Mohrenrondell heißt wieder Erstes Rondell
Schlösserstiftung will durch einen Namenswechsel im Park Sanssouci dem Vorwurf des Rassismus begegnen



Friedrich II. steckte eine Million Taler in Schlösser und Garten, und wenn er eine weitere Million gehabt hätte, dann hätte er nach eigenem Bekunden auch diese in sein Refugium investiert, in dem er Ruhe und "Sans souci", ein Leben ohne Sorge, suchte und fand. Da der königliche Flötenspieler und Kriegsherr, Schriftsteller und Kunstsammler auch ein praktisch denkender Mann war, ließ er in der Umgebung seiner Schlösser Obstplantagen anlegen, so dass er, der Freund frischer Früchte, diese immer auf seiner Tafeln zur Verfügung hatte.



Im Oranierrondell schauen Kurfürst Friedrich Wilhelm und seine Gemahlin Luise Henriette, die Namensgeberin von Oranienburg, und weitere Mitglieder ihrer Familie auf die Besucher des Parks Sanssouci.



Im Mohrenrondell oder, wie man heute sagt, im Ersten Rondell trifft Afrika auf die römische Antike. Alle sechs Büsten sind Kopien aus den 1990er Jahren, die Originale nahm die Schlösserstiftung unter ein schützendes Dach.



Die als einzigartiges Denkmal der Bildhauerkunst in der Zeit Friedrichs des Großen gerühmte Marmorgrotte mit dem antiken Meeresgott Neptun auf der Attika hatte in den vergangenen Jahrzehnten durch Witterungseinflüsse und Vandalismus schweren Schaden genommen. Restauratoren gaben in minutiöser Arbeit dem Meisterwerk barocker Bildhauerei aus der Zeit Friedrichs des Großen seine alte Schönheit zurück. Auch der Garten davor zeigt sich wieder in einem vorzeigbaren Zustand.



Die Grotte war mit Bergkristalldrusen aus dem Harz und Schlesien sowie Korallen und Muscheln aus den Niederlanden ähnlich wie der Muschelsaal im Neuen Palais geschmückt. (Fotos: Caspar)

Wer dieser Tage den Park von Sanssouci besucht, wird sich über einen gut gepflegten, auch im Herbst blühenden Schlossgarten mit herrlichen Bauten der Könige von Preußen und unzähligen allegorischen Figuren darin freuen. Zahllose Touristen erfreuen sich an ihnen, doch wissen auch alle, dass die Marmorskulpturen rund um die Große Fontäne unterhalb von Schloss Sanssouci nicht aus dem 18. und 19. Jahrhundert stammen, sondern in vielen Fällen meisterhaft ausgeführte Kopien aus unseren Tagen sind. Der sich über viele Jahre hinziehende Austausch war nötig, weil die kostbaren Originale französischer un deutscher Bildhauer meist aus Marmor durch sauren Regen sowie Algen- und Moosbewuchs und weitere Schäden stark angegriffen waren und in ein Lapidarium gebracht werden mussten.

Sehr gut gelungene Kopien sind die Skulpturen in Rondellen, die man auf dem Weg von der Großen Fontäne zum Ausgang Richtung Friedenskirche passiert. Marmorbüsten auf schlanken Sockeln huldigen im Oranierrondell dem Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm und seiner Frau Luise-Henriette von Nassau-Oranien sowie deren niederländischer Verwandtschaft. Beim Anblick der Skulpturen muss man gute Geschichtskenntnisse haben um zu wissen, dass der Kurfürst im 17. Jahrhundert Geld im Handel mit afrikanischen Sklaven verdiente und eine Kolonie mit der Festung Großfriedrichsburg als Mittelpunkt in Westafrika besaß. Da der Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. mit Flotten und Kolonien nichts anfangen konnte und der Besitz mehr kostete als er einbrachte, verkaufte er 1717 und 1720 diesen Besitz im heutigen Guinea an die Niederländisch-Westindische Compagnie für 7200 Dukaten und 12 Mohren. Damit endete nach 35 Jahren die Episode von Brandenburg-Preußen als Kolonialmacht in Afrika. Erst im späten 19. Jahrhundert strebte das 1871 gegründete Deutsche Reich nach Kolonien und versuchte, auf diesem Gebiet mit anderen Mächten gleichzuziehen.

Debatte um den "Swarten Piet"

Während in Berlin im Zusammenhang mit der Aufarbeitung der deutschen Kolonialgeschichte über "völkerkundliches" Museumsgut und Raubkunst sowie von manchen Leuten als rassistisch wahrgenommene Straßennamen diskutiert wird und die Berliner Mohrenstraße einschließlich des gleichnamigen U-Bahnhofs den Namen des aus Afrika stammenden Gelehrten Anton-Wilhelm-Amo-Straße erhalten soll, hat die Stiftung Preußische Schlösser Gärten Berlin-Brandenburg nicht lange gefackelt und das Mohrenrondell, das sich dem Oranierrondell anschließt, in Erstes Rondell umbenannt und damit eine alte Bezeichnung wiederbelebt. Bereits 2014 gab es in der Potsdamer Stadtverordnetenversammlung eine Antirassismus-Debatte um die Streiche des aus den Niederlanden übernommenen "Swarten Piet" beim Sinterklaasfest im Holländischen Viertel. Außerdem gab es die Forderung von den Grünen, das mit Büsten von Afrikanern geschmückte Mohrenrondell im Park Sanssouci umzubenennen, was erst 2020 gelang.

Die öffentliche Debatte über den Kolonialismus habe auch die eigene Arbeit erreicht, begründete der Generaldirektor der Schlösserstiftung, Christoph Martin Vogtherr die Entscheidung, das Mohrenrondell im Park von Sanssouci in Erstes Rondell umzubenennen. Die Auseinandersetzung mit den Objekten aus kolonialem Kontext im Besitz der Schlösserstiftung, aber auch mit der Verwendung von einschlägigen Begriffen in Publikationen und Datenbanken, auf Schildern und in der täglichen Sprache der Mitarbeiter sei wichtig, denn die Stiftung sei eine lernende Institution. Was die Aufarbeitung ergeben habe, soll 2023 in einer großen Ausstellung zum Kolonialismus und Eurozentrismus im Schloss Charlottenburg dokumentiert werden, kündigte der Schlösserchef an.

Recherchen haben ergeben, dass der Name Mohrenrondell mitnichten aus dem 18. Jahrhundert stammt, sondern erstmals 1962 erwähnt wurde. Die Büsten von drei schwarzen Männern und einer Frau sind aus weißem und schwarzem Marmor bestehenden Kopien aus den 1990er-Jahren, hinzu kommen als Kontrapunkt die römischen Kaiser Titus und Marc Aurel. Mitglieder der an der Uni Potsdam tätigen Arbeitsgruppe "Postcolonial Potsdam" fordern über die Umbenennung hinaus die Entfernung dieser als rassistisch empfundenen Skulpturen. Viele ausländische Besucher seien bei ihrem Anblick von der stereotypen Darstellung, den toten weißen Augen im Gesicht und der entblößten Brust der Frau und auch der unterwürfige Haltung gegenüber den weißen Kaiserbüsten schockiert.

Büsten um Erläuterungen ergänzt

Christoph Martin Vogtherr lehnt die Entfernung der Büsten ab, hat aber eine Schautafel aufstellen lassen. Sie berichtet in deutscher und englischer Sprache, dass das Rondell 1746 von Friedrich dem Großen geplant wurde. "Aufgestellt wurden Büsten eines römischen Kaisers, eines Philosophen und vier afrikanischer Personen in antiken Gewändern. Die Bildnisse Schwarzer Menschen stehen hier wohl für ein nobles, aber auch naives Afrika, das angeblich erst durch Europäer zivilisiert wurde." Das Zusammenspiel der Figuren weise auf das Selbstverständnis des Königs hin, der sich in der Nachfolge antiker Herrscher als rechtmäßiger Gestalter der menschlichen Ordnung sah. "Im 20. Jahrhundert etablierte sich der Name ,Mohrenrondell'. Die Bezeichnungen ,Mohr/Mohrin' können aber Menschen verletzen und abwerten. Deshalb erhielt der Platz 2020 einen seiner früheren Namen, ,Erstes Rondell' zurück."

Die Tafel betont, dass die Zusammenstellung der Büsten auch die aktuellen Debatten zum Umgang mit Rassismus, Versklavung und kolonialer Vergangenheit. Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg nimmt an diesen Diskussionen teil und setzt sich kritisch mit der Geschichte der Schlösser und Gärten teil." Ein QR-Code weist auf die Homepage "Koloniale Texte" der Schlösserstiftung. Die 2020 gegründete Steuerungsgruppe der Stiftung "Koloniale Kontexte" der Stiftung erforscht anhand verschiedener Quellen den Hintergrund dieser Objekte. Es geht laut Vogtherr um 68 Objekte. Zu ihnen gehören auch Büsten afrikanischer Menschen im Schloss Caputh.

Neptungrotte saniert und restauriert

Weiter geht es vom Ersten Rondell linkerhand zur Neptungrotte, die vor einigen Jahren grundlegend saniert und restauriert wurde. Da viele Marmorskulpturen durch Vandalismus zerstört oder beschädigt waren, mussten sie durch Nachbildungen ersetzt werden. Benannt ist die spätbarocke Halle nach dem Meeresgott Neptun, der auf dem Dach auf zwei dicken Fischen und einer Muschel steht. Die von 1751 bis 1757 errichtete Neptungrotte ist die letzte Schöpfung von Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff im Park Sanssouci und wurde erst nach seinem Tod vollendet. Sie gilt als wertvolles Beispiel für die Verbindung von Architektur und Natur in der Barockzeit. Mit der Wiedergewinnung der durch rosa Kauffunger Marmor ungewöhnlichen farbigen Ausstrahlung der Grotte und ihres reichen Skulpturenschmucks aus weißem Marmor hat der Park Sanssouci eines seiner kostbarsten und prächtigsten Bauwerke zurückgewonnen.

Unter Friedrich Wilhelm IV. wurde die Ausstattung der Grotte im Zusammenhang mit Restaurierungsmaßnahmen durch bunte Muscheln und Gehänge aus Porzellanblumen verändert. Außerdem hat man den Eingang mit einem Eisengitter geschützt. Eine Venus von Medici im Grottenraum sowie zwei Tritonen vor der Grotte sind verloren gegangen. Die Venus wurde um 1850 bei erneuten Restaurierungsarbeiten durch eine Terrakottagruppe ersetzt, bei der Kindern das Schnitzen von Flöten gezeigt wird.

13. September 2021



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