Linden und am Kulturforum verteilte Staatsbibliothek, die auf ein über dreihundertfünfzigjähriges Bestehen zurück schaut und sich in den kommenden Jahren nach Abschluss umfangreicher Umbauten und Sanierungsmaßnahmen ein neues Buchmuseum zulegt, aber auch das Geheime Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz in Dahlem sowie das Ibero-Amerikanische Institut und das Staatliche Institut für Musikforschung mit dem Musikinstrumenten-Museum, die am Kulturforum angesiedelt sind.

Stiftung seit 1957 im Einsatz

Der Stiftung Preußischer Kulturbesitz wurde 1957 der Auftrag erteilt, die ihr anvertrauten Güter zu bewahren, zu pflegen, zu ergänzen und zu erforschen und für die Interessen der Allgemeinheit in Wissenschaft und Bildung und für den internationalen Kulturaustausch zu wirken. Die vom Bund und den Bundesländern getragene Stiftung ist eine der weltweit größten Kultureinrichtungen, und sie ist nach ihren Worten gelebte föderale Verantwortung für das preußische und deutsche Kulturerbe. Berlin profitiert von diesem Engagement auf besondere Weise, allein die Museumsinsel zieht jedes Jahr Millionen Besucher aus aller Welt an. Dass es in diesem Jahr starke Rückgänge und damit auch Einnahmeverluste gibt, ist der Corona-Pandemie zuzuschreiben. Zunächst bestand für die Stiftung Preußischer Kulturbesitz die wichtigste Aufgabe darin, die im Zweiten Weltkrieg ausgelagerten Kulturgüter nach Berlin zurückzuholen, soweit diese nicht in sowjetisch kontrollierten Territorien verwahrt und von der Roten Armee in die Sowjetunion verbracht wurden. Außerdem mussten geeignete Häuser im damaligen West-Berlin für Ausstellungs- und Forschungszwecke hergerichtet und neue gebaut werden. Das betraf vor allem den aus der Kaiserzeit stammenden Museumskomplex in Dahlem sowie das nach dem Mauerbau 1961 errichtete Kulturforum mit der Neuen Nationalgalerie (1968), dem Ibero-Amerikanischen Institut (1977), der Staatsbibliothek (1978), dem Musikinstrumenten-Museum (1984) und den Museen der europäischen Kunst mit der Gemäldegalerie und dem Kunstgewerbemuseum (ab 1985). Hinzu kamen die archäologischen Sammlungen und die Galerie der Romantik (1986) in Charlottenburg und die Ausstellungen im Hamburger Bahnhof.

Größere Autonomie und Verantwortung

Der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Hermann Parzinger, bezeichnete das Gutachten als guten Ausgangspunkt für weitere Diskussionen. "Ich danke dem Wissenschaftsrat für die umfangreiche Analyse, die kritische Auseinandersetzung und die Empfehlung einer tiefgreifenden Reform. Ich bin davon überzeugt, dass wir mit dieser Evaluation den richtigen Schritt getan haben, um die großartigen Sammlungen und das exzellente Wissen, das unter dem Dach der Stiftung vereint sind, in Zukunft noch besser zur Geltung zu bringen", sagte Parzinger und schloss in diesen Dank ausdrücklich Kulturstaatsministerin Monika Grütters als Vorsitzende unseres Stiftungsrats der SPK ein. Sie habe den Mut gehabt, die Reform der Stiftung konsequent anzugehen und alles auf den Prüfstand zu stellen. "Der Schlüssel für die Weiterentwicklung liegt, davon bin ich überzeugt, in einer größeren Autonomie und Verantwortung der einzelnen Häuser und in flacheren Hierarchien. Es werden aber noch viele Fragen mit großer Tragweite zu klären sein. Ich bin sicher, dass die vorliegenden Ergebnisse ein guter Ausgangspunkt sind für eine sachorientierte und zielführende Diskussion in der Öffentlichkeit, in den Medien und nicht zuletzt im politischen Raum. Es geht schließlich darum, mit einer neuen Struktur die Entwicklungspotenziale zu stärken sowie das nationale und internationale Renommee und die Strahlkraft der einzelnen Sammlungen zu erhöhen."

Ein Glanzpunkt in der Geschichte der Stiftung Preußischer Kulturbesitz war 1999 die Erklärung der Museumsinsel zum UNESCO-Weltkulturerbe. Diese Auszeichnung erlegt ihr und speziell den Staatlichen Museen die Verpflichtung auf, äußerst sorgsam und vorsichtig mit den ihnen anvertrauten Baudenkmalen umzugehen. Während die Häuser auf der Museumsinsel saniert und für die Aufgaben des 21. Jahrhunderts "ertüchtigt" wurden und im Fall des Pergamonmuseums auch noch werden, zieht die Stiftung mit ihren bisher in Dahlem befindlichen Sammlungen außereuropäischer Kulturen ins künftigen Humboldt Forum ein. In diesem Jahr soll es eröffnet werden soll und wird dann auch Exponate aus den Sammlungen der Humboldt-Universität sowie des Märkischen Museums präsentieren.

15. Juli 2020

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