"Ehre seiner Ahnen und Vorbild seiner Nachfolger"
Brandenburgs Kurfürst Friedrich Wilhelm steht, von Johann Georg Glume in Stein gemeißelt, auf dem Schleusenplatz in Rathenow



Drei Steintafeln erinnern am Potsdamer Marstall, dem heutigen Filmmuseum, mit Friedrich Christian Glume und Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff an zwei Große der Kunst- und Architekturgeschichte des 18. Jahrhunderts, die den preußischen Königen Friedrich Wilhelm I. und Friedrich II. zu Diensten waren und in Berlin, Potsdam und der Region bemerkenswerte Zeugnisse ihrer Arbeit hinterlassen haben.



Viele von Johann Georg Glume geschaffene Werke existieren nicht mehr, so das aus weißem und farbigem Marmor geschaffene Königliche Monument mit Säulen, Trophäen und Adlern aus den Jahren 1736/7 in der Potsdamer Garnisonkirche vor der Gruftkammer mit den Särgen der Könige Friedrich Wilhelm I. und Friedrich II.





Aus den Trümmern der Berliner Nikolaikirche gerettet und so weit als möglich rekonstruiert, zeigt das barocke Grabmal des Unternehmers Severin Schindler und seiner Frau Maria Rosina mit Christus als Erlöser in der Mitte Johann Georg Glumes ganzes Können. Das gleiche gilt auch für das Grabmal von Johann Andreas Kraut im Turmbereich des im Zweiten Weltkrieg schwer getroffenen und in den 1980er Jahren wiederaufgebauten Gotteshauses.



In Köslin ist der Soldatenkönig ist wie ein römischer Kaiser kostümiert, was seiner preußisch-blauen Uniformierung überhaupt nicht entsprach.



Stolz bewacht Friedrich Wilhelm, der Große Kurfürst von Brandenburg, den Rathenower Schleusenplatz, und die Reliefs und Inschriften auf dem Sockel erzählen barock-weitschweifig von seinen Heldentaten. Angekettete Gefangene erflehen vom Sieger Gnade und Hilfe. Das vergoldete Monogramm mit dem Zeichen des Hosenbandordens weist auf die hohe Ehrung, die der Kurfürst von Brandenburg durch den englischen König erfuhr.





Die Schlacht von Fehrbellin 1675, die Aufnahme französischer Glaubensflüchtlinge und weitere Heldentaten werden auf dem Sockel des Rathenower Kurfürstendenkmals in Bild und Schrift gewürdigt. (Fotos/Repro: Caspar)

Brandenburg-Preußen hat dem Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm, der von 1640 bis 1688 regierte, viel zu verdanken. Ihm zu Ehren hat der Enkel, Preußens Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I., in Rathenow ein riesiges Monument aufstellen lassen. Das von Johann Georg Glume, dem Hofbildhauer dieses Monarchen, geschaffene Denkmal aus Sandstein auf dem Schleusenplatz schwelgt in den Formen des Hochbarock und ist üppig mit Reliefs und ruhmvollen Inschriften bedeckt. Simone Heuhäuser widmet dem Bildhauer in dem Buch "Mehr als nur Soldatenkönig. Neue Schlaglichter auf Lebenswelt und Regierungswerk Friedrich Wilhelms I." ein umfangreiches Kapitel und holt damit den vielseitig mit staatlichen und privaten Aufträgen beschäftigten Künstler in die Gegenwart. Der von Frank Göse und Jürgen Kloosterhuis herausgegebene Band 18 der Reihe "Veröffentlichungen aus den Archiven Preußischer Kulturbesitz" erschien 2020 im Verlag Duncker & Humblot Berlin, hat 398 Seiten, zahlreiche Abbildungen und kostet 89,90 Euro, ISBN 978-3-428-15848-5). Der Sammelband schildert, was in seinem Leben und Werk Wahrheit und was Legende ist und wie er sein Reich regierte und auf seine Weise zu repräsentieren wusste. Das dokumentiert, dass der Herrscher im Unterschied zur Meinung von Zeitgenossen und Historikern kein amusischer Mensch war und sich für mehr als nur für seine Soldaten interessierte, sondern der Musik und bildenden Kunst zugetan war und als Therapie gegen seine Krankheiten selber malte, wenn auch recht unbeholfen.

Bedeutende Werke gingen verloren

Simone Neuhäuser befasst sich ausführlich unter Verwendung alter Akten und Beschreibungen mit dem umfangreichen Oeuvre des Bildhauers Johann Georg, das nicht vollständig erhalten ist. So sind neben dem Königlichen Monument und der bauplastische Schmuck der Potsdamer Garnisonkirche auch Dekorationen an den Fassaden von barocken Palais und Verwaltungsbauten in Berlin durch den Zweiten Weltkrieg und Abrisse danach verloren gegangen. Da bis auf das Brandenburger Tor alle Stadttore der preußischen Hauptstadt nicht mehr existieren, kann man deren von Glume und anderen Bildhauern geschaffenen figürlichen Schmuck nur noch auf historischen Darstellungen betrachten.

Die von Friedrich Wilhelm I. geförderte Baupolitik und die Repräsentationsbedürfnisse des märkischen Adels füllten die Auftragsbücher von Johann Georg Glume und anderen Bildhauern. Wer das "Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler - Brandenburg" von Georg Dehio (Deutscher Kunstverlag München/Berlin 2000) durchforstet, findet in verschiedenen Kirchen vollplastische Skulpturen und Grabdenkmäler von seiner Hand und solche, die ihm und seiner Werkstatt zugeschrieben werden. Genannt werden als Standorte unter anderem die Französische Kirche in Potsdam, der Dom zu Brandenburg sowie die Kirchen in Blumberg, Groß Rietz, Klein Machnow, Nauen, Steglitz sowie in Wusterhausen/Dosse. Außerdem gehen Orgelprospekte und Altäre auf ihn zurück. In der Berliner Nikolaikirche blieben mehr oder weniger vollständig das aufwändig gestaltete Schindlersche Grabmal und das des Unternehmers und Ministers Johann Andreas Kraut sowie die Ausstattung der Schlosskirche im Ortsteil Buch erhalten, um einige Beispiele zu nennen. Simone Neuhäuser spricht in ihrer Untersuchung von mindestens zwölf bis 1740 geschaffenen Grabmälern in Pommern, der Uckermark, der Niederlausitz und natürlich in Berlin.

Verzierungen der Erbbegräbnisse

Dort kann man in der Nikolaikirche und der Marienkirche neben Arbeiten von Glume auch weitere Epitaphien und Grabmäler betrachten, mit denen sich vornehme und gut betuchte Persönlichkeiten adligen und bürgerlichen Standes verewigt haben. Mit der im Zweiten Weltkrieg zerstörten Petrikirche gingen auch wertvolle Grabdenkmäler unter. In einer Beschreibung von Anton Balthasar König aus den Jahren 1792 bis 1799, aus der Neubauer zitiert, heißt es mit Blick auf die Entwicklung der Grafik, Malerei und Bildhauerei im 18. Jahrhundert, der Geschmack an Monumenten in den Kirchen, auf Kirchhöfen und die Verzierungen der Erbbegräbnisse sei in dieser Zeit mehr in Schwung gekommen, "davon unsere alten Stadtkirchen noch verschiedenes aufzeigen, und dies beschäftigte wieder den Bildhauer und Steinmetzen. Und so verbannen sich die Künste, mit der untadelhaften Neigung der damaligen Menschen, das Andenken geschätzter Personen erhalten zu wollen, und verschafften dadurch außer der Befriedigung ihrer Absicht, auch noch den Mahlern, Kupferstecher und Bildhauern Brod."

Die Verfasserin geht auf ein in Köslin, heute Koszalin in Polen, aufgestelltes Denkmal von Friedrich Wilhelm I. ein, das Johann Georg Glume zwischen 1722 und 1724 auf Betreiben des pommerschen Oberpräsidenten und Kriegsministers Friedrich Wilhelm von Grumbkow schuf und mit dem sich die Bürger der Stadt für königliche Hilfe nach einem verheerenden Stadtbrand bedankten. Dargestellt ist der Herrscher im "römischen Habit", an den Ecken der Umzäunung sind vier römische Trophäen aufgestellt, die man auch bei anderen Bildwerken des Künstlers sieht. Das Denkmal ist ein Kriegsverlust, lediglich künden alte Fotos und Postkarten von ihm und der Art und Weise, wie man im frühen 18. Jahrhundert Monarchen ge- und verehrt hat.

In der Pose eines römischen Kaisers

Auch das von einem niedrigen Gitter eingezäunte Kurfürstendenkmal auf dem Schleusenplatz in Rathenow ist "antik" gestaltet. Von Friedrich Wilhelm I. gestiftet und von Johann Georg Glume um 1736 nach einem Modell von Bartholomé Damart gefertigt, zeigt es Friedrich Wilhelm von Brandenburg mit einem Lorbeerkranz im gelockten Haar stehend in der Pose und Kleidung eines römischen Kaisers. Die rechte Hand präsentiert den Feldherrnstab, die linke Hand ist stolz in die Hüfte gestemmt. Der über den antiken Harnisch geworfene Hermelinmantel und der mit Federn geschmückte Helm zu seinen Füßen präsentieren ihn als großen Militär und Landesfürst. Die ausnahmsweise in deutscher und nicht wie sonst üblich in lateinischer Sprache abgefasste Widmung lobt den Großen Kurfürsten und seinen königlichen Enkel gleichermaßen: "FRIEDRICH WILHELM der Große, vor welchem Seine mächtigen Feinde nicht gestanden, steht hier auf Seinem Sieges-Platze. In dem Augenblicke, da sie Ihn sahen, wurden sie geschreckt, getroffen und geschlagen. Sein Heldenbild zeigt dieser Stein, Seinen Geist sucht in Seinem Ihm ähnlichen Enkel".

Vier figurenreiche Reliefs und ebenso viele Widmungstexte schmücken den Sockel und erzählen von den Siegen des Großen Kurfürsten, verherrlichen ihn als Vater des Vaterlandes und unerschrockenen Feldherrn. Da ist vom polnischen Joch und von der Gewalt der Schweden die Rede und dass der beste Kurfürst, den das Land je hatte, alle seine Feinde "unter seine Füße" getreten hat. Gefeiert wird er auch für die Aufnahme der aus Frankreich verjagten Glaubensflüchtlinge, die in Brandenburg freundliche Aufnahme fanden und sich eine neue Existenz aufbauen konnten. Gefahr und Flammen hätten ihn niemals bewegt, die Notleidenden allezeit, heißt es weiter. Er habe seine Länder mit neuen Provinzen und diese mit neuen Untertanen vermehrt. In ihm hätten sich die Tugenden seines Stammes vereint, er sei die Ehre seiner Ahnen und ein Vorbild seiner Nachfolger, ein Muster eines vollkommenen Fürsten. "Er bezwang so leicht durch seine Tapferkeit Festungen als durch seine Großmut Herzen. Er war die Gunst seines Volkes, der Schrecken seiner Feinde, eine Zuflucht der Bedrängten, ein Schild der Christenheit, ein Schutz der Deutschen, Erretter und Vater seiner Lande" ist auf einer der Schriftplatten zu lesen, hier ein wenig der heutige Rechtschreibung angepasst.

Vertreibung der Schweden aus Brandenburg

Das Denkmal erinnert unter anderem an die Vertreibung der Schweden durch kurbrandenburgische Soldaten aus Rathenow im Jahre 1675 nach der Schlacht von Fehrbellin. Zweihundert Jahre später hat man dort eine als Aussichtsturm gestaltete Siegessäule mit der Büste des Großen Kurfürsten errichtet. Indem die Schweden aus Kurbrandenburg vertrieben wurde, war der Weg frei, dass sich derbrandenburg-preußische Staat zu einer Macht von europäischem Gewicht entwickeln konnte. 26 Jahre nach Fehrbellin krönte sich der Sohn des Großen Kurfürsten in Königsberg zum preußischen König Friedrich I.

Der Aufbau Monuments auf dem Rathenower Schleusenplatz erinnert ein wenig an Andreas Schlüters bekanntes Reiterdenkmal des Großen Kurfürsten im Ehrenhof des Berliner Schlosses Charlottenburg, das allerdings aus Bronze ist und von dem Berliner Hofbildhauer Andreas Schlüter geschaffen und 1703 aufgestellt wurde. In beiden Fällen sind Sklaven als Zeichen des Sieges über die Feinde an den Sockel gekettet. Flehentlich kehren sie hier wie dort ihre Gesichter hin zu ihrem Bezwinger und erflehen von ihm Gnade und Errettung. Während eine große Wappen- und Widmungstafel das ursprünglich unweit des Berliner Schlosses, des heutigen Humboldt Forums aufgestellte Reiterdenkmal schmückt, zeigt unter dem Kurhut ein vergoldetes Monogramm mit den in sich verschlungenen Buchstaben FWC (Friedrich Wilhelm Kurfürst), wer hier geehrt wird. Dass der Herrscher auch Ritter des englischen Hosenbandordens war und die Verleihung durch den englischen König als große Ehre betrachtete, hat der Bildhauer das Band mit der Inschrift HONY SOIT QUI MAL Y PENSE (etwa: Ein Lump, wer Schlechtes dabei denkt) um das Monogramm gelegt.

Das von Johann Georg Glume aus Sandstein gefertigte und daher für Umwelteinflüsse wie Regen, Schnee, Frost und Mikroorganismen höchst anfällige Denkmal ist ein ständiger Pflegefall. Vor über 20 Jahren wurde es zum letzten Mal durchgreifend restauriert und von schädlichen Ablagerungen befreit. Doch wie eine Inspektion vor Ort zeigt, sind an dem reich dekorierten Monument neue denkmalpflegerische Maßnahmen wieder nötig.

Zum Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. siehe auch Einträge auf dieser Internetseite vom 24. und 27. Juli 2022 (Museen/Ausstellungen)

21. Juli 2022

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