Arena als Impfzentrum
In Pandemiezeiten lernen viele Berliner den ehemaligen Busbahnhof in Treptow neu kennen





Im Eingangsbereich der Arena halten aus Ziegelsteinen im Stil der zwanziger Jahre geformte Omnibusfahrer Wache, auf einem der beiden Torhäuser schaut der Berliner Bär auf die Besucher herab.



Nur von außen kann man die in ein Impfzentrum umgewandelte Arena an der Eichenstraße fotografieren. Der aus drei Figuren bestehende Molecule Man nahe der Arena wurde vom amerikanischen Bildhauer Jonathan Borofsky geschaffen und steht seit 1999 in der Spree zwischen Elsenbrücke und Oberbaumbrücke am Schnittpunkt der Ortsteile Kreuzberg, Alt-Treptow und Friedrichshain.





Wer wissen möchte, wie die Omnibusse aussehen, die vor langer Zeit im Depot an der Eichenstraße verwahrt wurden, kann sie im U-Bahnhof Klosterstraße auf bemalten Emailletafeln betrachten. (Fotos: Caspar)

Die seit Ende 2020 zur Anti-Corona-Impfung genutzten Arena an der Eichenstraße in Treptow wurde 1927 als Betriebshof der Allgemeinen Berliner Omnibus AG (ABOAG) nach Plänen von Franz Ahrens errichtet und war damals eine der größten freitragenden Hallen in Europa. Die ABOAG ging 1928 in den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) auf. Jetzt lernen täglich tausende Berlinerinnen und Berliner die unweit der Spree gelegene und vom S-Bahnhof Treptower Park über die Puschkinallee gut zu ereichende Halle als Denkmal der Industriearchitektur der Moderne neu kennen. Sie war bisher nur als Ort von kulturellen Großveranstaltungen und Theateraufführungen bekannt. Der in "Mauerzeiten" wegen der Nähe zur Spree unzugängliche Standort gegenüber dem Westberliner Bezirk Kreuzberg wurde 1993 von der BVG aufgegeben und danach einer neuen Nutzung zugeführt.

Nach der Sanierung zogen Kultureinrichtungen aller Art und Gastronomie in den ehemaligen Omnibus-Betriebshof ein. "Arena" ist vor allem bei jungen Leuten als Ort von rauschenden Festen und lautstarken Konzerten ein Begriff. Ein Bade- und Saunaschiff, wenige Schritte entfernt, am Ufer gelegen hat sich zu einer auch in der kalten Jahreszeit gut besuchten Attraktion entwickelt. Ein Schiffshafen (Marina) an der früheren Schiffskontrollstelle der DDR-Grenzer wird geplant. Seit 2007 werdeen Technofans in den Arena Club im ehemaligen Kesselhaus zum Besuch ein.

Große Unterschiede zwischen hier und dort

Damit ist nach Ausbruch der Corona-Pandemie erst einmal Schluss. Die Arena wurde zum größten der sechs Berliner Impfzentren umgewandelt. Hier erhalten seit Ende 2020 vor allem ältere "Impflinge" in 80 Kabinen das Vakzin Biontech im Abstand von mehren Wochen und werden so gegen COVID-19 immunisiert. Die anderen Corona-Impfzentren befinden sich im Erika-Heß-Eisstadion, wo Moderna eingesetzt wird, im Flughafen Tegel (Biontech), Flughafen Tempelhof (Astrazeneca) und im Velodrom (Biontech). Darüber hinaus wird auch in zahlreichen Berliner Arztpraxen und an anderen Orten geimpft. Wie aus Interviews und Zuschriften an Zeitungen hervorgeht, klappen in Berlin die Benachrichtigung und die Impfung selbst im Großen und Ganzen gut, was man vom brandenburgischen Umland leider nicht sagen kann. Dort müssen sich impfwillige Bewohner selbst um Termine kümmern und müssen lange Strecken bewältigen, um irgendwo und weitweg von ihrem Wohnort geimpft zu werden. Statt Ehepaare gemeinsam zu impfen, müssen diese zweimal anreisen und bekommen den Impfstoff getrennt voneinander. Das führt zu bösem Blut, und so füllen Klagen über die Zumutungen ganze Zeitungsseiten.

Wer in diesen Tagen vor der Arena in einer langen Schlange wartet, jedoch schon bald eingelassen wird, bekommt von der Weite des früheren Busbahnhofs nicht viel mit. Eindrucksvoll ist der mit roten Ziegeln verkleidete Bau von außen allemal. Schon die beiden Torhäuser, durch die unzählige Taxis ein und hinaus fahren, sind es wert, dass man einen Blick auf sie wirft. Im Stil der zwanziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts gestaltet, halten an den Torhäusern ein Busfahrer und dort eine Busfahrerin in der Uniform ihrer Zeit Wache. Ein Berliner Bär schaut von oben auf die Menschen, die mit großen Hoffnungen von Ordnern in die Arena eingewiesen werden. Durch die Tore fahren in einem unablässigen Strom Taxis herein, die die vom Senat zur Impfung eingeladenen Menschen aus allen Teilen der Stadt unentgeltlich, aber natürlich auf Kosten der Allgemeinheit herbringen, weil man ihnen weite Wege ersparen möchte. Alte und gebrechliche Frauen und Männer werden von den Helfern mit gelben Warnwesten in Rollstühle gesetzt und nach Kontrolle ihrer Ausweise und Papiere direkt in die Kabinen gefahren, wo die Impfärzte schon auf sie warten. Alle anderen Besucher müssen sich ein wenig gedulden und kommen, von freundlichen Frauen und Männern geleitet, ans Ziel.

Kleiner Pieks in den Oberarm

Beim Parcours durch die Arena ist ein wenig Zeit, in das aus Glas und Stahlträgern gefügte riesige Gewölbe zu blicken. Die Weite der Halle selbst lässt sich nicht erfassen, denn überall stehen Stühle für die Besucher, die auf einen Wink warten, um in einer der vielen Kabinen nach Vorerkrankungen und sein Befinden befragt werden. Der kleine Pieks in den Oberarm geschieht blitzschnell und tut auch nicht weh. Wenn man sich wieder angezogen hat, bekommt man den gelben Impfausweis mit dem abgestempelten Eintrag über die erfolgte Impfung. Man kann dann in einem abgetrennten Teil der Halle auf einem Stuhl noch ein wenig ausruhen, um dann, mit einer Art Transportschein in der Hand, draußen mit dem Taxi wieder nach Hause gefahren zu werden. Die ganze Prozedur nimmt eine Stunde oder etwas mehr in Anspruch. Das alles ist in der Arena und wohl auch in den anderen Impfzentren der Stadt gut organisiert. Auf Nachfrage ist zu erfahren, dass neben professionell im Gesundheitswesen tätige Menschen auch Bundeswehrangehörige sowie Personen aus dem Berliner Gastro-, Kultur- und Eventbereich als Helfer und Ordner tätig. Die Berliner Taxifahrer verdienen durch ihre Fahrten Geld, das ihnen angesichts der allgemeinen Flaute infolge der Coronapandemie fehlt.

Wer wissen möchte, wie die in der heutigen Arena stehenden Omnibusse ausgesehen haben, ist im U-Bahnhof Klosterstraße zwischen Alexanderplatz und Märkisches Museum an der richtigen Adresse. Hier sind farbige Bilder von alten und neuen Fahrzeugen wie Omnibusse mit und ohne Pferden, ferner Straßen-, U- und S-Bahnen und Bahnhofszenen an den Wänden befestigt. An den Eingängen zu der U-Bahnhaltestelle zeigen Reproduktionen historischer Fotografien, wie es vor vielen Jahrzehnten auf dem Bahnhof Klosterstraße zugegangen ist, der damals noch Inselstraße hieß. Bilder aus der Berliner Stadtgeschichte findet man auch in anderen Bahnhöfen, ganz gleich ob dort S- oder U-Bahnen fahren.

Das Deutsche Technikmuseum an der Trebbiner Straße im Bezirk Kreuzberg dokumentiert anhand von originalen Fahrzeugen, Modellen, Zeichnungen und anderen Exponaten auch die Geschichte des Verkehrwesens in Berlin und darüber hinaus. Irgendwann wird man die Ausstellung und weitere Museen ohne Einschränkungen besichtigen können, und auch die Arena in Treptow und die anderen Impfzentren werden nach Überwindung der furchtbare Opfer fordernden Pandemie mit ihren belastenden Einschränkungen und schlimmen wirtschaftlichen Auswirkungen ihre eigentlichen Aufgaben als Orte der Begegnung und der Kultur und Kunst erfüllen können. 16. April 2021



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