"So authentisch wie möglich"
Adolph Menzels in der Nationalgalerie und anderen Museen gesammelte Bilder trugen zum Erfolg von Franz Kuglers Biographie Friedrichs des Großen







Menzels Grabstätte befindet sich auf dem Dreifaltigkeitsfriedhof II an der Kreuzberger Bergmannstraße. Die bronzene Portraitbüste wurde von Reinhold Begas geschaffen. Das Original aus Marmor (unten rechts) befindet sich in der Alten Nationalgalerie. Franz Kugler starb am 18. März 1858 in Berlin und wurde auf dem Alten St.-Matthäus-Kirchhof in Berlin-Schöneberg bestattet. Er war Professor für Kunstgeschichte an der Akademie der Künste und Kunstreferent im Kultusministerium. Die Gedenktafel in der Rudelsburg bei Bad Kösen ehrt Franz Kugler, dem wir das Lied "An der Saale hellem Strande / Stehen Burgen stolz und kühn. / Ihre Dächer sind gefallen, / Und der Wind streicht durch die Hallen, / Wolken ziehen drüber hin" verdanken.



Freunde und Feinde huldigen auf Menzels Holzstich von 1842 Friedrich II., dem Großen. Zu erkennen sind die Kaiserinnen Maria Theresia und Elisabeth, König Ludwig XV. von Frankreich sowie Friedrich August II./August III., Kurfürst von Sachsen und König von Polen, dessen Land von preußischen Truppen hart bedrückt und ausgebeutet wurde. Rechts ein Erinnerungsblatt zum 80. Geburtstag mit Figuren, mit denen sich der Maler und Grafiker intensiv beschäftigt hat.



Genaue Studien von Bildnissen, Uniformen, Örtlichkeiten und weiteren Objekten waren für Adolph Menzel Pflicht. Seine Zeichnungen, in der Mitte der Speisesaal von Schloss Sanssouci als Vorstudie für die "Tafelrunde", befinden sich im Besitz der Alten Nationalgalerie der Staatlichen Museen zu Berlin.





Bevor sich Adolph Menzel ans Werk machte, betrieb er intensive Porträt, Kostüm und Raumstudien und beschrieb auch die Örtlichkeiten, die den Speisesaal in Sanssouci. Friedrich II. und Voltaire im Gespräch bei der Tafelrunde im Schloss Sanssouci, Ausschnitt eines Menzelschen Holzstichs in Kuglers Friedrich-Biographie.



Bevor Menzel etwas aus der Hand gab, vertiefte er sich in die Historie und fertigte Zeichnungen an. Hier reitet der "Alte Fritz", von seinen Untertanen umjubelt, durch Potsdam. Im Besitz der Alten Nationalgalerie blieb der Nachlass des Meisters einschließlich alter Druckstöcke erhalten. Der Holzstich zeigt, wie ein Deckengemälde im Schloss Rheinsberg, der geliebten Residenz des Kronprinzen Friedrich (II.) entsteht.



Der König von Preußen war ein flötenspielender Schöngeist, nimmermüder Schreiber von Briefen, Denkschriften, Satiren und Geschichtswerken, visionärer Bauherr und ein Mann, der Toleranz predigte, sie aber für seine Person ablehnte. Als Feldherr opferte er seinen Machtansprüchen in den Schlesischen und weiteren Kriegen unzählige Menschen und trat die Rechte anderer Völker mit Füßen, wobei er nicht viel besser als andere gekrönte Häupter war. Auf dem Holzstich nach einer Zeichnung von Adolph Menzel jubeln Untertanen dem durch Potsdam reitenden "Alten Fritz" zu. Auch dieser Holzstich schmückt das Buch von Franz Kugler über Friedrich II.

Ein Jahrhundert nach der Thronbesteigung des preußischen Königs Friedrich II. erschien 1840 das von dem Berliner Kunsthistoriker Franz Kugler verfasste und den "Freunden des Vaterlandes" gewidmete Werk "Geschichte Friedrichs des Großen". Versehen mit zahlreichen Illustrationen von Adolph Menzel, erlebte die für einen großen Leserkreis bestimmte Biographie zahlreiche Auflagen. Die Idee des Leipziger Verlegers J. J. Weber, das Buch von dem jungen Adolph Menzel illustrieren zu lassen, erwies sich als verkaufsfördernd und trug wesentlich zum Ruhm des 1815 in Breslau geborenen Künstlers und dem Erfolg von Kuglers Friedrich-Biographie bei. In der Alten Nationalgalerie der Staatlichen Museen zu Berlin Preußischer Kulturbesitz, in der Stiftung Stadtmuseum Berlin und vielen anderen Sammlungen befinden sich die Gemälde und Grafiken und werden ausgestellt.

Franz Kugler kannte sich in der preußischen Geschichte gut aus. Er schildert die wenig erfreuliche Jugend des Königs unter der Fuchtel seines despotischen Vaters und die unglückliche Ehe, die Kronprinz Friedrich eingehen musste, ebenso wie die vielen, an die Substanz des Oberbefehlshabers gehenden Kriege und die Mühen, durch fleißige Aufbauarbeit die Schäden an Blut und Gut auszugleichen und aus Preußen einen Staat zu machen, der im Konzert der Völker von damals eine geachtete, ja auch gefürchtete Rolle spielte. Dass Preußens Glanz und Gloria bald nach Friedrichs II. im Jahr 1786 nahezu verspielt war und Gefahr bestand, dass de Hohenzollernstaat ganz von der Landkarte gestrichen wird, konnte der Große König nicht wissen, aber er ihn schwante Böses. "Nichts als Unglück aber sehe ich für die voraus, die ihrer Trägheit nachgehen und den Dingen ihren Lauf lassen, statt einzugreifen, bei denen Bequemlichkeit und Schlaffheit über ihre Pflicht siegen, so dass sie die Leitung der Armee und des Staates in andere Hände legen. Ich wünsche, dass dergleichen nie vorkommt. [...] Für Dich arbeite ich, aber Du musst darauf sehen, dass Du bewahrst, was ich schaffe. Bist Du träge und indolent, wirst Du zwischen Deinen Händen zerrinnen sehen, was ich mit soviel Mühe zusammengebracht habe", mahnte er seine Neffen, den späteren König Friedrich Wilhelm II., der bis 1797 regierte

Skrupellose Emporkömmlinge und Geisterseher

An diesen seinem Thronfolger, einem begeisterten Cellospieler und wenig wählerischen Liebhaber, kritisierte Friedrich der Große mangelndes Interesse an Politik und Militärwesen. In der Tat überließ der neue König nach dem Thronwechsel von 1786 die Leitung des States skrupellosen Emporkömmlingen und Geistersehern, während er sich selber mit seinen Mätressen verlustierte. In den Kriegen gegen das revolutionäre Frankreich agierte der Monarch ohne Glück. "Wenn aber nach meinem Tode mein Herr Neffe in seiner Schlaffheit einschläft, wenn er in Sorglosigkeit lebt; wenn er, verschwenderisch, wie er ist, das Staatsvermögen verschleudert und wenn er nicht alle Fähigkeiten seiner Seele neu aufleben lässt - sehe ich voraus, dass Herr Joseph ihn über den Löffel barbieren wird und dass in dreißig Jahren weder von Preußen noch vom Hause Brandenburg die Rede sein wird", schrieb der besorgte König von Preußen mit Blick auf den römisch-deutschen Kaiser Joseph II. in den "Betrachtungen über den politischen Zustand Europas" vom 9. Mai 1782. In der Tat hatte Preußen 20 Jahre nach dem Tod des Großen Königs im Krieg gegen das napoleonische Frankreich seine Großmachtstellung eingebüßt, doch regten sich auch Reformkräfte, die alte Zöpfe abschnitten und den altpreußischen Staat fit für die Aufgaben der Moderne machte.

Als Adolph Menzel, der mit dem Schwarzen Adlerorden und dem Adelstitel ausgezeichnet worden war, 1905 in Berlin starb, folgten Tausende seinem Sarg. Kaiser Wilhelm II. war selbst zur Trauerfeier in der Rotunde des Alten Museums gekommen. Die Schleife an seinem Kranz trug mit der Aufschrift "Dem Ruhmesverkünder Friedrichs des Großen und seines Heeres". Diese Widmung dürfte der "kleinen Exzellenz", wie der zwergenhaft gewachsene Menzel liebevoll genannt wurde, kaum gefallen haben, verstand er sich doch keineswegs als Apologet der Hohenzollern und schon gar nicht ihrer Soldaten, sondern als ein um höchste Authentizität bemühter, emsig arbeitender Geschichtsreporter mit Stift und Skizzenblock. Franz Kuglers Buch über Friedrich den Großen und die vielen anderen Veröffentlichungen über Preußen im 18. Jahrhundert verlangte geradezu nach Bildern.

Verlebendigung eines vermeintlich toten Themas

Zwar war das Bildnis des Monarchen in seiner Zeit durch Gemälde, Radierungen, Stiche sowie Münzen und Medaillen verbreitet, doch erst Menzels realistische Darstellungen vermittelten den Menschen des 19. Jahrhunderts eine Vorstellung vom Leben des Herrschers und Persönlichkeiten seiner Zeit. Längst hatte Menzel die steifen und zopfigen Darstellungen überwunden, wie sie im 18. Jahrhundert von dem Berliner Grafiker Daniel Chodowiecki und anderen für Almanache und Anekdotenbücher geschaffen worden waren. Er mühte sich mit Erfolg um die Verlebendigung eines vermeintlich toten Stoffes, wobei er durchaus auf Vorbilder zurückgreifen konnte, etwa das 1839 veröffentlichte Werk von Horace Vernet "Histoire de Napoléon".

Dass seine Methode, gleichsam mit Stift und Skizzenblock auf Quellensuche zu gehen, gewöhnungsbedürftig war, unterstreicht Menzels in seiner Nachbemerkung für Kuglers Friedericus-Biographie. Im "Historischen Nachweis zum Verständnis einiger Illustrationen" weist der Künstler darauf hin, dass er "in betreff der Person Friedrichs II., Porträts aller Altersstufen vom vierten Jahre an" benutzt hat, ebenso habe er Bildnisse anderer Personen studiert und sich an authentischen Örtlichkeiten umgeschaut. "Alles, was der äußern Gestaltung des Lebens, dem Zeitgeschmack und den mannigfaltigen Wandlungen desselben in Baulichkeiten, Geräten, Kostümen und allgemeiner Sitte angehört, beruht auf Studien charakteristischer Vorbilder, wie sie teils im Originale selbst, teils in Abbildungen oder in schriftlicher Überlieferung auf unsere Zeiten erhalten haben." Wichtige Lokalitäten, namentlich die königlichen Schlösser, seien fast durchgehend nach der Natur aufgenommen worden, notiert Menzel, nicht mindere Sorgfalt sei auf die richtige Darstellung der militärischen Uniformen verwandt worden, wobei der in Berlin aufbewahrte Fundus originaler Uniformen der preußischen Armee "zum ausgedehntesten Studium" genutzt wurden.

Ein Stoff so reich, so interessant, so großartig

Nach dem frühen Tod des als Lithograph tätigen Vaters im Jahr 1832 war der junge Menzel, der sich nach abgebrochenem Studium an der Berliner Kunstakademie autodidaktisch fortgebildet hatte, der Ernährer der Familie. Wo er stand und saß, zeichnete und entwarf er. Vor allem interessierten ihn die brandenburgisch-preußische Geschichte und speziell das Leben und Werk Friedrichs II. Mit tausenden Skizzen, hunderten Buchillustrationen und einigen sorgfältig ausgeführten Gemälden trug er wesentlich dazu zur Verbreitung von Vorstellungen über das 18. Jahrhundert bei. Ihn habe nicht bald so ergriffen, wie Friedrich der Große, der Stoff sei "so reich, so interessant, so großartig, ja, worüber Sie zwar den Kopf schütteln werden, wenns man genauer kennen lernt, so malerisch, daß ich bloß einmahl so glücklich werden möchte, aus dieser Zeit einen Ziklus historischer Bilder malen zu können", schrieb er seinem Freund Carl Heinrich Arnold. "Ich sitze hier in Vorstudien bis über die Ohren, ich habe mir Gelegenheit verschafft, alle Muntirungsstücke, Waffen und Kleider, die noch hier auf dem Königl. Muntirungs-Depot aufbewahrt werden. auf dem Modell nach der Natur studieren zu können, das ist mir ein großer Vortheil, ich kann dadurch den Sachen die Authenticität geben".

Weitgehend enthielt sich Menzel phantasievoller Ausschmückung und historischer Entrückung, wie man sie bei Fürstenporträts kannte. Vielmehr mühte er sich um Realismus und menschliche Nähe, sofern das bei einem solchen Sujet möglich war. Wie das gelungen ist, zeigen berühmte Bilder wie das Flötenkonzert oder die Tafelrunde im Schloss Sanssouci, die auch durch Stiche oder Lithographien populär wurden. Dass Menzel allen Grund hatte, ein hohes Maß an Wahrhaftigkeit zu erreichen, zeigt die seinem Freund, dem Grafiker und preußischen Hofmaler Carl Johann Arnold, gebenene Versicherung: "Es ist gegenwärtig viel Concurrenz in Ausgaben von Friedrichs Leben, aber ich hoffe, dass wir die Concurrenz schlagen werden."

Dass er mit seiner Erwartung recht hatte, beweist der Erfolg seiner Bilder. Auf der anderen Seite blieb ein Gedenkbild für die Toten der Berliner Märzrevolution von 1848 unvollendet. Er habe "Pech mit Revolten", aus ihm sei kein großer starker Kerl geworden, gestand er Arnold. Zähneknirschend musste sich Menzel später königlichen Wünschen beugen, als sich König Wilhelm I. auf dem durch zahlreiche Skizzen vorbereiteten Krönungsbild von 1861 etwas heldenhafter und nicht ganz so greisenhaft dargestellt wissen wollte.

Schlingelhaft ausgeführte Druckstöcke

Adolph Menzel hat wie kein andere diese Facetten seiner Zeit und Nachwelt nahegebracht. Er schuf die Vorlagen für die Holzstiche, die dann zum Druck der Illustrationen verwendet wurden. Seinem "geliebten alten Freund" Arnold gestand er Probleme bei der praktischen Umsetzung seiner Bilder, die er seitenverkehrt auf den Druckstock aus hartem Buchsbaumholz zeichnete. Die Holzstecher, die mit dem Stichel feinste Linien, Schatten und Schraffuren herausarbeiten mussten, würden nicht sorgfältig genug arbeiten, klagte er. Anfangs beschäftigte Menzel Holzstecher in London und Paris, doch was zurück kam, hatte einen Wutausbruch zur Folge. "Denen Monsieurs, welche die Sachen geschnitten, bitte ich von meinetwegen wissen zu lassen, dass mir eine solche schlingelhafte Misshandlung meiner Zeichnung ein für allemal verbitte."

Die Konsequenz war, dass sich Menzel in Deutschland Stecher suchte und sie zu genauester Wiedergabe der Vorlage erzog, wie schriftliche Hinweise auf den Papierrändern von Probedrucken zeigen, denn hinsichtlich der exakten Umsetzung seiner Zeichnungen war er unerbittlich. Dass er damit Erfolg hatte, zeigt Menzels Lob gegenüber einem seiner Stecher, Ludwig Unzelmann, wonach durch große Gewissenhaftigkeit und Geschicklichkeit Leistungen vollbracht wurden, "welche mit vollstem Recht die Zufriedenheit auch der difficilsten Künstler beanspruchen" können. So ließ es Menzel auch zu, dass die Illustrationen über das Leben Friedrichs des Großen und andere Themen neben der Signatur "AM" auch den Namen der Stecher Ludwig Unzelmann, Otto und Albert Vogel, Kretzschmar oder Georgy tragen.

16. Juli 2021

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