Friedrichs Uniform und Napoleons Hut
Nach Ende der Pandemie-Beschränkungen wird das Deutsche Historische Museum im Zeughaus Unter den Linden wieder öffnen



Ein gutes Beispiel für die Mühen nach dem Zweiten Weltkrieg um historische Baukunst ist das barocke Zeughaus Unter den Linden 2. Während die Ruine des Hohenzollernschlosses 1950 auf Befehl des damaligen SED-Chefs Walter Ulbricht abgerissen wurde, ließ die DDR-Regierung das ehemalige Waffenarsenal der brandenburgischen Kurfürsten und preußischen Könige außen originalgetreu und innen funktional im Stil der Nachkriegszeit wieder aufbauen.



Das vergoldete Bildnis des brandenburgischen Kurfürsten und preußischen Königs Friedrich III./I. prangt samt Wappen, Krone und Adlerorden sowie einer langen lateinischen Inschrift über dem Portal des Zeughauses, das nach dem Zweiten Weltkrieg als Museum genutzt wird.



An die militärische Vergangenheit des Zeughauses erinnern historische Bronzekanonen, die im so genannten Schlüterhof aufgestellt sind. Der Bildhauer und Schlossbaumeister Andreas Schlüter hat für ihn die schmerzverzerrten "Masken sterbender Krieger" geschaffen.





Die von Friedrich II., dem Großen, getragene Uniform, der Stern des Schwarzen Adlerordens sowie Lederhandschuhe mit abgeschnittenen Fingerkuppen und der 1815 von preußischen Truppen erbeutete Hut des französischen Kaisers Napoleon I. sind stellt das Deutsche Historische Museum in seinen Themenräumen aus.



Beim Sturm au das Zeughaus am 14. Juni 1848 erbeuteten auf dem Bilderbogen abfällig als "Pöbel" bezeichnete Berliner Waffen, die sie zur Verteidigung der bei der Volkserhebung errungenen Rechte benötigten und einsetzten.



Die gusseiserne Druckerpresse und das Bild dahinter symbolisieren den gesellschaftlichen und technischen Fortschritt in dem von der französischen Revolution und ihren Folgen geprägten 19. Jahrhundert, das den Deutschen 1871 die Reichseinigung bescherte.





Zeugnisse aus der Zeit des Nationalsozialismus, links eine von Fritz Cremer geschaffene Figur vom Buchenwalddenkmal, von der friedlichen Revolution in der DDR 1989/90 sowie aus anderen mehr oder weniger glanzvollen Epochen der deutschen Geschichte sind im Berliner Zeughaus ausgestellt. Wer das Museum von Zeit zu Zeit besucht, wird immer neue Exponate sehen, während andere wieder ins Depot kommen.



Das DHM erhielt zwischen 1998 und 2003 auf einem dreieckigen Grundstück nebenan einen spektakulären Neubau nach Plänen des amerikanischen Architekten chinesischer Abstammung Ieoh Ming Pei. Dieser 54 Millionen Euro teure Pei-Bau ist unterirdisch mit dem Zeughaus verbunden. Das DHM zeigt in dem damals wie heute als Glanzstück moderner Museumsarchitektur gelobten Gebäude mit großem Erfolg seine Sonderausstellungen. (Fotos/Repro: Caspar)

Eines der bekanntesten und besonders gut besuchten Berliner Museen ist das ab 1695 nach Plänen von Johann Arnold Nering unter Verwendung eines Entwurfs des Franzosen Nicolas François Blondel von Andreas Schlüter und anderen Künstlern als kurfürstlich-brandenburgisches Arsenal errichtete Zeughaus Unter den Linden 2. Benannt nach den dort deponierten Waffen, die man in alten Zeiten auch Zeug nannte, weshalb es davon abgeleitet auch den militärischen Rang des Generalfeldzeugmeisters gab, war der reich mit Figurenschmuck auf der Attika sowie in den Sälen und im Innenhof ausgestaltete Prachtbau nach 1871 preußisch-deutsche Ruhmeshalle, in der sich die Hohenzollern als große Schlachtenlenker feierten. Fahnen und Orden, Helme und Harnische, Gewehre, Hieb- und Stichwaffen, Rüstungen sowie Kanonen und andere militärische Objekte bestimmten die Ausstellung. Hinzu kamen Herrscher- und Feldherrenfiguren sowie Schlachtengemälde. In der Nazizeit stand das Zeughaus im Mittelpunkt schauriger Heldengedenkfeiern und militaristischer Spektakel.

Das Zeughaus ist eine Vierflügelanlage mit einem großen Innenhof, den ein riesiges Glasdach bedeckt, so dass er auch für Konzerte und festliche Veranstaltungen genutzt werden kann. Hervorzuheben sind die von Andreas Schlüter geschaffenen Masken sterbender Krieger über den Fenstern zum Hof. Die barocken Schlusssteine sind nicht die Köpfe von strahlenden Kriegshelden, sondern schildern auf bewegende Weise Verwundungen und Schrecken des Krieges. Dass das Zeughaus bis in das 19. Jahrhundert ein Waffenarsenal war, verdeutlichen im Hof aufgestellte Bronzekanonen mit reichem Wappenschmuck. Eine lateinische Prunkinschrift über dem Portal an der Straße Unter den Linden nennt den auf einem vergoldeten Medaillon dargestellten Bauherrn und beschreibt in goldenen Lettern die Bestimmung des Hauses folgendermaßen: "Für die Gerechtigkeit durch Waffen, für die Abschreckung der Feinde, für den Schutz der eigenen Völker und der Verbündeten hat Friedrich I., König in Preußen, Vater des Vaterlandes, fromm, erhaben, unbesiegt, dieses Zeughaus, das mit aller Art Kriegsgerät sowie mit Kriegstrophäen angefüllt ist, vom Fundament her erbauen lassen 1706."

Wiederaufbau als Museum für Deutsche Geschichte

Nach der Kriegszerstörung und dem Wiederaufbau war der Barockbau Sitz des Museums für Deutsche Geschichte, in dem die SED marxistisch-leninistische Propaganda betrieb. Das Haus erhielt nach der Wiedervereinigung als Sitz des Deutschen Historischen Museums (DHM) neue Aufgaben und macht seither mit zahlreichen Ausstellungen auf sich aufmerksam. Irgendwann nach Überwindung der Einschränkungen durch die aktuelle Pandemie wird es wie andere Museen und Kulturstätten wieder geöffnet haben. Im Vestibül ist eine kleine Sammlung historischer Denkmäler vom 18. bis zum 20. Jahrhundert aufgestellt. Durch einen unterirdischen Gang geht es zu einem gläsernen Haus für Sonderausstellungen. Dieser 2003 eröffnete Pei-Bau ist nach seinem Gestalter, dem chinesisch-amerikanischen Architekten Ieoh Ming Pei benannt.

Der Zustand des Zeughauses machte in den neunziger Jahren umfassende Sanierungs- und Restaurierungsarbeiten erforderlich. Mehrere Jahre war das Gebäude geschlossen, dessen ungeachtet war das DHM in anderen Häusern durch Sonderausstellungen im Kronprinzenpalais und an anderen Orten weiter präsent. Seit 2006 zeigt das Deutsche Historische Museum auf zwei Etagen die Dokumentation "Deutsche Geschichte in Bildern und Zeugnissen aus zwei Jahrtausenden". Die Zeitspanne reicht von frühen keltischen Goldmünzen und Zeugnissen der Schlacht im Teutoburger Wald im Jahre 9 nach Christus bis fast an die Gegenwart. Wer die Ausstellung besucht, lernt die Lebensweise und Kultur vergangener Generationen kennen und sieht, wie sich Landwirtschaft, Handwerk und Industrie entwickelten, entdeckt für sich die komplizierten Beziehungen zwischen den Deutschen, die sich lange Zeit als Preußen, Mecklenburger, Sachsen, Hessen, Bayern oder Schwaben empfanden, und ihren Nachbarn, erkennt die Höhen und Untiefen deutscher und - untrennbar mit ihr verbunden - europäischer Geschichte. Darüber hinaus werden das religiöse Leben, kulturelle und geistige Strömungen sowie Zeugnisse der Kunst und Wissenschaft in so genannten Themenräumen anhand von Bildern, Handschriften, Büchern und anderen Exponaten veranschaulicht. Das reicht von der ersten Erwähnung der Germanen durch den römischen Schriftsteller Tacitus über das Mittelalter, den Humanismus und die Reformation bis zum Dreißigjährigen Krieg.

Ruhmeshalle in der Kaiserzeit

Weiter geht es zum fürstlichen Absolutismus in Brandenburg-Preußen, in die Zeit also, in der auch das Zeughaus erbaut wurde, zur Aufklärung und französischen Revolution von 1789, die erhebliche Wirkungen für das in viele Fürstentümer zersplitterte Römisch-deutsche Reich hatte. Weitere Abschnitte in der Ausstellung sind der Industrialisierung, der Revolution von 1848/9, die ihre demokratischen Ziele nicht erreicht hat, den Einigungskriegen zwischen 1864 und 1871 und das 1871 gegründete Kaiserreich gewidmet, das sich vor bald 150 Jahren im Zeughaus eine schon lange nicht mehr bestehende Ruhmeshalle schuf. Die Schau in der oberen Etage geht zu Ende mit dem Ersten Weltkrieg und der Abschaffung der Monarchie im Jahr 1918 und führt weiter ins Erdgeschoß und zeigt, was sich in der Weimarer Republik, in der Zeit des Nationalsozialismus und dem Zweiten Weltkrieg sowie in den 60 Jahren danach ereignet hat.

Auf dem Parcours begegnet man bekannten Persönlichkeiten gemalt oder in Stein gemeißelt wie Kaiser Karl dem Großen oder, vertreten durch Gemälde oder seine mit dem Adlerorden besetzte Uniform beziehungsweise Handschuhe dem preußischen König Friedrich II. In einer Vitrine ist auch der schwarze Filzhut ausgestellt, den der französische Kaiser Napoleon I. nach seiner vernichtenden Niederlage bei Waterloo 1815 zurückgelassen hat. Aus Hitlers Reichskanzlei stammt nicht nur ein riesiger Schreibtisch, sondern auch ein großer Globus mit einem Loch, durch das nach der Eroberung Berlins im Mai 1945 ein Rotarmist Deutschland von der Landkarte weggeschossen hat.

Care-Pakete und Mauersegmente

Aus der Nachkriegszeit erinnern Carepakete an die Lebensmittelhilfe, die die USA den Deutschen gewährte, ferner Segmente der Berliner Mauer und Plakate, die bei Massenprotesten in West und Ost mitgeführt wurden. Autos westlicher und östlicher Produktion sowie offizielle Dokumente zum Thema Wiedervereinigung runden die Schau ab. Brisante Themen wie die vielen Kriege, die auf deutschem Boden geführt wurden oder von dort aus in Nachbarländer getragen wurden, werden ebenso wenig ausgespart wie die Verbrechen, die vor allem in der Zeit des Nationalsozialismus an Juden und anderen nicht in das Weltbild der Nazis passende Menschen begangen wurden, und die Gräuel des Zweiten Weltkriegs und die schwierigen Zeiten er deutschen Teilung im Zeichen des Kalten Kriegs.

In den vergangenen Jahren wurde das ehemalige Waffenarsenal der preußischen Könige umfassend saniert. Zu den wichtigsten Neuerungen gehört ein elegant gestaltetes Glasdach über dem quadratischen Innenhof. Es schützt nicht nur die Ende des 17. Jahrhunderts von dem Bildhauer Andreas Schlüter geschaffenen 22 "Masken sterbender Krieger" und weiteren Skulpturenschmuck über Türen und Fenstern, sondern bedeckt auch eine große Fläche, die für repräsentative Veranstaltungen und Konzerte genutzt wird. Die aus abgeschlagenen Köpfen und Adlern bestehenden Schlusssteine kontrastieren in ihrer ursprünglichen hellen Sandsteinfarbe zu den rosa geputzten Wänden. Der im Barock nicht überdachte Hof erhielt erst in der Kaiserzeit eine monumentale Glaskuppel, als das Zeughaus zur preußisch-deutschen Ruhmeshalle umfunktioniert wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg verzichtete man auf eine Rekonstruktion der Kuppel.

"Gegen Demokraten helfen nur Soldaten"

Erinnert sei, dass das Berliner Zeughaus in der Revolution von 1848 eine bedeutende Rolle gespielt hat und deshalb ein wichtiger Geschichtsort ist. Am 14. Juni 1848 erstürmten Arbeiter und Handwerker, empört über die nicht eingetretene Verbesserung ihrer Lebenslage und die Ignoranz des Königs, sich auf Herstellung verfassungsmäßiger Zustände einzulassen, das von Bürgerwehr und königlichem Militär besetzte Waffenarsenal. Friedrich Wilhelm IV. setzte seine Soldaten in marsch und ließ, wie am 18. März 1848, in den "Pöbel" schießen. In der Ausstellung ist auch davon die Rede, und es wird gezeigt, wie die Reaktion ab Sommer 1848 nach dem vom preußischen König Friedrich Wilhelm IV. ausgegebenen Parole "Gegen Demokraten helfen nur Soldaten" eine nach der anderen Position erobert und den Geist des 18. März tötet. Erst nach dem Ende der Monarchie 70 Jahre später konnten Forderungen von 1848 in die Weimarer Verfassung aufgenommen werden, und auch unser Grundgesetz enthält solche Elemente.

Wer die Ausstellung besucht, lernt die Höhen und Tiefen deutscher und europäischer Geschichte kennen. Auf dem Parcours begegnen wir historischen Persönlichkeiten gemalt oder in Stein gemeißelt wie Kaiser Karl dem Großen oder, vertreten durch seine mit dem Schwarzen Adlerorden besetzte Uniform beziehungsweise Handschuhe mit abgeschnittenen Fingerkuppen, dem preußischen König Friedrich II. In einer Vitrine ist der schwarze Filzhut ausgestellt, den der französische Kaiser Napoleon I. 1815 nach seiner vernichtenden Niederlage in der Schlacht von Waterloo verlor, und aus Hitlers Reichskanzlei stammt ein großer Globus mit einem Einschuss, mit dem ein Rotarmist nach der Eroberung Berlins das untergegangene Deutsche Reich von der Landkarte weggepustet hat. Zu den jüngsten Ausstellungsstücken gehören Plakate, die DDR-Bewohner im Herbst 1989 bei ihren Protesten gegen das SED-Regime mitgeführt haben. Filmfreunden wird das Zeughauskino ein Begriff sein. Es begleitet mit Filmen aus aller Welt nicht nur die ständige Ausstellung und die Sonderschauen des Deutschen Historischen Museums, sondern zeig in thematischen Reihen auch historische und aktuelle Spiel- und Dokumentarfilme, die man in den üblichen Kinos selten zu Gesicht bekommt.

7. Februar 2021

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