Drachentöter und Siegesgöttin
Anti-Revolutionsdenkmal hinter dem Babelsberger Schloss wird von mittelalterlichen Landsknechten bewacht







Teile des Babelsberger Parks lagen in DDR-Zeiten auf östlicher Seite hart im Grenzgebiet zu West-Berlin und waren daher unzugänglich und ungepflegt. Sperranlagen aus Beton und Stacheldraht verhinderten jede Flucht; das Bellen der Bluthunde war weithin zu hören. Nach dem Fall der Mauer wurden die Befestigungen abgebaut und das Areal nach alten Plänen neu gestaltet. Wer Park und das aus dem Dornröschenschlaf erwachende Schloss besucht, kann von den Hügeln sehr schön die Skyline von Potsdam betrachten




Neben dem Schloss wird auf sympathische Weise an die Gartengestalter Peter Joseph Lenné und Hermann Fürst zu Pückler-Muskau erinnert.



Im Eingangsbereich des Babelsberger Schlosses ehren Terrakottareliefs die Architekten Karl Friedrich Schinkel und Ludwig Persius sowie den Gartengestalter Peter Joseph Lenné.



Es wird erzählt, dass Friedrich Wilhelm IV. das Denkmal seinem jüngeren Bruder - und 1861 Nachfolger - geschenkt hat. Der als "Kartätschenprinz" verspottete Wilhelm soll wenig begeistert gewesen sein, habe sich aber gegen die Aufstellung hinter seinem Schloss nicht wehren können. Warum das Anti-Revolutionsdenkmal in DDR-Zeiten nicht beseitigt wurde, bedarf noch der Klärung. Foto: Kreuseler



Alte Fotografien in den Schlossräumen zeigen die Wohnumwelt Wilhelms I. und lassen die Verluste an der Ausstattung ahnen, die die kaiserliche Residenz nach 1945 erleiden musste.



Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg fühlt sich dem Erbe von Schinkel, Persius, Lenné und Pückler sowie dem Unesco-Status der Potsdamer Kulturlandschaft als Teil des Weltkulturerbes verpflichtet, wenn sie das Schloss und den berühmten Landschaftspark in der historischen Form rekonstruiert und restauriert. Dazu gehören die Wiedergewinnung der von Lennné und Pückler geschaffenen Bepflanzung des "Babertsbergs", der später Babelsberg hieß, die Freilegung markanter Sichtachsen, die auf Bauten wie die aus Berlin stammenden mittelalterlichen Gerichtslaube sowie den Flatowturm weisen, sowie die Wiederherstellung von Skulpturen und Brunnen.



In "Mauerzeiten" war die Glienicker Brücke, die man vom Babelsberger Park sehr gut sehen kann, für DDR-Bewohner und andere Normalsterbliche unpassierbar. Heute verbinden sie die Landeshauptstadt Potsdam mit Berlin. (Fotos/Repro: Caspar)

Das Michaelsdenkmal von 1849 im Garten hinter dem Schloss Babelsberg, dem Sommersitz des preußischen Prinzen Wilhelm, ab 1861 König und ab 1871 Kaiser Wilhelm I., erinnert wie das Triumphtor vom Mühlenberg am Rande des Parks von Sanssouci an den Sieg preußischer Truppen über die badischen Aufständischen im Jahre 1849. Eine als Brunnen gestaltete steinerne Schauarchitektur im neogotischen Stil umrahmt den geflügelten Erzengel Michael, der mit einer Lanze den Drachen zu seinen Füßen ersticht. Schöpfer des Monuments war August Kiss. Dass es sich bei der Bronzefigur um ein politisches Denkmal handelt, mit der der Schlossherr Prinz Wilhelm die von ihm angeführte Niederschlagung des revolutionären Aufstands in Baden feierte, unterstreichen in die Schaufront eingelassene preußische Adler. Gut sichtbar ist das Kreuz des hohenzollernschen Hausordens mit der Inschrift VOM FELS ZUM MEER. Dessen 1851 erlassene Statuten bestimmten, dass der Orden an solche Personen verlieht, "die um die Erhaltung des Glanzes und der Macht des Königlichen Hauses sich verdient gemacht und eine besondere Hingebung an die Person Sr. Majestät und das Allerhöchste Haus an den Tag gelegt haben, sowohl durch gegenwärtiges fruchtbringendes Verdienst, aufopferndes und mannhaftes Benehmen im Kampfe gegen äußere und innere Feinde, als auch durch Wirken für die Zukunft, zur Erinnerung und Vorbereitung der heranwachsenden und kommenden Geschlechter zu gleicher Treue und Thun".

Erzengel sticht den Drachen nieder

Wer über eine Treppe zum Michaeldenkmal geht, kommt an zwei in mittelalterliche Kostüme gekleidete Wächterfiguren aus Stein vorbei. Sie sehen noch ganz neu aus und dürfte vor nicht allzu langer Zeit aufgestellt worden sein. Erwähnt sei, dass Kiss auch das im Berliner Nikolaiviertel aufgestellte Bronzedenkmal des Heiligen Georg geschaffen hat, der wie der Babelsberger Erzengel Michael einen sich am Boden windenden Drachen tötet. Dieses Bronzemonument auf hohem Granitsockel stand ursprünglich im Berliner Schlosshof und war ein Geschenk der Witwe des mit dem Haus Hohenzollern durch viele Aufträge für Denkmäler verbundenen Künstlers an Wilhelm I. Auf einer Anhöhe mit vorgelagerter Aussichtsplattform südwestlich des Schlosses Babelsberg steht eine Siegessäule, die König Wilhelm I. zur Erinnerung an den deutsch-österreichischen Krieg 1866 errichten ließ. Der Granitschaft wird durch eine von Christian Daniel Rauch geschaffene geflügelte Victoria bekrönt. Eine ähnliche Anlage steht auf dem Mehringplatz in Berlin-Kreuzberg. Hier erinnert die Göttin mit einem Siegeskranz in der Hand in Verbindung mit zwei Marmorfiguren des Friedens und der Geschichtsschreibung an das Ende der Befreiungskriege und den Frieden mit Frankreich im Jahre 1815.

In unmittelbarer Nähe des Babelsberger Schlosses erinnern zwei Gedenksteine an die bedeutende Garten- und Landschaftsgestalter Peter Joseph Lenné und Hermann Fürst zu Pückler-Muskau. Die Gartenkünstler waren maßgeblich an der Gestaltung des zur Sommerresidenz des preußischen Prinzen Wilhelm, Königs und Kaisers Wilhelm I., gehörigen Landschaftsparks beteiligt. Während eine als Blüte gestaltete Bronzeskulptur auf Lenné aufmerksam macht, der 1816 in preußische Dienste trat und zehn Jahre später königlicher Gartendirektor wurde, ist Fürst Pückler in voller Lebensgröße als Schöpfer des Babelsberger Parks dargestellt. Das Bronzerelief zeigt den auch als Schriftsteller und Dandy durch einen aufwändigen Lebensstil bekannt gewordenen Künstler-Fürsten in der Kleidung des frühen 19. Jahrhunderts mit einem gerollten Gartenplan in der Hand. In Branitz bei Cottbus hat sich Pückler ein auch mit Skulpturen besetztes eigenes Gartenreich geschaffen, das wie die Potsdamer Schlösser und Gärten ein viel besuchter Touristenmagnet ist.

Sommerresidenz erhält alten Glanz zurück

Auf einem hügligen Gelände mit Blick auf die Glienicker Brücke nach Plänen von Karl Friedrich Schinkel, Ludwig Persius und Johann Heinrich Strack zwischen 1834 und 1849 errichtet, war das mit Türmen und Zinnen versehene Schloss die "romantische" Sommerresidenz des Prinzen Wilhelm, der 1861 König und 1871 Kaiser Wilhelm I. wurde, und seiner Gemahlin Augusta. Auch ihr Sohn, der spätere Kaiser Friedrich III., und seine englische Gemahlin Victoria hielten sich hier oft und gern auf. Erinnert sei, dass nach dem Zweiten Weltkrieg fast das gesamte Babelsberger Schlossinventar sowie Gemälde und Möbel anderer Schlösser von der Roten Armee als "Beutekunst" in die Sowjetunion verbracht wurden. Glücklicherweise kam vieles 1958 wieder zurück, doch eben nicht alles. Auf das Babelsberger Schloss wirkte sich negativ aus, dass es zweckentfremdet genutzt wurde, vergleichbar mit dem Marmorpalais im Neuen Garten auf der Potsdamer Seite der Havel. Zunächst war hier eine Richterschule untergebracht, dann folgten die DDR-Akademie für Staat und Recht "Walter Ulbricht" und die Filmhochschule.

Nach deren Auszug fand 1963 das Museum für Ur- und Frühgeschichte in den neogotisch gestalteten Räumen ein Unterkommen. Um archäologische Ausstellungen zeigen zu können, hat man Wände zugestellt und Decken abgehängt. Das alles hat dem fragilen Schloss nicht gut getan, ebenso litten der Park und viele dort befindliche Bauten und Skulpturen unter Missnutzung und Diebstahl. Vieles wurde damals im Schloss umgebaut, verändert und zugenagelt, sogar Kamine hat man zerstört, weil sie nicht mehr zu den neuen Aufgaben der Räume passten. Reste ehemaliger Ausstattungen wurden bei Ausgrabungen in den vergangenen Jahren in Schuttgruben gefunden.

Mit großer Akribie haben Restauratoren historische Ausmalungen und Stuckaturen wiederhergestellt und auch leer stehende Räume nach und nach möbliert und mit Gemälden und Skulpturen ausgestattet. Da viele ehemals im Schloss befindliche Kunstwerke nicht mehr existieren, hat die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg Fehlendes durch Objekte aus ihren Möbel- und Gemäldedepots ersetzt. Diese Arbeiten sind noch lange nicht beendet, und so wird man noch längere Zeit warten müssen, bis das außen und innen erneuerte Babelsberger Schloss fürs Publikum dauerhaft und nicht nur zu Tagen des offenen Denkmals und anderen besonderen Anlässen geöffnet wird. .

28. Januar 2021

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