Berliner Dom bittet um Hilfe
Teile der Fassade des Gotteshauses am Lustgarten werden saniert, doch dazu werden weiterhin Spenden benötigt



Blick vom Fernsehturm auf Teile des Humboldt-Forums, der Straße Unter den Linden, das Deutsche Historische Museum (Zeughaus) und vorn rechts auf das Alte Museum und den Dom.



Das Logo am Südturm des Doms erinnert daran, dass die Deutsche Stiftung Denkmalschutz die Restaurierungsarbeiten mit einem namhaften Betrag fördert. Foto entstand am 6. Januar 2022 von der Museumsinsel aus.



Der Architekt Julius Carl Raschdorff, dessen Büste im Treppenhaus vor dem Dommuseum steht, musste sich bei der Bauplanung und der Ausführung vielfältige Eingriffe durch den selbstherrlichen Kaiser Wilhelm II. gefallen lassen.



In mühevoller Kleinarbeit wurde der prunkvolle Gottesdienstraum des Berliner Doms einschließlich der Orgel und der farbigen Fenster anhand von baulichen Resten, die die Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs überstanden hatten, sowie nach historischen Modellen, Bauzeichnungen und Fotografien wiederhergestellt.



Sehenswert ist das Kaiserliche Treppenhaus, das zu Zeiten Wilhelms II. nur von ihm, dem Hof und hohen Chargen betreten werden durfte.





Nach Plänen von Karl Friedrich Schinkel wurde der barocke Dom von 1750 (oben) um- und ausgebaut. Doch reichte er den Bedürfnissen des preußischen Königs- und deutschen Kaiserhauses und seines Hofes nicht aus, weshalb er um 1890 abgerissen und durch den Raschdorffschen Dom ersetzt wurde.



> Vor und nach der Weihe des Doms 1905 war in Kritikerkreisen von seelenlosem Prunk und von kaltem Wind die Rede, der durch den Bau zieht, und es ging das Wort von der Reklame-Zwingburg für die Dynastie Hohenzollern um.



Fünfzig Jahre nach der Weihe war der im Zweiten Weltkrieg stark beschädigte Dom den Kommunisten zwar ein Dorn im Auge, aber sie ließen ihn gegenüber einer auf dem Areal des abgerissenen Schlosses gebauten Tribüne stehen und sorgten für seine bauliche Sicherung. Mit der Kirche wollte sich der sonst bei Bilderstürmereien nicht zimperliche SED-Chef Walter Ulbricht nicht anlegen.



Heute gehen zahllose Menschen aus aller Welt durch das Portal des Doms und nehmen an Gottesdiensten, Konzerten und Führungen teil.



Die Einrüstungen zwischen den Türmen beiderseits des Portals am Lustgarten signalisieren, dass auch dort Sanierungs- und Restaurierungsarbeiten durchgeführt werden. (Fotos/Repros: Caspar)

Wer dieser Tage den aus der Kaiserzeit stammenden Dom am Berliner Lustgarten umrundet, sieht an verschiedenen Stellen Baugerüste. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) hat 95.535 Euro zur Verfügung gestellt, gespeist aus zweckgebundenen Einzelspenden, einer Zuwendung der Beck'schen Stiftung sowie Erträgen der Lotterie GlücksSpirale. Es geht um Maßnahmen am Nordostturm, an dem ein mit dem Logo der DSD geschmücktes Banner hängt. Das Gotteshaus mit der riesigen Kuppel gehört zu den 200 Objekten, die die in Bonn ansässige Deutsche Stiftung Denkmalschutz dank zahlreicher Spenden, der Erträge ihrer Treuhandstiftungen sowie der Rentenlotterie von Lotto allein in Berlin fördern konnte und weiter fördert.

Die Schwere der Fassadenschäden an dem über einhundert Jahre alten Gebäude wurde erstmals 2018 bei der Restaurierung des Glockenturms deutlich. Nicht erwartet wurde der große Umfang der Risse und undichten Fugen in der Fassadenverkleidung, lose Gesteinsteile und defekte Oberflächen an Quadern, Schmuckelementen und Figuren. Schuld an dem Verfall, den man von unten kaum wahrnimmt, sind unter anderem die schwarzen Verkrustungen aus Ruß, Gummiabrieb und Staub, die sich im Laufe der letzten Jahrzehnte auf dem Sandstein abgelagert haben, so dass er nicht "atmen" kann. Die durch Luftschadstoffe und Regenwasser gebildeten Säuren dringen in das Material ein und zersetzen es. Geschädigt wird der Stein auch durch den gestörten Wasserablauf, der durch undichte Fugen dringt. Daher müssen überall die Steinoberflächen von Verkrustungen, Pflanzen- und Algenbewuchs und Verschmutzungen gereinigt und fragile Bereiche stabilisiert werden. Wo Risse, Löcher und Rinnen festgestellt werden, müssen sie geschlossen werden.

In Formen der Neorenaissance und des Neobarock

Da die nicht sehr große Domgemeinde die Summen für die anstehenden Maßnahmen allein nicht aufbringen kann, unterstützt die Deutsche Stiftung Denkmalschutz mit einer bundesweiten Spendenkampagne den Berliner Dom. Im historischen Herzen Berlins gelegen, gilt er als eine der prachtvollsten Sakralbauten des Landes und ist eine der großen Sehenswürdigkeiten der Hauptstadt. Den Auftrag zu dem repräsentativen Zentralbau mit der mächtigen Kuppel gab Kaiser Wilhelm II. Entstanden ist er von 1893 bis 1905 nach Plänen von Julius Carl Raschdorff in Formen der Neorenaissance und des Neobarock. Als eine der größten evangelischen Kirchen Deutschlands besteht der Dom heute aus der Predigtkirche, der Tauf- und Traukirche, dem Dommuseum und der Hohenzollerngruft mit etwa einhundert Särgen, die seit einiger Zeit wegen Umbau- und Restaurierungsarbeiten geschlossen ist.

Um die Gruft für die Sanierungsarbeiten zu beräumen und die wertvollen Sarkophage und Skulpturen in Sicherheit zu bringen, wurde der Bauplatz auf der Nordseite des Doms hergerichtet. Dazu gehörte die sichere Verwahrung der Spolien (Überreste) der kriegsbeschädigten und 1975 abgerissenen Denkmalskirche, die seit den 1990er Jahren unter Planen hier gelagert waren. Gesichert wurden auch die wertvollen Säulenkapitelle aus der unter Karl Friedrich Schinkel umgebauten Domkirche. In einem Vorraum zur Hohenzollerngruft erhalten Besucherinnen und Besuchern Informationen zur Gruftgeschichte, zur Familie der Hohenzollern sowie zu den einzelnen Särgen. Dies geschieht in Form von Texten, Exponaten und einem interaktiven Gruftmodell. Neue hochauflösende Fotos zeigen die Besonderheiten und Vielfalt der Särge.

Führungen neu organisiert

Neunzig Särge und drei Skulpturen, die seit 1999 in der Gruft erstmals der Öffentlichkeit zugänglich waren, wurden unter Aufsicht der Restauratoren vorsichtig verpackt und im März 2020 an einen sicheren Ort in Berlin gebracht, um sie durch Bauarbeiten nicht zu schädigen. Die Särge haben einige Umzüge hinter sich, so von der mittelalterlichen Kirche des Domstifts am Schloss in den 1750 nach Plänen von Johann Boumann dem Älteren und Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff erbauten neuen Dom am Lustgarten über eine interimistische Unterbringung im Monbijou-Park bis zur heutigen Gruft in dem riesigen Gotteshaus aus der Zeit Kaiser Wilhelms II. In Nebenräumen der dort befindlichen Gruft waren in den vergangenen Jahren Abbruch- und Rückbauarbeiten sowie eine Sanierung von Bauteilen, die mit Schadstoffen versetzt sind. Um Besucherinnen und Besuchern fast alle Bereiche des Gotteshauses weiterhin zugänglich zu machen, hat die Verwaltung die Führung umorganisiert. So kann man jetzt auch Räumlichkeiten kennen lernen, die sonst unzugänglich sind.

Der Dom war nach elfjähriger Bauzeit am 27. Februar 1905 vom deutschen Kaiser- und preußischen Königspaar Wilhelm II. und Auguste Victoria im Beisein der "Spitzen des Reiches" mit militärischem Gepränge eingeweiht worden. Seine Majestät wurde beim Festakt in schmeichlerischer Absicht als Schöpfer des Doms bezeichnet, der vom Dom- und Oberhofprediger Dryander in die Nachfolge der großen Stätten der Reformation gestellt wurde. Der Architekt Julius Carl Raschdorff, nach dessen Plänen das Gotteshaus seit der Grundsteinlegung am 17. Juni 1894 im Stil der Neorenaissance und des Neobarock errichtet worden war, wurde bei dem Festakt nur am Rande erwähnt und erhielt den Titel eines Geheimen Oberregierungsrates.

Alte Hofkirche neuem Gotteshaus geopfert

Für den gewaltigen Kuppelbau wurde eine ältere, immer wieder umgebaute und veränderte Hofkirche geopfert, an deren Gestaltung bedeutende Architekten wie Johann Boumann der Ältere, Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff und Karl Friedrich Schinkel mitgewirkt hatten. Bevor der alte Dom abgerissen wurde, hat man einige künstlerisch wertvolle Ausstattungsstücke und vor allem die Särge von Mitgliedern des Hauses Hohenzollern geborgen und im kaiserzeitlichen Dom neu aufgestellt.

Kritiker ließen sich von Lobessprüchen für die ebenso monumentale wie prunkvoll ausgestattete Zentralkirche des deutschen Protestantismus, wie man sagte, nicht beeindrucken. Sie sprachen von einem architektonischen Monstrum, gar von einem Seelengasometer. Da man den Bauherren nicht direkt kritisieren konnte, weil man sonst ein Verfahren wegen Majestätsbeleidigung riskierte, richteten sich die Pfeile gegen den Dom selbst. Das Geld sei schlicht weggeworfen worden, man hätte es lieber den armen Berlinern geben sollen. Der bekannte und auch heute noch zitierte Architekturkritiker Karl Scheffler nannte den Dom eine "Reichsrenommierkirche", die nur dazu diene, vor dem Volk den "Glanz und die Pracht und die Herrlichkeit des Kaisertums" zu entfalten.

Veränderungswünsche nach dem Ende der Monarchie

Da der Dom nun einmal stand, ließ er sich nicht wegdiskutieren. Nach der Fertigstellung vorgebrachte Vorschläge, den üppigen Dekor zu reduzieren und so den Dom erträglicher zu machen, fanden kein Gehör. Bewegung kam in die Sache erst nach der Novemberrevolution 1918 und der Abdankung des Kaisers. Im nunmehr republikanischen Berlin wurden neue Fragen an den Dom gestellt, gar sein Abriss oder wenigstens die Beseitigung der mächtigen Kuppel gefordert, deren Wucht als viel zu aufdringlich empfunden wurde. Ähnliche Bestrebungen gab es auch beim Reichstagsgebäude, dessen prunkvolles Aussehen ebenfalls zurück gestutzt werden sollte. Doch blieb es in beiden Fällen bei Manifesten und Veränderungsplänen. Man gewöhnte sich an die übermächtige Präsenz des Gotteshauses im Stadtbild. Ideen in der Nazizeit, den "wilhelminischen" Dom in eine klassizistisch-schlichte Kulisse für nationalsozialistische Aufmärsche und Kundgebungen zu verwandeln und seine Gestalt den eher schlichten Bauten auf der benachbarten Museumsinsel anzugleichen, blieben wegen des Kriegsbeginns 1939 liegen.

Im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt, aber nicht zerstört, überlebte die Oberpfarr- und Domkirche, so der heutige offizielle Name, alle Abrisswellen der Nachkriegszeit. Während das Berliner Stadtschloss 1950 auf Weisung des SED-Chefs Walter Ulbrich gesprengt und abgetragen wurde, hat man den schwer beschädigten Dom auf der anderen Straßenseite erhalten und sogar vor schleichender Zerstörung gesichert. Wiederaufbaupläne für den Ostteil Berlins sahen zwar ein "zentrales Gebäude" etwa auf dem Platz vor, auf dem jetzt der Fernsehturm steht, der Dom aber sollte mehr oder weniger authentisch stehen bleiben. Mit der Kirche wollte sich der SED-Staat nicht anlegen.

Als ab 1975 der Wiederaufbau des Doms mit massiver finanzieller Unterstützung aus der Bundesrepublik Deutschland in Angriff genommen wurde, war die Abneigung gegen diese Art pomphafter Gründerzeitarchitektur in Ost und West noch stark verbreitet. 1980 erhielt das Gotteshaus seine Kuppel zurück, freilich nicht in der zur Erbauungszeit kritisierten historischen Form und um 16 Meter verkürzt. Vereinfacht wurden auch die seitlichen Kuppeltürme gestaltet, und ganz abgerissen wurde die ehemals mit Sarkophagen und reichem Figurenschmuck besetzte Denkmalskirche an der Nordseite des Doms zur Museumsinsel hin. Die Särge bekamen neue Plätze unter dem Predigtraum.

Die wechselvolle Geschichte der Hohenzollerngruft beleuchtet der folgende Beitrag.

9. Januar 2022

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